Читать книгу DIE SNUFF-KILLER - Robert Blake Whitehill - Страница 9
Kapitel 3
ОглавлениеDas wutverzerrte Gesicht des Mädchens – nein, der Frau – erfüllte Ben mit einer Angst, die ihm so noch nicht widerfahren war. Irgendetwas hatte sie in diese Welt entsandt, so nackt wie am Tag ihrer Geburt und doch so beseelt mit Hass, und Ben war klar, dass sie nur ein winziges Fingerzucken davon entfernt war, das Schott mit seiner Gehirnmasse zu streichen. Er konnte nichts weiter tun, als sich in dem schaukelnden Dingi aufrecht zu halten und zu beten, dass sie seine Versuche, das Gleichgewicht zu halten, nicht als feindselige Handlung verstand und alles beendete.
»Ich will keinen Ärger.«
Als der Druck des Pistolenlaufs auf seiner Wange abnahm, dachte er für einen Moment, dass sie den Abzug betätigt hatte, weil er zu sprechen gewagt hatte. Dies war also das kraftlose Ende, die Leere, die schnelle Beförderung ins Jenseits, dem unheiligen Ort, an dem Bens Opfer, die lange Verschiedenen und die kürzlich Erkalteten, auf ihn warteten. Sie hatte ihn aus Prinzip getötet. Er war das bequeme Ziel. Er stand für ihr wahres Ungeheuer. Oder hatte sie vielleicht in seiner schuldbewussten Seele gelesen, in seiner blutigen Vergangenheit, und hatte derart schnell ein Todesurteil gefällt? Nun gab es einen wuchernden Feigling weniger, der ihre Welt verpestete. Sicherlich konnten ihr nur die Machenschaften eines bösen Mannes die Unschuld des Kindes ausgetrieben haben.
Einen Augenblick später stellte Ben fest, dass er immer noch atmete und die stürmischen Wogen der Chesapeake in den Laderaum 2 spülen hörte. Er spürte noch immer den pochenden Schmerz unter seinem Auge, wo die Frau den Pistolenlauf platziert hatte. Dann folgte das knirschende Klappern seiner Zähne, als Ober- und Unterkiefer hart aufeinandertrafen; nicht die Kastagnetten der Angst, sondern von einem harten Schlag unter seinem Kinn. Ben rollte seinen Kopf zu spät zurück und benommen spuckte er Blut, da er sich auf die Zunge gebissen hatte.
Die schmachvolle Angst, im Dunkeln von einem Kind – nein, einer jungen Frau – mit einer Pistole eins übergezogen zu bekommen, verschwand, als sie die rot leuchtende Taschenlampe wieder einschaltete und wortlos auf die Leiter zeigte. Die Frau war zum Heck des Dingis zurückgewichen, außerhalb Bens Reichweite. Kluger Zug. Sie richtete die Pistole auf sein Gesicht und machte eine Aufwärtsbewegung, um ihre Absicht zu verdeutlichen.
Ben richtete sich langsam auf, drehte sich um und zog das Boot an der Fangleine Stück für Stück an die Leiter heran. In dem Augenblick, als er die unterste Sprosse berührte, schaltete die Frau das Licht wieder aus. Nun fragte sich Ben, ob sie versuchte, ihn durcheinanderzubringen, damit er sich die Dunkelheit nicht zunutze machen konnte. Dann ging ihm auf, dass sie womöglich ebenso besorgt war wie er, dass das Licht von jemandem dort draußen auf der windgepeitschten Chesapeake entdeckt werden könnte. Vielleicht war auch ihr Verlangen nach Zuflucht größer als ihr Durst nach Blut.
Es gab immer noch hunderte Möglichkeiten, wie die Sache in die Hose gehen konnte, ob absichtlich oder versehentlich. Langsam kletterte Ben die antike Leiter hinauf und stellte sich auf den Laufgang, seine Arme zur Seite ausgebreitet. Ein weiteres Flackern der Taschenlampe von unten und der Strahl wanderte auf dem Laufgang bis zu einem Punkt etwa sieben Meter von der Leiter entfernt. Ben ging zu der angezeigten Stelle. Er warf einen Blick über seine Schulter und sah, dass der Pistolenlauf stets zwischen seine Schulterblätter gerichtet war. Seine Wirbelsäule juckte an der Stelle, wo die Kugel einschlagen und sie zerschmettern würde. Die Frau machte das Licht aus. Bens Soldateninstinkt riet ihm, zur Leiter zu stürmen, sie hinunterzustoßen und im wogenden Wasser ertrinken zu lassen. Doch sein Selbsterhaltungstrieb, normalerweise in perfektem Einklang mit seinem inneren Krieger, ließ ihn vorerst auf der Stelle stehen, bewegungslos.
Nach nur wenigen gefühlten Sekunden hatte die Frau die Leiter hinter sich gelassen, stand auf dem Laufgang und leuchtete Ben mit der Taschenlampe direkt ins Gesicht. Sie hielt die Lampe und die Waffe auf Armeslänge von sich, um ihre Nacktheit in den Schatten zu verbergen. Sie hatte das Boot losgemacht, bevor sie die Leiter erklommen hatte, und im düsteren Rot sah Ben, wie das Heck auf einer Welle aus dem Laderaum und in die Bucht verschwand. Das Boot war fort, bis es gefunden wurde oder versank.
Die Frau machte mit der Waffe eine schnelle Drehbewegung, die sagte, er solle sich umdrehen und in Bewegung setzen. Ben hatte genug Erfahrung, um dem Befehl langsam hinzuzufügen. Die Frau war geschickter, als er erwartet hatte. Und alles ohne ein einziges Wort von ihr.
Ben tat, wie ihm geheißen, und ging entlang des Laufgangs zurück zur Schottluke. Die Frau ließ die Taschenlampe die meiste Zeit aus, als sie ihm folgte. Sie bewegte sich geräuschlos und sicheren Schrittes und trotz der Kälte ohne auch nur ein zittriges Einatmen.
An der Luke blieb Ben stehen. Im kurzen Flackern des roten Lichts sah er die verrostete Metalltreppe mit den zwei fehlenden Stufen vor sich. Die Frau hinter ihm war nackt, barfuß.
Gerade laut genug, um über den Lärm des tosenden Wassers im Laderaum gehört zu werden, sagte Ben: »Ich lebe da oben.« Er zeigte hinauf. Dann drehte er sich um, legte langsam seine Jacke ab, ließ sie auf das Deck fallen, stieg aus seinen immer noch offenen Stiefeln und ging in Socken die Treppe hinauf, begleitet von dem eigenartigen Gefühl, immer noch ein Fadenkreuz im Rücken zu haben.