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2.2 Das Scheitern der österreichischen Vermittlung

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Der weitere Aufbau der Allianz gegen Napoleon erfolgte nicht mit der Dynamik, die die beiden Bündnispartner von Kalisch erwartet hatten. In Österreich schwenkte Metternich aufgrund von Bedenken wegen der Verlässlichkeit der Politik des Zaren und angesichts eines bestehenden Bündnisses mit Napoleon von 1812 vorläufig nicht auf den Konfliktkurs ein. Vorerst setzte er auf Zeitgewinn, einen neutralen Kurs zwischen den Antagonisten und das Angebot einer Friedensvermittlung an Frankreich. [<<21]

Napoleon hatte in Rekordzeit eine neue Armee von 200.000 Mann an den Main gebracht und damit ein deutliches Zeichen gesetzt, dass er nicht daran dachte, das Rheinbundgebiet aufzugeben. Seine Planung zielte auf einen Vorstoß Richtung Sachsen; dort begannen ab Mitte März 1813 neue Kämpfe mit den Truppen Kutuzovs und des preußischen Generals Blücher. Napoleons Erfolge ermöglichten ihm bis Mitte Mai die Besetzung der westlichen und zentralen Teile Sachsens. König Friedrich August I. erneuerte das Bündnis mit Frankreich. Um Zeit für die Neuaufstellung seiner Kavallerietruppen zu gewinnen, stimmte der Kaiser der Franzosen nach der Schlacht bei Bautzen (20./21. Mai 1813) einem von Österreich vorgeschlagenen Waffenstillstand zu (Pläswitz 4. Juni 1813).

Während dieser sich bis zum 10. August erstreckenden Waffenruhe bereitete eine Serie von Gesprächen im schlesischen Städtchen Reichenbach sowie auf verschiedenen Schlössern in Nordböhmen die Annäherung zwischen Wien und dem russisch-preußischen Bündnis vor. Der Zar, Nesselrode und Hardenberg besprachen mit den Spitzen von Politik und Militär des österreichischen Kaiserstaats ab dem 3. Juni eine Reihe gemeinsamer Forderungen an Napoleon, die am 27. Juni 1813 formalisiert wurden. Ihre Erfüllung sollte die Voraussetzung dafür bilden, dass Österreich sich weiterhin um einen Präliminarfrieden zwischen Napoleon und den beiden Ostmächten bemühen durfte. Die Bedingungen an Napoleon enthielten die Aufgabe des Herzogtums Warschau und Danzigs, die Rückstellung der Illyrischen Provinzen an Österreich, die Anerkennung des Rechts Preußens auf territoriale Vergrößerung sowie die Wiederherstellung der Hansestädte Hamburg und Lübeck. Metternich sorgte zwar einerseits dafür, dass der Waffenstillstand nochmals verlängert wurde, legte aber andererseits Mitte Juli seinen Kaiser für den entsprechenden Fall auf Kriegskurs fest.

Auch der britische Prinzregent Georg formalisierte seine Unterstützung für die Allianz in Gestalt von zwei Konventionen, die sein Gesandter beim Zaren, William Earl Cathcart, in Reichenbach mit Preußen und Russland (14./15. Juni) abschloss. Dabei ging es, einer schon länger geübten Tradition entsprechend, vor allem um Subsidienzahlungen: Über 1,1 Mio. Pfund wurden dem Zaren, über 660.000 Pfund dem Preußenkönig für Militärausgaben im Jahr 1813 zur Verfügung gestellt. Berlin bekam nun [<<22] auch von den Briten seine Wiederherstellung nach dem Territorialstand von 1806 zugesagt, und mit Nesselrode vereinbarte Cathcart eine Abstimmung künftiger militärischer Aktionen sowie den Verzicht auf einseitige Verhandlungen mit Napoleon.5

Metternich traf mit Napoleon am 26. Juni 1813 zu einem langen Gespräch in Dresden zusammen, um die Möglichkeit zur Aufnahme von Friedensverhandlungen auszuloten. Napoleon lehnte territoriale Zugeständnisse im Sinne der Reichenbacher Forderungen rundheraus ab. Auf formaler Ebene errang Metternich aber einen wichtigen Erfolg, denn der Empereur entließ Österreich aus den Verpflichtungen des Bündnisvertrags von 1812 und anerkannte seine Rolle als neutraler Vermittler.

In dieser Rolle gelang es Metternich, Zar Alexander und König Friedrich Wilhelm die Entsendung von Bevollmächtigten nach Prag abzuhandeln, wo er ab dem 11. Juli die Unterredungen aufzunehmen gedachte. Andererseits beteiligten Schwarzenberg und Radetzky sich an den militärischen Planungen der Koalition (zu der inzwischen auch Jean-Baptiste Bernadotte, ehemaliger Marschall Napoleons und seit 1810 als Karl Johann Kronprinz von Schweden, gestoßen war) für ein gemeinsames Vorgehen in Sachsen; der im niederschlesischen Trachenberg am 12. Juli 1813 fertiggestellte Operationsplan sah die Aufstellung von drei Hauptarmeen in Böhmen (unter Schwarzenberg), in Schlesien (unter Blücher) und an der Elbe („Nordarmee“ Bernadottes) vor.6

Napoleon setzte bei den Prager Verhandlungen auf eine leicht durchschaubare Verzögerungstaktik. Sein erster Vertreter war weder mit Instruktionen noch mit Vollmachten ausgestattet; erst am 22. Juli erhielt der zweite Abgesandte, Graf Caulaincourt, General, Senator und langjähriger diplomatischer Vertreter des Kaisers am Zarenhof, wenigstens erstere, blieb aber ohne Ermächtigung zu einem Abschluss. Eingehend und erfolglos wurde über Verfahrensfragen gestritten. Napoleon verlangte eine Einbeziehung der Briten und wollte auch nach eindringlicher [<<23] Erinnerung an die Reichenbacher Forderungen der Alliierten (der noch die Aufgabe des Protektorats über den Rheinbund hinzugefügt wurde) keine Veränderungen am Status quo von 1812 akzeptieren. Ernsthafte Verhandlungen kamen in Prag jedenfalls nicht zustande.

Am 10. August erklärten Preußen und Russland ihre Vollmachten für erloschen; neue, nach größerer Kompromissbereitschaft klingende französische Vorschläge wurden nicht mehr behandelt. Am 12. August 1813 erfolgte die formelle Kriegserklärung Österreichs an Frankreich. Es war offensichtlich, dass Napoleon im Sommer 1813 „nicht ernsthaft an einen Frieden der Verständigung [dachte], bei dem er … hätte Konzessionen machen müssen. Vielmehr baute er weiterhin auf seine militärische Schlagkraft …“7

Die militärischen Auseinandersetzungen flammten ab der letzten Augustwoche 1813 rund um Napoleons Zentralposition in Sachsen neu auf. Blücher hielt den französischen Marschall MacDonald erfolgreich von Schlesien ab (Schlacht an der Katzbach 26. August). Der Empereur konnte seine Stellung in Dresden gegen Schwarzenbergs Armee behaupten (26./27. August), nicht aber mit Erfolg offensiv gegen Böhmen vorgehen (Schlacht bei Kulm 29./30. August). Vorstöße der Marschälle Oudinot und Ney Richtung Berlin wehrten preußische Verbände der Nordarmee ab (Großbeeren 23. August; Dennewitz 6. September).

Anfang September flauten die Kämpfe, die Napoleon größere Verluste gekostet hatten als die drei Alliierten, wieder ab. Im nordböhmischen Teplitz kamen die Monarchen Österreichs, Preußens und Russlands zusammen, um ihre gemeinsamen politischen Ziele neu festzuschreiben. Sie wurden in einem geheimen Zusatzartikel zum Allianzvertrag vom 9. September 1813 festgehalten: Wiederherstellung Österreichs und Preußens nach dem Territorialstand von 1805, einvernehmliches „arrangement“ der drei Höfe über die neue Konfiguration Polens, Wiederherstellung Hannovers, Auflösung des Rheinbunds bei Bewahrung der Souveränität seiner Mitgliedsstaaten und, besonders wichtig, eine enge gemeinsame Abstimmung der künftigen Politik („travailler de concert“ lautete der [<<24] Fachausdruck in der Diplomatensprache Französisch).8 Großbritannien, vertreten vom Earl of Aberdeen, schloss am 3. Oktober einen weiteren Subsidienvertrag, der Österreich Zahlungen in Höhe von einer Million Pfund Sterling zusagte.

Der Wiener Kongress

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