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Kapitel 6

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Dan saß Sarah auf dem Sofa gegenüber. Als er seine Kaffeetasse auf dem Tisch abstellte, bemerkte er eine dünne Staubschicht, die wohl trauerbedingter Nachlässigkeit geschuldet war. Ein Holzfeuer brannte in einem Kamin, erfüllte den kleinen Wohnbereich mit Wärme und warf Schatten an die Wände.

Er blickte auf, bemerkte, wie Sarah ihn beobachtete, und lächelte nervös. Sie sah erschöpft aus. Ihr hellbraunes Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und ihr Gesicht vollkommen ungeschminkt. Groß und ohnehin schlank, schien sie in kürzester Zeit viel Gewicht verloren zu haben.

Während er sich auf den Ellbogen nach vorn beugte, holte Dan tief Luft und fing an:

»Sarah, ich weiß, dass wir uns noch nie getroffen haben, und du daher keinen Grund hast, mir zu vertrauen, doch ich war ein enger Freund von Peter. Ich habe keine Ahnung, was dir die Polizei erzählt hat, aber ich glaube die Geschichte nicht, die sie den Zeitungen aufgetischt haben. Da gibt es für mich einfach zu viele Ungereimtheiten und ich muss herausfinden, was wirklich passiert ist.«

Er unterbrach sich und sah auf. Sarah schien ihn eine Ewigkeit lang schweigend anzustarren. Als sie schließlich sprach, klangen ihre Worte leise und Dan musste sich in ihre Richtung lehnen, um sie zu verstehen.

»Ich bin so froh, dass noch jemand genauso denkt wie ich – sie meinen, ich wäre paranoid, aber ich weiß einfach, dass irgendetwas nicht stimmt …«, sie schweifte ab und blickte aus den Verandafenstern, bevor sie sich wieder zu ihm wandte.

»Peter kannte die Abkürzung hinter dem College in- und auswendig. Er ging dort oft nach den Vorträgen spazieren, um abzuschalten. Das kann einfach nicht sein …«, sprach sie wütend. »Sie sagen, es war ein Straßenräuber – ein nicht provozierter Angriff.«

Dan griff nach seiner Kaffeetasse und studierte die Oberfläche der Flüssigkeit. »Sarah, ich weiß, das mag unter den Umständen etwas komisch klingen, aber arbeitete Peter in letzter Zeit länger oder vielleicht auch an Tagen, an denen er normalerweise zu Hause gewesen wäre?«, fragte er und nahm vorsichtig einen Schluck des heißen Getränks.

»Nicht, dass ich wüsste, aber wir sprachen nur noch gelegentlich miteinander. Er hat sich so in seine Forschungen und Vorträge vergraben, dass es immer häufiger einfach unmöglich war.« Sie faltete die Hände unter dem Kinn zusammen und legte gedankenversunken ihre Ellbogen auf die Knie. Nach einer Weile sah sie Dan direkt an. »Warum sollte ich dir vertrauen?«

»Weil ich Peters Freund bin. Wir sind zusammen zur Universität gegangen, haben uns dann aber für ein paar Jahre aus den Augen verloren, bis er mich letzte Woche aus Berlin angerufen hat. Er klang dabei verdammt aufgeregt. Es ging ihm um irgendeine Entdeckung. Dann, vor ein paar Tagen, rief er wieder an … diesmal aus Paris. Ich war nicht zu Hause, also hat er eine Nachricht auf meinem Handy hinterlassen. Er schien in Eile zu sein, die Botschaft war absolut wirr. Etwas über ein Paket, das er dir geschickt hat und bei dem er sicherstellen wollte, dass es wohlbehalten angekommen ist. Er klang ängstlich. Er hat sogar gesagt, dass er Angst hat, sein Leben könne in Gefahr sein.«

Dan fuhr zusammen, als im Kamin ein Holzscheit in der Hitze knallte. Er schluckte und wartete, bis sich sein Herzschlag wieder etwas beruhigte. Er blickte in die Flammen, dann zurück zu Sarah.

»Er wollte, dass ich überprüfe, ob mit dir alles in Ordnung ist. Einen Tag, nachdem er auf meine Mailbox gesprochen hatte, habe ich versucht, ihn zurückzurufen, bin aber nicht durchgekommen. Ich hinterließ Nachrichten für ihn, doch er hat nicht auf meine Anrufe reagiert. Und dann las ich heute Morgen in der Zeitung, dass er getötet wurde. Ich will wissen, warum. Keine Ahnung, wo genau er dran war, aber ich denke, er hat sich damit tief in die Scheiße geritten.«

Er brach ab und starrte auf seine Hände.

»Und nun bist du hier«, sagte Sarah.

»Ja.«

Sie griff nach ihrem Kaffeebecher und führte ihn zu den Lippen, schien es sich dann aber anders zu überlegen. Sie stellte den Becher auf den Couchtisch zurück und blickte ihn an.

»Warte hier.«

Dan beobachtete sie, während sie den Raum verließ. Er konnte hören, wie sich ihre Schritte durch den Flur in den hinteren Teil des Hauses bewegten. Er stand auf und ging zu einem Schreibtisch, der in der Ecke stand. Der Computerbildschirm war dunkel, das Gerät ausgeschaltet. Er blickte auf, um sicherzustellen, dass sich Sarah immer noch außerhalb des Raumes befand, und sah sich dann einige Dokumente auf ihrem Schreibtisch etwas näher an. Die Unterlagen hatten alle mit ihrer Arbeit bei der Zeitung zu tun … nichts davon schien von Peter geschickt worden zu sein. Nachdem er zum Terrassenfenster hinübergeschlendert war, schaute Dan hinaus in den kleinen Garten. Er überlegte, was genau Peter in Erfahrung gebracht haben könnte, dass sein Leben in Gefahr gebracht hatte. Als Sarah wieder in den Raum zurückkam, drehte er sich zu ihr um.

»Ich denke, das ist bei dir besser aufgehoben«, sagte sie, während sie ihm einen großen, gepolsterten Umschlag übergab.

»Was ist da drin?«

»Schau nach. Er ist sowieso für dich.« Sie lehnte sich auf dem Sofa zurück und nahm nun einen kräftigen Schluck von ihrem Kaffee, bevor sie Dan weiter anvisierte. »Tja, worauf wartest du? Mach ihn schon auf.«

Dan lehnte sich auf dem Sofa nach vorn und untersuchte das Päckchen. Es war ein gepolsterter, weißer DIN A4 Umschlag, auf dessen Vorderseite mit hastiger Handschrift Sarahs Anschrift gekritzelt worden war. Er wendete den Umschlag einmal in seinen Händen und hob eine Augenbraue, während er wieder zu Sarah sah.

»Der ist ja bereits offen«, stellte er fest und zeigte auf das Stück Tesafilm, das auf der Rückseite klebte.

Sarah schmunzelte leicht. »Ich bin eine Journalistin, was erwartest du denn? Woher sollte ich wissen, dass du hier tatsächlich auftauchst?«

Dan hob gleichgültig die Schulter und gab ihr insgeheim recht. Er riss den Umschlag auf und bemerkte dabei den Luftpostaufdruck und die ausländischen Briefmarken. Dann griff Dan hinein und holte den Inhalt heraus: Ein Bündel Dokumente und Peters handgeschriebene Notizen. Er blätterte durch die losen Forschungsunterlagen, drehte Fotos um, las die Abschriften auf den Rückseiten und inspizierte die Zeitungsausschnitte und hastig hingekritzelten Diagramme.

»Wie kommt es, dass du mit dem Material noch nichts gemacht hast?«

Sarah zuckte mit den Achseln. »Um ehrlich zu sein, ich verstehe nicht mal die Hälfte davon auch nur annähernd.« Sie deutete auf den Laptop, der in der Ecke stand. »Ich habe damit angefangen, aber da gab es einen Teil von mir, der wissen wollte, ob du hier tatsächlich auftauchst.« Sie seufzte. »Ich weiß, Peter und ich haben uns nicht ständig persönlich gesehen, aber ich erinnere mich, dass er vor ein paar Jahren gesagt hat, er würde gern wissen, ob er in einer Notlage auf dich zählen kann. Nachdem du aus dem Mittleren Osten zurückgekommen warst, hat er sich wirklich Sorgen um dich gemacht.« Sie lächelte. »Ich dachte, ich lasse dir ein paar Tage Zeit, und falls du nicht auftauchen solltest, würde ich etwas Urlaub nehmen und selbst herausfinden, was an der Sache dran ist.«

Dan wendete das Dokument, das er in Sarahs Richtung hielt. »Nun, wenn ich es schaffen sollte, herauszubekommen, was tatsächlich los ist, werde ich jemanden brauchen, der mir dabei hilft, seine gotterbärmliche Handschrift zu entziffern.«

Sarah lächelte. »Dann ist sie also mit dem Alter nicht besser geworden?«

»Das soll wohl ein Scherz sein. Ich erinnere mich gerade wieder, warum es vollkommen nutzlos war, «sich in der Uni Peters Hausaufgaben auszuborgen.«

Er sah Sarah über den Couchtisch hinweg an. »Was denkst du?«

Sie hielt seinem Blick stand und lächelte. »Dann sollten wir herausfinden, woran Peter gearbeitet hat. Ich werde meinen Redakteur Gus anrufen und mir ein paar Tage freigeben lassen. Gleich morgen fahre ich dann zu Peters Haus und schau nach, was ich dort sonst noch finden kann.«

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