Читать книгу Wer keine Falten hat, hat nie gelacht - Renate Georgy - Страница 11
Müsste frau noch mal vierzig sein?
ОглавлениеWir haben gesehen, dass weder die Babyjahre noch die Kindheit und nicht einmal die euphorisch besungene Jugend paradiesische Zeiten sind. Aber was ist mit den Jahren um die vierzig herum? Jung sind wir dann zwar nicht mehr, aber alt ebenso wenig.
Zwar werden einige Menschen bereits ab dreißig von einem seltsamen Phänomen ergriffen, das Midlife-Crisis genannt wird: Die Jahre gehen, erste Falten kommen, beim männlichen Teil der Menschheit werden die Haare schütter, beim weiblichen Teil tickt die biologische Uhr hörbar. Beide Geschlechter fragen sich, ob sie noch cool oder schon spießig sind, und beginnen mit der Schwerkraft zu kämpfen. Trotzdem: Könnten die Vierziger die wirklich goldenen Jahre sein? Frau und mann haben schon einiges an Erfahrung und Durchblick gewonnen, etliche Niederlagen erlebt und viele Siege errungen. Und auch körperlich fühlen die meisten sich in diesem Alter einigermaßen fit und leistungsfähig.
Silvia Bovenschen schreibt in ihrem lesenswerten Buch Älter werden von einer kleinen, nicht repräsentativen Umfrage in ihrem Freundinnen- und Bekanntenkreis. Diese habe ergeben, dass die Jahre um vierzig von fast allen inzwischen deutlich Älteren als besonders erfreuliche Zeit angesehen werden. Auch ich selbst kann die Frage »Möchtest du noch mal zwanzig sein?« sofort verneinen, komme jedoch bei der Überlegung »Und vierzig?« kurz ins Grübeln. Andererseits: Verglichen mit heute, also mit Mitte sechzig, war ich mit vierzig doch noch in vielem ahnungslos. So kommt es mir heute jedenfalls vor. Oder sagen wir es so: Vierzig zu sein war schon ziemlich gut, aber über sechzig zu sein ist besser. Konkret: Mit vierzig wusste ich noch wenig von dem, worüber ich heute schreibe. Ich wusste weder, woher die Gefühle kommen, noch, wie sie vergehen. Ich wusste nicht, dass meine Lieblingsstadt nicht Hamburg, sondern Berlin heißt. Ich kannte nur einen Teil meiner Bedürfnisse und traute mich erst nach und nach, sie zu bemerken und zu leben. Ich glaubte noch, dass es Kriege gibt, die aus humanitären Gründen geführt werden. Um nur einige Punkte zu nennen.
Dass es besser sein kann, sechzig als vierzig zu sein, widerspricht zwar so ziemlich allem, was Tag für Tag allüberall behauptet wird, vor allem dann, wenn es um eine Frau über sechzig geht. Doch dafür kann ich ja nichts.