Читать книгу Bon Camino - Mit 70 auf dem Jakobsweg - Reinhold Heers - Страница 10
Pilgermenü eingenommen. Das Essen war gut und reichhaltig, es hat wirklich prima geschmeckt. Trotz Mischmasch an Kulturen, irgendwie ging die Verständigung. Ich bin sicher, der Wein trug auch zum guten Gelingen bei. Dabei stellte sich heraus, dass Pola, meine Yoga-Dame, eine Künstlerin aus Berlin ist, die ansonsten im Gespräch sehr nett war. Wir haben uns dann noch zweimal wieder getroffen. Sie hatte sich mit einem Pilger aus Holland zusammengetan. Aber dann kam wieder die Nacht: drei Italiener, Bernd und ich. Zum Glück hatte ich diesmal das Unterbett. Ich war mir sicher, Schnarchen aus allen Betten. Sicher habe ich auch ein wenig geschlafen – vielleicht auch geschnarcht, aber am Morgen war ich nicht richtig frisch. Der Gedanke kreiste erneut: Warum tue ich mir das an? Tag 5 – 28.05.2018 Larrasoaña–Zabaldika–Arre–Pamplona Unterkunft: Albergue de Peregrinos Casa Paderborn Strecke: 16 km, 190 Höhenmeter, auf und ab, 4 Stdn. Bei der Vorbereitung der Pilgerreise hatte ich mir vorgenommen, nicht das morgendliche frühe Gehetze mitzumachen, sondern in aller Ruhe aufstehen, fertig machen und lospilgern. Aber das war überhaupt nicht möglich. Allein durch das frühe Aufstehen der anderen Pilger war die Ruhe vorbei, und ich wurde förmlich mitgezogen. Heute waren es die Italiener, die sehr früh anfingen, ihre Sachen zu packen. Und ganz ohne Reden geht es ja auch nicht. Was blieb anderes übrig, als sich auch fertig zu machen? Frühstück gab es in dieser Herberge nicht, nur einen Kaffeeautomaten. Also: Pappbecher gezogen und wenigstens etwas Warmes in den Magen bekommen. Und dann noch das Wetter: dunkle Wolken und Regen! Im Poncho ging es los. Der Weg führte mal bergauf, mal bergab, an einem Fluss entlang, durch enge, verwachsene Fußwege, steinige Abschnitte, also alles, was so kommen kann. Allerdings war der Blick für die Natur unter dem Poncho nicht sehr ausgeprägt. Nach etwa einer Stunde Pilgern kam dann der aufhellende Teil: eine Bar zum Frühstücken. Rucksack runter und Kaffee, Bocadillo, Banane bestellt. Bei schönem Wetter sicher ein romantischer Ort: am Fluss gelegen, Hügel im Hintergrund. Aber heute: grau in grau. Wobei das Wetter langsam besser wurde. So gestärkt konnte es zum Tagesziel Pamplona weitergehen. Der Weg durch die Vororte und nur auf Pflaster war nicht so prickelnd. Aber es lässt sich nicht vermeiden, wenn man ans Ziel kommen will. Und das war die Casa Paderborn, eine öffentliche Herberge, die vom Freundeskreis der Jakobspilger in Paderborn geführt wird und in der in monatlichen Abständen erfahrene Jakobspilger aus Paderborn freiwillig ihren Dienst verrichten, in der Regel Ehepaare. Allein das Wort „deutsch“ war ausschlaggebend, dorthin zu gehen. Die Begrüßung war überaus freundlich. Bernd und mir wurde wegen des „Alters“ ein unteres Bett in einem 6-Bett-Zimmer zugewiesen. Und hier trafen wir dann wieder auf Stephan, den Flugbegleiter. Weitere Gäste waren ein Pastor aus Norwegen und zwei junge Frauen. Bereits kurz nach unserer Ankunft war die Herberge ausgebucht, und Pilger mussten auf andere Herbergen verwiesen werden. Es ging wirklich familiär zu; die Wäsche konnten wir abgeben, und sie wurde gegen Entgelt gewaschen und getrocknet. Da mir ein kleiner Bart gewachsen war (ich hatte bewusst weder E-Rasierer noch Klingen mitgenommen), suchte mir der Herbergsvater einen Barbier raus. Allerdings stellte sich später heraus, dass ohne Termin ein Bartschneiden nicht möglich war. Aber auch nicht so schlimm. Nach dem Duschen (drei Kabinen und Toiletten, 26 Betten) habe ich mein Telefon ausprobiert und mit Maren gesprochen. Es war mir schon aufgefallen, dass es mir doch nicht so leichtfiel, das Smartphone nicht dabeizuhaben. Ständig war irgendein Pilger mit seinem Gerät beschäftigt. Nein, ich wollte es nicht, und es ging auch ohne! Bernd und ich haben dann eine kleine Stadtbesichtigung gemacht. Leider war das Wetter zwar trocken, aber windig und kalt, sodass ein ruhiges Sitzen im Freien nicht möglich war. Aber es gab einige nette, alte Cafés, die zur Pause einluden. Die Straße, durch die die Stiere getrieben werden, und die Arena haben wir gesehen, ebenso das alte Rathaus, die Kathedrale, die Gassen und Plätze und weitere schöne Gebäude. Um uns zu stärken, haben wir dann das Pilgermenü in einem Restaurant in der Innenstadt auf Empfehlung der Herbergseltern eingenommen, und es war prima: Auswahl an Speisen, eine Flasche Wein für uns zwei, und das alles für 10 €! So weit war alles gut – aber dann kam wieder das dicke Ende: die Nacht. Drei Schnarcher und eine Schnarcherin. Und wie immer: Da ich nicht schnell einschlafe, bekomme ich das ganze Konzert ab. Diesmal sogar mit einer Oberstimme! Zusätzlich wurde die Luft immer schlechter, da vor den Fenstern Holzklappen waren (Erdgeschoss, das Haus lag zwar wunderschön im Grünen, aber eine Straße führte vorbei). Ich habe den Morgen herbeigesehnt. Nun ja, irgendwann war die Nacht vorbei, und wir wurden um 06.00 Uhr mit Musik im ganzen Haus geweckt.