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Liesbeth

Freitag, 15. November 2019

Eine Zeit lang sinnierte Behrens noch im Wohnzimmer vor sich hin, bis ihm die Idee kam, die Freundin aus der Boutique zu besuchen, um diese noch einmal persönlich nach Thea zu befragen.

Der Laden befand sich in einer Seitenstraße, circa 70 Meter abseits der Hauptgeschäftsstraße, die direkt zur Seebrücke führte. Es war gerade einmal eine 1b-Lage, in die sich selbst in der Saison nur wenig Laufkundschaft verirrte.

Kein Mensch würde es wagen, die attraktive Ladenbetreiberin jenseits der 50 zu schätzen. Zu raffiniert war die Zusammenstellung ihrer Garderobe, die sich wie eine zweite Haut an ihren schlanken und sehr weiblichen Körper anpasste. Behrens war beeindruckt, als er sie das erste Mal stehend in der Eingangstür ihres Ladengeschäftes sah. Zögernd sprach er sie an.

„Guten Tag, sind Sie Liesbeth?“

„Das bin ich, in voller Größe. Und wer sind Sie, junger Fremder?“, fragte Liesbeth mit einem Lächeln, das die Welt hätte erobern könnte.

Behrens konnte nicht sofort antworten. „Diese Ausstrahlung und dazu die Stimme, was hat sich nur der liebe Gott dabei gedacht …“, bewunderte er die Dame vor ihm.

„Entschuldigung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt“, kam es verhalten aus ihm heraus. „Mein Name ist Behrens. Ich hatte Sie vor zwei Tagen angerufen und nach meiner Verlobten Thea gefragt.“

„Ja, ich erinnere mich, und ich hatte Ihnen geantwortet, dass ich Thea schon seit Wochen nicht mehr gesehen habe. Ich wusste nicht einmal, dass sie verlobt war. Wie heißen Sie mit Vornamen, Herr Behrens?“

„Florian, aber bitte nennen Sie mich Max.“

„Na gut, Max, was kann ich für Sie tun?

Vielleicht eine moderne Jeans, ist gerade im Angebot. Sie sehen ja, der Laden ist leer. Außerhalb der Saison verirrt sich kaum jemand hierher. Ich habe also genügend Zeit, Sie ausführlich zu beraten und das wäre vielleicht nicht die schlechteste Idee, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.“

„Volltreffer“, dachte Behrens, „jetzt hat die schicke Lady sofort ins Schwarze getroffen.“ Er schaute kurz an sich hinunter, konnte jedoch keinen Mangel an seiner blauen Cordhose und der grünen Winterjacke erkennen. Beide Teile hatte er sich vor einiger Zeit per Katalog als Schnäppchenangebot bestellt. Bei der Lieferung lag noch ein Geschenk dabei: eine automatische Armbanduhr eines bekannten Modedesigners.

Doch wie oft hatte Thea schon das Thema Klamotten mit ihm diskutiert und ihm seine Altherrenkleidung vorgehalten, von den Sandalen mit Tennissocken, die er allzu gerne und ungeniert trug, ganz abgesehen. Behrens tat so, als ob er den letzten Satz nicht gehört hätte und fragte noch einmal nach.

„Thea hat immer von ‚meiner Freundin Liesbeth‘ gesprochen. Sie sind doch Freundinnen, oder?“

„Sie war ein paar Male bei mir im Laden. Wenn keine Kunden uns störten, tranken wir gerne ein Gläschen Sekt miteinander und lästerten über die Macken der Männer.“

Behrens ließ nicht locker und wollte mehr wissen.

„Thea hat von Verabredungen mit Ihnen erzählt und dass Sie mit ihr in Warnemünde zum Essen waren. Das stimmt doch, oder?“

„Ja, das war auch am Anfang, als wir uns kennenlernten“, bestätigte Liesbeth. „Irgendwie sprang der Funken gleich über. Sie hatte ein feines Gefühl für Mode und Styling, wenn Sie verstehen, was ich meine. Doch als im Juli die Saison so richtig zu laufen begann, hatte ich nicht mehr so viel Zeit für unsere Schwätzchen. Dann habe ich sie nur noch einmal in der Drogerie getroffen. Sie schien mir recht glücklich. Mehr kann ich dazu wirklich nicht sagen.“

„Das muss zur Zeit unserer Verlobung gewesen sein“, dachte sich Behrens und hatte noch eine Frage.

„Was hat Thea denn so von mir erzählt?“

Liesbeth schaute verdutzt und ließ einen Moment vergehen.

„Eigentlich nur, dass sie Sie Ostern kennengelernt hat, jetzt bei Ihnen wohnt und so weit alles gut ist. Aber jetzt erklären Sie mir bitte einmal, was passiert ist. Ich komme mir vor wie die Frau in einem Auskunftsbüro. Was ist mit Thea? Geht es ihr gut?“

Behrens senkte den Kopf.

„Sie ist seit zwei Tagen verschwunden. Die Polizei sucht bereits nach ihr.“

Zum ersten Mal wich das Lächeln aus Liesbeths Gesicht.

„Das ist ja schrecklich. Was wollen Sie jetzt tun?“

Das Klingeln seines Handys erlöste ihn vor der schwierigen Beantwortung ihrer Frage.

„Moin Herr Behrens, hier ist Spies. Wir sind auf dem Weg zu Ihnen und haben noch ein paar Fragen. Sind Sie zu Hause?“

„Ich bin in der Stadt unterwegs. Gibt es Neues von Thea?“, fragte Behrens erwartungsvoll.

„Wir sehen uns gleich an Ihrem Haus“, anwortete der Kommissar trocken.

Behrens entschuldigte sich für den plötzlichen Abbruch des Gesprächs bei Liesbeth und versprach, bei Gelegenheit wiederzukommen. Liesbeth zwang sich zu einem Lächeln und rief Behrens „Viel Glück“ hinterher.

Die letzte gute Tat

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