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7. Bankenverlust.

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Die Menschen sind nicht immer, was sie scheinen, aber selten etwas Besseres.

Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) Deutscher Dichter und Literaturtheoretiker

Die Union de Banques Suisses, kurz UBS-Bank genannt, eine der größten Schweizer Banken mit Sitz in Zürich und Basel, zählt zu den weltweit größten Vermögensverwaltern. Mit über 80.000 Angestellten ist sie in über 50 Ländern der Welt an den wichtigsten Finanzplätzen mit ihren Niederlassungen vertreten.

Sie geriet in die Schlagzeilen der Weltpresse. Ein Broker der Bank hatte zwei Milliarden US-Dollar verzockt. Broker haben die Aufgabe, als Wertpapiervermittler an den Börsen im Auftrag der Kunden Effektgeschäfte zu tätigen, wofür sie eine Vermittlungsgebühr, Courtage oder Brokerage genannt, erhalten.

Wird ein Geschäft in den Sand gesetzt, will der Broker das Defizit ausgleichen und tätigt eine andere Finanz aktion im Auftrag des Kunden. Wird jedoch, wenn ein Loch gestopft wird, ein neues, größeres aufgetan und setzt sich dieser Vorgang so weiter fort, dann sollte ein Sicherungsmechanismus greifen, der im diesem Falle nicht eintrat. Ein ganz grober Fehler, der nur bankintern zu suchen ist.

Verlustgeschäfte von Banken in dieser Art gibt es wohl öfter, als es für den Laien vorstellbar ist. Die meisten Fälle werden erst gar nicht öffentlich bekannt.

Tritt jedoch ein solcher Fall ein, wird die betroffene Bank alles daran setzen, den Fall herunterzuspielen.

Der Vorstandsvorsitzende der UBS trat an die Mikrofone der Presse und spielte den Vorgang herunter. »Dies sollte nicht vorkommen, es konnte aber doch geschehen. Allerdings ist es auch kein Beinbruch. Für die Anteilseigner der Bank hat die Sache keine nennenswerten Auswirkungen. Genau genommen, überhaupt keine Auswirkungen.«

Die Aktie der UBS jedoch fiel schon am nächsten Tag um 10,8 Prozent.

Hierbei war das Guthaben von 75,5 Millionen Euro, das seit zwei Tagen auf einem der Nummernkonten, in der Schweiz spricht man von Inhaberkonten, deponiert war, nicht betroffen.

Da dies nur bankinterne Verluste waren, die sich steuerlich für den Staat nicht auswirkten, war auch das Eingreifen der FINMA, also der eidgenössischen Finanzaufsicht, die immer dann auf dem Plan stand, wenn das Unheil schon seinen Lauf genommen hatte, nicht notwendig. Die 350 Spezialisten der FINMA, meist sind es Ökonomen, Finanzwirte und Anwälte, finanzieren sich per Staatsgesetz über Gebühren, die witzigerweise von den Banken eingefordert werden. Diskussionen über eine Unabhängigkeit dieser Kontrollinstitution werden somit berechtigterweise geführt.

Schon vor einem halben Jahr war Thomas Herzog mit einem sehr gut gefälschten Pass nach Zürich gefahren und hatte ein solches Inhaberkonto eröffnet. Die Daten lauteten auf den Namen Clemens Zabelt und so wurden sie gespeichert.

Er kündigte Einzahlungen in Millionenhöhe an und erklärte, diese durch Gewinne aus südafrikanischen Holzverkäufen und den damit verbundenen Börsengeschäften zu erhalten.

Dies interessierte den Schweizer Bankangestellten nicht sonderlich. Er hatte wohl öfter Kunden, die ihr Geld vor dem Finanzamt auf Nummernkonten der Schweizer Bank deponierten. Hier in der Schweiz verdiente man daran.

Er veranlasste alle Maßnahmen und man legte eine Namen-Zahlenkombination als Kennwort fest. Eine Nummernbeziehung ist keinesfalls anonym und unterscheidet sich weder in rechtlicher noch in steuerlicher Hinsicht von einer normalen Bankbeziehung. Der einzige Unterschied liegt darin, dass der Inhaber nur einem begrenzten Kreis von Bankangestellten bekannt ist, oftmals nur einem Mitarbeiter und der Name des Kunden nicht auf Bankbelegen wie Kontoauszügen etc. erscheint.

In Deutschland ist diese Art der Kontoführung nach § 154 AO verboten. Die Schweiz und Österreich kennen keine Gesetze über die Kontobezeichnung. Die Führung von Nummernbeziehungen untersteht sowohl internationalen wie auch nationalen Gesetzen.

Nummernbeziehungen sind in sämtlichen rechtlichen und steuerlichen Angelegenheiten einer normalen Bankbeziehung gleichgestellt. So muss bei Eröffnung der Bankbeziehung die Identität des Inhabers bzw. des wirtschaftlich Berechtigten nach den gesetzlich vorgeschriebenen Richtlinien geprüft werden. Ebenfalls müssen die gesetzlichen Vorschriften in Bezug auf die Bekämpfung der Geldwäscherei eingehalten werden. Nachprüfen kann das in der Regel niemand. Das will auch niemand so genau, da sonst Gelder in andere Länder fließen würden. Ebenso stehen Nummernbeziehungen unter der Steuerpflicht. Diese fällt in der Schweiz als Verrechnungssteuer an. Für nicht in der Schweiz wohnhafte Bürger aus der EU fällt die Steuer als EU-Zinsbesteuerung für Einkommens- und Vermögenssteuer an. Von dem Bankangestellten wurden Clemens Zabelt und sein Begleiter dahingehend aufgeklärt.

Nun musste Herzog wieder in die Schweiz einreisen. Er hatte das Kennwort vor seinen beiden Helfern nicht geheim halten können. Sie hatten darauf bestanden, bei der Kontoeröffnung anwesend zu sein. Herzog konnte sie gerade noch davon überzeugen, dass sie zu dritt auffallen würden. So begleitete ihn damals einer seiner Kumpel.

Die letzte Aktion, Anmietung eines Depots, hatten seine Kumpel allein erledigt. Jetzt aber wollte Herzog das Kennwort ändern. Somit hätte er alleine den Zugriff auf das Konto. Er traute ihnen nicht und befürchtete, dass sie irgendwann Bargeld sehen wollten und Beträge abhoben.

Mit seinen beiden Freunden war nicht gut Kirschen essen. Sie waren beide sehr impulsiv und genauso leicht erregbar wie gewalttätig. Thomas Herzog musste sie loswerden. Es war nicht so, dass er das Geld unbedingt alleine haben wollte, eher befürchtete er, dass die beiden sich und ihn verraten würden. Sie waren leicht zu durchschauen und auch etwas einfältig, aber brandgefährlich. Herzog wusste nur noch nicht, wie er sie loswerden konnte. Er brauchte Zeit, darüber nachzudenken. Im Nachhinein betrachtet war es sowieso ein Fehler, sich der beiden Gewaltmenschen zu bedienen. Herzog glaubte aber, dass sie ihm bei einer nicht vorhersehbaren Situation hätten helfen können. So hatte er sie eines Tages in Frankfurts Unterweltkreisen angesprochen.

Er mietete sich ein Wohnmobil für vierzehn Tage und nahm sich ein paar Tage Urlaub.

Dann wollte er sich mit Sabrina Bennet treffen. Er rief sie an.

»Hallo Sabrinchen. Ich habe eine Überraschung für dich. Ich muss dich nachher unbedingt sehen.«

»Ja. Gut. Wo bist du?«

»Ich habe gerade ein Luxuswohnmobil gemietet. Kannst du reden?«

»Ja. Ich bin gerade bei Marc in der Klinik. Wozu hast du ein Wohnmobil gemietet?«

»Lass uns ein paar Tage wegfahren. Du musst etwas ausspannen. In die Berge, das wäre schön. Was sagst du dazu?«

»Wegfahren? In die Berge? Aber ich kann jetzt nicht weg von hier. Marc braucht mich.«

»Nein. Er ist schon so lange im Koma. Du solltest mal an dich denken und einmal ausspannen. In der Schweiz ist es wunderschön.«

Sie überlegte.

»In die Schweiz? Vielleicht hast du recht. Wann soll es den losgehen?«

Bennet hatte verstanden. Er ahnte, dass sein sauberer Kollege zu einer Schweizer Bank wollte.

»Los, frag ihn, welche Bank. Ach Sabrina, was bist du doch so ahnungslos. Fahre nicht mit ihm. Er will mich ruinieren. Und du hilfst ihm auch noch.«

»Morgen schon. Das ist sehr kurzfristig. Ich muss erst noch mal mit dem Arzt reden. Bis dann.«

Dieser erschien wie auf Kommando. Er machte Sabrina Bennet klar, dass es keine nennenswerten Veränderungen gegeben habe und auch wohl in nächster Zeit nicht zu erwarten wären.

Bennet hätte ihn erwürgen können.

»Quacksalber! Was weißt du schon? Ich bin topfit! Ich trainiere sogar schon für die nächste Olympiade.«

Als der Arzt gegangen war, setzte sich Sabrina Bennet auf das Bett und sah Marc tief in die Augen. Es fiel ihm schwer, diese ruhig zu halten. Aber noch sollte es nicht erkennbar sein, dass er sehen und hören konnte.

»Warum ist das alles so gekommen? Mein Liebling.«

»Liebling? Nenn mich nicht Liebling, wenn du es mit diesem Herzog treibst.«

»Ich bin für eine Weile weg. Ich brauche wirklich Urlaub. Ich kann nicht mehr.«

Sie küsste ihn lange auf den Mund. Dann stand sie auf und verließ das Zimmer.

Sie tat ihm plötzlich leid. Hätte Marc Bennet gewusst, dass er sie nur noch einmal kurz wiedersehen würde, hätte er sich bemerkbar gemacht.

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