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Kapitel 4

»Jemand kauft weltweit die Goldvorräte auf und hortet sie anschließend. Bei der aktuellen Lage und der Nachfrage nach Öl, Gas und Uran wird der Verkauf und Kauf dieses wertvollen Gutes von den Analysten seit Jahren immer wieder übersehen. Wir müssen uns fragen, warum? Warum wird dieser Umstand nicht beleuchtet, verfolgt oder untersucht? Hier und heute werden wir versuchen, dieses Versäumnis nachzuholen.«

Auszug aus der Vortragsreihe von Doktor Peter Edgewater, Oxford, England

Oxford, England

Peter schloss seine Augen, legte den Kopf nach hinten, dehnte die Nackenmuskulatur und war froh, wieder zurück in der Heimat zu sein. Er hatte das Gefühl, die Geschichte dieses Gebäudes förmlich riechen zu können, während er gleichzeitig um sich herum alle Geräusche wahrnahm. Das Geräusch, als im Nebenzimmer das Publikum seine Sitze fand, das leise Klingeln der Weingläser, als sich Kollegen begrüßten und sich gegenseitig auf die Schulter klopften, Gelächter.

»Es verliert nie seinen Reiz, wissen Sie«, brach eine Stimme in seinen Tagtraum ein.

»Wie bitte?« Er öffnete die Augen, um sich nach der Quelle für diese Unterbrechung umzusehen.

»Tut mir leid … ich wollte Sie nicht erschrecken.« Ein Mann lehnte sich lächelnd gegen eine Säule. »Ich meinte die Atmosphäre dieses Ortes … sie ist immer präsent.« Er ging zu Peter und streckte ihm die Hand entgegen. »Charles Moore.«

Peter nahm sie entgegen und sah sich dabei noch einmal um. »Sie haben recht.«

»Ich nehme an, Sie waren hier Student?«, fragte Charles. Er nahm seine Brille ab und begann sie zu polieren.

»Ja. Obwohl es mir heute vorkommt, als wäre das schon ein ganzes Leben lang her. Und Sie?«

»Cambridge … leider«, lächelte Charles entschuldigend, setzte seine Brille auf, schlenderte zu dem Torbogen, der zum Hörsaal führte, und spähte hindurch.

»Werden Sie heute vor dieser Meute reden?«

Peter nickte und trat zu ihm. »Ja. Ich habe gerade eine kleine Vortragsreise durch Europa hinter mir und das College hat mich gefragt, ob ich an der Eröffnungsveranstaltung zur Neujahrsvortragsreihe teilnehmen könnte, bevor das neue Semester beginnt. Es schien mir ein passender Abschluss für meine Tour.«

Charles wandte sich ihm zu. »Kam die Vortragsreise bisher gut an?«

»Zumindest nicht schlecht. Tatsächlich genieße ich am meisten die Gespräche danach … das Reisen kann auf Dauer ein wenig eintönig sein. Eine Menge Leute wollten mit mir über meine Forschung sprechen. Sie wissen schon, Fakten miteinander vergleichen und Ähnliches. Es ist immer gut, zu erfahren, was andere Akademiker denken … und einige der Studenten. Das hilft einem, einzuschätzen, welche Reaktionen der Artikel hervorrufen könnte, den ich veröffentlichen möchte.«

Charles' Gesichtsausdruck verhärtete sich deutlich. »Sie haben vor, einen Artikel darüber zu schreiben?«

Peter nickte enthusiastisch und bemerkte dabei nicht die veränderte Miene des Mannes. »Ja … das Feedback auf die Vortragsreise war so gut, dass ich mit ein paar Leuten inklusive der Presse darüber gesprochen habe, meine Forschungs- und Vortragsunterlagen zu veröffentlichen.«

Eine Gestalt erschien im Eingang zum Hörsaal. »Doktor Edgewater? Sie sind als Nächster dran.«

Peter nickte ihr zu. »Ich komme gleich.«

Er wandte sich um und reichte Charles die Hand. »Es war nett, Sie kennenzulernen … aber ich sollte jetzt besser gehen.«

Charles schüttelte Peters Hand und trat zurück. »Viel Erfolg mit dem Artikel, Doktor Edgewater. Ich bin sicher, es wird ein faszinierender Lesestoff sein.«

Charles beobachtete, wie Peter den Hörsaal betrat, dann drehte er sich um und eilte den Flur in Richtung Ausgang hinunter. Als er das Gebäude verlassen hatte und die Parks Road entlangging, zog er sein Handy aus der Jackentasche und wählte eine Telefonnummer.

Brisbane, Australien

Die Straßenlaternen tauchten den Fluss in orangefarbenes Licht, während Fähren und Hochgeschwindigkeits-Katamarane die letzten nächtlichen Restaurantbesucher nach Hause kutschierten. Eine schwache Brise frischte die feuchte Luft etwas auf, nur vereinzelt durchbrach eine frustrierend klingende Autohupe oder eine Sirene die Stille, die sich über das Geschäftsviertel gelegt hatte.

Im elften Stock des Wolkenkratzers öffnete Morris Delaney die Tür zu seinem Büro und führte seinen Gast herein.

Stephen Pallisder war ein stattlicher, breit gebauter Mann. Ein Selfmade-Millionär und Vorstandsvorsitzender einer großen nationalen Eisenbahngesellschaft, der zwar nur wenige Freunde besaß, doch dafür etliche Politiker auf seiner Gehaltsliste stehen hatte. Er verfügte über enormen Einfluss auf nationaler Ebene. Ihm eilte der Ruf voraus, dass er unbeherrscht war und ein aufbrausendes Temperament hatte. Zu viel gutes Essen, eine Vorliebe für feine Weine und zu wenig Bewegung hatten sein Gewicht in die Höhe getrieben, weswegen er sich jetzt erleichtert seufzend in einen der vier Ledersessel gleiten ließ, seine Krawatte öffnete und die Füße auf den niedrigen Couchtisch vor sich legte.

»Jesus, Morris, wann ist es eigentlich so verdammt modern geworden, ein Baumkuschler zu sein?«

»Mach doch Al Gore dafür verantwortlich … ich tue es«, antwortete Delaney, »am Wochenende hat mir sogar eine von Helens Nichten einen Vortrag darüber gehalten, das saubere Kohle-Technologie das Äquivalent zu einer Zigarette mit geringem Teergehalt sei.«

Pallisder lachte. »Ich hoffe, du hast sie gleich am Montag aus deinem Testament gestrichen.«

Delaney grinste. »Nun, ihr Universitätszuschuss ist auf mysteriöse Weise versiegt. Nicht, dass ich je verstanden habe, was sie mit einem Abschluss in verdammter Malerei erreichen möchte. Das kann doch nun wirklich nicht so schwierig sein.«

Delaney schob eine Broschüre über den Tisch in Pallisders Richtung.

»Das ist sie. Mit der Betriebsaufnahme meiner neuen Mine und der Bauanordnung deiner Eisenbahn werden die Aktionäre zufriedengestellt sein und wir werden unsere Konkurrenten auf der Konferenz fertigmachen. Ich gehe davon aus, dass wir in der nächsten Woche noch ein paar Angebote für neue Investitionen bekommen werden.«

Pallisder nickte, als er die Hochglanzbroschüre betrachtete, die für das Joint Venture zwischen den beiden Männern warb. »Gute Arbeit. Für den Werbefilm lasse ich dir noch aktuelles Material von meinem Marketing-Team zukommen … wir haben letzte Woche eine Filmcrew losgeschickt, um ein paar Luftaufnahmen von einem Hubschrauber aus zu machen. Du weißt schon, Panoramaeinstellungen mit einem voll beladenen Kohlezug und so … gut für die australische Wirtschaft. Die üblichen Phrasen halt.«

Delaney ging zu einem Mahagoni-Schrank hinüber und nahm zwei Kristallgläser sowie eine schwere Glaskaraffe heraus. »Drink?«

»Mach einen richtig großen draus. Anscheinend staut sich der Verkehr wieder die ganze Strecke bis zur Bribie-Abfahrt … ergibt also keinen Sinn, die Stadt in der nächsten Stunde verlassen zu wollen. Nur dass Lucy mich töten wird, weil ich mal wieder zu spät dran bin«, sagte Pallisder.

Delaney nahm die Gläser mit und setzte sich in den gegenüberliegenden Sessel. Er gluckste. »Ich schätze, sie hat offiziell die Hosen an.« Er reichte dem anderen Mann ein Glas und brachte einen Trinkspruch aus. »Auf dass unsere Pläne alle aufgehen mögen.«

Stephen hob sein Glas zum Salut und nahm einen großen Schluck. »Ist meine Investition sicher?«

Delaney nickte. »Im Moment überprüfen wir noch drüben in England diese akademische Nervensäge Peter Edgewater … du erinnerst dich vielleicht. Ich hatte dir gesagt, dass er mit einer Vortragsreise unterwegs war und angefangen hat, mit dem Finger in unsere Richtung zu zeigen?«

Pallisder nickte und signalisierte Delaney, fortzufahren.

»Heute sprach einer von meinen Leuten mit ihm. Unsere erste Warnung hat offenbar nicht gefruchtet. Wir werden den Druck wohl erhöhen müssen.«

»Vielleicht könnte dein Mann auch ein paar Jobs für mich erledigen.«

»Wie viele Kohlenzüge wurden denn diese Woche gestoppt?«

Pallisder blickte finster vor sich auf den Boden. »Drei. Wenn ich den Lokführern sagen könnte, dass sie die Arschlöcher überfahren dürfen, würde ich es ja tun. Ich glaube aber kaum, dass die Presse besonders positiv darüber berichten würde.«

Delaney lachte gequält. »Das ist wahr. Ich sage dir Bescheid, sobald er wieder hier ist.«

Pallisder stellte die Füße auf den Boden, beugte sich nach vorn und nahm die Broschüre vom Tisch. »Wer wird auf dieser Konferenz sein?«

»Die üblichen Verdächtigen. Ich habe das mit unserem Marketing-Team ausführlich besprochen und sie sind sich absolut im Klaren darüber, was wir von ihnen erwarten. Eine gute, präzise Offensive gegen diese Idioten.« Er streckte sein Kinn Richtung der Demonstranten vor dem Fenster. »Wir werden sie mit unserer Kampagne gegen den Emissionshandel fertigmachen … die altbekannten Rufe: Verdeckte Steuern, Arbeitsplätze werden verloren gehen, saubere Kohle-Technologie ist eine bessere Alternative, blah, blah, blah.«

Pallisder lehnte sich zurück und sah Delaney eindringlich an. »Ich hatte gestern einen Anruf von einem weiteren Bundesminister. Ich habe mit ihm vereinbart, seine Kampagne unter der Voraussetzung zu unterstützen, dass er auch zukünftig Lobbyarbeit für die Kohleindustrie hier in Australien macht.«

Delaney nickte. »Das ist gut. Die meisten von denen verstehen die Wissenschaft dahinter ohnehin nicht … solange wir ihnen die Taschen füllen, werden sie das tun, was man ihnen sagt.«

Pallisder lachte. »Ja … Gott bewahre, dass sie ihren Sitz verlieren und sie sich einen anständigen Job suchen müssten.«

Delaney schaute auf, als das Telefon auf seinem Schreibtisch zu klingeln anfing. Er stand auf und warf dabei Pallisder einen Blick zu. »Entschuldige bitte.«

Pallisder zog die Schultern hoch und gab Delaney ein Zeichen, den Anruf entgegenzunehmen. Die Männer hatten nur wenige Geheimnisse voreinander – beide hatten ihre Großunternehmen im Laufe der Jahre durch harte Arbeit und erbitterte Kämpfe gegen ihre Konkurrenten aufgebaut. Vor allem aber dank einer engen Verbindung zwischen einem Bergbau-Imperium, das Minen in Australien, Großbritannien und Osteuropa umfasste und einer Eisenbahngesellschaft, die die Hälfte der Strecken in Australien besaß und darüber hinaus finanzielle Interessen in Europa und Südafrika hatte.

Delaney ging zum Schreibtisch und nahm den Hörer ab. Er legte seine Hand darauf und raunte Pallisder zu: »Es ist Charles.«

Pallisder nickte, stand auf und schlenderte zur Glaskaraffe, um sein Whiskyglas aufzufüllen.

Delaney wandte sich erneut dem Telefon zu. »Ich vertraue darauf, dass alles gut verlaufen ist?« Er verstummte und hörte sich Charles' Bericht an, dann zischte er, während er sich gegen den Schreibtisch lehnte. »Ich möchte, dass das jetzt geklärt wird. Rufen Sie mich an, wenn es vorbei ist, nicht vorher. Ich werde nächste Woche auf der Konferenz sprechen und will, dass die Angelegenheit erledigt wurde, bevor ich abreise.«

Als er den Hörer aufs Telefon knallte, sah sich Delaney in dem Büro um, das unzählige gerahmte Fotografien von sich zusammen mit Premierministern, internationalen Würdenträgern, Fußballern und Rockstars enthielt. Auf keinen Fall ließ er sich das von jemandem wegnehmen. Nicht jetzt.

»Probleme?«, fragte Pallisder, als er sich wieder in seinen Sessel wuchtete.

Delaney blieb auf der Schreibtischkante sitzen. »Nein nicht wirklich. Alles nur, um deine Investition zu schützen.«

Pallisder kicherte. »Guter Mann.«

KALTE GIER

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