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Kapitel 3

»Die Vorfälle zeigen weiterhin, dass die lebhafte Nachfrage nach Edelmetallen real ist. Die Menschen setzen zwar ihren Kampf dagegen fort, dass multinationale Konzerne ihre Goldminen übernehmen, doch insgeheim geht die Kontrolle über diese Ressourcen immer mehr an ausländische Organisationen verloren. Trotz der Größe der beteiligten Organisationen wurden diese Übernahmen kaum publik gemacht. Viel wichtiger ist jedoch, dass es scheinbar die Kohle-, Öl- und Gasunternehmen sind, die den Markt für Edelmetalle kontrollieren wollen.«

Auszug aus der Vortragsreihe von Doktor Peter Edgewater, Paris, Frankreich

Brisbane, Australien

Morris Delaney stand reglos mit hinter dem Rücken gefalteten Händen und schaute aus dem Rauchglasfenster seines Büros. Er beobachtete, wie die Menschen unten auf der Straße an einer belebten Kreuzung hin und her liefen. Ameisen, dachte er, nein … Kakerlaken.

Delaney war großgewachsen und breitschultrig. Zudem verriet ein leichtes Hinken seine lange zurückliegende Karriere als Rugbyspieler. Er fuhr sich mit der Hand durch sein weißes Haar, das nach all den Jahren immer noch dicht wuchs und um einiges länger war als bei seinen Altersgenossen. Dann legte er seinen Kopf weit nach hinten und hörte bei der Dehnung ein zufriedenstellendes Knacken. Delaney verzog das Gesicht. Er musste zugeben, dass er in den letzten paar Jahren zu viel Zeit in einem Büro verbracht hatte, anstatt sich draußen die Hände schmutzig zu machen.

Er schaute auf den Nachbau eines Schaufelraddampfers hinab, der den Fluss hinauftuckerte. In der Nachmittagssonne glitt sein Schatten die Uferbegrenzung entlang, während er mit einem Deck voller Touristen vorbeifuhr, die schon ihre Mäuler nach einem Drei-Gänge-Menü leckten. Delaney schnaubte vor Belustigung.

Sein Blick glitt über den Platz unter ihm, auf dem eine kleine Gruppe von Demonstranten stand, die den Eingang des Gebäudes umringten. Ihre traurigen Plakate flatterten in der Brise, die vom Fluss herüberwehte. Nieder mit Delaney. Wind statt Kohle. Kohle ignoriert die globale Erwärmung. Anscheinend zog das hiesige Büro den gleichen armseligen Haufen von desinformierten Mitgliedern der örtlichen Bevölkerung an.

Delaney hatte nichts gegen Demonstranten … jede Form von Publicity war ihm recht, solange sie ihn betraf. Demonstrationen boten ihm die Möglichkeit, vor die Medien zu treten und den Massen zu erklären, warum die Umweltschützer so verdammt falsch lagen und ihnen danach seine neuesten Bergbauprojekte vorzustellen. Er warf einen Blick auf die Zeitung auf seinem Schreibtisch und grinste. Die Mail zitierte ihn ständig unkorrekt. Er warf das Blatt in den Papierkorb. Wenigstens er wusste, was los war, auch wenn die Journalisten anscheinend keine Ahnung davon hatten.

Vor drei Jahren war die englische Regierung von einem ihrer wichtigsten wissenschaftlichen Berater darüber informiert worden, dass das Land mit massiven Stromausfällen innerhalb der nächsten fünf Jahre zu rechnen hatte, falls die alten kohlenbetriebenen Elektrizitätswerke vom Netz genommen werden würden. Man würde die Wind- und Solarkraftwerke nicht rechtzeitig fertigstellen können und Gas war zu teuer. Delaney schüttelte verwundert den Kopf. Die Öffentlichkeit verlangte immer wieder nach erneuerbaren Energien, aber nur, solange die Windkraftanlagen und die Solarzellenfelder nicht in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft errichtet wurden. Das machte es für Organisationen wie seine weiterhin so leicht, Kohle als den Energieträger der ersten Wahl anzupreisen. Schmutzig, okay, aber was soll’s? Kohle war immer noch billig, sie war sicher … und es gab noch jede Menge davon, ganz zu schweigen von den Exportmöglichkeiten.

Er bemerkte die Reflexion in der Bürotürscheibe, als seine Sekretärin klopfte und das Büro betrat, wobei ihre High Heels vom dicken Teppich gedämpft wurden.

»Was gibt es?«

»Ein neuer Bericht aus der Mine, er ist gerade hereingekommen.« Sie hielt einen Umschlag hoch und blieb erwartungsvoll in der Nähe der Bürotür stehen. Er nickte nur beiläufig in Richtung seines Schreibtisches.

»Legen Sie ihn da hin. Ich kümmere mich in einer Minute darum. Irgendwelche Überraschungen?«

»Ich … ich habe ihn nicht gelesen.«

»Gut«, brummte er. Er wusste, wie Sekretärinnen in Großunternehmen miteinander vernetzt waren und tratschten. Es war strikte Firmenpolitik, dass die Post und Emails von Mitgliedern der Führungsetage niemals den Verwaltungsmitarbeitern zugänglich gemacht werden sollten. Trotzdem schadete es nicht, das gelegentlich zu überprüfen und sie regelmäßig auf Zack zu halten.

»Einfach hinlegen und dann dürfen Sie wieder gehen.«

Die Sekretärin legte den Briefumschlag ab, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verließ das Büro so schnell wie möglich, wobei sie leise die Tür hinter sich schloss.

Delaney schritt zu seinem Schreibtisch, riss den Umschlag auf und überflog die Seiten des Berichts.

Die Entwicklung der Ausrüstung ging offensichtlich gut voran. Nachdem inzwischen die Abbautechnik perfektioniert worden war und die Ertragszahlen anstiegen, schien alles in Butter zu sein. Das ganze Projekt direkt neben einer bereits existierenden Kohlemine aufzubauen, hatte gewährleistet, dass der Vorgang keinen Verdacht erregte.

Unter einem der Berichte ragte ein Notizzettel hervor. Nachdem er einen Füller aus seiner Jackentasche genommen hatte, zog Delaney den Zettel vorsichtig mit der Feder ein Stück heraus.

Er beschäftigte ein Team von Sicherheitsspezialisten, die alle Meldungen zu seiner Firma überprüften. Sie waren wesentlich sorgfältiger als normale Presseagenten und überwachten zusätzlich Konferenzen, Vorträge sowie staatliche Aktionen. Falls irgendetwas die Reputation oder den Erfolg seiner Organisation gefährden sollte, würde er darüber informiert werden.

Während er die Mitteilung las, begann an seiner Schläfe eine Vene zu pulsieren. Seine Finger bohrten sich krampfhaft in die Unterlagen in seiner Hand. Als er die Nachricht komplett herausgezogen hatte, las er sie erneut, griff dann nach seinem Telefon und wählte eine dreistellige Nummer, bevor er den Hörer hämmernd wieder auflegte. Es gab keinen Grund, irgendetwas zu sagen … seine Telefonnummer würde beim Empfänger angezeigt werden. Niemand stellte Fragen. Sie kamen, sobald sie gerufen wurden.

Eine Minute später kündigte ein Klopfen an der Tür einen kleinen Mann an, der noch schnell sein Jackett zuknöpfte und die Krawatte zurechtrückte.

Delaney wartete, bis die Tür wieder ins Schloss gefallen war. Während er den anderen Mann anstarrte, zirkelte er um seinen Schreibtisch herum und setzte sich, wobei der Bürosessel unter seinem Gewicht bedrohlich knarrte. Er bot seinem Mitarbeiter keinen Stuhl an, sondern ließ ihn nervös auf dem Teppich scharrend in der Mitte des Raumes stehen.

»Wen haben wir zurzeit in Europa im Einsatz, Ray?«

Sein Gegenüber kam sichtlich ins Schwitzen, als er sein Gehirn anfing zu grübeln. »Ähm, ja, das müsste … äh … Charles sein, Mr. Delaney. Also falls wir, äh, darüber reden, dass jemand getötet werden soll.«

Blitzschnell presste Delaney seine Finger gegen die Lippen. »Pst, Ray. Erwähnen Sie dieses Wort niemals in meinem Büro oder überhaupt in meiner Gegenwart.«

Ray nickte gehorsam, während sich trotz der Klimaanlage Schweißflecken unter seinen Achseln zu bilden begannen. »Richtig, Mr. Delaney. Selbstverständlich.« Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.

»Wo ist Charles im Moment?«, fragte ihn Delaney.

Ray zog einen Palmtop-Computer aus seinem Jackett und machte ein paar Eingaben. »London. Ist gerade aus Berlin angekommen.«

Ray steckte das Gerät wieder ein und spielte nervös mit einem Ring an seiner linken Hand herum. »Er ist die Quelle der Information, die Sie vor kurzem von uns erhalten haben«, fügte er hinzu.

»Ist er vertrauenswürdig?«

Ray nickte erneut, diesmal wesentlich enthusiastischer. »Definitiv. Er liebt seine Arbeit. Deswegen ist er auch absolut zuverlässig. Und er räumt sogar noch gut hinter sich auf.«

Delaney grinste. »Perfekt. Sagen Sie ihm, er soll nach Oxford fahren. Da findet morgen eine Konferenz statt, an der er teilnehmen wird. Einer der Redner entwickelt sich langsam zu einem Ärgernis für uns. Richten Sie unserem Mann aus, er muss herausfinden, welche Beweggründe dieser Kerl hat.« Er kritzelte etwas auf ein Stück Papier und reichte es Ray. »Er soll mich unter dieser Nummer anrufen, sobald er die Gelegenheit hatte, mit Doktor Edgewater zu reden und er bereit ist, direkte Befehle von mir entgegenzunehmen.«

Ray sprang beinahe zum Schreibtisch und nahm die Notiz von Delaney entgegen. Nachdem er sich in die Mitte des Raumes zurückgezogen hatte, öffnete er den Mund zum Sprechen, überlegte es sich dann aber doch anders.

»Ist noch etwas, Ray?«

Ray schaute zuerst auf das Stück Papier, dann auf seinen Chef. »Es besteht ein zehnstündiger Zeitunterschied zwischen hier und London, Mr. Delaney.«

Delaney funkelte seinen Mitarbeiter an. »Dann wecken Sie ihn auf.«

Ray nickte und verließ den Raum so schnell wie möglich. Nachdem die Tür zugefallen war, stand Delaney auf, drehte sich zum Fenster um und sah erneut hinaus. Langsam schloss er die Augen und ließ den Plan in seinem Kopf Revue passieren.

Nach fast drei Jahren umfangreicher Forschung in einem abgelegenen Gebiet von Zentral-Queensland hatte es sechs Monate gedauert, um den Ablauf zu perfektionieren. Nur noch zwei Monate blieben, bis sich alles zusammenfügen würde. Delaney öffnete die Augen und starrte auf die Demonstranten hinab.

Er konnte es kaum erwarten, bis es so weit war.

KALTE GIER

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