Читать книгу HOTEL MEGALODON - Rick Chesler - Страница 16
Kapitel 11
ОглавлениеAl Johnson verzog sein Gesicht äußerst missbilligend, als ihm White die Aufnahmen vom Ansaugrohr des Kühlsystems zeigte. Dabei wiegte er seinen Kopf langsam hin und her.
»Das ist ungut, James, absolut ungut.«
Die anderen Meerestechniker im Raum waren still, eine Gruppe trockener Experten, die mit ihren Stiften spielten, auf Tablet-PCs herumtippten und sich sicher waren, dass sie mehr als nur qualifiziert für ihre Arbeit waren.
»Können Sie mir das bitte genauer erklären?« White schaute zu, wie Johnson das Video zu einer Einstellung zurückspulte, die sein Interesse geweckt hatte, und es dann einfror. Mit der Spitze eines Kugelschreibers umkreiste er einen Bereich am Monitor.
»Sehen Sie das hier?«
White nickte.
»Das lässt sich nicht einfach wieder ausbessern. Viel zu viele Löcher; das ganze Stück ist irreparabel beschädigt. Der gesamte untere Teil der Leitung – mindestens zwanzig Fuß davon – muss abgenommen und ein komplett neues Teil angeschweißt werden. Das wird ein erheblicher Aufwand.«
»Sind Sie sicher, dass es keine andere Lösung gibt?«
Al schaute den Hotelier nun so an wie ein Kind mit einer Lernschwäche. »Ja, das bin ich, James.« Dann sah er sich am Tisch um und sprach seinen Stab an: »Ist jemand unter euch anderer Meinung?«
Niemand erwiderte etwas.
»Alles klar!«, brauste White auf. »Ich glaube Ihnen ja. Nun schildern Sie mir bitte den Ablauf. Wie lange wird das Ganze dauern?«
Erneut herrschte Schweigen im Zimmer. White warf einen Blick auf seine Rolex.
»Eher Tage bis Wochen als mehrere Stunden bis zu einem Tag«, antwortete Al lapidar.
White wurde daraufhin rot im Gesicht. »Wochen? Habe ich das gerade richtig verstanden?«
Johnson nickte. »Leider ja, James. Ich verstehe ja, wie sehr die Zeit drängt, und würde Ihnen deshalb liebend gern etwas Erfreulicheres sagen, aber ich bin lediglich realistisch, was diese Angelegenheit betrifft.«
Der Baulöwe atmete mehrmals ein und aus, während er versuchte zu begreifen, dass sein Angestellter recht hatte. »Welche Kosten muss ich für die Reparatur veranschlagen?«
Al sah seinen Boss streng an. »Warum beginnen wir nicht erst einmal mit der Ursache dafür, dass es überhaupt so weit kommen konnte?« Er blickte kurz auf seinen Bildschirm, ehe er fortfuhr: »Wir wollen doch schließlich nicht, dass das Ganze noch einmal geschieht, also können wir vielleicht schon während der Instandsetzung etwas unternehmen, um dem Ganzen vorzubeugen.«
White, der bisher gestanden hatte, nahm nun am Tisch Platz und faltete seine Hände.
»Unsere Biologin macht ein großes Meerestier unbestimmter Art dafür verantwortlich.«
»Unbestimmter Art?«
»Sie hat nicht gesehen, wie es passiert ist. Laut ihrer Spekulation ist es irgendein Riesenhai. Ich halte das allerdings für eine Wunschvorstellung. Sie wissen ja, wie Meeresbiologen sind. Sie alle haben zu oft Der Weiße Hai gesehen, also kann es gut sein, dass sie sich hier ihren großen Kinofilm-Moment erhofft. Man sieht nun mal, was man sehen möchte.«
Daraufhin lachte die Runde kurz auf. Al hingegen blieb ungerührt. »Sollte es wirklich irgendein Tier gewesen sein, war es womöglich nur ein Zufall und wird nicht wieder geschehen. Jedenfalls wüsste ich nicht, wie wir dem entgegenwirken könnten.«
»Indem wir einen Käfig um die Leitung herumbauen?«, schlug einer der Ingenieure daraufhin vor.
White stand wieder auf. »Das ist eine gute Idee. Finden Sie heraus, ob sich das machen lässt, sobald alles wiederhergerichtet ist. Bis dahin jedoch, Al, sagen Sie mir, wie weit Sie mit der Beschaffung der portablen Klimageräte sind.«
Der Ingenieur nahm sein Smartphone heraus. »Dem neuesten Stand zufolge waren meine Leute vor ein paar Minuten noch in der Luft auf dem Weg nach Suva. Sobald sie dort sind, fahren sie zu unserem Lieferanten und werden sich dann wieder bei mir melden.«
»Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie von ihnen gehört haben. Ich bin unten im Hotel.«
***
In Micks U-Boot-Schuppen, wie er seine Werkstatt nannte, in der sein Handwerkszeug untergebracht war, stand Coco vor einem Arbeitstisch, auf den sie ihren Laptop gestellt hatte. Sie hielt den überlangen Zahn, den die beiden aus dem Rohr geborgen hatten, an den Monitor, der ein lebensgroßes und maßstabgetreues Foto eines Megalodon-Zahns zeigte. Dieser war infolge seiner Versteinerung über Jahrmillionen hinweg zwar schwarz geworden, doch abgesehen von der Farbe hätten die beiden aus dem gleichen Maul stammen können.
»Sieht absolut passend aus, nicht wahr?« Mick schaute über ihre Schulter, während er eine Routineuntersuchung am Kohlendioxidwäscher vornahm, einem kleinen Zylinder mit enthaltenem Filtermaterial zur Absorption des Gases, damit es sich nicht in der engen Kabine des U-Boots ansammelte. Coco lächelte, ohne ihre Augen vom Bildschirm abzuwenden.
»Sieht definitiv so aus. Schau dir mal diese Linien an.« Sie bewegte den Mauszeiger über winzige, Sägezacken ähnliche Einkerbungen an den Seiten des Zahns des ausgestorbenen Hais. »Sie sind ein typisches Merkmal von Megalodon, Mick …«
Sie drehte sich um und schaute ihm fest in die Augen, was er sich gern gefallen ließ.
»Das da unten, ist ein Megalodon, dessen bin ich mir ganz sicher. Ich kann es mir zwar nicht erklären … aber dieser Zahn … die Größe des Hais dort unten …«
Mick stellte den Wäscher auf den Tisch, um Coco und dem Zahn jetzt seine volle Aufmerksamkeit widmen zu können. »Der Canyon ist sehr tief, oder?«
Coco nickte. »Abgrundtief.«
»Also könnte doch ein prähistorischer Riesenhai dort unten im Ozean überlebt haben, oder nicht? Aber wovon hätte er sich ernähren sollen und warum kommt er gerade jetzt nach so langer Zeit hoch?«
»Du wirst die Fragerei nicht leid, was? Das gefällt mir.«
Mick lächelte verlegen. Coco fuhr fort: »Aber eines nach dem anderen. Könnte es sein? Das kann niemand genau sagen, aber für mich ist es nicht unmöglich. Beantworte mir doch mal Folgendes: Was geschieht mit Walen, wenn sie sterben?«
Mick blickte zur Decke hinauf und stellte übertrieben zur Schau, wie er nachgrübelte. »Vorausgesetzt, sie werden nicht an irgendeinem Strand angespült, schätze ich, dass sie auf den Meeresgrund sinken.«
»Exakt! Dabei kommt eine satte Menge an Kalorien zusammen, die in die Tiefe sackt.«
»Aber Megalodon sind wie Weiße Haie Jäger gewesen und keine Aasfresser.«
Das tat Coco unbeeindruckt ab, während sie weiter den Zahn in ihrer Hand betrachtete. »Vielleicht haben sie sich ja im Laufe der Zeit auf ihre neue Umgebung eingestellt. Könnte doch sein, dass der Klimawandel seichtere Seegebiete für sie unbewohnbar gemacht hat … zu warm, zu salzig, was auch immer … also haben sie sich so tief zurückgezogen.«
»Gut, aber noch mal: Falls dem wirklich so ist, wieso sollten sie dann jetzt wieder nach oben kommen?«
Coco zupfte an ihrer Unterlippe, während sie überlegte. Zu guter Letzt entgegnete sie: »Ich weiß, dass der Bau des Unterwasserhotels die lokale Unterwasserumwelt beeinflusst hat – negativ, wie manche behaupten. Das Riff mit Dynamit zu bearbeiten, um Kanäle und Senklöcher für die Stützpfeiler herauszusprengen, das Ausbaggern tieferer Wasserwege für größere Schiffe, zahllose Messungen mit Echoloten, die Schallwellen auf den Ozeangrund senden …«
Mick ging plötzlich ein Licht auf. »Die ganze Unruhe könnte den Megalodon selbst dort unten noch gestört haben!«
Coco neigte ihren Kopf zur Seite, während sie auf den Laptopmonitor starrte. »Ist bloß ein Gedanke, beweisen kann ich es nicht.«
Es klopfte plötzlich und ungefähr zwei Sekunden später ging die Holztür der Werkstatt auf. James White streckte seinen Kopf herein.
»Coco, kommen Sie bitte mit. Ich fahre zum Hotel hinunter und möchte, dass Sie mich begleiten, um dort einen Öko-Vortrag im Hauptempfangssaal oder vielleicht im Restaurant zu halten. Wir müssen die Gäste bei Laune halten, solange die Arbeiten an der Klimaanlage andauern.«
Coco klappte ihren Laptop zu. Sie wollte den Zahn in die Tasche ihrer kurzen Hose stecken, doch er passte nicht hinein und riss sogar den Stoff auf. Als sie White anschaute, erwiderte er ihren Blick stirnrunzelnd, also gab sie das Fundstück kurzerhand Mick.
»Mr. Wright, stellen Sie sicher, dass das U-Boot unverzüglich bereitsteht, okay? Alles muss aufgeladen und abgedichtet sein, klar?«
»Sonnenklar, Sir.«
Coco folgte White, als er die Werkstatt verließ. Sie drehte sich noch einmal um und schloss die Tür, wobei sie Mick kurz ansah, der verschmitzt mit dem Zahn in die Luft stieß, als wolle er seinen Arbeitgeber damit erstechen.