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III. Abweichendes Verhalten

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Das Feld der sozialen Normen lässt sich auch aus der Perspektive des abweichenden Verhaltens (Devianz) erschließen. Man versteht darunter Verhaltensweisen, „die gegen die in einer Gesellschaft oder einer ihrer Teilstrukturen geltenden sozialen Normen verstoßen und im Falle ihrer Entdeckung soziale Reaktionen hervorrufen, die darauf abzielen, die betreffende Person, die dieses Verhalten zeigt, zu bestrafen, zu isolieren, zu behandeln oder zu bessern …“.[51] Damit eng verbunden ist das Konzept der sozialen Kontrolle: „Um zu gewährleisten, dass sich Menschen konform verhalten, bedarf es der sozialen Kontrolle, worunter man alle Strukturen, Prozesse und Mechanismen versteht, mit deren Hilfe eine Gesellschaft oder soziale Gruppe versucht, ihre Mitglieder dazu zu bringen, ihren Normen Folge zu leisten“.[52]

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Schon Emile Durkheim (1858–1917), einer der ersten Theoretiker des Phänomens des abweichenden Verhaltens, wies darauf hin, dass abweichendes Verhaltens in jeder Gesellschaft vorkommt. Durkheim schrieb ihm sogar eine positive Wirkung zu: „Das Verbrechen spielt in der sittlichen Entwicklung … eine nützliche Rolle. Es hält nicht bloß den notwendigen Änderungen den Weg offen, in manchen Fällen bereitet es auch diese Änderungen direkt vor.“ In diesem Sinne verstanden, sei das Verbrechen gelegentlich eine „Antizipation der zukünftigen Moral, der erste Schritt zu dem, was sein wird.“[53]

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Nicht selten wird sich das Verbrechen auch als Ausdruck eines Normenkonflikts deuten lassen. Es liegt auf der Hand, dass soziale Normen in bestimmten Situationen Unterschiedliches fordern können. Damit entsteht das Problem, dass Normen einander widersprechen oder zumindest miteinander in Konkurrenz geraten können. Dies ist kein neues Phänomen.[54] Im Strafrecht werden derartige Konflikte traditionell im Rahmen einer möglichen Rechtfertigung,[55] aber auch im Kontext von Verbotsirrtum[56] und Gewissentäterschaft[57] diskutiert; besonders schwierig zu lösen sind Normenkonflikte, bei denen staatliches Recht zu religiös gestützten sozialen Normen in Widerspruch steht.[58]

1. Abschnitt: Das Strafrecht im Gefüge der Gesamtrechtsordnung§ 1 Strafrecht im Kontext der Normenordnungen › C. Recht und Moral

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