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11 – Heinz

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Stuttgart, Dienstag, 22. Juli 1986

»Du wirst ja wohl hoffentlich die Klappe halten«, sagte Heinz zu dem funkelnagelneuen, dreitürigen Allibert, den er sich und seiner Wohngemeinschaft spendiert hatte. Scherben bringen Glück, hatte er sich nach seinem ersten Schrecken gedacht, allerdings erst, nachdem er sich mit Hilfe einer weiteren Dosis von Schneidereits Stöffchen von diesem Schrecken erholt hatte. Er hatte zwei Straßenportiönchen des Heroins abgepackt, mit etwas Milchpulver auf beeindruckendes Format gestreckt und an eine alte Freundin verkauft. Eine misstrauische alte Freundin. Sie hatte erst die angefeuchtete Spitze ihres kleinen Fingers in eins der Päckchen gesteckt und dann eine Weile an dem Finger genuckelt, ehe sie verwundert die Augen weitete und gleichzeitig versuchte, den Kopf zu schütteln und zu nicken.

»Astrein, ey! Hätt’ ich gar nich’ von dir gedacht, ey, Heinzi …« Dann hatte Bella ihn »auf eine Zigarette« auf den Balkon geschickt und hinter ihm die schweren blauen Vorhänge zugezogen, damit er nicht mitbekam, wo sie ihre Kohle gebunkert hatte. Als hätte er das nicht schon vor Jahren herausgefunden. Als hätte ihn das in diesen Jahren nicht schon zweimal vor einem kalten Entzug gerettet. Was sie nicht einmal gemerkt hatte, weil die Schatulle hinter den Stricksachen und dem Ende der 60er Jahre angefangenen kanariengelben Pullover bis zum Rand voll gepackt war mit zerknüllten Scheinen – sie bekam jeden Monat ein ganzes Bündel von ihrem Alten, der am Großmarkt einen Stand mit Lammfleisch betrieb. Dem ging’s gut, die türkische Gemeinde in München wuchs und wuchs; also ging’s auch Bella gut.

Ergo hatte Heinz brav seine Kippe geraucht und bloß still in sich hinein gegrinst – was wusste man schon, wann man dieses Wissen noch einmal gut gebrauchen könnte.

Natürlich hatte Bella sich den ersten Schuss gleich nach der Geldübergabe gesetzt, noch während er die Scheine glättete und in seinen Hosentaschen verstaute; aber natürlich nicht, ohne vorher die völlig verkratzte und eiernde Platte mit Puccini-Arien aufzulegen, ohne die »der Stoff in meinem Body irgendwie nicht die richtige Richtung findet«, wie sie ihm mal erklärt hatte, als sie noch zu zweit auf einem Zimmer gehaust hatten. Damals schon hatte er ihr geraten, sich doch mal ein neues, unbeschädigtes Exemplar zuzulegen, sie habe doch Geld genug, aber nein, das Kratzen und Eiern gehörte mit zu dem inneren Wegweiser.

Funktionierte auch diesmal astrein – E Luceven Le Stelle –, und natürlich fiel ihr wenig später auch wieder ein, wie gerne sie beide früher mal miteinander gevögelt hatten, und nachdem sie lange genug an ihm herum gefummelt hatte, ließ er sich auch diesmal wieder darauf ein, und natürlich wurde es auch dieses Mal wieder ein Fiasko – sie wurde immer hektischer und hektischer, und ihm verging die Lust immer mehr, und nachdem er zum fünften Mal aus ihr heraus geglitten war, gaben sie es auf, wieder einmal.

Aber eine zusammen rauchen könnten sie doch noch, meinte sie, und da die Platte inzwischen abgelaufen war, ließ er sich auch darauf ein, und so lagen sie halbnackt, die Beine ineinander verhakt, ihr Kopf in seiner Armbeuge, auf ihrem Bett, lauschten dem Knacksen der Auslaufrille und den Nachbeben des Orgasmus, den Bella sich flott eigenhändig verschafft hatte, und rauchten.

»Du solltest echt mal mit zu meinem Guru gehen«, sagte sie schläfrig. »Der weiß, wie man – als Mann! – fünf-, sechsmal hintereinander kommt. Und wie …!« Sie interessierte Heinz als Frau kein bisschen mehr, aber das versetzte ihm einen unerwarteten Stich der Eifersucht.

»Kann ich auch«, hörte er sich sagen. »Aber ich hab’ im Moment andere Probleme.« Und noch während er sprach, fragte er sich, welcher Teufel ihn denn nun wieder ritte. »Ich mach’ den Sallinger kalt.«

»Was hat der dir denn getan?« Als habe er gerade gesagt, er würde sich einen neuen Badezimmerspiegel kaufen.

»Ich find’ seine Mucke Scheiße«, platzte es aus Heinz heraus, und sie bekamen beide einen Lachanfall, der dazu führte, dass sie vom Bett plumpsten, sich plötzlich neben dem Bett auf dem Boden wälzten, immer enger umschlungen, immer atemloser, und der damit endete, dass sie doch noch miteinander schliefen – Eifersucht ist eine Motivationskünstlerin.

Als Heinz ging, wurde es bereits dunkel, und Bella war sehr zufrieden mit ihm. Auch wenn er mit ihrem blöden Guru nicht hatte mithalten können. Zum Abschied rauchte sie sogar noch einen Joint mit ihm, den sie großzügig mit einer ordentlichen Prise Heroin (und Milchzucker) angereichert hatte.

Auch er selbst war ziemlich zufrieden mit sich, nicht nur dank der üblichen postkoitalen Selbstgefälligkeit, sondern weil ihm eine prima Idee gekommen war. Na gut, es war eigentlich Bellas Idee gewesen

»Das klappt«, sagte Heinz zum stumm vor sich hin leuchtenden Allibert. »Das klappt«, wiederholte er, wie um es sich selbst einzureden. »Aber dann …« Angestrengt nachdenkend, näherte er sich seinem Spiegelbild, bis seine Nase das Glas berührte. »Wenn’s dann geklappt hat – schön und gut. Aber wie werd’ ich diese verdammten Verfassungsheinis wieder los?«

Irgendetwas im Allibert summte, ganz leise.

»Ach ja«, sagte Heinz. »Und was is’ mit Bella?«

Paaf!

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