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1. LEBENSRÄUME, LANDSCHAFTEN UND ZEITEN

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In Europa treffen zwei große Lebensräume und Klimazonen aufeinander. Zum einen ist Europa das westliche Ende des asiatischen Kontinentes und zeigt im Inneren die typischen Merkmale des kontinentalen Klimas und der kontinentalen Vegetation. Zum anderen ist es eine Halbinsel, die auf drei Seiten von Meer umgeben ist und in den Küstenzonen bis hinein ins Landesinnere ein gemäßigtes atlantisches und mediterranes Klima zeigt. Der Großteil des Kontinentes liegt in einer moderat temperierten Zone, die Bandbreite reicht vom subtropischen Klima im Süden bis zum arktischen Klima im Norden.

Große Gebirge unterteilen den Kontinent und schaffen dabei kleinräumige Ebenen. Diese eigneten sich gut zur Ausbildung von geschlossenen menschlichen Gesellschaften, die großen Ströme, die den Kontinent durchqueren, stellten aber die Verbindungen zwischen diesen sich oft isoliert entwickelnden Kulturen dar.

Europa ist reich an nutzbaren Materialien und Rohstoffen, die allerdings nicht im gleichen Maß über den Kontinent verteilt sind. Darauf beruhte die Notwendigkeit von Austausch und Handel, sozialen Techniken, die bei Gütern wie Muscheln, bestimmten Steinarten, Metallen, Salz, Pelzen und Lebensmitteln seit der Frühzeit der menschlichen Besiedelung des Kontinentes nachweisbar sind.

Die Topographie, die geographische Breite, das Klima und die Vegetation formten in Europa Landschaften, welche die Geschichte des Kontinentes stark beeinflussten und unterschiedliche Bedeutung bei der Besiedelung durch den Menschen hatten. Die Unterschiede in der Topographie führten zur Ausbildung von getrennten Entwicklungen, ließen aber die Möglichkeit zur Schaffung großräumiger kultureller Einheiten offen.

Bei der Betrachtung der Landschaften und des Klimas lässt sich Europa in fünf Zonen unterteilen: der Mittelmeerraum, die Gebirge, die Ebenen des Nordens, die Atlantikküste und der hohe Norden.

Der südliche Teil Europas wird stark vom Mittelmeer beeinflusst. Dieses ist der Rest des Tethys-Urmeeres und durch die schmale Straße von Gibraltar mit dem Atlantik verbunden. Dies bewahrte das Mittelmeer davor, ein Binnenmeer zu werden, führte durch ein Niveaugefälle stets frisches Wasser aus dem Atlantik zu und erlaubte dadurch eine stärkere Erwärmung des Mittelmeeres und damit die klimatische Beeinflussung der direkt angrenzenden Küstenlandschaften, Halbinseln und Inseln. Dennoch ist das Mittelmer relativ arm an als Nahrung verwertbaren Fischen und Krustentieren; Ausnahme ist eine starke Besiedelung mit Thunfisch, der in jährlichen Zügen durch das Mittelmeer wandert.

Die eher geringen Abstände der Küsten und von Insel zu Insel machte es schon in der Frühzeit dem Menschen möglich, Seefahrt zu betreiben. Vermutlich haben schon der Neandertaler und vielleicht vor ihm schon Homo erectus Mittel und Wege gefunden, das Mittelmeer zu befahren. Mit Sicherheit kann eine Seefahrt um 9.000 v. Chr. angenommen werden, ab dem zweiten Jahrtausend v. Chr. diente die Küstenseefahrt bereits der Verbreitung von Handelsgütern und Ideen im Mittelmeerraum.

Die an das Mittelmeer angrenzenden Landgebiete sind durch schmale Küstenstreifen gekennzeichnet, in deren Hinterland sich Hochebenen oder Gebirge befinden. Diese waren ehemaliger Meeresgrund und bestehen aus Sedimenten des alten Tethys-Meeres, die sich im Tertiär auffalteten und als letzten Rest dieser Zeit eine Verwerfungszone mit Vulkanen und einer höheren Erdbebenhäufigkeit zurückließen. Gleichzeitig lieferten die Vulkane aber auch den begehrten Obsidian, der in der Urgeschichte wegen seiner Farbe und Schärfe gesucht war, die vulkanische Erde gewährte ausgezeichnete Fruchtbarkeit für die Felder der Menschen. Größere Ebenen mit fruchtbarer Erde finden sich auch im Po-Becken und entlang der Rhône, Ebenen, die allerdings auch Brutstätten für die Malaria waren und eine dauerhafte Besiedelung erschwerten. Ansonsten hat die europäische Mittelmeerregion nur wenige große Flüsse aufzuweisen, die das ganze Jahr hindurch gleichmäßig Wasser führen, daher beschränkte sich die Landwirtschaft vor allem auf die Küstenstreifen, während die Gebirge und Hochländer als Weidegründe für das Vieh dienten. In den Bergen finden sich reiche Minerallagerstätten: Zinn auf der spanischen Halbinsel, Gold am Balkan, Kupfer im gesamten Bereich des Mittelmeeres wie auch verwertbare Steinarten zur Herstellung von Steinwerkzeugen.

Eine starke Bevorzugung als Lebensraum erfuhr das Mittelmeer durch sein mildes Klima: Warm und trocken im Sommer, etwas kühler und feuchter im Winter, im Osten werden diese Faktoren durch das kontinentale Klima verstärkt.

Ursprünglich bestand die Vegetation des Mittelmeerraumes aus Wäldern mit Kastanienbäumen, Korkeichen, Zypressen und immergrünen Gehölzen. Zwei Pflanzen dieser Region, Wein und Olivenbaum, sollten später zu den maßgeblichen Nutzpflanzen der frühen Hochkulturen werden. Die Hochländer und Gebirge mit ihrer niederen Vegetation und baumlosen Wiesen eigneten sich zur Aufzucht von Rindern, Ziegen und Schafen.

Ebenso spielte das Mittelmeer eine große Rolle als Kulturvermittler. Während Spanien über die Straße von Gibraltar und Italien über Sizilien und Malta bis nach Afrika ausgreifen, stellten die Inseln der Ägäis eine Verbindung zum Nahen Osten her, der Bosporus und die Dardanellen verbanden das Mittelmeer mit dem Schwarzen Meer und ließen hier den Austausch von Ideen und Gütern zu.

Die Landschaften des Mittelmeeres werden nach Norden gegen den Kontinent durch eine fast durchgehende Reihe von Hochländern und Gebirgen abgeschlossen. Sie beginnen im Westen mit dem Hochland von Kantabrien und den Pyrenäen, darauf folgen in Frankreich das Massiv Central und dann der weite Bogen der Alpen bis an die Donau. Nördlich davon schließen sich die Karpaten an, die in einem großen Bogen bis an das Schwarze Meer laufen. Im Süden teilt der Apennin Italien in zwei Hälften und im Hinterland des Balkans türmen sich die Berge der Dinarischen Gebirge auf. Trotz ihrer Weitläufigkeit und ihres strengen Klimas stellten diese Gebirge aber seit der Urzeit keine unüberwindlichen Höhen für den Menschen dar, zahlreiche Übergänge und Pässe ließen eine Querung zu, zudem durchbrechen die beiden großen Flüsse Europas, Donau und Rhein, die Barriere der Berge.

Das Klima dieser Zonen reicht von wüstenähnlich in Spanien über kalt in den Gebirgen bis zu tundrahaft auf den höchsten Gipfeln. Ursprünglich dürften alle diese Gebiete dicht bewaldet gewesen sein, erst die Menschen begannen in der Urzeit mit der Abholzung der Wälder und veränderten damit die Vegetation und das Klima nachhaltig. Als Lebensraum für eine menschliche Besiedelung eigneten sich diese Gebiete vorzüglich, kleinräumige Täler und Landschaften, zahlreiche essbare Pflanzen, genügend Wasser und jagdbare Wildtiere ließen die Menschen schon früh die Gebirge aufsuchen. Ab den Metallzeiten war der Mineral- und Salzreichtum der Gebirge ein weiteres Argument für eine dauerhafte Anwesenheit des Menschen.

Nördlich der Gebirgszone schließen sich die Mittelgebirge und Tiefländer Europas an, die sich, wie die norddeutsche Tiefebene, in den Eiszeiten bis weit hinaus in die heutige Nordsee erstreckten. Nach Osten hin öffnen sich diese Ebenen nach Asien und stellten seit der Urzeit einen wichtigen Verbindungskorridor zu diesem Kontinent her, der von vielen Einwanderungsgruppen genutzt wurde. Zahlreiche Flüsse laufen durch diese Zone und bilden nutzbare Wasserwege zum Baltischen Meer und zum Atlantik, während an ihrer Südseite Rhein und Donau eine fast durchgehende West-Ost-Verbindung schaffen. Im Westen sind die Nordebenen durch das Tal der Rhône, im Osten durch einen Korridor am Ostrand der Alpen mit dem Mittelmeerraum verbunden, der später als Bernsteinstraße zu einer der wichtigsten Handelsrouten in Europa wurden.

Das Klima dieser Zone ist zweigeteilt. Im Westen finden sich in der transalpinen Zone durch den Einfluss des Meeres warme Sommer und mäßig kalte Winter, im Osten etwa ab den Karpaten kommt bereits das kontinentale Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern zum Tragen.

Durch den relativ häufigen Regen in der Westhälfte dieser Region und durch das gemäßigte Klima eignete sich dieses Gebiet wie kaum ein anderes zur Besiedelung durch den Menschen. Dazu kam eine große Anzahl an essbaren Pflanzen und an jagdbarem Wild, an den Küsten der Nordsee und des Baltischen Meeres konnten Fische und Krustentiere gefangen und Muscheln gesammelt werden. Der Großteil der Zone war dicht bewaldet, wobei diese Waldzone weiter nach Osten in Grasland und Steppe überging. Hier siedelten Antilopen, Auerochsen und Wildpferde.

Mit Beginn der Landwirtschaft im siebenten und sechsten Jahrtausend v. Chr. wurden Teile des westlichen Waldes gerodet, um Ackerflächen zu gewinnen, die zumeist aus guten schwarzerdigen Böden bestanden. Dazu kamen im Süden leicht zu bearbeitende und fruchtbare Lössböden, während die Abhänge der großen Gebirge weiterhin Heimat von Jägern und Sammlern durch den großen Reichtum an Jagdwild und essbaren Wildpflanzen blieben.

Diese unterschiedlichen Umweltbedingungen brachten eine Anzahl an natürlichen Produkten hervor, die der frühe Mensch nutzen konnte. Holz als Bau- und Heizmaterial, dazu Honig, Früchte und verschiedenste Nüsse, Pelze und Häute für die Anfertigung von Kleidung, Ton als Material für Gefäße und Hüttenwände, Metalle zur Verhüttung, im Norden reiche Feuersteinvorkommen und ab dem ersten Jahrtausend v. Chr. auch Eisenerz. Vom Baltischen Meer kam Bernstein, ein fossiles Harz, das schon zu Urzeiten als Schmuckstein getragen wurde.

Die Atlantikküste Europas reicht von Spanien über Frankreich und die britischen Inseln bis nach Norwegen in den hohen Norden. Sie durchläuft dabei mehrere Klimazonen und weist unterschiedliche Merkmale auf, von felszerklüfteten Ufern bis zu sanft abfallenden Stränden. Oft breiten sich von den Küsten in das Hinterland Salzmarschen und Sümpfe aus. Schon die frühen Menschen befuhren die Küste mit einfachen Einbäumen und Booten und nutzten das Meer als Handels- und Kommunikationsweg. Seefahrer aus dem Mittelmeer durchquerten ab dem ersten Jahrtausend v. Chr. die Straße von Gibraltar und kamen an die Küsten des Atlantiks. Zahlreiche große und schiffbare Flüsse wie Garonne, Guadalquivir, Loire, Seine und Rhein verbanden die Küsten mit dem Hinterland. Die Atlantikküste weist einen reichen Bestand an Fischen, Mollusken und Krustentieren auf, die eine wichtige Nahrungsquelle der hier siedelnden Bevölkerung waren. Der an diese Gestade gelangende Golfstrom sorgte für milde Winter und mäßig warme Sommer. Davon konnten die Siedlungen entlang der Atlantikküste mehrfach profitieren, neben dem Handel entlang der Küsten und der Ausbeutung des Meeres war Landwirtschaft im Hinterland in einem weiten Umfang möglich, die großen anschließenden Wälder ermöglichten die Jagd und das Sammeln von essbaren Pflanzen.

Bleibt noch der hohe Norden, der nördlich des 65. Breitengrades angesiedelt ist. Im Westen noch klimatisch durch den Golfstrom bevorzugt, wandelt er sich im Osten, in Finnland und im nördlichen Russland, zur Tundra. Landwirtschaft war hier nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und unterlag starken klimatischen Schwankungen, die Nordgrenze der möglichen Landwirtschaft wechselte daher immer wieder, je nach dem Klima. Dafür waren die Berge Skandinaviens dicht bewaldet und lieferten Jagdwild und Beeren und Früchte sowie Pelze und Häute. Erschwert wurde die Besiedelung durch die langen Winter, die im Norden über längere Zeit nur wenig oder kein Sonnenlicht erlaubten, sowie durch das arktische Klima, zu dem der Norden Skandinaviens und Russlands zu rechnen sind. Das vorherrschende Wild war hier Polarfuchs und Rentier, die beide schon früh vom Menschen genutzt wurden. Gegen Osten zu verschwindet der Wald und macht der Tundra Platz, die von Moosen und Flechten besiedelt war. Der Permafrostboden erlaubte hier keine Landwirtschaft und daher keine Ansiedelung einer bäuerlichen Bevölkerung.

Die Urgeschichte Europas

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