Читать книгу Lars' Diary - Rüdiger Marmulla - Страница 18

Ehrenhaft

Оглавление

Deutschunterricht bei Frau Goreck. Manche sagen „Gehrock“. Einige sagen „Schlafrock“. Ich lasse das. Papa sagt, der Name ist Teil der Würde eines Menschen. Die darf man nicht antasten.

Markus steht vorne am Medienboard. Wir konjugieren das Wort „fechten“ im Präsenz, aktiv. „Ich fechte“ hat Markus schon an das Medienboard geschrieben. Mit hochgezogenen Augenbrauen wartet Frau Goreck auf die zweite Person, Singular. „Du…?“

Esther tippt an ihrem Handgelenk „Du fechtest“ ein. Sofort erscheint ihr Text vorn am Medienboard.

Ein ohrenbetäubendes „Uuuaaarrrggg“ strömt aus Frau Goreck. Und nur sie kann mit ihrem riesigen Resonanzraum dieses „Uuuaaarrrggg“ angemessen schreien, so dass es auch noch im Treppenhaus des Schulgebäudes zu hören ist. Bei geschlossener Tür, versteht sich.

Alexander wollte einmal auf dem Pausenhof ihr „Uuuaaarrrggg“ nachstellen. Überflüssig, zu sagen, dass er kläglich scheiterte. Damit der Ausruf klingt, braucht man einfach mehr Masse.

Also, das war eindeutig nicht die Antwort, die Frau Goreck hören wollte. Da geht mir auf, dass wir zuhause noch nie das Wort „fechten“ konjugiert haben. „Segelfliegen“ konjugiert sich eindeutig einfacher. Was haben die Leute auch für eigenartige Sportarten? Ich kenne niemanden, der … Ja, wie denn jetzt?

„Ich konjugiere euch jetzt das Wort ‚fechten‘. Und ihr müsst mir zusagen, dass ihr euch das ein Leben lang merken werdet.“ – Frau Goreck schaut jetzt vielwissend. Sie ist mit dem Lehrerbegleitmaterial uns gegenüber immer irgendwie im Vorteil. „Markus! Schreib!“ Dann holt Frau Goreck tief Luft und konjugiert: „Ich fechte. Du fichst. Er ficht. Habt ihr’s?“

Markus schreibt. Über mein Handgelenk mache ich mir einen Screenshot vom Medienboard. Mal schauen, ob Papa „fechten“ richtig konjugieren kann.

„Du kannst dich wieder setzen, Markus.“

Markus kommt an meinem Platz vorbei. Und. Stolpert.

Frau Goreck schreit auf: „Lars, du hast dem Markus ein Bein gestellt. Das habe ich genau gesehen.“

„Nein“, ist alles, was ich entgegnen kann.

Frau Goreck besteht auf ihrer Beobachtung. „Ich habe ganz genau gesehen, wie du dein Bein ausgestreckt hast.“

Jetzt meldet sich Markus zu Wort. „Frau Goreck?“

„Ja, Markus?“

„Der Lars hat mir kein Bein gestellt. Ich bin über eine Tasche gestolpert.“

„Hinsetzen. Abschreiben!“ Frau Goreck geht auf den Fall nicht weiter ein. Stattdessen displayed sie eine neue Aufgabe auf der Medienwand. Sie hätte sich eigentlich bei mir entschuldigen können. Meine Würde ist auch unantastbar. Eigentlich. Aber ich sage besser nichts. Pädagogik hin oder her. Wer weiß, was sie außer dem Wort „fechten“ noch für mich aus dem Hut zaubern würde.

In der kurzen Pause gehe ich zu Markus. „Danke, dass du mich verteidigt hast, Markus.“

„Ich habe nur die Wahrheit gesagt und die Sache richtiggestellt, Lars.“

Ich finde das sehr … ja, wie? … Ehrenhaft. Ich finde das sehr ehrenhaft.

Aber bevor ich das aussprechen kann, kommt mir Markus mit einem Grinsen zuvor: „Dass ich Lisa klarmachen werde, ist auch die Wahrheit. Du wirst schon sehen.“

Da geht mir auf, dass ich es Lisa immer noch nicht gesagt habe. Mir wird eiskalt. Markus darf mir auf keinen Fall zuvorkommen.

Lars' Diary

Подняться наверх