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9. Kapitel

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Louis betrat die Empfangshalle des Hotels und schaute sich zwischen den Handwerkern nach seinem Vater um. Trotz der nächtlichen Stunde schienen alle Kräfte im Einsatz. Lampen erhellten die Baustelle.

»Gut, dass du so schnell kommen konntest.« Lorenz ging seinem Sohn entgegen.

Louis deutete eine Verbeugung an. Er hatte keine Ahnung, was der Vater so eilig von ihm wollte, nachdem er ihn in den letzten Monaten über den Fortgang des Baus im Ungewissen gelassen hatte.

»Seine Majestät hat sich für übermorgen zur Vorabbesichtigung angemeldet. Wir müssen in vierundzwanzig Stunden mit allem fertig sein«, sagte der Vater, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass er seinen Sohn bisher nicht einbezogen hatte. »Du musst mir mit Personal aus dem Continental aushelfen. Ich brauche aus jedem Ressort mindestens zwei der besten Leute.«

Louis nickte. »Ich stehe selbstverständlich auch zur Verfügung, Vater«, versicherte er, um klarzustellen, dass es von seiner Seite keinerlei Ressentiments gab.

Lorenz schaute seinen Sohn an und stimmte ihm auf seine Art zu. »Es wäre durchaus sinnvoll, wenn du dich nicht länger zurückhältst.«

Louis zeigte nicht, dass ihn der Satz verletzte. »Was kann ich tun?«, fragte er stattdessen.

»Es wäre hilfreich, wenn du dich mit einem Teil deines Personals um die kulinarischen Angelegenheiten kümmerst und alles für die Gesellschaft des Hofes vorbereitest.«

Dem Alten muss das Wasser bis zum Hals stehen, dachte Louis, dass er mich einbezieht. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er Jeschke nirgends sah. Und als habe der Vater seinen Gedanken erraten, erklärte er:

»Lorenz Jeschke hat Berlin verlassen. Er führt von nun an ein Kurhotel in Bad Nauheim.«

»Du hast ihn mit einem eigenen Hotel versorgt?«

»Und dabei für uns gesorgt. Das Adlon wird gesundes Quellwasser aus Bad Nauheim beziehen.« Der Vater ging zu einem Tisch, auf dem ein Krug mit Wasser stand. »Verkoste!« Er goss seinem Sohn ein Glas ein und reichte es ihm. »Eine Kur für die Gesundheit mitten in Berlin. Eine Innovation, bei der niemand sonst mithalten kann.«

Louis trank.

»Wie geht es Tilly?«, erkundigte sich Lorenz Adlon nach seiner Schwiegertochter, die zum zweiten Mal guter Hoffnung war.

»Den Umständen entsprechend. Wir warten täglich auf die Niederkunft.«

Der Alte nickte. »Nun dann – schauen wir optimistisch in die Zukunft!«

Der Vater stellte das Glas zurück und legte Louis die Hand auf die Schulter. »Du kannst nun aus deinem Schneckenhaus kommen und im Adlon ein Adlon sein. Seine Majestät hat sich für übermorgen, elf Uhr, angesagt. Ich wünsche, dass wir beide ein vortreffliches Bild abgeben.«

Ich darf nun endlich Vaters rechte Hand sein, dachte Louis, und der Bastard ist wie ein Prinz mit einem eigenen Grandhotel abgefunden worden. Was für eine Farce!

Vor dem Adlon fuhren die kaiserlichen Equipagen vor. Im ersten Wagen saßen Ihre Majestäten, im zweiten und dritten die wichtigsten Damen und Herren des Hofstaates sowie des Kaisers Adjutanten.

Die Gattin am Arm, marschierte der Kaiser ins Adlon. Noch bevor er die Begrüßung entgegennahm, blieb er vor seinem eigenen Bildnis stehen, einer Skulptur, die direkt gegenüber der Drehtür die Besucher begrüßte.

»Ich bin ja schon da!«, vermerkte er zufrieden.

Lorenz Adlon hatte die Garde der Pagen nach Größe Aufstellung nehmen lassen. Vorn, unter den ältesten Pagen, war auch Friedrich Loewe.

»Eine kleine Armee hat Er sich da zusammengestellt, der General aller Gastwirte«, lobte der Kaiser beeindruckt. Er hatte die Reihe der Pagen noch nicht ganz abgeschritten, als Louis kam. Atemlos vom schnellen Lauf zog er im Gehen seinen Mantel aus und überließ ihn einem Bediensteten, um dann neben seinen Vater zu treten. Lorenz warf seinem Sohn einen missbilligenden Blick zu, den Louis an sich abprallen ließ.

»Man hört, dass der Junior ein vortrefflicher Reiter ist. Nur mit der Pünktlichkeit steht er wohl auf Kriegsfuß«, tadelte Wilhelm II., wie es der Vater nicht besser gekonnt hätte.

»Ich bitte Seine Majestät, meine Verspätung zu entschuldigen. Ich bin vor wenigen Minuten zum zweiten Mal Vater geworden.«

»Hoffentlich ein Sohn?«

»Zwei Söhne, Majestät. Louis und Carl.« Louis strahlte, und sein Vater seufzte, beeindruckt über die Erweiterung seiner Familie und gleichzeitig erleichtert, dass sich vor dieser Nachricht nun jede Kritik am verspäteten Eintreffen seines Sohnes in Luft auflöste.

»Das sind die Adlons!«, rief der Kaiser vergnügt. »Das Grandhotel kaum eröffnet, da stehen schon zwei Stammhalter stramm.«

Und der Vater, als habe er dafür die Begeisterung Seiner Majestät gebraucht, war endlich stolz auf seinen Sohn.

Der Kaiser, seine Gattin und die Entourage durchmaßen die Fluchten des weitläufigen Baus und bestaunten die Kunstwerke, die in großer Fülle in jeder Nische, an den Wänden und an marmornen Säulen ihren Platz gefunden hatten und von zeitgenössischen Künstlern eigens für das Grandhotel angefertigt worden waren. Sie warfen einen Blick in Konferenzräume und in den Ballsaal. In den Badezimmern der Appartements und Suiten bediente der Kaiser die Wasserhähne, befühlte die Zentralheizkörper und ihre angenehme Temperatur. Lorenz Adlon schien an alles gedacht zu haben, und jede Nachfrage wurde positiv beantwortet.

Als all die modernen Annehmlichkeiten dem Kaiser und seinem Hofstaat vorgeführt waren und Seine Majestät sogar den Mut gehabt hatte, den Fahrstuhl zu benutzen, wobei in jeder Etage zwei Adjutanten Wache hielten und die sichere Emporfahrt mit einem zackigen »Passiert!« kommentierten, trafen sich Wilhelm II. und Lorenz Adlon im Weinkeller, wo ein Tisch mit Delikatessen vorbereitet war.

Der Kaiser fiel auf einen Stuhl.

»Lassen wir die da oben schnattern und genehmigen uns einen Schluck.«

Er meinte den Rest des Hofstaates und die Kaiserin, für die Louis als Gastgeber zuständig war.

Wilhelm II. ließ sich von Adlons Sommelier ein Glas Champagner einschenken und bemerkte streng: »Hier unten fehlt aber noch was. Das ist Ihm doch klar?«

Lorenz Adlon sah sich um, was wohl die Kritik Seiner Majestät begründen konnte.

»Ein Gang direkt bis in mein Schloss!«

Wilhelm II. freute sich, dass es ihm gelungen war, den Hotelier zu verunsichern. »Er soll mit seinen Baumeistern besprechen, was sich da machen lässt. Ich will zu Fuß rüberkommen.«

Er trank sein Glas in einem Zug aus.

»Moussierender Schaumwein aus der Champagne, das kann der Franzose. In allem anderen sind wir ihm überlegen.«

Der Sommelier sprang hinzu und füllte das Glas erneut.

»Ohne Seine Majestät würde jetzt hier unten kein Korken knallen«, bedankte sich Adlon und überlegte, ob sich ein Tunnel vom Stadtschloss dreihundert Meter hinüberbauen ließ.

»Mein lieber Adlon, ein Landesvater hat die Pflicht, die Visionäre unter seinen Untertanen zu erkennen und zu fördern.«

Adlon neigte den Kopf zum Zeichen, wie sehr ihn das Lob erfreute.

»Bedank Er sich mit guten Taten«, forderte der Kaiser. »Man hat mir zugetragen, dass Madame La Belle Otéro bald Logis nehmen wird.«

»Madame wird fast einen Monat en suite im Wintergarten spielen.«

»Richte Er uns bei nächster Gelegenheit ein kleines Fest aus, nur für zwei, versteht sich.«

Adlon verstand. Es war bekannt, dass die schöne spanische Tänzerin die Gespielin des Kaisers und noch einiger anderer hochrangiger Herren war. So schuf sie sich ihren Ruhm und ein umfangreiches Vermögen.

Am 26. Oktober 1907 fand die offizielle Eröffnung des Grandhotel Adlon statt, und die Zeitungen überschlugen sich mit Schlagzeilen. Grandhotel Adlon eröffnet … Tout Berlin versammelt … Seine Kaiserliche Hoheit zufrieden: ›Adlon, Er ist ein Meister seines Faches‹ … Grandhotel Adlon eröffnet … Jetzt hat Berlin sein Grandhotel, riefen die Zeitungsjungen den Passanten entgegen.

In seinem Büro las Leopold Koppel die Lobeshymnen mit kühlem Kopf. Die Innenausstattung der Zimmer, die kostbaren Gemälde und Skulpturen, die geschmackvolle Anordnung der Möbel waren ihm längst bekannt. Wenige Tage vor der Eröffnung hatte er Spione ins Hotel geschickt, die sogar die Matratzen der Betten ausprobiert und ihm beschrieben hatten. Nun musste es den Adlons gelingen, die horrende Schuldenlast gegenüber den Banken und den Gläubigern, die ihnen in den letzten Wochen die Einrichtung auf Kredit überlassen hatten, abzutragen. Möglicherweise würde seine Stunde noch kommen. Koppel faltete die Zeitung zusammen.

Das Adlon

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