Читать книгу Smell - Ralf Veith - Страница 9
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ОглавлениеTela machte eine kleine Pause. Sie hatte sich gerade im mit üppigen Pflanzen und vielen Sitzgelegenheiten ausgestatteten Innenhof des Repo-Werks auf eine Bank gesetzt, die Augen geschlossen und der Musik zugehört, die zur Entspannung aus den Lautsprechern kam. Es war ein schöner, warmer Sommertag gewesen. Isano hatte sich ein Getränk aus den überall im Werk aufgestellten Automaten geholt und setzte sich im Innenhof auf eine Bank, die am künstlich angelegten, kleinen Bachlauf stand. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis er, nachdem er seinen Blick umherschweifen ließ, Tela auf einer der gegenüberliegenden Bänke er kannte. In den beiden Wochen zuvor hatte er sich immer wieder vorgestellt, wie es wäre, wenn er sie wiedertreffen würde. Ihr Lächeln, ihre sanfte, aber klare Stimme und die dunklen und leuchtenden Augen, die ihn damals bei dem von ihm verursachten Zusammenstoß ansahen, waren täglich in seinen Erinnerungen aufgetaucht. Er wünschte sich nichts mehr, als Tela wiederzusehen, auch wenn er sich nicht sicher war, ob er sich zutrauen würde, diese anzusprechen. Aber Isano wollte, nein, er musste es unbedingt versuchen. Zögerlich ging er auf Tela zu, die immer noch ihre Augen geschlossen hatte und anscheinend der Musik lauschte. Isano wollte sie nicht erschrecken und überlegte sich noch, wie er es anstellen konnte sie anzusprechen. Tela öffnete damals plötzlich die Augen und sah Isano direkt an.
„Hallo Isano!“, sagte sie. „Ich habe mich schon gefragt, wann wir uns hier mal über den Weg laufen. Ich wollte ungern auf den nächsten Zusammenstoß warten“, schmunzelte Tela und wies Isano an, sich neben sie zu setzen. Isano wurde etwas verlegen, setzte sich aber gerne neben Tela.
„Ich bin häufiger in der Pause hier im Innenhof“, sagte er und hoffte, dass sich seine Gesichtsfarbe nicht schon wieder deutlich in Richtung Rot verändert hatte. „Ich habe mich auch gefragt, ob wir uns hier mal treffen würden. Deine Bio-Chem Abteilung ist ja nicht so weit entfernt von hier.“
Tela nickte und drehte sich auf der Sitzbank leicht Isano zu. Ein Jahr später würde sie Isano erzählen, dass während dieser zweiten Begegnung mit ihm ihr Herz fast die ganze Zeit so laut und aufgeregt schlug, dass sie damals gedacht hätte, er könne dies bestimmt hören.
Isano war froh gewesen, dass Tela den ersten Schritt gemacht und ihn angesprochen hatte. Sie merkten beide damals gar nicht, wie schnell die Zeit im Innenhof verging. Mal erzählten sie von ihrer Arbeit, mal hörten sie gemeinsam der Musik zu. Dann scherzten sie über Begebenheiten mit dem einen oder anderen Arbeitskollegen und verabredeten sich zum Ende hin, sich am nächsten Tag im Kletterdom zu treffen, wo Tela Isano die ersten Schritte des Kletterns beibringen wollte, da Isano noch nie dort gewesen war.
In den darauffolgenden Tagen trafen sich beide regelmäßig und Tela lud Isano zu sich nach Hause ein.
Tela wohnte noch mit ihren Eltern in einem Haus, das zwar am Rande der Stadt gelegen, aber immer noch gut zu Fuß zu erreichen war. Nachdem ihr Bruder vor ein paar Jahren ausgezogen war, hatte sie häufiger darüber nachgedacht, sich eine eigene Wohnung zu nehmen. Aber ihr Elternhaus war groß und geräumig und ihre Eltern - beide arbeiteten in einer Abteilung der Zentrale – waren zudem häufig außer Haus, so dass Tela diesen Freiraum gerne nutzte, um Freunde einzuladen. Sehr schnell merkten Tela und Isano, dass sie mehr füreinander empfanden, als reine Freundschaft und nutzen damals daraufhin gerne jede Möglichkeit, sich näher zu kommen. Sie trafen sich auch immer häufiger bei Isano, kochten dort gemeinsam, luden ihre eigenen Freunde zu gemeinsamen Treffen ein und waren bald unzertrennlich, worüber sich Isano so manche, gutgemeinte Scherze seines Freundes Gerano anhören musste.
Tela verfrachtete schnell einige ihrer Lieblingsutensilien in Isanos Wohnung und blieb immer häufiger auch über Nacht bei ihm, worauf ihren Eltern zunächst nicht sehr aufgeschlossen reagierten. Aber nachdem diese Isano mehr und mehr kennengelernt hatten, wurde er durch seine freundliche und aufgeschlossene Art schnell zu einem gerngesehenen, neuen Familienmitglied, so dass sich sogar die beiden Familien anfreundeten und immer häufiger gemeinsame Aktivitäten unternahmen.
Sowohl die Eltern von Tela, als auch die von Isano freuten sich daran zu sehen, wie glücklich sich beide gegenseitig machten und wie positiv sie ihren mittlerweile gemeinsamen Lebensweg gestalteten.
So war es für die Eltern auch wenig verwunderlich, dass ihre beiden Kinder eines Tages verkündeten, dass diese sich dazu entschlossen hatten, eine gemeinsame Wohnung zu nehmen und einen Antrag stellen zu wollen, dass Tela ein gemeinsames Kind austragen konnte.
Da die Bürger der Unität alles dafür taten, um die seit zwei Jahrhunderten wieder steigende Geburtenrate nicht abbrechen zu lassen, war die Beantragung zum Austragen eines Kindes eine reine Formsache und wurde in jedem Fall schnellstmöglich genehmigt. Jeder neue Mitbürger wurde in der Unität gerne willkommen geheißen.
Trotzdem waren Beide überglücklich, als sie das Schreiben mit der Bestätigung in den Händen hielten, die es ihnen ermöglichen würde, ihr gemeinsames Kind im Repo-Werk zeugen zu können, um es dann nach 4 bis 5 Wochen wieder in Empfang nehmen zu können, so dass Tela es hätte austragen können. Doch so sollte es nicht kommen.