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2.4 Die Abdankung Napoleons

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Trotz wiederholter Warnungen Caulaincourts zeigte Napoleon keine Bereitschaft, in Châtillon ernsthaft zu unterhandeln. Am letzten Tag der Frist verlangte er eine Rückkehr der Alliierten zu den Vorschlägen von Frankfurt, und erst am 15. März konnte der französische Minister einen schriftlichen Gegenvorschlag vorlegen, in dem der Verzicht auf die Illyrischen Provinzen, auf das rechte Rheinufer und die Gebiete südlich der Alpen formuliert waren. Da der Kaiser gleichzeitig seine Truppen östlich von Paris in einer Weise umgruppierte, die einen Vorstoß gegen die alliierten Nachschublinien erwarten ließ, brachen die vier Mächte am 19. März die Verhandlungen ab und einigten sich einige Tage später darauf, den Vormarsch auf Paris fortzusetzen (Plancy 24. März).19 Dies entsprach den Planungen Talleyrands in der Hauptstadt, der nur in einem Sturz Napoleons die Chance sah, für Frankreich Stabilität zu erreichen. Von Vitry-le-François aus erließen die Mächte im Namen einer „Europäischen Liga“ („ligue Européenne“) eine Erklärung, in der sie die Rückführung Frankreichs auf die Grenzen von 1792 mit dem Hinweis auf das aggressive Ausgreifen Napoleons auf dem Kontinent und auf die Erhebung neuer Souveräne aus seiner Familie rechtfertigten.20

Der Durchbruch der beiden jetzt vereinigten Armeen Schwarzenbergs und Blüchers bei Fère-Champenoise am 25. März öffnete den Alliierten den Weg nach Paris, um das am 29./30. gekämpft wurde, [<<32] während die Regentin Kaiserin Marie Louise und der Regentschaftsrat unter Joseph Bonaparte die Stadt verließen. Am letzten Märztag 1814 kapitulierte Marschall Marmont und übergab die Hauptstadt gegen Zusicherung freien Abzugs, Napoleon wich nach Fontainebleau aus, und um 10 Uhr vormittags zogen Zar Alexander, König Friedrich Wilhelm III. und Feldmarschall Schwarzenberg durch die Stadt Richtung Place de la Concorde.

Die politische Initiative ergriff jetzt Talleyrand, der seit seinem persönlichen Bruch mit Napoleon Anfang 1809 auf dessen Sturz hingearbeitet hatte. Eine Konferenz, die noch am Nachmittag des 31. März in seinem Wohnhaus in der Rue Saint-Florentin stattfand und an der der Zar, der preußische König und Schwarzenberg teilnahmen, traf die Entscheidung, im Sinn des Prinzips der Legitimität den rechtmäßigen Thronfolger aus dem Haus Bourbon, Louis Stanislas Xavier von Frankreich, Graf von Provence, zurückzuholen, allerdings nicht als absoluten, sondern als konstitutionellen Herrscher. Der Zar machte diesen Grundsatzbeschluss in einer auf den 2. April datierten Proklamation bekannt, in der er – zur nicht geringen Bestürzung Castlereaghs und vor allem Metternichs, die erst am 10. April nach Paris kamen – über die bisherigen Beschlüsse der Alliierten weit hinausging und eine klare Alternative formulierte: Die Person Napoleons sei das entscheidende Hindernis für den Frieden; weder mit dem Kaiser noch mit einem Mitglied seiner Familie würden die Alliierten künftig mehr verhandeln. Die Franzosen hätten „die Wahl … zwischen ihrem Kaiser und dem Frieden.“ Die Rückkehr der bourbonischen Könige wurde noch nicht erwähnt.21

Der Senat setzte am 1. April eine provisorische Regierung ein, der Talleyrand vorstand. Sie erarbeitete innerhalb einer Woche eine neue, provisorische Verfassung, die ein erbliches, konstitutionelles Königtum der Bourbonen vorsah. Auf dieser Basis erklärte der Senat am 3. April 1814 Napoleon als Kaiser der Franzosen für abgesetzt. Eine Nachfolge aus dem Kreis der Familie Bonaparte wurde ausgeschlossen. Das zentrale [<<33] politische Argument für diesen Bruch lag in der Vorgabe, dass Frankreich nur auf diese Weise ein Ende des Krieges erreichen konnte.

In Fontainebleau reagierte Napoleon auf diese Entwicklungen mit neuen Kriegsplänen. Zum entscheidenden Faktor wurde jetzt die Loyalität der Armee, und sie ging dem Kaiser nun verloren: Am 4. April verweigerten die Marschälle unter Ney den Gehorsam und forderten ihn zur Abdankung auf. Napoleon wollte diese zunächst von Bedingungen (wie dem Nachfolgerecht seines Sohnes) abhängig machen, erklärte dann aber am 6. April seinen bedingungslosen Rücktritt unter Einschluss seiner Erben, der (nach dem Abschluss vertraglicher Regelungen über die Versorgung seiner Person und seiner Familie; 11. April) am 13. April in Kraft trat. Offiziell stilisierte der Empereur seinen Rücktritt, bevor er sich am 20. April zur Abreise Richtung Elba aufmachte, zu einem persönlichen Opfer, das er im Interesse Frankreichs darbringe. Er nahm dabei auf Alexanders Erklärung Bezug, seine (Napoleons) Person bilde „das einzige Hindernis auf dem Wege zur Wiederherstellung des Friedens in Europa.“22 Napoleon wurde wie ein herrschender Souverän behandelt und deswegen mit der Herrschaft über ein neues, freilich sehr kleines Territorium, das Fürstentum Elba, abgefunden. Metternich hielt die Übertragung dieser Insel, die ihm viel zu nahe an Frankreich und Italien zu liegen schien, für einen Fehler des Zaren – mit Recht, wie sich im Frühjahr 1815 zeigen sollte. Ansehnliche Pensionszahlungen in Höhe von viereinhalb Mio. (für das Kaiserpaar allein zwei Mio.) Francs jährlich sicherten der verzweigten Familie Bonaparte „ein komfortables Exil“.23

Der Wiener Kongress

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