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Biologie

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Am Rande von Kalkutta, in einem der großen Slums, stand ein Gebäude, das aus den angrenzenden Hütten herausragte wie der Eiffelturm aus Paris. Der zwanzig Stockwerke hohe Komplex war das Krankenhaus der „Ärzte ohne Grenzen“. Nach über hundert Jahren bestand diese Vereinigung bis heute. Und traurigerweise wurde sie auch noch benötigt. Nur ihre Aufgabe hatte sich verändert. Jetzt waren es nicht mehr die Kriegsflüchtlinge, die aus den Meeren gefischt wurden. Dafür sorgte Gäas Regierung in Person von Nathan. Mit seinen überlegenen technischen Errungenschaften war er in der Lage, jeden militärischen Konflikt schon im Keim zu ersticken. Unmittelbar nach der USA-Krise rief er das sogenannte Militär-Gebot aus. Das besagte, dass kein fremder Soldat sich außerhalb des eigenen Landes bewegen durfte.

Ein paarmal wurde versucht, gegen die Regel zu verstoßen. Aber immer mit demselben Ergebnis. Nathan vernichtete die gesamte Militärausrüstung der Aggressoren. Mit der Zeit kapierten auch die dümmsten Diktatoren, dass sie gegen die technische Übermacht Gäas nichts ausrichten konnten. So schaffte es Nathan, obwohl er „nur“ über die Hälfte der Erde herrschte, dafür zu sorgen, dass seit über hundert Jahren kein einziger Krieg mehr geführt wurde.

Das war aber nur ein Problem. Armut, mangelhafte Krankenversorgung und die damit verbundene Seuchengefahr waren nicht so leicht zu bekämpfen. Natürlich lebte die Bevölkerung in Gäa in einem Paradies. Hier gab es so etwas nicht mehr. Aber in den sogenannten Schwellenländern kam der Wohlstand nicht bei der breiten Bevölkerung an. Noch immer hatten hier korrupte Politiker, religiöse Fanatiker und vor allem der Geldadel das Sagen. Dies wurde sogar immer schlimmer, nachdem die All-Invest, Bergers Firmenimperium, das er bei der Gründung Gäas verlor, in der dritten Generation der Führungskräfte in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht war.

Niemand war mehr da, um hier einen Gegenpol zu errichten. Auch Nathan schaffte es nicht daran viel zu ändern, ohne sich in die inneren Staatsangelegenheiten der Länder einzumischen, was er aber unbedingt vermeiden wollte. Man hätte ihm das sofort als Aggression ausgelegt. Gäa blieb nur noch die Möglichkeit, die riesigen Flüchtlingsströme aus den Armenhäusern der Welt aufzunehmen. Leider reichte das nicht aus.

Um nicht ganz untätig dem Elend zuzuschauen, hatte Gäa eine große Entwicklungshilfe-Aktion gestartet. Dazu gehörte auch die großzügige Unterstützung der Organisation der „Ärzte ohne Grenzen“. Das Hochhaus in Kalkutta wurde von Gäa finanziert und unterhalten. Die meisten Ärzte, die hier arbeiteten, kamen aus Gäa. Einer davon war Arif Ben Najjar. Er stammte aus dem ehemaligen Saudi Arabien.

Wie viele seiner Kollegen nahm er das Angebot Nathans an, hier den Menschen zu helfen und gleichzeitig Forschung zu betreiben. Dafür war das Krankenhaus mit zusätzlichem Personal und Laboratorien ausgestattet. So blieb zum einen Zeit für Forschungsarbeiten, und in einem Katastrophenfall wären ausreichend Helfer vor Ort. Najjars Forschungsgebiet war die Mikrobiologie. Er behauptete immer, sein Arbeitsplatz wäre absolut sicher, weil es ja so viele von diesen kleinen Viechern gäbe. Er untersuchte die Verwandtschaftsgrade der Mikroben. Damit wollte er 'Das Urviech' identifizieren, von dem alle Lebewesen bis hin zum Menschen abstammen. Dabei hatte er auch erstaunliche Erkenntnisse darüber gewonnen, welche Nischen das Leben auf der Erde besetzt hält. Hier gab es die tollsten Strategien.

Einige dieser Kleinstlebewesen schienen ewig zu leben, andere ließen sich regelmäßig einfrieren und weitere existierten in kochend heißem, giftigem Wasser an unterirdischen Vulkanschloten. Najjar hatte schon eine Menge der exotischsten Orte mit biologischer Aktivität entdeckt, dass er die Meinung vertrat, das Leben wäre noch weiter über die Erde hinaus verbreitet, als wir es uns vorstellen könnten. In diese Richtung würde ihn wohl nichts mehr wundern.

Umso verwunderter war er über einen Anruf Nathans. „Nun, wie geht es deinen kleinen Tierchen? Hast du wieder neue Lebensräume entdeckt?“ „Und ob, es ist kaum zu glauben, wie weit in der sogenannten Todeszone über siebentausend Metern, hier im Himalaja noch Mikroben leben. Dort habe ich fünfzehn verschiedene Bakterien gefunden.“

„Du hast ja bereits alle Gebiete der Erde untersucht, wie wäre es denn mit einer anderen Herausforderung?“ „Du würdest mich nicht fragen, wenn du nicht schon eine Aufgabe für mich herausgesucht hättest“. „Natürlich kann ich dir etwas Interessantes bieten. Vorausgesetzt, du nimmst die Aufgabe an.“

„Ehrlich gesagt habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich die Menschen hier alleine lassen soll. Es gibt hier viel zu tun, nicht nur bei der Forschung, auch bei der Gesundheitsversorgung. Es ist ein gutes Gefühl, hier so vielen Menschen zu helfen. Die Arbeit füllt mich voll aus und gibt mir alle Befriedigung, die man von einem Beruf erwarten kann. Es müsste schon etwas Besonderes sein, das mich von hier wegbringen könnte.“

„Na dann schauen wir mal, ob mein Angebot dein Interesse weckt. Wie wäre es mit einer biologischen Untersuchung von Proxima B?“ „Was ist das, ein Asteroid?“ „Nein, es handelt sich um einen Exoplaneten, der um die Sonne Proxima Centauri kreist.“ „Oha! So sieht eine echte Herausforderung aus. Aber dann wäre ich ja Jahre oder sogar Jahrzehnte unterwegs. Schickt ihr dort wirklich eine Expedition hin?“„Du wirst staunen, wir werden unter anderem auch dort hinfliegen.

Wir sind so weit, dass wir die nähere Nachbarschaft unserer Sonne erkunden werden. Und wir haben ein Schiff, das uns in ein paar Tagen bis nach Proxima Centauri bringt. Das heißt, sobald es fertig gebaut ist. Ich hatte dich als Bordarzt und Biologe vorgesehen. Um deine Patienten brauchst du dich natürlich nicht zu sorgen. Selbstverständlich schicke ich einen Ersatz für dich nach Kalkutta.“

Ihr habt einen Überlichtantrieb gebaut? Nathan, du hast mich überzeugt, ich komme mit, wenn es sein muss sofort.“ „Lass dir Zeit, das Schiff ist noch nicht ganz fertig. Ich werde mich bei dir zu gegebener Zeit wieder melden, bitte halte so lange Stillschweigen über die Sache.“ Najjar war vollkommen aus dem Häuschen. Einen Exoplaneten auf Lebensformen untersuchen, da bleiben ja keine beruflichen Wünsche mehr offen. „Kalkutta, so gerne ich hier war, demnächst werde ich dir den Rücken kehren.“

Der Regent II

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