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Prolog

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Alan Forster fluchte leise vor sich hin. Wenn er eines nicht ausstehen konnte, dann waren es Ereignisse, die ihn bei seiner eigentlichen Arbeit störten. Gerade jetzt, wo er auf dieses Phänomen gestoßen war. Noch wusste er nicht, was er entdeckt hatte, die Auswertungen brachten kein eindeutiges Ergebnis. Es sah so aus, als ob die Sonne Proxima Centauri verrückt spielte. Schon vor sehr langer Zeit hatte man herausgefunden, dass dieser Stern eine äußerst aktive Oberfläche hatte. Zeitweise brachen die Flairs so stark aus, dass sich die Leuchtkraft des Himmelskörpers verdoppelte. Aber um die bekannten Eruptionen ging es nicht. Forster hatte Energieausbrüche entdeckt, die keinem Sonnenphänomen zuzuordnen waren. Er verglich sie eher mit Blitzlichtern, deutliche Energiespitzen, jedoch zu kurz für eine Sonneneruption. Auch traten sie ziemlich unregelmäßig auf.

Alleine kam er mit der Analyse nicht weiter. Er war auf fremde Hilfe angewiesen. Ihm blieb nichts übrig, als so viele Daten wie möglich aufzuzeichnen. Noch immer leise fluchend kontrollierte er penibel, ob alle Aufzeichnungsgeräte auch ordnungsgemäß liefen, dann kümmerte er sich um das Alarmsignal. Lautes Schimpfen konnte er sich hier sparen, ihn hätte doch niemand gehört. Er war alleine in dem Raumschiff, der „Ernter XV“.

„Heute klappt gar nichts!“ Erst stieß er sich den Kopf an der offenen Tür des Küchenschrankes und zu allem Übel schüttete er sich den heißen Kaffee über das Hosenbein. Als Krönung spielte jetzt auch noch das Schiff verrückt. Ein Alarm von der Ernteeinrichtung, Totalausfall! Bis heute hatte er nicht ein einziges Mal erlebt, dass sich der Materie-Ernter abschaltete. Eigentlich gab es bisher nie Störungen, dabei arbeitete er schon drei Jahre auf dem Schiff. „Was ist jetzt los? Wo fange ich mit dem Überprüfen an? Das kann ja heiter werden! Wo sind die Checklisten? Mann! Wie soll ich die finden, wenn ich sie noch nie gebraucht habe? Verflixt! Meine astronomische Arbeit bleibt natürlich wieder liegen, so komme ich nie zu einem Ergebnis!“

Die Ernter XV war, wie der Name schon sagt, ein Ernte-Raumschiff. Sie erntete Asteroiden. Obwohl dieser Begriff nicht ganz der richtige Ausdruck war. Die Planetoiden löste man, in ein Kraftfeld gehüllt, in reine Energie auf, welche im Schiff in Neutralium umgewandelt wurde. Das ließ sich mit den entsprechenden Geräten bei Bedarf in alle beliebigen Elemente, oder aber in Energie zurückverwandeln.

Eine der genialsten Erfindungen Nathans. Damit war es möglich, jede bekannte Materie herzustellen. Als Masse zum Auflösen dienten alle festen Substanzen, Flüssigkeiten oder Gase. Aber auch Strahlungen ließen sich einfangen und umwandeln. Auf diese Weise gab es nie Abfall, sämtliche Stoffe konnte man so im wahrsten Sinne des Wortes zu 100 % wiederverwerten. Nie wieder Müllprobleme! Aber das war noch nicht alles: Neutralium besaß eine extrem hohe Energiedichte. Ein Würfel mit einem Zentimeter Kantenlänge enthielt die aufgelöste Masse von fünfzehn Kubikmetern Gestein. Glücklicherweise blieb davon nur ein Gewicht von etwa zweieinhalb Kilogramm übrig. Kompakter ließ sich Materie nicht transportieren.

Ungefährlich war Neutralium auch. Das mattschwarze Material reagierte sehr gutmütig. Kein äußerer Einfluss konnte ihm etwas anhaben. Alle Energie oberhalb eines bestimmten Pegels wurde von ihm absorbiert und in Neutralium umgewandelt. Um daraus wieder Materie zu entnehmen, benötigte man spezielle Kraftfelder. Einige Physiker behaupteten, Nathan hätte damit den Stein der Weisen erfunden. Probleme bereitete nur die mechanische Bearbeitung. Zwar war Neutralium nicht fester als Blei, doch da es fast alle auf ihn angewendete Energie aufsaugte, war es nur ganz behutsam formbar. Man durfte eben einen bestimmten Energiepegel nicht überschreiten, sonst gab eher das Werkzeug nach als das Neutralium. Das Material wurde überall verwendet. Entweder in Form von Energiespeicher, mit dem im wahrsten Sinne des Wortes alles in Gäa angetrieben wurde, oder als Rohstofflieferant für die meisten Produkte. Bergbau im herkömmlichen Sinne gab es in Gäa schon lange nicht mehr, höchstens noch für Forschungszwecke. Selbst die seltensten Elemente stellte man bei Bedarf daraus her. Neutralium war das Einzige, was man noch benötigte. Über Rohstoffmangel brauchte sich niemand Gedanken zu machen.

Forster versuchte jetzt schon vier Stunden, den Grund der Störung zu finden. Immer wieder Systemcheck, Hochfahren, Statuskontrolle und jedes Mal dasselbe. Wenn er das Kraftfeld einschaltete, brach es sofort in sich zusammen. Alle Checks blieben ergebnislos. Die Maschinen und Aggregate waren in bestem Zustand, das hatte er schon ausgiebig überprüft. Kein Messwert lag außerhalb der Toleranzen. Das gesamte Schiff hatte er durchgetestet, sogar den Antrieb und die Lebenserhaltungssysteme. Es konnte nicht daran liegen. „Aber am Asteroiden genauso wenig, oder?“

Forster geriet ins Grübeln: „Die Abmessung stimmte, etwa fünfzig Meter Durchmesser. Obwohl das ja auch egal wäre. Hätte der Brocken größere Maße, löste er sich nur zum Teil auf. Ein Rand bliebe dann noch stehen. Ich könnte mir einen andern suchen, aber nein, das würde das System durcheinanderbringen.“ Nathan hatte genau vorgegeben, welchen Asteroiden geerntet werden dürfen. Für den ganzen Asteroidengürtel hatte er berechnet, wo man ernten konnte, ohne das Gravitationsgleichgewicht zu stören. Damit vermied man, dass sich Kleinstplaneten durch die Gravitationsänderung womöglich auf die Reise in Richtung Erde machten. Außerdem musste dieses Problem gelöst werden. Ohne zu wissen, was die Ursache ist, könnte es sich zu einem Sicherheitsrisiko entwickeln.

Hier saß er nun ziemlich ratlos. Dabei war er so stolz auf sein Wissen und Können. Er hatte eine Top-Ausbildung genossen. Nein, an der Wissensvermittlung hatte Gäa noch nie gespart. Auf Grundwissen wurde sehr viel Wert gelegt. Jeder, der eine Aufgabe ausführte, beherrschte nicht nur die Bedienung der Geräte, er wusste auch, wie sie funktionierten. Damit wurde eine Menge Schaden verhindert. Es gab weniger Fehlbedienungen und Reparaturen wurden so ebenfalls nicht zu einem Problem. Nein, am Wissen lag es nicht, Forster kannte die Schiffsystemen in- und auswendig.

Er war schließlich ein echtes Kind Gäas. Er wurde hier geboren, als der junge Staat bereits existierte und die ersten Krisen mit gegnerischen Regierungen schon gemeistert hatte. Er musste das wissen, war er doch der Sohn des größten Gegners Gäas, Mark Forster. Dem früheren Geheimdienstchef der USA und späteren, glücklosen Präsidenten. Man hatte ihn damals abgesetzt, nachdem er den durch ihn verschuldeten Krieg gegen Gäa kläglich verlor. Nathan hatte den Angriff mithilfe neuer Technologien, zwar ganz ohne Blutvergießen, aber vernichtend für alle US-Waffen, zurückgeschlagen. Forster ging dann, gezwungenermaßen, ins Exil, nach Gäa. Das hatte ihn wahrscheinlich vorm elektrischen Stuhl wegen Hochverrats gerettet. Seiner Macht beraubt sah er mit der Zeit auch sein Fehlverhalten ein. Seither war er ein überzeugter Verfechter von Gäas humaner Politik.

In diesem Sinne hatte er auch seinen Sohn erzogen. Alan Forster war schon immer ein Musterknabe. Nahezu alle Ausbildungen hatte er mit Auszeichnung abgeschlossen. Breit gefächerte Fähigkeiten und Charakterstärke machten ihn zum geeignetsten Kandidaten für die neu entwickelte Raumfahrt. Monatelang saß er allein auf sich gestellt in der Ernter XV, dem neuesten und modernsten Ernteschiff Gäas. Eigentlich könnte das Schiff die Arbeiten auch ohne Besatzung verrichten. Forsters Aufgabe bestand nur aus Kontrollen der automatischen Abläufe. Das bedeutet aber nicht, dass er ständig Däumchen drehen durfte. Das Schiff war so ausgerüstet, dass die zur Verfügung stehende Zeit für Forschungsaufgaben genutzt werden konnte. Das war die Hauptaufgabe Forsters. Jeder Asteroid wurde vor seiner Auflösung genauestens untersucht. Er entnahm Materialproben und führte genaue Vermessungen durch. Dazu kamen noch die astronomischen Beobachtungen. Forsters Spezialgebiet. Dafür war seine jetzige Position optimal geeignet. Weiter von der Sonne entfernt als der Mars, ergaben sich ganz andere Möglichkeiten als in Nähe der Erde. Sein Heimatplanet befand sich im Moment, von ihm aus gesehen, fast hinter der Sonne. Eine Funkverbindung war nur noch mithilfe von Sonden aufrecht zu erhalten, welche die Signale in weitem Bogen um den Stern führten.

Das Observatorium der Ernter XV war geradezu ein Traum. Es fehlte an nichts. Das ganze Strahlungsspektrum der beobachteten Objekte konnte erfasst und ausgewertet werden. Sogar ein zwei Meter Spiegelteleskop war vorhanden. Forster konzentrierte sich im Moment auf den der Sonne am nächsten stehenden Nachbarstern, Proxima Centauri. Eigentlich wollte er nur die Flairs des Sterns dokumentieren. Aber die von ihm entdeckten zusätzlichen Energieausbrüche weckten seinen Ehrgeiz. Mit allen Mitteln versuchte er, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Platz für Ausrüstung war in der Ernter XV genug vorhanden. Das Schiff war eine Kugel von achtzig Meter Durchmesser. In der Pionierzeit der Raumfahrt wurde die Größe eines Raumschiffes vom Treibstoffverbrauch des Antriebs begrenzt. In Form von Neutralium stand Gäa jedoch nahezu unbegrenzt Energie auf kleinstem Raum zur Verfügung. Man brauchte hier also nicht um jeden Preis Gewicht zu sparen. Die Anfangsjahre, in denen die Menschen sich mittels chemisch angetriebenen Raketen und Raumkapseln, die eher einer Ölsardinenbüchse glichen, erstmals außerhalb der Erdatmosphäre wagten, waren schon lange vorbei. Zumindest, soweit es Gäa betraf.

Forster war also einer der qualifiziertesten Piloten im besten und größten Raumschiff aller Zeiten. Aber hier war er am Ende seiner Weisheit. „Die Ursache muss gefunden werden. Allein schon, um auf zukünftige Fälle vorbereitet zu sein.“ Er sprach mal wieder mit sich selbst, so wie er es immer tat, wenn er komplizierte Probleme zu bewältigen hatte – oder gerade nicht fluchte. „Möglicherweise muss ich Nathan doch noch anfunken und um Rat fragen. Er ist schließlich der Schlauere von uns beiden.“

Das war er unbestritten, dieser Nathan. Er war eine künstliche Intelligenz, eingebettet in einen Quantencomputer, der sich selbstständig, je nach Bedarf, erweitern konnte. Er besaß eine unvorstellbare Rechenleistung. Kein Wissen war ihm unbekannt. Kein Code war zu kompliziert, dass er ihn nicht in kürzester Zeit knackte. Nathan war aber auch eine KI mit menschlichen Zügen. Jedoch konnte Forster ihn im Moment nicht so einfach erreichen. Durch die gewaltige Entfernung zur Erde war eine Kommunikation nur sehr umständlich möglich. Forsters Arbeitsgebiet lag ausgerechnet am entferntesten Punkt des Asteroidengürtels. Mehr als drei Astronomische Einheiten trennten ihn von seinem Heimatplaneten. Das war rund eine halbe Lichtstunde. Bei jeder Frage, die er zu Nathan schickte, hätte er mehr als eine Stunde auf die Antwort warten müssen. Das war nicht alles. Weil er sich von der Erde aus gesehen fast genau hinter der Sonne befand, klappte die Kommunikation nur über eine Funksonde, die er bei seinem Hinflug stationiert hatte. Das würde die Antwortzeit noch mal um eine halbe Stunde verlängern.

Besser, er fand selbst eine Lösung. „Also das Schiff scheint in Ordnung zu sein, bleibt nur noch der Fels da draußen als Grund. Aber was kann dort so eine Störung verursachen? Besteht er aus irgend einem exotischen Material? Nein, in den entnommenen Materialproben ließen sich nur die üblichen Substanzen nachweisen. Durchleuchten kann ich ihn schlecht. Mit fünfzig Meter Durchmesser wird das schwierig. Dafür müsste er doch erst etwas abnehmen.

Moment! Abnehmen? Das wäre ein Versuch wert.“ Sofort setzte er sich an das Steuerpult für den Materie-Ernter. „Wenn alles nicht geht, geht vielleicht etwas“. Er änderte die Fokussierung bis der Destruktor-Strahl nur noch einen Meter Durchmesser hatte. Dann versuchte er damit, den äußersten Rand des Asteroiden zu bestreichen. „Es klappt!“ Von seinem Erfolg angetrieben, fuhr er mit dem Strahl einmal quer über die gesamte Oberfläche. An einem Punkt schaltete sich das Gerät wieder aus. Jetzt versuchte er das Ganze von der anderen Seite. Damit kam er bis auf zehn Meter an die erste Bahn heran. „Da ist also etwas im Gestein versteckt, das sich negativ auf das System auswirkt!“

Begeistert von seinem Erfolg programmierte er den Strahl so, dass er auf allen Seiten über den Asteroiden führte. Kombiniert mit einem entsprechenden Flugmanöver, erhielt er einen echten 3-D-Scan des ganzen Felsbrockens. Dabei war es unerheblich, dass das Gestein aufgelöst wurde. Das war ja letztendlich der Sinn der Sache.

Nach zehn Stunden harter Arbeit erkannte er die ungefähre Form des störenden Objektes. Er war vollkommen erschöpft. Die ganze Zeit überwachte er konzentriert die Steuerung. Die Automatik funktionierte in dem Fall nicht. Jedes Mal, wenn der Strahl auf das unbekannte Etwas traf, schaltete er sich ab. Dann musste er wieder alles hochfahren und den Kurs neu eingeben.

Mit dieser Information war es ihm möglich, eine Route festzulegen, die den Strahl um das geheimnisvolle Objekt herum führte, um so alles an Gestein aufzulösen, das sich nicht in dessen unmittelbarer Nähe befand. Das würde das Schiff nach der entsprechenden Programmierung alleine ausführen. Forster brauchte unbedingt ein paar Stunden Ruhe.

Trotz der Aufregung schlief er doch einigermaßen gut. Müde genug war er ja. Als er aufwachte, signalisierte ihm das Schiff schon, dass es die programmierte Aufgabe erledigt hatte. Jetzt war nur noch ein Stück von knapp zehn Metern Länge und vier Metern Breite übrig. Auch war es nicht tiefer als drei Meter. Bei seinem kurzen Frühstück achtete er diesmal sorgfältig darauf, dass die Schranktür geschlossen war und der heiße Kaffee in der Tasse blieb. Danach setzte er sich entspannt und ausgeruht an das Steuerpult. Das letzte Stück erledigte er manuell. Den Materieauflöser so schwach eingestellt, dass er nur zehn Zentimeter in das Material eindrang, führte er ihn mit dem Joystick über den Felsen. Eine sehr aufwendige Arbeit, die dazu immer wieder durch Systemabbrüche behindert wurde. Schließlich blieb es nicht aus, dass er ab und zu mit dem Strahl das unbekannte Etwas berührte.

Dann hieß es für Forster, umständlich von vorne anzufangen. Nach vielen anstrengenden Stunden hatte er es geschafft, das Objekt war freigelegt.

Seine Enttäuschung war groß. Rechnete er doch mit einer fantastischen Maschine irgend welcher Aliens, aber das Ding sah eher wie ein Schrottteil aus. Es konnte ein Stück aus der Außenwand eines Raumschiffs sein, offensichtlich gewaltsam herausgebrochen. Die Ränder waren ziemlich zerklüftet. Alles in allem war das Teil etwa zehn Meter lang und vier Meter breit. Das wenige Zentimeter dicke Fragment besaß eine leichte Krümmung. Ein echtes Stück Weltraumschrott. Aber eines, das es in sich hatte! Mit all seinen Messgeräten versuchte er vergeblich, etwas über die Struktur des Objektes zu erfahren. Es gab keine brauchbaren Ergebnisse, das Material reagierte auf rein gar nichts und ließ auch keinerlei Strahlung durch. Sogar für Neutrinos war das Teil absolut dicht.

Noch ein Test stand aus. Einer, den sich Forster selbst ausgedacht hatte. Um die komplizierten Berechnungen zu sparen, mit denen man Volumen und Masse eines Asteroiden bestimmte, setzte er das Raumschiff auf den Himmelskörper auf und beschleunigte dann beides vorsichtig um sehr geringe Werte. Über den vom Schiff benötigten Energieverbrauch und die erreichte Geschwindigkeit ließ sich die Masse des Artefaktes relativ einfach bestimmen. Nicht ganz das, was Nathan vorgegeben hatte, aber es funktionierte bestens und sparte den Aufwand, das Objekt genau zu vermessen. Schließlich ist der Mensch ja von Natur aus faul. Wenn er wieder zu Hause war, musste er das mit Nathan besprechen. So etwas könnte man ja offiziell zur Arbeitserleichterung einführen.

Die Methode wendete er jetzt auch bei dem Artefakt an. Das führte er gleich dreimal durch, weil er den Ergebnissen einfach nicht traute. Dann setzte er sich doch hin und berechnete die Masse noch mal nach dem herkömmlichen Verfahren. „Das Stückchen Blech ist fast zehnmal schwerer als unser Neutralium. Mann, ich fasse es nicht! Jetzt wird es doch Zeit, mit Nathan Verbindung aufzunehmen.“

Forster erstellte über das Artefakt und alles Vorgefallene einen ausführlichen Bericht und sendete ihn zusammen mit den automatischen Schiffsaufzeichnungen an Nathan. Nun musste er mehr als eine Stunde auf eine Antwort warten. Gerade genug Zeit, um die versäumten Routinearbeiten zu erledigen. Seine astronomischen Beobachtungen wollte er auf jeden Fall noch abschließen. Schließlich waren die ungewöhnlichen Energieausbrüche aus dem Gebiet von Proxima Centauri ja auch ein außergewöhnliches Ereignis. Und welche Anweisung er von Nathan erhielt, konnte er sich schon denken. Mit Sicherheit würde er nicht mehr lange an diesem Standort bleiben.

Natürlich hatte er recht. Nach über einer Stunde kam die Order, das Teil zur Erde zu bringen. Im erdnahen Orbit sollte er auf weitere Anweisung warten. Eigentlich scheute er sich etwas davor, zusammen mit diesem Monster wochenlang gemeinsam in einem Raumschiff zu leben. Aber ein Andocken an der Außenhaut des Schiffes funktionierte nicht, weil keine der üblichen Kraftfelder an dem Teil Wirkung zeigten. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als die Ernter XV mit offenem Laderaum über das Artefakt zu stülpen. Glücklicherweise war Forster erst am Anfang seiner Erntereise. Der Frachtraum war noch so gut wie leer.

Das Verladen war gar nicht so einfach, denn die Ladeöffnung war nicht viel größer als das Objekt. Schließlich schaffte er es, ohne das Schiff allzu sehr zu ramponieren.

Jetzt kam der eher gemütliche Teil der Reise. Glücklicherweise war die Ernter XV innen sehr geräumig. Dazu gab es natürlich künstliche Schwerkraft. Forster konnte sich im Schiff wie zu Hause bewegen. Es gab auch alle Geräte bis hin zu einer Hochleistungsdatenverarbeitung, um während der Reise seine astronomischen Beobachtungen auszuwerten. Mit den gewonnenen Erkenntnissen dieses Fluges ließ sich der offizielle Sternenkatalog Gäas um ein beträchtliches Stück erweitern. Zeit für die Auswertungen hatte er nun reichlich. Auch mit der hochmodernen Ernter XV würde die Heimreise viele Wochen dauern. Jetzt konnte er sich in Ruhe Proxima Centauri widmen. Zumindest theoretisch, denn sehen würde er ihn auf der Reise nicht mehr.

Eigentlich glaubte man, mit Nathans Gravitationsantrieb ungeahnte Geschwindigkeiten zu erreichen. Theoretisch wäre eine Beschleunigung bis zur Lichtgeschwindigkeit möglich. Aber mit zunehmendem Tempo stieg die Gefahr, mit Gesteinsbrocken zu kollidieren. Die Ernter XV hatte zwar mit dem Materieauflöser einen Kollisionsschutz, jedoch auch der hatte seine Grenzen. Alles hing davon ab, die Hindernisse rechtzeitig zu erkennen. Nur dann waren Kurskorrekturen oder die Auflösung kleiner Objekte noch möglich.

Aber die Lichtgeschwindigkeit setzte der Ortung Grenzen. Ausgesendete Radarstrahlen mussten rechtzeitig zum Empfänger zurückkommen. Je höher die Geschwindigkeit wurde, desto weniger Zeit blieb, um auf ein entdecktes Objekt angemessen zu reagieren. Mikropartikel waren kein Problem, hierfür gab es einen energetischen Schutzschirm. Mit unbemannten Schiffen hatte man schon versuchsweise zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreicht, aber für bemannte Raumschiffe galten andere Sicherheitsvorschriften. Die lagen um den Faktor zehn darunter. Also nichts drin, von wegen mit halber Lichtgeschwindigkeit eben mal durchs Sonnensystem zu sausen. Zumindest nicht mehr als ein Mal, wenn man nicht als Sternschnuppe enden wollte. Vielleicht war es im wirklich freien Raum, zwischen den Sternen möglich, schneller zu fliegen. Dort gab es wesentlich weniger Materie. Das musste noch untersucht werden. Aber trotzdem war der Unterschied zu den frühen Feststoffraketen gewaltig. Etwa so, wie zwischen einem Fußgänger und einem Überschallflugzeug. Darüber hinaus war es mit den modernen Schiffen möglich, ein Ziel direkt anzufliegen. Swing-By-Manöver waren nicht mehr erforderlich.

Allerdings machte Forster doch einen kleinen Umweg. Auf direktem Weg wäre er durch die Korona der Sonne geflogen. Solche Manöver sollte man trotz herausragender Technik vermeiden. Eine größere Sonneneruption hätte auch ein Schiff wie die Ernter XV in Schwierigkeiten gebracht. Er programmierte einen Bogen, der ihn auf der Höhe des Merkurs an dem Glutofen vorbeiführte. Weiter traute sich bisher niemand ohne Grund an die Sonne heran. Aber auch dort gab es genug Strahlung, sodass der Schutzschirm einiges zu arbeiten hatte. Die auftreffende Energie wurde absorbiert und in Neutralium umgewandelt. So kam Forster in Sachen Energie wenigstens nicht mit ganz leeren Händen zurück.

Der Regent II

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