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3. Verräter erkannt.

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Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.

Oscar Wilde (1854–1900) Irischer Schriftsteller

Der nächste Tag brachte Bennet gleich mehrere Überraschungen.

Zunächst kam wieder die junge Krankenpflegerin und wusch ihn von Kopf bis Fuß, was er wohlwollend zur Kenntnis nahm.

»Du kannst da unten herum ruhig etwas gründlicher und länger waschen.«

Sie tat ihm den Gefallen jedoch nicht und sie unterhielt sich auch nicht mit ihm. Sie machte ein weinerliches Gesicht, was ihn zu der Annahme veranlasste, dass es mit ihrem Freund nicht so gut lief.

»Tut mir für dich leid, Mädchen, aber so sind sie nun mal, die Männer.«

Als sie gegangen war, kam eine noch attraktivere junge Frau ins Zimmer.

»Guten Morgen, Herr Bennet. Ich bin Ihre neue Physiotherapeutin und werde Sie jetzt mal ein bisschen bewegen.«

Marc Bennet konnte sie vom Kopf bis zum Bauch sehen. Er verfluchte, dass er nicht weiter an ihr heruntersehen konnte. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen.

»Oh ja. Bewege mich. Setze dich auf mich, wenn es sein muss. Bringe mein Blut in Wallung!«

Sie schlug die Bettdecke zurück und setzte sich auf die Bettkante. Dann umfasste sie Bennets Schulter und zog ihn aufrecht. Nun bewegte sie seinen rechten Arm vor und zurück. Dass gleiche geschah mit dem linken Arm. Dann drückte sie seinen Kopf an ihre Schulter und massierte seinen Nacken.

Bennet war im siebten Himmel. Er stöhnte.

»Oh, warum kann ich nicht jetzt sofort meine Hände bewegen?«

Sie drückte ihn sanft ins Kissen zurück und wollte mit Bewegungsübungen der Beine weitermachen, da erschien ihr Kollege im Zimmer.

»Du wolltest doch deine Tochter im Kindergarten abholen. Los, mach schon. Ich mache hier weiter.«

Er kam ins Zimmer und Bennet sah den Mann nun richtig.

»Nein. Nein. Kleine. Du machst gefälligst weiter! Nicht dieser Bud Spencer.«

Die Frau verließ das Zimmer.

»Nein. Bleib hier. Komm zurück!«

Doch es kam nur der Hüne und dieser packte ihn. Seine Beine fingen an zu tanzen.

»Mann, nicht so grob, du Grobian! Die kleine Maus von eben hat das viel besser gemacht.«

Es half nichts. Der »Schlächter« sprach noch nicht einmal mit ihm, obwohl die sprachliche Kommunikation dem Heilungsprozess doch dienlich sein sollte.

Doch als die therapeutische Stunde beendet war, fühlte sich Bennet erfrischt und gleichzeitig ausgelaugt. Aber irgendwie besser.

Es klopfte zaghaft an der Tür und sie wurde gleich darauf geöffnet. Sabrina Bennet erschien am Bettende und zog ihren Mantel aus. Sie beugte sich zu Bennet runter und küsste ihn auf die Stirn.

»Hallo, mein Schatz. Da bin ich wieder mal.«

»Was heißt hier wieder mal? Ich bin vier Wochen hier und sehe dich heute zum ersten Mal. Und gib mir gefälligst einen richtigen Kuss auf den Mund. Deine Haare sind anders. Aha, warst beim Frisör. Hast dich echt schick gemacht, für mich. Für mich?«

Wieder ging die Tür auf und Bennets Kollege Thomas Herzog trat ein.

Bennet erkannte ihn sofort, als er hinter seine Frau trat.

»Hallo Thomas, altes Haus. Das freut mich riesig, dass du mich besuchen kommst. Sag was, ich kann dich hören. Wie geht’s in der Bank? Gibt es Probleme? … He … h … heeeeh … was machst du da? Lass die Hände von meiner Frau! He … Hallo! Nimm deine Pfoten von ihrem Arsch! Du sollst nicht an ihrem Hals rumknutschen. Ich glaub es nicht. Jetzt küssen sie sich. Vor meinen Augen! … Ah, ihr treibt es miteinander. Hinter meinem Rücken! Jetzt sogar vor meinen Augen.«

Sabrina Bennet zierte sich.

»Nicht Thomas. Lass das. Ich kann das nicht hier bei Marc.«

»Er hört und sieht uns doch nicht.«

»Wie? Du kannst das nicht hier? Woanders aber doch! Schlampe! Seit wann geht das schon so? Und sehen und hören kann ich euch wohl.«

»Ich hole uns mal einen Kaffee.«

Sie ging auf den Flur hinaus.

Thomas Herzog trat dicht vor Bennets Gesicht.

»Jetzt geht das schon vier Wochen so. Warum kratzt du nicht endlich ab? Warum bist du nicht gleich bei dem Unfall draufgegangen? Wir haben dich doch so perfekt abgeschossen und aus dem Wrack konnte doch keiner lebend herauskommen. Aber du doch. Jetzt muss ich mir was einfallen lassen, falls du irgendwann aufwachen solltest. Dann wirst du einen zweiten Unfall haben. Und den überlebst du nicht. Oder ich flöße dir hier in der Klinik einen giftigen Cocktail ein. In der Zwischenzeit kümmere ich mich ein bisschen um deine Frau. Ist übrigens gar nicht so langweilig im Bett. Hat eine besondere Vorliebe. Die musste ich erst herausfinden. Dann aber ging sie ab, wie ein Zäpfchen.«

Sein Handy klingelte und Herzog ging ran.

»Herzog. Ja. Nein. Was? Ich bin in der Klinik. Was ich hier mache? Ich versuche, herauszubekommen, wie der Zustand von Bennet ist. Mann, wenn es ihm besser geht, sind wir gearscht. Wie lief es in der Schweiz? Hast du die Schließfächer gemietet? Gut. Das Nummernkonto? Gut. Das Geld wird nun nach den letzten Umbuchungen auf das Schweizer Konto gehen. Es müsste bis übermorgen alles drauf sein. Dann können wir langsam damit beginnen, etwas abzuheben und einen Teil in Gold zu tauschen. Was? Klar, auch in Euro und Dollar. Ich lösche die Konten auf den Antillen, den Niederlanden, Mexiko und in Südamerika. Es darf keine Spur verfolgt werden können. Was? Ja. Nein, man wird nichts zurückverfolgen können. Für die Veruntreuung in der Bank ist einzig und allein Marc Bennet verantwortlich. Er hat die Überweisungen getätigt. Von seinem Rechner ging es aus. Ich muss Schluss machen.«

Marc Bennet war sprachlos. Er dachte angestrengt nach. Aber auch seine Gedanken fanden keine Erklärung für das Gehörte. Er fragte sich, ob er nicht doch lieber wieder ins Totalkoma fallen sollte.

Seine Frau kam mit zwei Bechern Kaffee ins Zimmer.

»Ich habe mit dem Arzt gesprochen. Es gibt keine nennenswerten Fortschritte. Wie lange soll das so gehen?«

»Hoffentlich nicht mehr lange.«

»Und dann? Wenn ich nur wüsste, was die Polizei von Marc wollte. Und den Unfallverursacher haben sie auch noch nicht gefunden.«

»Den werden sie auch nicht finden.«

»Was macht dich da so sicher?«

»Na ja. Ich meine, der ist bestimmt über alle Berge, nach so langer Zeit.«

»Könnte das nicht zusammenhängen?«

»Was meinst du?«

»Der Unfall und der Besuch der Polizei.«

»Ja. Erzähl doch mal. Interessiert mich auch, warum die Polizei mich sprechen will. Und mit dem Unfall hast du was zu tun, du Ganove.«

»In der Bank ist Geld verschwunden. Eine große Menge Geld. Mann nimmt an, dass Marc etwas damit zu tun hat.«

»Was? Das glaube ich nicht.«

»Doch. Alles spricht dafür.«

»Das glaubst du doch wohl selber nicht. Thomas Herzog, du hast da deine Finger im Spiel. Los sag’s schon. Sprich weiter.«

»Aber wieso? Marc würde nie die Bank bestehlen.«

»Bei dem Betrag, der fehlt, wird wohl jeder schwach.«

»Wie viel fehlt denn?«

»Ja, sag wie viel du geklaut hast.«

»Man munkelt etwas von 6 Millionen Euro. Morgen weiß ich mehr. Da ist eine Krisensitzung in der Bank angesagt.«

Sabrina Bennet wurden die Knie weich. Sie musste sich setzen.

Marc Bennet hätte es glatt hingeschlagen, er lag aber schon.

Wachkoma

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