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Intervention

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Um das politisch-rechtliche Regelsystem Europas, wie es im Rahmen der „Wiener Ordnung“ entstand, als Raum gemeinsam gelebter politischer Verantwortung handhabbar zu machen, bedurfte es der Instrumente für eine konkrete Umsetzung. Hierzu zählte vor allem der Mechanismus regelmäßiger multilateraler Konsultationen, wie er sich nicht nur in den bekannten Mächtekongressen in Aachen 1818, Troppau und Laibach 1820/21 sowie in Verona 1822 manifestierte, sondern auch in den Botschafterkonferenzen in Frankfurt, Paris und London, auf denen u. a. die im deutschen Raum offen gebliebenen Territorialfragen und die Abwicklung der französischen Kriegskostenentschädigungen besprochen wurden.17

Zu diesen als legitim eingeschätzten, da der Aufrechterhaltung des Friedens dienenden Instrumenten zählten auch punktuelle Interventionen in Drittstaaten mit bewaffneter Macht. Im Gedankenhaushalt aller politischen Entscheider von 1814/15 (nicht nur in jenem Metternichs) waren innenpolitische Stabilität und Austarieren des außenpolitischen Gleichgewichts eng aufeinander bezogen. Die generelle Kriegsmüdigkeit in Europa, die angespannte Situation der Staatsfinanzen, die in [<<17] der Erinnerung aller Politiker noch lebendige Verquickung innen- und außenpolitischer Konflikte im Verlauf der Französischen Revolution sowie ein gewisser Konsens unter den „bedingt reformwilligen konservativen Machthabern und Oligarchien“ führten zur politischen Verabsolutierung des Metternichschen Wertepaars „Ruhe und Ordnung“, bezogen auf die innere wie auf die äußere Politik. Wenn innere Unruhen, wie sie etwa auch die Forderung nach einer Verfassung auslösen konnte, in der Perzeption der Entscheidungsträger das Potential kriegerischer Auseinandersetzungen in sich bargen, dann musste, immer in der Logik dieser Perzeption, die Beseitigung von Aufstandsherden zugleich der Friedenswahrung dienen: „Der kleine Krieg sollte zum Ersatz für den vermiedenen großen werden.“18

Die Praxis der internationalen Politik zwischen 1815 und 1830/31 ist viel zu komplex, als dass sie in den gängigen Schlagworten vom „System Metternich“ oder vom „Kutscher Europas“ abgebildet werden könnte. Expansive Bestrebungen der Großmächte und staatenpolitische Konkurrenz spielten weiterhin ihre Rolle, zunehmend aufgeladen durch ideologische Differenzen. Die Schemata der Interventionspolitik in diesem Zeitraum folgten keinem eindeutigen Muster. Gehandelt wurde pro forma im Kollektiv nach gegenseitiger Absprache oder zumindest Information; wer intervenierte, legte Wert auf ein „Mandat“ zur Rechtfertigung. Am gängigen Bild von den demokratiefreundlichen Westmächten und den zur Oppression neigenden Ostmächten sind etliche Abstriche zu machen: Die Franzosen intervenierten 1823 in Spanien, und die Briten erkannten wohl allen kontinentalen Mächten ein Recht zur Intervention zu, lehnten aber jedes verbindliche, sie selbst einbeziehende Regelwerk völlig ab. Außerdem legten sie in verfassungspolitischen Fragen ganz andere Maßstäbe an als Wien oder Berlin. Da unter den Hauptakteuren der europäischen Politik keine verbindlichen Vorstellungen über die Grundprinzipien einer legitimen inneren Staatsordnung existierten, blieb auch das Recht, im Namen des europäischen Friedens zu militärischen Interventionsmaßnahmen zu greifen, stets umstritten. [<<18]

1 Geisthövel, Restauration und Vormärz, S. 9.

2 Sellin, Geraubte Revolution, S. 321. Fahrmeir, Europa, S. 104 spricht von einem „problematischen Etikett“.

3 Hippel/Stier, Europa 1800–1850, S. 60.

4 Fahrmeir, Europa, S. 1.

5 Siemann, Metternich, S. 52f.; Fahrmeir, Revolutionen und Reformen, S. 143.

6 Sellin, Geraubte Revolution, S. 12–18, 275–325.

7 Lentz, Congrès, S. 63.

8 Fahrmeir, Revolutionen und Reformen, S. 132.

9 Langewiesche, Reich, Nation, Föderation, S. 116, 118.

10 Langewiesche, Reich, Nation, Föderation, S. 118.

11 Sellin, Geraubte Revolution, S. 17.

12 Angeberg, Congrès, S. 540–542 (frz.); Müller, Quellen, Nr. 51, S. 269–271 (dt.).

13 Metternich, Denkwürdigkeiten, S. 465f.

14 Sellin, Geraubte Revolution, S. 281. Vgl. Langewiesche, Reich, Nation, Föderation, S. 111–125; Paulmann, Pomp und Politik, S. 56–130.

15 Sellin, Geraubte Revolution, S. 289.

16 Fahrmeir, Revolutionen und Reformen, S. 141.

17 Pyta, Konzert der Mächte, S. 149.

18 Osterhammel, Krieg im Frieden, v. a. S. 294–302, Zitate S. 297f.

Der Wiener Kongress

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