Читать книгу KALTE GIER - Rachel Amphlett - Страница 17
ОглавлениеKapitel 8
London, England
Der Minister lief nervös in seinem Zimmer auf und ab. Der Anruf kam jetzt schon zu spät. Dabei legte er höchsten Wert auf Pünktlichkeit. Er strich seine Krawatte glatt und betrachtete seine angeknabberten Fingernägel. Je schneller die nächsten beiden Monate vorübergingen, desto besser. Sein Arzt hatte ihn bereits wegen seines zu hohen Blutdrucks gewarnt und seine Frau hatte ihn auch bereits darauf hingewiesen, wie aufbrausend er in der letzten Zeit geworden war. Unter seinen Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet und er war merklich dünner geworden. Das Klingeln des Telefons ließ den Minister unwillkürlich zusammenfahren. Ein Teil von ihm befürchtete immer noch, dass sie alles herausfinden würden, bevor das Projekt abgeschlossen wäre. Er hob den Telefonhörer ab.
»Ja?« Er klang wesentlich selbstbewusster, als er sich fühlte. Sein intensives Training als Pressesprecher half ihm dabei, seine Stimme ruhig zu halten, obwohl er ein leichtes Zittern seiner Hände bemerkte, als er den Hörer stärker ans Ohr presste.
»Es läuft alles nach Plan.«
Der Anrufer nannte seinen Namen nicht – das hatte er nicht nötig.
»Wo stehen wir im Moment?«
Am anderen Ende war ein leises Lachen zu hören. »Keine Sorge. Je weniger Sie wissen, desto sicherer fühle ich mich.«
Der Minister war erleichtert. Er wollte eigentlich auch gar keine weiteren Informationen haben. Das Projekt machte ihm eine Todesangst. »Was … was soll ich für Sie erledigen?«
Eine Pause, dann …
»Sind Sie nervös, Herr Minister?«
Fuck you, dachte der Minister. »Nein, lediglich etwas besorgt. Ich möchte nur sicherstellen, dass alles nach Plan verläuft«, log er.
Der Anrufer kicherte. »Ich bin sicher, dass es so ist. Seien Sie unbesorgt. Alles läuft hervorragend. Unser kleines Projekt wird nicht nur die EU-Emissionshandelsgesetzgebung außer Kraft setzen, nein, es wird wahrscheinlich auch die Emissionshandelspläne Australiens und der Vereinigten Staaten zunichtemachen. Was macht die alternative Energie-Lobby?«
Der Minister machte einen tiefen Atemzug »Das ist ein starrköpfiger Haufen von Bastarden.«
Der Anrufer lachte auf. »Achten Sie darauf, wie dieser Haufen seine Meinung ändern wird, wenn eure kohlebetriebenen Kraftwerke aufgrund der EU-Klimaschutzgesetze geschlossen werden und ihr nicht über genug Gas verfügt, um das Vereinigte Königreich über den Winter zu bringen. Fragen Sie sie, was dann mit ihren Windparks ist.«
Der Minister grunzte. »Wir wären schneller wieder im Mittelalter, ehe man sich versieht. Wissen Sie, dass wir in diesem Land über genug Kohle verfügen, um dreihundert Jahre durchzuhalten, aber die Europäische Union uns verbietet, sie zu verbrennen? Also wird sie nicht abgebaut und wir müssen Gas von den Russen kaufen.«
Ein weiteres Lachen, zwölftausend Meilen entfernt. »Das ist der Grund, warum ich meine Kohle an eure Regierung verkaufen werde, sobald ihr euch alle die Nüsse abgefroren habt und bettelnd angekrochen kommt.«
Der Minister kicherte. »Ja, aber dank Ihrer freundlichen Spenden werde ich so sicher wie das Amen in der Kirche in der Karibik überwintern, wenn diese Zeit gekommen ist.«
Er sah auf die Uhr – Zeit, den Anruf zu beenden. »Halten Sie mich wegen der Entwicklungen auf dem Laufenden. Ich möchte keine Überraschungen erleben.«
»Ich auch nicht, Minister, also achten Sie darauf, weiterhin Augen und Ohren offen zu halten.«
Der Minister stellte gerade das Telefon zurück, als ein Klopfen an der Bürotür das Eintreten seines persönlichen Assistenten ankündigte. »Noch dreißig Minuten bis zu Ihrem Treffen mit dem Premierminister, Sir. Ich habe den Wagen bereits bestellt. Der Verkehr ist heute Morgen wieder grauenhaft.«
Der Minister nickte, nahm seinen dicken Wintermantel entgegen und warf ihn sich über die Schultern.
Nachdem er das hässliche Gebäude verlassen hatte, um in einen stark verregneten Morgen zu treten, ging er hastig zu dem wartenden Auto, dessen Fahrer ihm bereits die Wagentür offen hielt. Er stieg ein und verbrachte die Fahrt damit, von einem Ferienhaus in der Karibik zu träumen.
Brisbane, Australien
Uli Petrov tippte mit seinem fetten Zeigefinger auf die Sicherheitsglasscheibe zwischen sich und seinem Fahrer.
Die Scheibe senkte sich langsam. »Sir?«
»Halten Sie hier an der Ampel«, befahl Uli und lehnte sich in den Sitz zurück.
»Ja, Sir.« Die Scheibe fuhr wieder hoch.
Uli löste seine Krawatte. Das Auto war zwar klimatisiert, doch sein sibirischer Körper war nicht einmal für den kurzen Spaziergang vom Fahrzeug bis zu dem Gebäude geschaffen, das letztendlich sein Ziel war.
Das Auto schwenkte in eine Kurzparkzone unter einem hoch aufragenden Wolkenkratzer ein. Uli wartete, während sein Fahrer ausstieg, um das Fahrzeug herumging und die Hintertür öffnete. Er drückte seinen massigen Körper vom Rücksitz hoch und stand auf. Uli keuchte beinahe in der feuchten Luft. Er konnte geradezu spüren, wie sie den Sauerstoff aus seiner Lunge saugte.
»Warten Sie hier«, sagte er zum Fahrer und humpelte auf die Drehtüren im Erdgeschoss des Büroblocks zu.
Uli starrte die Leute an, die sich im Foyer tummelten, und ging steifbeinig zu den Aufzügen. Er trat in die nächste verfügbare Aufzugkabine und hob seine Hand abwehrend einer hoffnungsvollen jungen Sekretärin entgegen, die mit ihm den Aufzug betreten wollte.
»Hier ist nur Platz für einen«, sagte er. »Dieses Schild bedeutet, dass die Kabine eine maximale Gewichtskapazität hat.« Er kicherte vor sich hin, als sich die Kabinentüren schlossen und der Aufzug begann, im Inneren des Gebäudes aufzusteigen. Es gibt keinen dünnen reichen Russen.
Der Aufzug hielt an und Uli trat in einen luxuriösen Empfangsbereich hinaus. Eine Frau blickte hinter ihrem Schreibtisch mit Granit-Look auf und lächelte ihn an, während er sich näherte. Schließlich stand sie auf.
»Mr. Petrov?«
Er nickte.
»Wir haben Sie erwartet«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie hatten gestern einen angenehmen Flug?«
»Ja«, antwortete Uli kurz angebunden. Er wollte keine Zeit mit den Lakaien seines Geschäftspartners verschwenden.
Die Empfangsdame interpretierte seine Knappheit richtig und gab ihm mit einer Geste zu verstehen, sich zu setzen. »Einen Augenblick bitte, Mr. Petrov«, sagte sie, »Mr. Delaney erwartet Sie bereits.«
Sie wählte eine Nummer, kündigte seine Ankunft an und wandte sich dann wieder ihrer Arbeit zu.
Uli blickte auf, als sich in seiner Nähe auf dem Korridor eine Tür öffnete und Delaney in Erscheinung trat. Er stand auf und ging ihm mit ausgestreckter Hand entgegen. Delaney lachte laut, als er den Flur hinunter zum Empfangsbereich schlenderte, Ulis Hand schüttelte und ihm die Tür zum Sitzungszimmer aufhielt.
»Uli, es ist schön, Sie zu sehen.« Er schlug dem Mann freundschaftlich auf die Schulter, als dieser durch die Türe schritt. Delaney folgte ihm in den Raum und schloss die Tür hinter sich. »Nehmen Sie Platz.«
Uli fuhr sich mit der Hand durch die Haare und sah sich dabei um. »Ist der Raum sauber?
Delaney nickte. »Ich habe ihn durch meine Sicherheitsexperten eine halbe Stunde, bevor Sie angekommen sind, überprüfen lassen. Das machen sie zwar ohnehin jeden Morgen, aber heute haben wir das verschoben, damit der Raum nach der Überprüfung bis jetzt versiegelt bleiben konnte.«
Uli nickte, sichtbar entspannt. »Ich habe Ihre Nachricht erhalten. Wie soll uns denn Ihre Idee helfen?«
Delaney ging um den Besprechungstisch herum und blieb stehen, um durch die bodentiefen Fenster den Bootsverkehr zu betrachten, der unten auf dem Fluss vorbeizog. »Ich halte es ganz einfach … und zwar nur, weil ich nicht die Zeit habe, den wissenschaftlichen Aspekt der Angelegenheit zu erläutern, okay?«
Der andere Mann nickte. Delaney umriss seinen Plan, während der Russe ihn mit offenem Mund anstarrte.
Als Delaney fertig war, zog er einen Stuhl heran und ließ sich nieder. »Das sollte Ihre Gasinteressen und mein Kohlegeschäft mindestens für die nächsten dreißig Jahre schützen.«
Uli hielt ergeben seine Hand hoch. »Okay. Sie haben mich überzeugt. Und nun … was brauchen Sie?«
Delaney grinste. »Ich hatte gehofft, dass Sie das fragen würden. Ich benötige einen Ihrer russischen Eisbrecher. Das schnellste Schiff, das Sie bekommen können.«
Uli hob eine Augenbraue. »Einen Eisbrecher?«
Delaney nickte. »Er muss auf alle Fälle bis Anfang Februar im Ostsibirischen Meer sein. Denken Sie, dass Sie das schaffen können?«
Uli kratzte sich am Kinn. »Lassen Sie mich ein paar Anrufe machen. Ich bin sicher, dass ich da etwas besorgen kann.«
Delaney grinste gehässig. »Das sollten Sie besser auch. Alles oder nichts, erinnern Sie sich? Ich erwarte, dass jeder, der an diesem Joint Venture beteiligt ist, rechtzeitig liefert. Dem haben auch Sie zugestimmt.«
Uli lächelte und hielt die Hände in die Höhe. »Morris, ich bin sicher, tief im Herzen sind Sie ein Russe«, kicherte er. »Es ist nicht notwendig, Drohungen auszustoßen. Sie können voll und ganz auf mich zählen.« Er lehnte sich in seinem Sitz zurück.
Delaney stand auf und schlenderte zu einer kleinen Vitrine auf der anderen Seite seines Büros. »Drink?«
Uli nickte. »Selbstverständlich, wenn Sie mittrinken.«
Delaney schenkte zwei Gläser Brandy ein und reichte eines davon Uli.
Uli setzte sich auf das Ledersofa. »Also, was sind Ihre Pläne?«
Delaney grinste. »Nun, wie Sie wissen, packe ich nie alle meine Asse auf den Tisch.«
Zustimmend neigte der andere Mann leicht den Kopf. »Und was werden Sie machen, um sicherzustellen, dass die Sache nicht auf uns zurückfallen kann?«
»Ein ausreichend großes Ziel treffen, sodass jeder automatisch von der Tat einer weiteren extremistischen Terror-Gruppe ausgeht. Sie werden uns nie damit in Verbindung bringen … nie in Erwägung ziehen, dass diese Branche so etwas Extremes machen würde, um ihre Vermögenswerte zu schützen.«
Uli blies die Luft aus den Wangen. »Sie sind ein Genie. Wer ist sonst noch an Bord?«
Delaney grinste. »Sie wissen, ich garantiere jedem Projektbeteiligten den gleichen Schutz wie Ihnen. Abgesehen von mir weiß keiner, wer sonst als Investor zu diesem Projekt beiträgt. Sagen wir einfach, ein oder zwei Gleichgesinnte, die sich um ihre Geschäfte Sorgen machen.«
Uli nickte erneut. »Na gut. Können Sie mir dann sagen, was das Ziel sein wird?«
»Zur Zeit noch nicht.«
Uli stand auf, trank seinen Brandy aus und streckte sich. »In Ordnung. Wie viele Opfer?«
Delaney zuckte die Achseln. »Ein paar. Sehen Sie es als Kollateralschaden an, wie das Militär so schön sagt.«
Uli lachte laut auf. »Perfekt.« Er wandte sich der Tür zu. »Was ist eigentlich mit dem englischen Akademiker passiert, der in Europa den ganzen Ärger verursacht hat?«
Delaney lächelte. »Oh, an der Front ist alles still geworden. Ich glaube nicht, dass er uns in Zukunft noch Probleme machen wird.«