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5. Der neue Start

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Der neue Start ins Berufsleben war fast überstürzt. Am 31. 05. 2010 bekam Frank-Peter einen Anruf. Ein privater Arbeitsvermittler versprach Arbeit schon am nächsten Tag. Auch ein vorwiegend regionaler Einsatz stelle kein Problem dar. Bereits für den Nachmittag wurde „vor den Räumlichkeiten“ des künftigen Arbeitgebers ein Termin vereinbart, man wolle anschließend gemeinsam zu dem Arbeitgeber gehen. In der Praxis gestaltete sich das so, dass direkt in den Räumlichkeiten einer Zeitarbeitsfirma der erste Kontakt stattfand. Nach der Erteilung der Genehmigung zur Vermittlung an die Zeitarbeitsfirma und Einbehalt des Vermittlungsgutscheines wechselte lediglich der Gegenüber. Später konnte Frank-Peter aus einer unbedachten Äußerung der Chefin der Zeitarbeitsfirma die Erkenntnis gewinnen, dass der private Arbeitsvermittler quasi ein Angestellter der Zeitarbeitsfirma war oder zumindest mit dieser kungelt, und nur für die Abfassung des Vermittlungsgutscheines ein Gewerbe eingetragen hatte.

Diese Zeitarbeitsfirma in Teuma ist im Tarifverbund der christlichen Gewerkschaft organisiert. Während der Einarbeitungszeit gibt es, wie schon berichtet, regulär keinen Urlaub, jedoch Urlaubsanspruch auf der Basis von zwanzig Tagen im Jahr. Eventuell benötigter Urlaub ist separat zu vereinbaren. Aus einer früheren Pleite mit Totalverlust des Urlaubs während der Einarbeitungszeit wusste Frank-Peter, dass die Juristen eine böse Stolperfalle eingebaut hatten. In der Probezeit wird der Urlaub nicht, wie allgemein üblich, automatisch bis Ende März ins nächste Jahr übernommen, er muss definitiv beantragt werden, obwohl Urlaub während der Einarbeitungszeit ausgeschlossen ist3. Fatal für eine halbjährliche Probezeit, die am ersten Juli eines Jahres beginnt. Die Urlaubstage werden indes angesammelt. Nur dann, wenn der Antrag abgelehnt wird, weil er ohnehin nicht angetreten werden kann gilt, dass der Urlaubsanspruch die übliche Frist bis Ende März erhalten bleibt. Wer macht solche Gesetze, die einmal unverständlich sind, nicht allgemein bekannt gemacht werden und zum anderen die bereits Benachteiligten noch einmal bestraft? Der bekannte deutscher Philosoph Friedrich Nietzsche (1844 – 1900) schrieb: Gesetze verraten nicht das, was ein Volk ist, sondern das, was ihm fremd erscheint“

Der Tarif der christlichen Gewerkschaft wurde im Nachhinein im Internet gefunden, ausgedruckt und studiert. Er erwies sich rückständiger als der allgemeine gewerkschaftliche Zeitarbeitstarif. Auch der Arbeitsvertrag enthielt nach genauem Studium einige „Eier“ und zeigte sich in einigen Passagen unverständlich. So sollte bei einer vorzeitigen Kündigung eine Vertragsstrafe gezahlt werden!


Was ist eine vertragswidrige Kündigung und was versteht man unter ‚Arbeitstage bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist’?

Die Probezeit wird grundsätzlich in der niedrigsten finanziellen Eingruppierung begonnen. Wenn Arbeitnehmer generell nach der Probezeit, so sie sich nicht als Eier legende Wollmilchsauen entpuppen, entlassen werden (genügend arme Schweine stehen bereits in den Startlöchern), braucht die Staffelung des Tarifs niemals ausgeschöpft zu werden. Interessant ist das dann auf dieser Lohnbasis erzielbare Arbeitslosengeld! Organisierte und verordnete Spirale der Armut! Unbekannt ist, wie ausgewiesene Spezialisten den Leihfirmen gegenüber dargestellt und abgerechnet werden.

Mit einem glaubhaft vorgebrachten Arztbesuch am 03. 06. 2010 konnte Frank-Peter die Arbeitsaufnahme am kommenden Tag abwenden. Der organisatorische Aufwand für bereits geplante und gebuchte Termine in dieser Woche brauchten also nicht neu aufgerollt werden, obwohl seitens der Chefin der Arbeitszeitfirma eine Variante mit sofortigem Start und Freistellung für den 03. 06. 2010 ins Spiel gebracht worden war. Nach erneuter Rücksprache mit der Elektrikerfirma reicht der Start am 07. 06. 2010, weil wegen Bauverzugs ein früherer Einsatz eh nicht möglich war. Frank-Peter schaute im Internet nach der Adresse der Elektrikerfirma und fuhr auch schon mal hin, damit nicht unvorhergesehene Dinge, wie Umleitungen oder ähnliches die geplante Fahrzeit außer Kontrolle bringen würden.

Am Donnerstag konnte somit die lange geplante Fahrt zu den Verwandten erfolgen. Dort bekam Frank-Peter einen Anruf, ob er nicht doch am Wochenende in die Geschäftsstelle kommen könne. Mann bat ihn inständig, im Rahmen der abgesprochenen Ausnahme, eine Woche als Urlaubsvertretung Montage in den alten Bundesländern zu übernehmen. Nun bekannte Frank-Peter, dass er nach Wahrnehmung seiner medizinischen Termine das Wochenende anders genutzt habe und nicht in der Region sei. Die Urlaubsvertretung würde er übernehmen, alle Daten dazu sollten per E-Mail zugesandt werden. Daraus entnahm Frank-Peter, dass er am Montag den 07. 06. 2010 früh 05 : 00 Uhr im über 300 km entfernten Buscheck hinter Kassel bei Ullrich Geibel, Inhaber einer Elektrikerfirma, erwartet wurde. Das Navi in Frank-Peters Auto war bestimmt mit einer rund zehn Jahre alten Software ausgerüstet und kannte die neue Autobahn A 38 nicht, die eine direkte Verbindung von Leipzig nach Göttingen bot. Von dort ist es nicht weit bis Kassel. Unterwegs kam die Meldung: „kann Route nicht berechnen“, die mit OK bestätigt wurde. In Kenntnis dessen, dass nach Göttingen Kassel anvisiert werden sollte, war eine Fahrt nach Ausschilderung möglich. Bei einem Stau wurde das Navi überprüft: es hatte sich abgeschaltet. Die erneute Eingabe der gespeicherten Zieladresse führte glücklicherweise zum pünktlichen Erscheinen.

Buscheck war eine einzige Baustelle, alle Straßen waren gesperrt. Große Radlader versperrten die Zufahrten in den Ort und riesige Rohre lagen neben den Erdwällen der aufgebrochenen Straße, um irgendwann darin verbaut zu werden. Das hatte schon der Firmenchef in einem Telefonat am Tag vorher bemerkt und ein Abholen angeboten. Frank-Peter nutzte dieses. Als Ullrich Geibel mit seinem 5er BMW Touring erschien, vernahm Frank-Peter eine deutliche „Fahne“. Ullrich Geibel muss am Tag zuvor ordentlich gefeiert haben. Von Buscheck ging es mit einem Firmenfahrzeug weiter Richtung Bonn, nachdem der Angestellte des Firmeninhabers, Freddy geweckt worden war. Freddy erklärte später, dass er sich grundsätzlich wecken lässt, weil die Absprachen zum Arbeitsbeginn durch den Chef in der Regel nicht eingehalten werden. Die Baustellen waren allesamt Finger-Häuser, eine Holzständer-Fertighauskonstruktion. Bereits am zweiten Tag der Errichtung, das Erdgeschoss ist in der Regel bereits auf der Bodenplatte oder dem Kellergeschoss erstellt und das Obergeschoss wird gerade errichtet, müssen die Elektriker auf die Baustelle, um bei gegenseitiger Behinderung mit den Rüstern mit der Installation zu beginnen und der Hausbaufirma den Vorteil einer Zeiteinsparung von 1 … 2 Tagen zu ermöglichen. Innerhalb von etwa zwei Tagen ist die gesamte Elektrik verlegt und bereits die meisten Installationsgeräte, wie Schalter und Steckdosen verdrahtet. Alle elektrischen Arbeiten sind soweit beendet, dass der Estrichbeton im Inneren auf die Bodenplatten gegossen werden kann und der Trockenbau von Decke und Wänden von den Rüstern beendet werden kann. Der Zeitdruck forderte auch Opfer. Einer der Rüster hatte sich versehentlich mit dem Luftdrucknagler an einer Dachlatte festgeschossen. Da die Nägel einen eingewalzten Drall gegen unbeabsichtigtes Lockern haben, konnte man ihn auch nicht so einfach herausziehen. Deshalb wurde die Dachlatte rund um den festgenagelten Finger heraus gesägt und mit zum Arzt genommen. „Der Knochen ist angeschrammt“, lautete kurz die Information zur Diagnose. Was der gebeutelte Monteur beim Arzt alles gesagt hat, entzieht sich Frank-Peters Kenntnis. Er muss aber so gekonnt geschwindelt haben, dass sich die Balken gebogen haben, denn normalerweise kommt nach jedem Unfall die Berufsgenossenschaft. Das blieb dieser Baustelle aber erspart, nur der arme Schlucker musste nach Hause.

Am ersten Tag waren Restarbeiten an zwei nebeneinander errichteten Häusern in der Nähe von Bonn erforderlich. Abgeschlossen werden konnten diese nicht, weil eine Schalterabdeckung fehlte. Mit einer entsprechenden Mängelliste bekam Freddy die Unterschrift eines der Bauherren. Der Zweite verweigerte sie mit dem Hinweis, dass er sich erst einmal in Ruhe alles durchlesen und auch im Haus kontrollieren müsse. Von diesem Bauherren berichteten die Rüster folgende Geschichte, die schnell unter allen Beschäftigten, nicht nur dieser Baustelle die Runde machte: Die Ehefrau des Bauherren kam eines tags auf die Baustelle. Die Putzer, die gerade Restarbeiten an der Fassade ihres Hauses erledigt hatten und nun am direkt daneben liegenden Haus arbeiteten, hatten ein Radio am Baustellenstrom der Bauherrin angeschlossen. Lauthals und mit unangemessenen Worten beschwerte diese sich darüber, wieso von ihr Strom genommen würde, obwohl am Nachbarhaus gearbeitet wird! Später wurde auch bekannt, dass dieser Bauherr, ein Lehrer, genau berechnet hatte, dass ihm durch die vom örtlichen Stromanbieter verschuldete verspätete Abschaltung des Baustroms über vierzehn Euro Verlust entstanden seien, die dieser nun durch die Installationsfirma ersetzt haben wollte. Kopfschütteln unter den Bauleuten war die geringste der daraufhin einsetzenden Reaktionen. Auf der nächsten Baustelle bekam Frank-Peter mit, wie Freddy die Bauherrin großmäulig überzeugte, auf die im Projekt ausgewiesenen Niederspannungslampen, im Volksmund „Spots“ genannt, im Bad zu verzichten. Absolut bestimmend, ja fast schon überheblich sprach er mit der Bauherrin. „Haben sie sich das gut überlegt mit den Niederspannungslampen im Bad? Sie wissen schon, dass damit nur eine punktuelle Beleuchtung stattfindet? Die Lampen haben eine relativ geringe Lebensdauer und die Verhältnisse im Bad reduzieren diese noch weiter. Vor allem eins, ihr Haus besteht aus Holz und die Wärmeentwicklung der Lampen könne vor allem bei einer Störung eine Gefahr für das Haus bedeuten!“ Die Bauherrin lenkte ein. Frank-Peter sprach anschließend mit Freddy, dass er bei bisherigen Baustellen in solchen Fällen in die Gipskartondecke Zusatzgehäuse aus Glasfaser-Gips einbauen musste. „Halt´ die Klappe“, meinte Freddy. „Ich weiß, was es alles gibt, habe aber keine Lust, so etwas einzubauen. Das ist alles Mehraufwand!“ „Ist schon OK, im Beisein der Bauherrin würde ich so etwas auch nicht erzählen“, antwortete Frank-Peter. Freddy, ein sportlicher junger Typ von 26 Jahren, war nicht zimperlich im Umgang mit den Kunden. Er trat dominant auf und duldete keinen Widerspruch. Es ist eigenartig, dass die Bauherren sich von ihm wegen nicht vorhandener eigener Fachkompetenz einlullen ließen. Freddy sammelte auch die Schnittreste des Kupferkabels ein, die er privat zu Geld machte. An den Wochenenden verdient Freddy mit Schwarzarbeit, wie er stolz berichtete, eine Menge Geld. Mit seinem Chef hatte er ein herzliches Verhältnis, aber erst, nachdem beide hart aneinander geraten waren und Freddy kündigen wollte. Bei gelegentlichen gemeinsamen Arbeiten mit dem Chef, so berichtete Freddy, habe er diesen immer regelrecht vorgeführt. Er habe weniger Fehler als der Chef gemacht und war auch bedeutend schneller. So hat dieser wohl erkennen müssen, dass er schlecht auf Freddy verzichten konnte. Am Ende der Woche kam die Hiobsbotschaft: die Montage soll um eine weitere Woche verlängert werden, weil nur dann die Urlaubsvertretung richtig abgesichert ist. In dieser zweiten Woche wurden Häuser im Umfeld der Firma installiert. Die Hinfahrt war auch wieder von Problemen des Navis geprägt, die 80 km Umweg brachten und die eingeplante Zeitreserve bis auf die letzte Sekunde aufzehrte.

Diese Woche arbeitete Frank-Peter mit Torsten, dem Altknecht in der Firma. Torsten lebte seit vielen Jahren mit seiner Partnerin in einer Lebensgemeinschaft, die leider kinderlos blieb. Eine Heirat kommt für ihn heute aus steuerlichen Gesichtspunkten nicht mehr in Frage. Seine Partnerin ist Vertreterin und dadurch zeitlich straff eingespannt. Ein so genanntes Familienleben gibt es nur an den Wochenenden, die Woche über machte jeder seins, auch wenn, wie in diesem Fall, Torsten in unüblicher Manier jeden Tag nach Hause kam. Frank-Peters Übernachtung war im 15 km entfernten Goldenhagen organisiert worden. Jeweils am Morgen wurde ein Lunchpaket bereitgestellt, üppig bezüglich Wurst, schließlich war die Unterkunft auch gleichzeitig eine Schlachterei. Mit einer trockenen Brotscheibe in der einen und einer Wurst in der anderen Hand wurde in der zehnminütigen Frühstückspause, die man sich als einzige Pause am Tag auf Kosten des Chefs gönnte, nicht gerade der kulinarische Höhepunkt erreicht, von hygienischen Bedingungen ganz zu schweigen. Torsten war mit Frank-Peters Arbeit zufrieden. Frank-Peter gab sich leidlich Mühe, fragte, wenn er Dinge nicht verstand. Vor allem waren das Sachen, die Frank-Peter von anderen Baustellen anders kannte und die ihm dort, wenn er so wie hier arbeiten würde, mehr als nur Ärger eingebracht hätten. Dafür war es hier unumgänglich, in die Glasisolierung zu greifen und die Leitungen zwischen Glasisolation und Deckenlattung entlang zu ziehen. Die mikroskopisch feinen Glasbruchstücke verursachten einen ständigen Hustenreiz und ein Jucken am ganzen Körper. Vielfach kamen in den Folgetagen vermutlich Reste der Glasisolierung in kleinen schmerzhaften Pusteln an den Armen und den Händen wieder aus dem Körper heraus.

Ein Anruf kam von der Chefin. Der Firmenchef aus dem Westen möchte Frank-Peter auch weiterhin beschäftigen, wenn er es wünscht, werden die Weichen dahingehend gestellt. Mit Verweis auf den vereinbarten lokalen Einsatz lehnte Frank-Peter dankend ab und ließ über Torsten an den Chef übermitteln, dass er am kommenden Montag nicht mehr hier antreten werde, weil er nur als Urlaubsvertretung die Stelle ausgefüllt habe. Das habe nichts damit zu tun, dass er sich nicht wohl gefühlt habe, aber er ist für die kommende Woche bereits verplant. Bewusst hat Frank-Peter keine direkte Ablehnung einer Montagetätigkeit durchblicken lassen, um seine Zeitarbeitsfirma nicht zu diskreditieren. Eine Entscheidung mit Folgen. In der darauf folgenden Woche bekam Frank-Peter einen Anruf von seiner Chefin. Ullrich Geibel, der Inhaber der Firma habe bei einer Mitarbeiterin der Zeitfirma angerufen und diese „rund“ gemacht. Er verlangt Frank-Peter auf der Baustelle, sobald dieser wieder verfügbar ist. Mit Frank-Peter sollte aber nicht direkt gesprochen werden. Frank-Peter verteidigte Ullrich Geibel, der am Wochenende seinen 50. Geburtstag gefeiert habe und davon wohl noch etwas angetüdelt gewesen sein könnte. Außerdem sieht ja jeder die Dinge so, wie er es selbst gern haben möchte. Zusagen wären jedenfalls nicht gemacht worden. Im Gespräch mit Torsten habe dieser Frank-Peter gegenüber erwähnt, dass der Kollege, den Frank-Peter die vierzehn Tage vertreten hat, nicht so zuverlässig sei. Dieser habe zwei Gänge: langsam und ganz langsam. Wenn er auf der Baustelle gerufen wird, vergeht oft eine Ewigkeit, bis er sich meldet. Die Arbeit gehe ihm nicht sonderlich von der Hand. Da aber Ullrich Geibel von der Hausbaufirma Druck bekommt, diese ihrerseits die Rüsterbrigaden auf 39 erhöht hat und die Produktion von Fertighäusern wieder hochfährt (sehr zu Lasten der Qualität, wie die Rüster dies kommentierten), wolle Ullrich Geibel ab der folgenden Woche zwei Monteure von der Zeitarbeitsfirma abfordern. „Gibt es hier im Umfeld keine Arbeitszeitfirmen, müssen da aus Leipzig die Leute herangeholt werden?“, fragte Frank-Peter Torsten. „Einige wenige gibt es hier, wir hatten auch schon Leute von denen. Aber die meisten vermitteln nur für lokale Arbeiten, Montage will keiner machen und dann passiert es, dass wir absolute Pflaumen bekommen, die wir nach zwei Tagen wieder abmelden müssen.“ Für ihn, Torsten, rechnet sich das nicht. Die Zeit für das Anlernen und kontrollieren fehle ihm bei der eigenen Arbeit. Allein ist er oft schneller und gewiss, dass ihm später nicht noch Probleme aus verdeckten Fehlern zu schaffen machen werden.

Die dritte Woche begann mit einem chaotischen Hin- und her. Erst sollte der Montag „beschäftigungsfrei“ sein, weil es bei der angekündigten Elektrikerfirma Bauverzug in den Aufträgen gab. Am Montag wäre also Abrechnung der Stundenzettel möglich. Dann ein Anruf, dass doch noch am Sonnabend abgerechnet werden muss. Am Montag und Donnerstag gibt es Arbeit als Müllmann in Wölzen, dafür ist Ausrüstung erforderlich, die auch noch abgeholt werden muss. Die Tage dazwischen gelten als Rufbereitschaft. Mit der Abgabe der Stundenzettel gab es die nachgewiesenen Tankkosten und 50 Euro für die eigene Fahrzeugnutzung während der Montage. Auslöse gab es nicht, weil die Unterkunft vom Westchef bezahlt wurde! Später erfuhr er von anderen Kollegen aus seiner Zeitarbeitsfirma, dass diese einen Leihwagen für diese Fahrten erhalten hatten.

Am Montag, den 21. Juni begann der Einsatz als Müllmann, als Beifahrer. Das ist wichtig, denn der Fahrer, dessen Arbeit Frank-Peter großen Respekt entgegen brachte, fährt das große Auto und hilft nur an absoluten Schwerpunkten. Frank-Peters Aufgabe bestand darin, in der Kleinstadt Mölben die gelben Säcke einzuladen. Christian, der Fahrer warnte Frank-Peter, dass die gelben Säcke von fünf Wochen eingesammelt werden müssten und es sehr, sehr viel werden würden. Es wurden viele. Einmal musste das Auto zu Firma zurück um den Inhalt zu entsorgen. 5,6 Tonnen erbrachte die erste Fahrt. Wenn man vom durchschnittlichen Gewicht eines „gelben Sackes“ von weniger als einem Kilo ausgeht, kann man sich vorstellen, wie viele dieser Beutel Frank-Peter mit einem „Bückling“ von der Straße aufklauben und über die hintere, recht hohe Bordwand in das Fahrzeug befördern musste. In der orangefarbenen Arbeitskleidung staute sich die Wärme. Die Gummihandschuhe sammelten ebenfalls Schweiß, der beim Ausziehen wie ein kleiner Wasserfall heraus lief. Die Fahrten zwischen den einzelnen, vermutlich willkürlich von den Bürgern gewählten Ablagestellen der gelben Säcke durfte Frank-Peter auf dem Tritt am Heck des Fahrzeuges mitfahren. Der Kopf befindet sich dann genau in Höhe der Hecköffnung mit den zum Teil bereits zerstampften Müllsäcken. Aus diesem Konglomerat von fauligen und gärenden Lebensmittelresten, man stelle sich nur eine alte Fischbüchse vor, waberte ein bestialischer Gestank. Dem drohenden Brechreiz konnte Frank-Peter nur begegnen, indem er den Kopf seitwärts vom Fahrzeug in den Fahrtwind hielt. Probleme gab es mit Säcken, die bereits seit Tagen auf der Straße deponiert worden waren und von Krähen zerhackt oder von Katzen zerrissen worden waren. Auch von Bürgern sehr nachlässig gepackte Säcke mit scharfkantigen Blechdosen gehörten zu denen, die sich während des Transports in das Fahrzeug zerlegten und den Inhalt auf die Straße verteilten. „Den Besen hatte man mir geklaut“, beteuerte Christian. So musste, zwar mit Handschuhen, aber jedes Krümel einzeln mit der Hand aufgesammelt werden. „Einmal haben sich Bürger beschwert, weil ich nicht alle Krümel von der Straße aufgefegt hatte“, erklärte Christian. „Ich musste dann noch mal dorthin und die Straße kehren. Natürlich in meiner Freizeit!“

Es gab auch Lichtblicke. Von Bürgern, die, so vermutete Frank-Peter, auch Dinge entsorgt bekamen, die nicht bereits durch den grünen Punkt bezahlt worden waren (Plaste aus DDR-Zeiten), bekam Christian einen Beutel mit zwei Päckchen Kaffee, die er redlich mit Frank-Peter teilte. Die ortsansässige Großküche, die mehr als vereinbart entsorgt wurde, wartete ihrerseits mit zwei Freikarten für Mittagessen auf. „Das darf man in der Firma nicht erzählen“, bemerkte Christian, „wir haben unterschrieben, dass wir alles, was wir von den Kunden als Zuwendung bekommen, in der Firma abgeben müssen. Das kostenlose Mittagessen würden wir als Geldwertevorteil angerechnet bekommen“. Weiter erzählte Christian mit leicht verbittertem Unterton: „Früher gehörten wir zu den stadteigenen Firmen von Otrecht und hatten ein Einkommen nach öffentlichem Tarif. Dann wurde die Firma privatisiert, man macht die gleiche Arbeit und bekommt etwa den halben Lohn dafür. In seiner Familie ist jetzt die Frau Hauptverdiener. Sie arbeitet in der Gemeinde wo er wohnt als Sekretärin im Bürgermeisteramt. Auch die beiden Fahrzeuge, auf die sie angewiesen sind, sind über die Frau zugelassen und versichert. Die Rubrik „öffentlicher Dienst“ beschert diese Vorteile, die zu nutzen sie gezwungen sind. Christian war vor der Wende Taxifahrer in Leipzig. Dann erbte er das Haus der Schwiegereltern und begann es umzubauen und zu renovieren. Als die Wende kam, fand er eine Anstellung als Hausmeister in einem Ferienobjekt, an dem er sich auch finanziell beteiligte, als es von einigen Kollegen von der Treuhand übernommen wurde. Nach fünf Jahren kam dann das Aus. Seine Frau hörte von dem Job bei der Entsorgungsfirma und er bewarb sich mit 50 Jahren. Der Chef der Entsorgungsfirma hatte zuvor mit einer Reihe junger Leute schlechte Erfahrungen gemacht. Zum einen wollte ein Teil von ihnen „nur“ Auto fahren, zum anderen wanderten die jungen Leute bereits nach kurzer Zeit in die alten Bundesländer ab. Zurück blieb das Chaos in der Firma, die Gefahr lief, die Konzession zu verlieren. Christian erhielt die Stelle, musste aber zähneknirschend klein bei geben, als der Entsorger privatisiert wurde und der Verdienst bedeutend gekürzt, nach seinem Reden halbiert, wurde. „Aus deiner Firma haben wir auch Fahrer“, sagte Christian zu Frank-Peter. „Die sind seit Jahren hier und können auch alle Autos fahren. Gelegentlich haben diese mit dem Chef gesprochen, ob er sie nicht direkt einstellt und jedes Mal eine Absage bekommen. So wären sie für den Chef billiger, ließ dieser durchblicken.“ Frank-Peter sollte bei seinem nächsten Einsatz die Bekanntschaft eines Fahrers machen, der von der gleichen Zeitarbeitsfirma wie er kam und der mit vier weiteren Kollegen der Zeitarbeitsfirma seit über fünf Jahren als Kraftfahrer arbeitete. Manchmal gab es mehr Zeitarbeiter als Festangestellte, erfuhr Frank-Peter später. Auch seien schon einmal einigen Festangestellten gekündigt worden, nicht aber Zeitarbeitern. Am Abend, nach über 13 ½ Stunden Arbeit hatte Bewegung und Schweiß in diskrete Körperregionen den so genannten „Wolf“ geschnitten, schmerzhafte Hautirritationen am Rektum. Sicherlich eine Ursache dafür, dass sich wenige Wochen später unangenehme und störende Hämorrhoiden meldeten. Frank-Peter hielt tapfer durch, wurde auch von seinem Kollegen gelobt, der sofort von weit jüngeren Kollegen erzählte, die sich bereits mittags ins Auto setzten und unter Weinkrämpfen den nahenden Kreislaufkollaps ankündigten. Von der Arbeitszeit wird eine Stunde für die Mittagspause abgezogen, die in Summe aber nicht genommen werden konnte. Christian wollte nicht erst um neun zu Hause sein. Die Arbeitszeiten in dieser Firma waren alles andere als kalkulierbar. Zum Teil sind dafür objektive Gründe zu nennen, wie der nicht planbare Aufwand an zu entsorgendem Gut. Zum anderen hatte Frank-Peter den Eindruck, dass die bedingungslose Ausbeutung der Angestellten und Zeitarbeiter bis zur physischen Grenze, einige kämen nie vor 19 : 00 Uhr von der Tour zurück, preiswerter ist, als weitere Leute einzustellen und eventuell Schichtbetrieb einzuführen. Die Festangestellten und Leiharbeiter (Kraftfahrer) erhielten den gleichen Lohn, wurde Frank-Peter erzählt. Es sind exakt 8,02 Euro. Nur beim Zeitarbeiter werden ausschließlich sieben Stunden ausbezahlt und die überschüssige Stunden auf ein Zeitkonto gut geschrieben, um davon bei Auftragsflauten den Lohn zu bezahlen. Die auftragsbedingten Schwankungen der Wirtschaft bekommt auf diese Art und Weise der Letzte in der Kette zu spüren, der Zeitarbeiter. Auch von den jährlich in der Müllfirma zu Weihnachten ausgezahlten Zuwendungen sieht der Zeitarbeiter nichts.

Der nächste Einsatz sollte am Donnerstag sein, dazwischen ist so genannte Rufbereitschaft, die eine ständige Erreichbarkeit und den sofortigen Start bis 10 Uhr einschließt. Eigentlich müsste diese Zeit entsprechend einer schwammigen und unverständlich formulierten Passage im Tarif von der Firma bezahlte Zeit sein, schließlich hält sich ja Frank-Peter in dieser Zeit permanent für die Firma zur Verfügung. Frank-Peter erfuhr von Kollegen dieser Zeitarbeitsfima, dass die Chefin die Rufbereitschaft nicht bezahlt und von den Mitarbeitern diese Verfügbarkeit erwartet. Modernes Sklaventum, konstatierte Frank-Peter. Abends kam ein Anruf, dass auch am Mittwoch das Erscheinen beim Entsorger verordnet wird. Planungen im privaten Bereich sind bei den unkalkulierbaren Arbeitszeiten unter diesen Umständen irrelevant.

Der Mittwoch brachte die Bekanntschaft mit Wilhelm Brandt, 60 Jahre alt und seit fünf Jahren als Zeitarbeiter in der Entsorgerfirma. Es wurde Papier in Dobernig und Umgebung geholt, eine vergleichsweise einfache Arbeit, wenn Frank-Peter an den Montag dachte. Nur die undichte Hydraulik am Heck des Fahrzeuges, die während der Fahrten auf dem Trittbrett die Jacke versaute, ärgerte Frank-Peter. Mit diesen Sachen muss Frank-Peter abends mit seinem Auto wieder nach Hause fahren. Wenn er sich damit das Fahrzeug verschmutzt, bekommt er von seiner Frau mächtig Ärger. Sie ist es, die dieses Fahrzeug normalerweise nutzt. Frank-Peter hat es nur, weil „sein“ Fahrzeug in der Werkstatt war.

Feste Arbeitszeiten gibt es, wie schon erwähnt, nicht. Auch Mittwoch blieben nach Abzug der Pause netto 10 ½ Stunden. „Man kann nie wissen, wie viele Papiertonnen die Leute auf die Straße stellen“, bemerkte Wilhelm Brandt, der ihm auf der Fahrt zum Einsatzort seine ganze Lebensgeschichte erzählte und dabei selbst intime Details seiner Seitensprünge nicht ausließ. Wilhelm Brandt war schon immer Kraftfahrer. Nach der Wende wurden die Arbeitszeiten immer unkalkulierbarer, der Stress schröpfte seine Batterie und wenn er abends nach Hause kam, ging nichts mehr. „Meine Frau hat sich nun jemand gesucht, der sie besser vögeln kann und mich und die beiden Töchter zurück gelassen. Inzwischen ist sie aber tot, Kehlkopfkrebs. Das habe ich ihr jedoch nicht gewünscht“. Die Scheidung war schnell vollzogen. Damals verdiente er 1500 DM, die Frau 750 DM. Das „neue“ Scheidungsrecht sieht vor, dass er in diesem Fall für die Rente einen Versorgungsausgleich zu zahlen habe. Ihm wird also seine mögliche Rente um entscheidende Beträge gekürzt, auch wenn die Frau nun keine Rente mehr bekommt und er inzwischen vergleichsweise wenig verdient. Nach einem Jahr habe er sich auf Anraten seiner Kinder eine Bekannte gesucht, achtet aber penibel darauf, sie nur „Bekannte“ zu nennen und in ihrem Haus ein „eigenes“ Zimmer zu bewohnen, um dem Finanzamt oder wenn es darauf ankommt, im Falle von Hartz IV, der Arge keine Angriffsflächen zu bieten. Wilhelm Brandt erzählte Frank-Peter von seinen kleinen Schiebereien mit Sand und Schotter zu DDR-Zeiten, die fest in das damalige Berufsleben eingebunden waren. Als Kraftfahrer gehörte man schon zu den „Privilegierten“. Im Februar sollte Wilhelm Brandt vom Entsorger „abgemeldet“, sprich „entlassen“ werden. Die Fürsprache der Kollegen, dass er ja die Touren kennt und fast alle Autos fahren kann, machte die Entscheidung rückgängig. Der Chef der Entsorgerfirma, Herr Aurich, soll früher selbst Kraftfahrer gewesen sein. Erst wurde er Disponent und nach der Wende Chef. Andere, die ihn von früher kannten, erzählten unter dem Siegel der Verschwiegenheit, dass Aurich früher viel Scheiße gebaut hatte. Jetzt tut er sich gottgleich fehlerfrei und ist verantwortlich für ein angespanntes Klima in der Firma. Dabei kann man manchmal gar nichts dagegen machen, wenn man in den engen Straßen an einem Baum oder Ast den Rückspiegel einbüßt. Einmal hatte Wilhelm Brandt unterwegs ein Brötchen gekauft und beförderte das Einpackpapier in die Mülltonne der Firma, als er zum Feierabend eintraf. Sofort wurde er zum Chef gerufen. „Wieso entsorgen sie ihren Hausmüll bei uns in der Firma“, wurde er barsch gefragt. Wilhelm Brandt wusste anfänglich gar nicht, worum es eigentlich geht, bis ihm das Licht aufging und er seinem Ärger Luft machte.

Für den Donnerstag stand Sperrmüll in Tollensee und Schabitz auf dem Plan, wieder war Frank-Peter als Beifahrer für Wilhelm Brandt eingesetzt. 11,52 Tonnen wurden mit zwei Wagenladungen zusammengetragen, mehr als zwei Drittel davon durch Frank-Peter allein. „Sperrmüll sieht eigentlich anders aus“, bemerkte Frank-Peter zu Wilhelm, als er die aufgestapelten Schutthaufen an den Straßenrändern bemerkte. „Hör auf, wer weiß wie lange das noch so gehen wird“, empörte sich Wilhelm Brandt. „Die Leute legen alles vor die Haustür, Papier, Plaste, alte Fernseher, Reifen, Bauschutt, kurz, alles was in einem Haus nach einer Renovierung oder einem Erbfall anfällt. Wenn sie wenigsten eine Flasche Bier oder ein paar Euro geben würden.“ Diese Zuwendungen gab es. Bei drei kleinen Asbestplatten waren zwei Flaschen Bier hinter dem Lichtmast versteckt. Frank-Peter fragte Wilhelm Brandt: „Nehmen wir die Asbestplatten auch mit?“ „Nein, auf keinen Fall!“ „Aber hier stehen zwei Flaschen Bier.“ „OK, ich habe mich geirrt, es sind Spanplatten im Asbestplattendesign, lade sie auf!“ Eine kleine Gärtnerei hatte zwei große Paletten verdorbener Himbeeren, die nur noch mit grauen Pelzköpfchen aus der Verpackung schimmerten und eine Palette Plastverpackung. Wilhelm Brandt kannte sich mit den speziellen Geschäftsbedingungen vor Ort aus und die Paletten wurden gleich mit dem Gabelstapler in den LKW befördert. An der nächsten Straßenecke kam der Gärtner erneut mit seinem Stapler. Auf der Palette waren zwei große Melonen, eine Stiege Erdbeeren und zwei Stiegen Spargel. Beinahe zu viel für den eingeschränkten Stauraum im Fahrerhaus des LKW.

Zum Feierabend erkundigte sich Frank-Peter nach seinem Einsatz am nächsten Tag, denn Wilhelm Brandt rechnete fest mit ihm und hatte schon die Stellen für Frühstück und Mittag in die Fahrtroute kalkuliert und entsprechende Verhaltensregeln ausgegeben: „Beim Frühstück bezahlst du den ersten Kaffee und der zweite ist umsonst. Mittag können wir im Drahtseilwerk essen, da ist es sehr preisgünstig und bedeutet für uns keinen Umweg.“ „Wir sind morgen voll und brauchen sie nicht“, sagte die Disponentin. „Melden sie sich bei ihrer Chefin!“ Diese rief gegen 21 : 00 Uhr an und legte den nächsten Tag als Rufbereitschaft fest. Frank-Peter hat selbst noch keine Erfahrung damit und auch nicht zur möglichen finanziellen Regelung. Sein Kollege auf dem LKW erklärte ihm jedoch glaubhaft, dass es dafür in dieser Firma keine Vergütung gebe. Man erwartet Leistung, nämlich sofort bei Anruf in die Spur zu gehen, muss sich zu Hause aufhalten, weil je nach Einsatz verschiedene Arbeits- oder Arbeitschutzkleidung zu wählen ist und kann privat bis 10 : 00 Uhr nichts unternehmen. Diese Wartezeit wird aus dem bereits gefülltem Stundenkonto, also aus bereits geleisteter Arbeit berechnet. Damit werden doppelte Leistungen nur einmal vergütet. Prompt kam am nächsten Tag 7 : 00 Uhr ein Anruf, man müsse auf die Rufbereitschaft von Frank-Peter zurückgreifen. Der Entsorger habe bei der Neuen Messe in Leipzig ein Auto mit einem Fettabscheider, bei dem ein zweiter Mann „zum Knöpfchendrücken“ gebraucht würde. Frank-Peter bekam die Telefonnummer des Fahrers und zog sich die orangefarbene Arbeitsschutzkleidung an, zu der die noch immer hydraulikölverschmierte Jacke vom Mittwoch gehörte. In diesem Augenblick klingelte erneut das Telefon und der Einsatz wurde abgeblasen. Der Bereichsleiter Aurich habe einen in der Nähe befindlichen eigenen Mitarbeiter umgesetzt. Es ist schon eigenartig, ging es Frank-Peter durch den Kopf. Während die Festangestellten oder die beim Entsorger fest angestellten Zeitarbeiter wenigstens noch einige soziale Einrichtungen nutzen konnten, wie etwa eine Dusche oder die Möglichkeit zum Umziehen, gab es für ihn dies Möglichkeiten nicht. Es wurde erwartet, dass er in Arbeitssachen auf einen kleinen Wink seiner Chefin hin mit seinem privaten Fahrzeug zum Einsatz fährt und die Gefahr einer völligen Verschmutzung billigend in Kauf nimmt. Auch Anrufe mit seinem privaten Telefon werden unabgesprochen erwartet. Bei der Sperrmüllabfuhr bekam Frank-Peter Farbe über Hosen, Schuhe und T-Shirt, als er mit Wilhelm Brandt eine alte Kommode in das Auto hob. Zum Glück war die Farbe bis zum Feierabend trocken, als er in sein Auto stieg. Die Chefin war in einer anderen Beziehung kulant. Frank-Peter war bei seiner Montagetätigkeit ein Werkzeug abhanden gekommen. Es war kein Baumarktwerkzeug, sondern Profitechnik und die 20 Euro schmerzten. Mit Sicherheit war es nicht geklaut worden, sondern bei dem Chaos auf der Baustelle verloren gegangen. Frank-Peter durfte es neu besorgen und bekam die Summe mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Kulanz ersetzt. In der vorhergehenden Zeitarbeitsfirma konnte er wählen zwischen Werkzeug von der Firma und der Verwendung eigenen Werkzeugs, wofür er Werkzeuggeld erhielt. Hier wurde die Nutzung eigenen Werkzeugs vorausgesetzt, weil man dann angeblich besser auf das Werkzeug aufpasst, so die Chefin.

Ich kann mir die Arbeit nicht leisten

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