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10 – Büb

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München, Dienstag, 22. Juli 1986

Natürlich bekam Bruni mehrere eindeutige Angebote auf dem Weg zum Studio – der Bayrische Rundfunk liegt gleich neben dem Münchener Hauptbahnhof. In einem Fall hatte sie ziemliche Mühe, Emerson davon abzuhalten, sich mit zwei Max-Strauß-Doubles in Trachtenkleidung zu prügeln, die, vielleicht aufgrund von Sprachverständigungsschwierigkeiten, absolut nicht einsehen wollten, dass sie an der falschen Adresse waren. Nach dem Motto »Die is’ schwarz, die is’ jung, die is’ schön, die läuft am Bahnhof rum – also muss sie doch ’ne Nutte sein!« wollten sie schon anfangen, Bruni in die Zange zu nehmen, als unser Keyboarder dazwischen ging.

»Verpisst euch, ihr Saftärsche!«, sagte er freundlich zu ihnen.

»Wos is’?«

»Abflug!«, sagte Emerson und wedelte mit den Händen.

»Schleich di, Gammlbruada!«, erwiderte der eine und gab ihm einen Stoß vor die Brust. Emerson schnappte ihm im Rückwärtsgang das grüne Hütchen vom Kopf, mit Gamsbart und allem, und ließ es auf die Straße zwischen die fahrenden Autos segeln.

»Jo, Herrschaftszeit’n!«, schrie der ehemalige Hutträger und lief violett an.

»Ja, hier«, sagte Veedelnoh und stand plötzlich neben ihm.

»Hier auch«, sagte ich und stellte mich neben den anderen.

»Und hier«, brachte sogar Oblong einen fast vollständigen Satz zustande und tippte beiden von hinten auf die Schultern. Sie drehten sich um, erst wütend, dann ließen sie verdutzt die Kinnladen sinken. Man muss vielleicht dazusagen, dass Oblong sich fein gemacht hatte, fürs Fernsehen. Er trug einen violett und gold gestreiften Kaftan aus glänzender Seide, darunter weiße Cowboystiefel mit zehn Zentimeter hohen Absätzen und darüber, über sein mächtiges Tönnchen von Wampe gespannt, einen abgewetzten Patronengurt aus dunkelbraunem Leder, in dessen Schlaufen vierundzwanzig Minifläschchen diverser Kräuterschnäpse steckten. Von Apfelkorn bis Zwetschgenwasser. Auf seiner frisch rasierten und blank polierten Glatze thronte ein drei Nummern zu kleiner blauer Strohhut, in dessen gelbem Hutband das berühmte Playgirl-Photo vom nackten Burt Reynolds prangte. Und natürlich war der Kaftan nicht längs-, sondern quergestreift – von wegen: Längsstreifen machen schlank …

Ich trug meine übliche Tourmontur – rotbraune Lederhose mit silbernen Gaffa-Tape-Flicken, schwarzbraune, verschlissene Lederjacke über einem karierten Holzfällerhemd, die Haare offen bis zu den Brustwarzen, wo sie sich mit den Enden meines Backenbarts trafen.

Veedelnoh hatte sich zur Feier des Tages in einen schick schimmernden dunkelgrauen Anzug geworfen, darunter leuchtete ein hellgrünes T-Shirt, auf dem um einen fetten rosigen Pimmel herum in grün schattiertem Rot Ich treffe auch im Stehen! stand. Seine wilden Locken wurden gekrönt von einer blauen Badekappe, an der ein Dutzend abgeschnittener roter und weißer Spiralkabel baumelte.

Und Emerson hatte sich mal wieder in seinen uralten KVBler gezwängt, die blaugraue Uniform seines Großvaters, der Straßenbahnschaffner bei den Kölner Verkehrs-Betrieben gewesen war. Mit Mütze über dem Afro, mechanischem Geldzählautomaten vor der Brust, Fahrkartenzange und allem. Ach ja, und knallrote, wadenhohe Boxerstiefel mit offenen gelben Schnürsenkeln.

Gegen uns wirkte Bruni geradezu schlicht – ein schneeweißes Herrenoberhemd und weiße Riemchensandalen war alles, was sie trug, ihre Glatze war auf Hochglanz poliert, wie immer. Als sie am Morgen in den Bus gestiegen war, hatte ich erst nach Luft geschnappt, dann schleunigst meine Beine übereinander geschlagen und schnell aus dem Fenster geguckt – wie ein Kind, das etwas Verbotenes gesehen hat.

»Pfüat’s ei«, sagte sie zu ihren Verehrern, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab beiden ein Küsschen auf die Wange. Nicht ohne ihnen kurz gegen den Hosenstall zu schnipsen. Daraufhin kriegten sie ihr Maul überhaupt nicht mehr zu.

»Ich dachte, Kiffen macht friedlich«, sagte ich zu Emerson im Foyer des Funkhauses.

»Und wie«, sagte er. »Aber ich hatte heute erst einen.«

Paaf!

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