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Fazit:

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Erstens: China ist ein einzigartiger Sonderfall der Weltgeschichte. Die Volksrepublik, die sich immer noch sozialistisch nennt, hat geschafft, was die großen westlichen Staaten den „Entwicklungsländern“ immer so generös als Resultat ihres Einstiegs in den Weltmarkt verheißen hatten: Sich zu entwickeln, reich und mächtig zu werden und ihnen auf Augenhöhe entgegenzutreten! An den Reaktionen der „Etablierten“ ist abzulesen: Ein solches Resultat war und ist so nicht vorgesehen.

Zweitens: Das heutige China ist geradezu ein Lehrstück über den notwendigen Zusammenhang von Geschäft und Gewalt in der Weltordnung. Seine Führer haben ihre frühere sozialistische Planwirtschaft Stück für Stück und mit viel staatlicher Betreuung transformiert in eine kapitalistische Ökonomie. Die immanenten Notwendigkeiten des kapitalistischen Geschäfts bescheren ihnen inzwischen eine ganze Agenda an außenpolitischen Tätigkeiten. Ein bedauernswerter „Sachzwang“ der Globalisierung ist das keineswegs gewesen. Zunächst hatte der „freie Westen“ die Existenz eines kommunistischen Staatenblocks nicht hingenommen und mit einem Kalten Krieg darauf geantwortet, d. h. die sozialistische Staatenwelt mit seiner Aufrüstung zu enormen Rüstungsanstrengungen gezwungen, denen sie letztlich nicht gewachsen war. In diesem Konflikt hat China aus seinen nationalen Berechnungen heraus freiwillig die Seiten gewechselt, sich in die kapitalistische Konkurrenz gestellt und mit diesem Entschluss entscheidend dazu beigetragen, dass die Welt heute tatsächlich „globalisiert“ ist, sprich: dass überall die Freiheit des Kapitals herrscht.

Seitdem ist seine Regierung damit befasst, die „Eigengesetzlichkeiten“ eines erfolgreichen Kapitalismus machtvoll durchzusetzen. Denn wer sich einmal dafür entscheidet, auf die „kapitalistischen Produktivkräfte“ zu setzen, der muss die Wachstumsbedürfnisse des Kapitals a) respektieren und b) nach Kräften fördern, wenn die Sache Erfolg haben soll – ganz egal, wie „antiimperialistisch“ oder „friedliebend“ er bis gestern agiert hat. Dementsprechend sehen die Aktivitäten aus: Sie reichen von der Förderung des Warenexports bis zur militärischen Sicherung der Handelswege und sie schließen eine Verteidigung der – mit jedem Erfolg wachsenden – „vitalen Interessen“ ein, gegen Eindämmungsbestrebungen, die die herausgeforderte Weltmacht Amerika China selbstverständlich entgegensetzt. So geht es eben zu, wenn eine neue Macht in der Konkurrenz kapitalistischer Staaten aufsteigt – eine friedliche Angelegenheit ist das nicht.

Mit diesen Überlegungen sollten zugleich einige gängige Vorstellungen widerlegt sein:

Es ist sachlich falsch, Chinas außenwirtschaftliche oder -politische Konkurrenzpraktiken als besonders bösartig zu charakterisieren. Sie haben ihren Grund in den marktwirtschaftlichen Prinzipien des Umgangs mit Land und Leuten, die im Westen entwickelt, allen sozialistischen Ländern immerzu gepredigt wurden und die das asiatische Land nun eben auch bei sich installiert hat. Die erneute Rede von einer „gelben Gefahr“ drückt insofern zuallererst den umfassenden westlichen Anspruch auf diese Welt, ihre Ressourcen und den Nutzen aus dem globalen Handel aus.

Es ist ein unangebrachter Idealismus, zu glauben, man könne den Kapitalismus einsetzen zur Entwicklung von Technik und Produktion zum Segen für Land und Leute und seine hässlichen Seiten irgendwie außen vorhalten. Die Analyse von Chinas Ökonomie und seiner Außenpolitik, die zu dieser Ökonomie gehört und sich keineswegs jenseits, auf irgendwelchen luftleeren Feldern politologischer Kategorien von „Macht und Interesse“ abspielt, macht deutlich, dass der Kapitalismus „System“ hat bzw. eines ist.

China – ein Lehrstück

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