Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Robert Esser, Manuel Ladiges - Страница 17

II. Zur Unterscheidung von Recht und Moral

Оглавление

25

Zum Verhältnis von Recht und Moral existieren ganze Bibliotheken an Literatur.[69] Zur Moral sollen hier, Theodor Geiger folgend, solche sozialen Normen gerechnet werden, deren Einhaltung bei Akteur und Beobachtern von einem Gefühl innerer Verpflichtung gestützt wird. Oft tritt auch noch eine philosophische oder religiöse Überhöhung hinzu (s.o. Rn. 21).

26

Das Vorliegen von Recht ist hingegen von der Existenz staatlicher Autorität abhängig: „Von einer Rechtsordnung sprechen wir nur dann, wenn innerhalb eines nach einzelnen, nebeneinanderstehenden oder ineinander verschränkten Gruppen differenzierten Gesellschaftsmilieus eine übergeordnete Zentralmacht sich gebildet hat. … Der Struktur des Ordnungsmechanismus nach unterscheidet sich die rechtliche von der vorrechtlichen dadurch, daß ein besonderer Apparat zur Handhabung der Ordnung besteht, eigene Organe dafür ausgebildet sind.“[70]

27

Recht unterscheidet sich von Moral vor allem dadurch, dass die Verletzung rechtlicher Normen durch gesellschaftlich organisierten Zwang[71] beantwortet wird (etwa gerichtlich angeordneten Vollzug oder staatliche Strafe), während die Verletzung moralischer Normen in der Regel bloß durch die eigene Gruppe sanktioniert wird oder der Eigensanktionierung durch das „Gewissen“ unterliegt. Begrifflich lassen sich Recht und Moral also klar unterscheiden.[72]

28

In der Aufklärung wurde die Unterscheidung von Recht und Moral gerade im Kontext der Strafrechtsphilosophie bzw. Strafrechtspolitik besonders betont.[73] Dies hing damit zusammen, dass „Moral“ damals noch fast ausschließlich „religiöse Moral“ bedeutete, und sich die Aufklärer von den Vorgaben der Kirchen absetzen wollten, ohne freilich die Macht zu besitzen, religiöse Moral direkt angreifen zu können. So sah sich Beccaria im Vorwort zur 1766 erschienen zweiten Auflage seiner Schrift „Über Verbrechen und Strafen“ gezwungen, ausführlich darzulegen, dass er keineswegs Grundsätze vertrete, „welche Tugend oder Religion zerstören“.[74]

Handbuch des Strafrechts

Подняться наверх