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2.3 Lebensentwürfe und private Logik

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Mithilfe seiner spezifischen Erfahrungen entwirft also jeder Mensch seine eigene Lebensgeschichte. Die Grundzüge unseres Lebensstils bilden wir schon, bevor wir richtig sprechen können. Wir handeln so, als ob wir wüssten, was wir planen, in Szene setzen und für die Zukunft entwerfen. Wir wissen es in diesem Alter natürlich nicht, aber wir handeln so. Der Lebensstil, die Summe unserer Lebenserfahrungen und Grundüberzeugungen, stellt unsere Strategie dar, zu überleben und in der Welt zurechtzukommen.

Diese Vor-Urteile und Schablonen des Denkens, die jedes Kind sich zugelegt hat, sind wie die Tönung einer Brille, durch die es jetzt und zukünftig alles wahrnimmt. Schon das Baby hat eine Nase dafür, welche Methoden sich bewähren, welche »Tricks« ihm möglich erscheinen und welche Reaktionen sich vorteilhaft einsetzen lassen. Sie sind nicht vererbt, sie sind erfahren.

Wenn wir sieben Jahre alt sind, ist unsere Geschichte zum größten Teil fertig. In der späteren Kindheit schmücken wir sie mit weiteren Einzelheiten aus. Selbstverständlich können wir als Jugendliche noch neue Erfahrungen machen, am Lebensentwurf basteln und dieses und jenes revidieren. Und natürlich können heilsame Begegnungen unser Leben verändern und Bekehrungserlebnisse unser Lebenskonzept erneuern. Aber die ursprünglichen Persönlichkeitsstrukturen schimmern durch alle Ritzen unseres Lebens hindurch.

Der Lebensentwurf des Kindes und des späteren Erwachsenen basiert auf seiner privaten Logik. Die private Logik ist die Selbstschutzfunktion dieses Menschen, die Wirklichkeit so zu sehen und umzugestalten, dass er sie bewältigen kann. (Die Konfliktpsychologie bezeichnet diese Vorgänge als»Derealisation«.) Es handelt sich also um Deutungen, die die Wirklichkeit subjektiv verfärben. Wir können auch von Rationalisierung sprechen, vom Rechtfertigen eines Verhaltens, von innerer Ausrede.

Ein bestimmter Lebensentwurf beinhaltet eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur. Das schöpferische Streben des Kindes ist aber weit mehr als eine Reaktion auf die Erwartungen, Befehle und Anordnungen der Erziehungspersonen. Das Kind registriert, deutet und trifft seine Entscheidungen. Ein Lebensentwurf ist eine schöpferisch aktive und antwortende Stellungnahme. So bestimmt das Kind sein Selbstbild, und so entwickelt es sein Selbstwertgefühl. Der Adler-Schüler Rudolf Dreikurs geht davon aus, dass Charakter und Lebensstil identisch sind. Bei ihm heißt es:

»Der Charakter eines Menschen ist nichts anderes als die Manifestation eines bestimmten Planes, den sich das Kind für seine weitere Lebensführung zugelegt hat. Der Lebensplan (Lebensentwurf, Lebensstil) eines Kindes wird sich weder aus einer bestimmten Einzelheit noch aus einmaligen Erlebnissen ergeben, sondern aus seiner Art, Schwierigkeiten zu überwinden, gleichgültig, ob diese nun wirklich vorhanden waren oder nur als solche angenommen wurden.«1

Wir können also aus dem eben Gesagten festhalten, dass die folgenden drei Faktoren die menschliche Persönlichkeit ausmachen:

1. Vererbung:

 Größe, Augenfarbe;

 bestimmte Krankheiten oder Krankheitsdispositionen;

 rassische Merkmale;

 Geschlechtsmerkmale.

2. Umwelt:

 Erziehung, Familie;

 Sozialisation;

 Medien, geheime Miterzieher.

3. Schöpferische Aktivität:

 Kreativität;

 der Mensch macht Erfahrungen und

 lernt aus Versuch und Irrtum;

 der Mensch zieht Schlüsse und

 er trifft Entscheidungen.

Merksatz:

»Es ist nicht wichtig, was der Mensch mit auf die Welt bringt, sondern was er damit anfängt« (R. Dreikurs).

Typen und Temperamente

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