Читать книгу Heinrich die Suche - Renate Stadlmaier - Страница 9
ОглавлениеDER SCHWERTKAMPF
Conrad hatte der Erzählung seines Vaters aufmerksam bis zum Ende zugehört.
„ Du hast wirklich in einer großen Schlacht mitgekämpft?“
Die Mittagsglocken läuteten und Heinrich stand auf.
„So ist es. Aber jetzt genug davon“.
Conrad lief neben seinem Vater her und versuchte ihm in die Augen zu sehen.
„ Hast du Gertrud auch geliebt? Mehr als Mutter?“
„Gertrud und ich waren krank vor lauter Liebe und ohne Hoffnung für die Zukunft. Deine Mutter ist etwas Besonderes. Zu ihr empfinde ich eine ganz
andere Art von Liebe. Mit ihr will ich alt werden. Aber das verstehst du noch nicht, mein Sohn. Jetzt komm! Ich habe Hunger.“
Nach dem Mittagessen hatte sich Heinrich mit Bertram verabredet.
Der junge Graf wollte ihm in einem Übungskampf sein neues Schwert vorführen.
„Es stammt von einem maurischen Schwertmacher. Die Mauren machen den besten Stahl und die besten Schwerter“, hatte Bertram ihm erzählt.
Conrad war mitgekommen. Er wollte unbedingt zusehen und beobachtete jetzt aufgeregt, wie sich der innere Burghof in eine Arena verwandelte.
Die Burgbewohner drängten sich am Rand des Platzes wie Zuseher bei einem Hahnenkampf. Dann betrat Bertram den Hof.
Auf seinen Wunsch wurde ihm nur ein Teil seiner Rüstung angelegt.
Ein Kettenpanzer zum Schutz seiner Arme und Beine, darüber Stahlschützer für Schultern, Ellbogen, Unterarme und Knie und ein Brustpanzer. Auf die Beinschienen verzichtete er.
Heinrich trat zu Bertram und setzte ihm den Helm auf den Kopf.
„ Sitzt er gut so? Kannst du was sehen?“, fragte Heinrich.
„ Nein“, murrte Bertram.
„ Niemand kann mit diesem Topf auf dem Kopf gut sehen und schon gar nicht ausreichend atmen.“
Er zog sich seine Handschuhe mit den Stahlverstärkungen an den Fingern an und nahm den Schild, den ihm Heinrich reichte.
Heinrich drückte Bertram das Schwert in die andere Hand, denn mit den steifen Handschuhen konnte er die Finger nur wenig bewegen.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes wurde einem jungen Mann die Rüstung angelegt, der ungefähr im selben Alter war wie Bertram.
„ Vincent wird Euer Gegner sein.“
„ Ich weiß“, antwortete Bertram gelassen.
Zur Sicherheit erhielt Vincent ein stumpf geschliffenes Schwert, dessen Spitze abgerundet war. Er würde es eher nur als Knüppel verwenden können, als aus Schwert.
„Fertig?“, fragte Heinrich.
Beide Kämpfer nickten.
Heinrich gab das Zeichen, indem er ein weißes Tuch fallen ließ.
Nun war es soweit. Der Kampf begann.
Die beiden stürzten sich mit erhobenen Waffen aufeinander und Bertrams Schwert sauste auf den Helm seines Gegners nieder, der noch im letzten Moment seinen Schild hochreißen konnte.
Darauf versuchte Vincent einen Gegenangriff, doch Bertram wich dem Schlag geschickt aus.
Wieder schlug Bertram kraftvoll zu, sodass sein Gegner sich kaum schützen konnte Plötzlich stieß Vincent sein Schwert auf Brusthöhe vor, doch Bertram wich auch dieses Mal ganz knapp aus und der Stoß verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Eine Zeit lang kämpften beide mit der Leidenschaft junger Männer, die niemals in einem echten Kampf gekämpft hatten, dann ließen ihre Kräfte langsam nach. Noch einmal ließ Bertram ein paar gewaltige Schläge auf den anderen niederprasseln, bis dieser erschöpft auf die Knie sank. Es war Vincent in diesem Kampf nur zweimal gelungen, Bertram einen Schlag zu versetzen, dann ging Heinrich dazwischen.
Der ungleiche Kampf war beendet.
Er half Bertram den Helm abzunehmen. Der junge Mann keuchte und schwitzte. Sein Arm fühlte sich bleischwer an, aber seine Augen strahlten.
„ Ein.. wunderbares Schwert....wahrlich ein Meisterwerk!“, japste er.
„ Ihr habt sehr gut gekämpft, Bertram. Ich bin sehr stolz auf Euch.“
„ Ich hätte ihm jederzeit den Gnadenstoß versetzen können.“
Einen Augenblick lang sickerte der Traum von letzter Nacht wieder in Heinrichs Bewusstsein und jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken.
„ Langsam, junger Herr, zügelt Eure Arroganz. Vorsicht ist die Mutter der Weisheit. In einem richtigen Turnier stehen Euch erfahrene und kampferprobte Ritter gegenüber. Was Ihr nie vergessen dürft: Auch der Gegner kämpft in einer Schlacht um sein Leben.“
Heinrich sah Bertram fest in die Augen.
„ Habt Ihr das begriffen?“
„Ja.“ seufzte Bertram.
In Heinrichs Stimme schwang etwas, das Bertram das Gefühl gab, geohrfeigt worden zu sein.
Er blinzelte gegen das blendende Sonnenlicht zu Vincent hinüber, der mit schmerzverzerrtem Gesicht dastand und gerade von den Stahlschützern befreit wurde. Vincent bemerkte, dass Bertram ihn ansah und wandte sein Gesicht ab. Bertram aber hatte in diesem kurzen Moment erkannt, wie gedemütigt sein Gegner war. Plötzlich war dieses triumphierende Gefühl wie ausgelöscht. Ruhig und überzeugend wiederholte er seine Antwort:
„Ja, Heinrich. Ich habe es begriffen.“