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Was wissen wir wirklich von der realen Welt? Und ist sie überhaupt real?

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Drehen wir das Rad der Zeit um nur rund 300 Jahre zurück. In Europa herrschte der Absolutismus, der Adel ließ sich prachtvolle Schlösser bauen, der Spätbarock hatte seine Hochblüte. Joseph II. herrschte in Österreich und wurde zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt, die Aufklärung nahm ihren Lauf, die Industrielle Revolution begann.

James Watt baute die ersten Dampfmaschinen, in London entwickelte sich eine florierende Wertpapierbörse. Wie weit war die Wissenschaft, die Forschung vor nur 300 Jahren? Was wäre passiert, wenn ein Wissenschaftler damals gesagt hätte: Wir werden zum Mond fliegen, in 80-stöckigen Hochhäusern wohnen, Atomkraftwerke bauen, 80 bis 100 Jahre alt werden – damals starb man mit durchschnittlich 40 Jahren –, mit Flugzeugen durch die Luft fliegen, mit Autos auf Straßen rasen und uns gegenseitig mit Nuklearwaffen bedrohen?

Man hätte ihn für verrückt erklärt, selbst wenn er in solchen Bereichen geforscht oder erste wissenschaftliche Experimente unternommen hätte. Heute sind diese Errungenschaften und das Wissen, das wir uns dazu angeeignet haben, normal und Teil unseres Lebens.

Wie oft wurden Wissenschaftler belächelt, ignoriert oder attackiert, weil sie sich Phänomenen widmeten, die zu ihren Lebzeiten keiner wahrhaben oder glauben wollte? Ignaz Semmelweis war ein brillanter Mediziner, und er machte eine simple Entdeckung: Wenn sich ein Arzt vor und nach einer Operation beziehungsweise bevor er einen Patienten berührt die Hände wäscht, sinkt die Sterblichkeitsrate seiner Patienten massiv. Semmelweis’ 1848 beendete Studie über Hygiene gilt bis heute als Meilenstein der evidenzbasierten Medizin. Doch was passierte damals? Seine Kollegen lehnten sie als »Unfug« strikt ab. Hygiene galt als Zeitverschwendung und als unvereinbar mit den damaligen Prinzipien über die Behandlung von Krankheiten. Semmelweis starb 1865 in der Psychiatrie in Wien, erst Jahre später wurden seine Erkenntnisse zum weltweiten Medizinstandard.

Die gesamte Geschichte der Menschheit ist geprägt von Ignoranz gegenüber neuen Phänomenen und Erkenntnissen, aber auch schlicht gegenüber der Tatsache, dass wir zu keinem Zeitpunkt am Ende unseres Erkenntnishorizonts angelangt sind – weder heute noch morgen noch in zehn, fünfzig oder hundert Jahren.

Vor dreißig Jahren haben wir uns Faxe geschrieben: Briefe, die man in Geräte steckte, die über die Telefonleitung versandt und bei einem Empfänger ausgedruckt werden konnten, wobei die Übertragung einer einzelnen Seite schon mal eine Minute dauern konnte. Heute haben wir E-Mails und können gigantische Datenvolumen in Sekunden rund um den Erdball senden. Wir sprechen hier von einer Entwicklung innerhalb von gerade mal drei Jahrzehnten, nicht von hunderten von Jahren.

Der Welt-Geist

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