Читать книгу Falsche Annahme - Renate Amelung - Страница 3

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Die Sonne blinzelt durch das frische Grün des Laubwaldes. Ihre Strahlen legen sich dampfend auf den feuchten Waldboden Rebecca Eden’s Mokassins gehen eine feste Verbindung mit dem schweren Boden ein. Sie schaut die kleine Schlucht hoch und seufzt über den verdorbenen Sonntag. Die Vögel zwitschern ihr Hochzeitkonzert, flattern aufgeregt von Baumwipfel zu Baumwipfel. Es verspricht ein schöner Tag zu werden. In wenigen Stunden erstickt der Grafenberger Wald an Spaziergängern die es aus den wintermuffigen Wohnungen in die ersten Frühlingssonnenstrahlen treibt. Zuerst kommen die Jogger, eifrig dem Trimm-Pfad folgend, ihrer jugendlichen Figur nachrennend, oder vor dem Herzinfarkt voraneilend. Eins ist ihnen gemeinsam, sie scheuchen die Urbewohner des Waldes von den Lichtungen zurück in ihre Verstecke. An diesem friedlich wirkenden Morgen erwacht der Wald auf andere Weise.

Der Deckel wird von zwei Männern in schwarzen Anzügen auf den schlichten Sarg gelegt und abtransportiert. Der Fotograf nickt, schießt noch ein paar Aufnahmen. In einer Stunde werden die Bilder bei Rebecca Eden auf dem Schreibtisch liegen. Der Obduktionsbericht wird frühestens Montag da sein, aber die Kommissarin kennt das Ergebnis schon. Todesursache durch strangulieren, starke Kampfspuren und trotz gegenteiligem Erscheinungsbild keine Vergewaltigung. Die Spurensicherung wird ebenso wenig mit Neuerungen aufwarten. Der Fundort ist nicht der Tatort und die Kleine besucht dieselbe Schule wie die anderen beiden Opfer. Ganz offensichtlich bedient sich da eine Bestie wie in einem Kaufhaus in dem noblen Mädchen-Pensionat. Verdammt, es ist das dritte junge Mädchen! Es muss etwas geschehen. So kommt sie nicht weiter! Sie wird das Angebot des Staatsanwalts annehmen und die Psychologin mit einbeziehen, auch wenn es ihr nicht passt wie Doktor Lachmann die Dame in den höchsten Tönen lobt. Vermutlich ist sie seine neueste Favoritin, gar die blonde Walküre mit der sie ihn vor einiger Zeit zufällig beim Griechen traf. Lachmann wirkte an dem Abend nicht sehr glücklich über die Entdeckung. Schade, sie hatte der Dame nicht in ihr Gesicht sehen können. War sie attraktiv? Auf jeden Fall nicht mehr ganz jung, da er sie noch aus Studienzeiten kannte und dies ist gut so für die künftige zusammen Arbeit, denkt Rebecca Eden.

Rebecca Eden begutachtet nochmals alle Details an der Fundstelle, es ist vergebens. Wirklich nichts, auch keine Fußabdrücke die auf einen Täter hinweisen. Es ist ihr ein Rätsel. Da macht sich Jemand nicht die Mühe eine Leiche zu verstecken und hinter lässt trotzdem keine Indizien. Hier ist nichts was ihr einen Hinweis gibt. Bedächtig zieht sie das Handy aus der Tasche, gibt die Zahlenkombination von Staatsanwalt Lachmann ein, stoppt jedoch den Vorgang. Den schweren Schritt kennt sie. Schnaufend im Dauerstress mit seinem Heuschnupfen tritt Lachmann neben sie.

“Na, was ist jetzt mit meinem Angebot?”, fragt Lachmann.

Mist, muss er jetzt danach fragen, wo sie es tun wollte! Alle Vorsätze sind zum Teufel. “Guten Morgen, Herr Staatsanwalt”, sagt sie betont höflich.

“Mojen! Emilian ist eine Kapazität, das solltest du, nicht ausschlagen.”

Schon wieder, sie hasst seine rheinische Eigenart die Menschen überall und bei Jedermann beim Vornamen zu nennen sobald er per Du mit ihnen ist, so wie sie sein Frau Eden kannst du, machst du, gehst du, hasst. Rheinischer Schwachsinn an den sie sich nur schwer gewöhnt. Hier geht es nicht um persönliches, sondern um drei Kinder die ihr Leben gelassen haben. Da muss ihr jedes probate Mittel recht sein und über dem eigenen Ego stehen. “Rufen Sie die gute Dame an!”

“Wie bitte, was meinst du Frau Eden?”, fragt Lachmann.

“Ihre Doktor Elisa. Sagen Sie, sie soll sich beeilen, oder besser nicht.”

“Äh...” Er lacht. “Frau Eden, Frau Eden!” Die schwarzen Türen des verhangenen Mercedes schließen. “Verzeihung, ist nicht angebracht. Doktor Emilian wird dir gefallen, Frau Eden. Aber ich kann schlecht. Ich darf daran erinnern, es ist Sonntag, und noch in aller Herrgottsfrühe, da kann ich Emilian schlecht aus dem Bett schmeißen.”

Aha, selbstredend das Bett aus dem er kam und in das er beabsichtigt gleich wieder reinzusteigen, denkt Rebecca Eden und sagt barsch, “für mich auch!”

“Was?”, will Lachmann wissen.

“Sonntag! Und verdammt früh für einen dienstfreien Tag! Hören Sie, ich war von der Idee nicht sonderlich angetan, aber jetzt soll sie ihren Allerwertesten zusammenrotten und schleunigst im Präsidium erscheinen. Ich hoffe sie ist nicht zimperlich!”

“Ach, Frau Eden, dass ich es nicht vergesse, Doktor Emilian hat alle Befugnisse und ist mir unterstellt.

“Prima, und keine Pflichten nehme ich an.” Abrupt wendet sie sich ab und steigt in ihren Dienstwagen. Glaubt er etwa ihr macht es Spaß? Sie ärgert sich, was ist der wirkliche Grund warum man ihr eine Wanze in den Pelz setzt? Und sie stimmt leichtsinnig zu. Ihre Qualifikation kann es nicht sein, ihre Aufklärungsrate liegt über dem Durchschnitt. Nur ein einziger Fall lagert zäh auf ihrem Schreibtisch, der tote Gärtner. Gleich am Montag wird sie den Akt bei Seite schieben. Was wird ihre Tochter Gerrit sagen, wenn sie merkt, dass wieder ein Sonntag geplatzt ist? Wie hat sie sich die Arbeit mit einer Psychologin an ihrer Seite vorzustellen? Müssen die nicht selbst alle bei ihrem Kollegen auf die Couch? Hoffentlich ist es keine Klatschbase. Sie wird ihr mit dezidiertem Desinteresse begegnen oder auf bilaterale Entspannungspolitik in Nimmer Land umlenken, aber sich nie in die Karten schauen lassen. Rebecca Eden greift zum Telefon. “Eden.”

“Hallo Robert, schön, dass du im Land bist, kannst du deine Tochter heute abholen?”

“Sicher Rebecca. Will sie das denn?”

“Robert...”

“Aha, deine Arbeit, geht vor. Rebecca, komm zurück zu mir, dann brauchst du diesen blöden Job nicht machen. Ich meine 18 Jahre Ehe sind doch kein Pappenstiel...” Rebecca hält das Handy angewidert mit ausgestreckter Hand und lässt die Blubbermaschine ausklingen.

“Wir haben da genug drüber diskutiert! Holst du Gerrit nun ab?”

“Ja! Wir haben nicht diskutiert. Du bist sang und klanglos in diese winzige Wohnung gezogen.”

“Verdammt Robert, wir haben wochenlang geredet, wir haben 5 Jahre gestritten, genau seit ich wieder arbeite.”

“Du brauchst ja auch nicht arbeiten!”, mault Robert Eden.

“Du hast dich in deiner Wortwahl vertan, ciao Robert und danke.” Mistkerl, Frauen sollen ihre Arbeitsplätze den Männern überlassen ist seine Divise und es stimmt sie heute noch übellaunig trotzdem sie seit einem Jahr von ihm geschieden ist und das Sorgerecht für die 17-jährige Tochter Gerrit hat. Rebecca geht die wenigen Schritte zum Wagen, der auf der Ernst Poensgen Allee gegenüber dem Polizeisportverein parkt. Ohne den Berufsverkehr wird sie in ein paar Minuten im Präsidium sein.

Falsche Annahme

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