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Kapitel III
Osloer Illusionen
Оглавление„Der Zionismus war nicht zur Erlösung des jüdischen Problems durch die Schaffung eines jüdischen Staates angetreten, sondern als Werkzeug der heiligen Erlösung26.“
Die „Declaration of Principles“ (DOP) von 1993 und die Interimsvereinbarung von 1995 („Oslo I und II“) verlagerten den Streit aus der internationalen Politik in die bilaterale Arena. Während US-Außenminister Warren Christopher (1915 – 2011) am 03. August 1993 dem syrischen Staatspräsidenten Hafez Al-Assad (1930 bis 2000) die grundlegende Bereitschaft Rabins für einen auf fünf Jahre ausgelegten vollständigen Rückzug Israels von den Golanhöhen auf der Basis des umfassenden Friedens zu überbringen glaubte, trafen die Unterhändler von Shimon Peres (1923 – 2016) und Yasser Arafat (1929 – 2004) insgeheim die letzten Vorbereitungen für die Unterzeichnung der Prinzipienerklärung. Christopher zeigte sich irritiert – „Warum habt ihr auf diese tölpelhaften (‚dump‘) Norweger zurückgegriffen?“ –, hatte Washington doch bisher auf seiner politischen Monopolstellung als selbsternannter Vermittler bestanden. Zur Beruhigung schlugen die Israelis vor, dass die USA den Entwurf übernehmen, worauf sich Clinton bereit zeigte, bei der Unterzeichnungszeremonie wenigstens als Gastgeber aufzutreten.
Inzwischen hat die norwegische Historikerin Hilde Hendriksen Waage durch umfangreiche Recherchen ermittelt, dass es zwischen den Mediatoren Terje Rød-Larsen, seiner Frau Mona Juul, Außenminister Jan Egeland und seinem Nachfolger im Amt Johan Jørgen Holst (1937 – 1994) immer wieder enge US-Vorabsprachen mit den Israelis an den Palästinensern vorbei gab. So unterrichtete Trumps Schwiegersohn und Berater Jared Kushner im Juni 2018 zunächst die Regierung in Jerusalem, bevor er in einem Interview mit der palästinensischen Zeitung „Al-Quds“ („Jerusalem [Die Heilige]“) Machmud Abbas („Abu Mazen“) die Bereitschaft zum Frieden absprach. Einen Monat später ordnete das „State Department“ die Freigabe von bis zu 61 Millionen US-Dollar für die Autonomiebehörde an, damit deren Sicherheitszusammenarbeit mit Israel gewährleistet würde. Er stehe zu 100 Prozent an der Seite Israels verkündete Trump, als er im Herbst 2018 einen Plan für eine Zwei-Staaten-Lösung ankündigte.
Bei der Abstimmung der Prinzipienerklärung in der Knesset enthielt sich Innenminister Ehud Barak der Stimme. Am 01. Oktober beschloss die internationale Gebergemeinschaft die erste Tranche von 2,4 Milliarden US-Dollar an die noch zu installierende palästinensische Autonomiebehörde („Palestinian Interim Self-Governing Authority“, PISGA). Die Transferleistungen begannen das proklamierte Ziel zweier Staaten zu überlagern. Ein Evaluierungsprogramm der Gemeinschaft 2014 ermittelte, dass die Fördermittel der palästinensischen Bevölkerung wirtschaftlich geholfen, den fiskalischen und ökonomischen Kollaps der Autonomiebehörde verhindert, die Verluste der Okkupation aufgefangen, zur Stabilität und Sicherheit beigetragen und „Kapazitäten aufgebaut“ haben – welche gemeint waren, wurde nicht ausgeführt. Eine politiche Bewertung fand nicht statt. Dennoch ließ es sich ein Mitglied des Europäischen Parlaments Mitte 2017 nicht nehmen, die „positive Rolle“ der Zuwendungen hervorzuheben: Mit ihnen und mittels der Handelspartnerschaft mit Israel habe Europa „einen Hebel über diese Akteure“. Palästina und die palästinensischen Rechte stehen nicht zum Verkauf, hielt Saeb Erekat dagegen. Wie auf zionistischer Seite während der Mandatszeit steht dem Selbstbestimmungsrecht Israels die Erwartung gegenüber, dass der Genuss materieller Vorteile die Palästinenser von ihren politischen Forderungen ablenkt. Unter dem Dach der von Raymond Cohen diagnostizierten „anarchischen Natur der internationalen Beziehungen“ hat sich die unermüdliche Wiederholung der Formel von der Zwei-Staaten-Lösung erledigt. Allein im August 2018 verlor die Option in Israel zwei Prozent an Zustimmung.