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DINKYTOWN

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Wenn sich Dylan auch im September 1959 in der Fakultät für Geisteswissenschaften einschrieb, spielte sich doch nach wenigen Monaten sein Leben im Geschäftsviertel Dinkytown ab, mit Hauptfach Musik und Fortgeschrittenenseminaren in Kaffeehäusern. Sein Nebenfach war das Erlernen von radikalen Lebensweisen mit den Eroberern der Szene, dies alles dann zur Vorbereitung einer Abschlussarbeit über Woody Guthrie. Bobs Freunde und Feinde in Minneapolis bildeten einen Zirkel außergewöhnlich intelligenter, bunter, talentierter und wacher Charaktere. Einer davon war ein studentischer Radikaler namens Harvey Abrams, später ein heller, zäher und redegewandter Sozialarbeiter, den ich im Frühjahr 1966 interviewte:

»Ich habe Bob im Sommer 1960 getroffen. Er hatte schon ein paar sehr schöne Songs geschrieben wie ›The Klan‹. Bob ist eigentlich nie zum College gegangen. An Wochenenden hat er in der Band The Scholar gespielt, für fünf Dollar pro Abend. Dann haben Bob Beull und ich ein Kaffeehaus aufgemacht. Wir haben ein altes Haus nahe Oak und Washington Avenue gepachtet, es ausgebaut und The Bastille genannt.

Inzwischen waren Dylan und ich ganz gut befreundet. Ich wohnte in Melvin McCoshs Pension, über seinem Buchladen. Auch Dave und Gretel Whitaker wohnten da. Bob begann, an Wochenenden in unserem Kaffeehaus zu spielen. Ich fand ihn phantastisch! Er lief immer unter dem Namen Bob Dillon, nicht Dylan. Das erste Mal, dass wir es mit der Dylan-Thomas-Schreibweise sahen, war in Ihrem Artikel in der New York Times, September 1961. Und im College war er als Bob Zimmerman eingeschrieben.« Dylan sagte, er habe »Bob Dylan« in einer plötzlichen Eingebung gewählt, offenbar bevor Abrams ihn als »Dillon« buchte.

»Im frühen Winter 1960 hat er seine Gibson gegen eine riesige Gretsch Ranger eingetauscht, eine Gitarre mit einem gewaltigen Bauch! Er hörte sich Flamenco an, gespielt von Hugh Brown und Steve Olsen, die bei Carlos Montoya studiert hatten. Aber Dylan wollte selbst keinen Flamenco machen. Seine Musik wurde immer besser, dagegen war seine Lyrik damals simpler Kram.

Rock'n'Roll? Das war nicht seine Sache! Und wenn ihm jemand eine Beatles- oder Stones-Platte vorgespielt hätte, hätte er sie vermutlich zerbrochen. Dylan war der größte Purist. Er musste die älteste Aufnahme haben, wenn möglich die Library-of-Congress-Aufnahme, oder er zog los, um Leute zu finden, die den Originalsong kannten. Bob trug Jeans, Latschen oder Stiefel und ein blaues Jeanshemd. Im Winter eine alte Tweedjacke und einen dicken Schal; dazu immer irgendeine exzentrische Kopfbedeckung. Längst bevor sein Stil in Mode kam, sagte Bob schon, dass die Schule keine Bedeutung fürs Leben hat. Ich weiß, dass er Tag und Nacht geschrieben hat. Eine ganze Menge davon war ziemlich infantil. Etliches war Identifikation mit Guthries Sachen oder eine Nachahmung davon. Irgendwann im Lauf dieser Zeit hat Dylan seinen ungeheuren Ausbruch von Originalität gehabt.

Whitaker und ich haben Bob vermutlich mehr über Politik erzählt als sonst jemand. Dylan hat keine Zeitung gelesen; tatsächlich schien er überhaupt nicht zu lesen. Wissen Sie, Dylan kann hören. Wenn Bob in einem fremden Land lebte, würde er die Sprache schnell aufschnappen. Als er herkam, wusste Dylan nichts von Politik und war auch gar nicht daran interessiert. Von uns waren viele wirklich sehr interessiert an Politik und der kubanischen Revolution. Formulieren wir es mal so: Dylan hat von uns sehr viel an Begeisterung mitbekommen. Bob machte sich wahrscheinlich nicht das Geringste aus politischen Dogmen; vermutlich identifiziert er sich ganz einfach mit den Schwachen, mit den Leuten. Nehmen Sie etwa ›Hollis Brown‹. Er erlebt diese Dinge auf einer sehr intuitiven, emotionalen Ebene, wie ein Wilder es vielleicht täte. Wenn es in Amerika je zu einer großen Streikbewegung käme, könnte Dylan eine neue Mother Jones[74] sein.

Weber kannte sämtliche Namen und die ganze Geschichte der Folkmusik in- und auswendig, aber Dylan interessierte das überhaupt nicht. Das tat ihrer Freundschaft jedoch keinen Abbruch. Eine ganze Weile gingen Leute vor allem deshalb zu Partys, um Dylan spielen zu hören. Später wollte niemand mehr eine Party geben, weil Dylan kommen und spielen würde. Er hat als erster Gitarre und Harmonika kombiniert, mit Hilfe dieses Drahtgestells um den Hals. Das hatte keiner je vorher gesehen. Soweit ich weiß, war er der erste weiße Musiker, der eine Sonny-Terry-Harmonika mit einer Woody-Guthrie-Gitarre verband.«

»Wenn das Geld knapp war«, erinnerte Abrams sich, »habe ich Mortons und Dylans Gitarren versetzt, mehrfach - und Browns Gitarre auch.« Dann kam irgendwoher Geld, und Abrams löste die Instrumente wieder aus. »Wir haben alle ziemlich unordentlich gelebt, aber Dylan ganz besonders. Für Bob war es nicht ungewöhnlich, morgens um halb sechs bei jemandem zu klopfen. Wenn er nach irgendeiner Art action suchte, nahm er einfach an, dass auch alle anderen mit dabei sein wollten. Für Bob war Hibbing einfach eine furchtbar traurige Erinnerung, über die er nicht reden wollte. Er wollte nicht, dass wir irgendwas über Hibbing erführen. Briefe von da hat er versteckt. Manchmal war er in Duluth geboren, manchmal auch in Oklahoma. Wir wussten, dass er Rock'n'Roll gespielt hatte, aber das hatte er total verleugnet, als er hier bekannt wurde.

Bob Dylan - No Direction Home

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