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Die Seeschlacht von Dan-no-Ura

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Yoshitsune ließ den Taira keine Zeit, ihre Kräfte zu sammeln. Er wollte den endgültigen Sieg über den feindlichen Klan, und dies so schnell wie möglich. Die Schlacht von Yashima hatte ihm bedeutende Vorteile gebracht: Etliche Anführer der Taira waren zu ihm übergelaufen. Sie boten ihm an, seine Truppen mit ihren eigenen Schiffen zur Basis von Kagoshima zu bringen. Niemand bezweifelte mehr, daß dort die endgültige Entscheidung im Krieg zwischen den Taira und den Minamoto fallen würde.

Am 25. April 1185 trafen die Flotten der Gegner in den tiefen Gewässern der Meerenge von Dan-no-Ura aufeinander, in der Inlandsee, auf Höhe der Inseln Honshû und Kyûshû. Als Taira Tomomori, der Anführer der Flotte, die in Hikoshima lag, erfuhr, daß die Schiffe der Minamoto sich näherten, ließ er seine eigenen Schiffe unverzüglich in See stechen, um Yoshitsune auf hoher See, dem Terrain, auf dem die Taira Meister waren, begegnen zu können. Doch gegen die 400 Schiffe der Taira zogen nicht weniger als 800 Schiffe der Minamoto, unter denen sich auch zahlreiche Seefahrzeuge abtrünniger Taira befanden. Die Gegner waren zum äußersten entschlossen. Im Morgengrauen begannen die Bogenschützen ihre Arbeit. Zunächst gewannen die Taira die Oberhand, denn sie waren geschickter darin, die Gezeiten und die Strömungen in dieser Meeresgegend zu ihren Gunsten zu nutzen. Um elf Uhr waren die Flotten einander sehr nahe gekommen, und die Bogenschützen der Taira konzentrierten sich, dem Rat Taira Kagekiyos folgend, auf das Schiff, welches das Wappen Yoshitsunes trug. Der riesenhafte Benkei verschoß von dort aus mit einem gewaltigen Bogen seine Pfeile. Fast wäre es den Taira gelungen, Yoshitsune gefangenzunehmen, doch er konnte sich auf ein anderes seiner Schiffe retten, während einer seiner Samurai, Noritsune, ihm den Rücken freihielt. Dieser schleuderte den ersten Taira-Krieger, der das Schiff enterte, ins Meer; zwei weitere packte er und riß sie mit sich in die Fluten, wo sie gemeinsam den Tod fanden.

Mitten im heftigsten Gefecht wechselte der Taira Taguchi Shigeyoshi die Seiten. Er holte die rote Flagge der Taira ein und hißte das weiße Kriegsbanner der Minamoto. Kaum hatte er sich den Minamoto angeschlossen, verriet er Yoshitsune, an Bord welchen Schiffes sich der kindliche Kaiser Antoku befand. Der Angriff der Minamoto konzentrierte sich unverzüglich auf jenes Seefahrzeug. Den Bogenschützen wurde Befehl gegeben, vorrangig auf die Ruderer und die Steuermänner zu zielen.

Taira Tomomori spürte, wie ihm die Kontrolle über die Schlacht entglitt. Er erklärte daraufhin der Witwe Kiyomoris, der Großmutter des kleinen Antoku, daß ihr nur noch der Selbstmord bliebe, damit sie nicht in die Hände des Feindes fiele. Daraufhin nahm die alte Kaiserin das Kind in ihre Arme und begab sich unmittelbar hinter ihre Krieger, die dicht an dicht als letzter Schutzwall am Bordrand standen. Als wäre es das selbstverständlichste von der Welt, ging sie zwischen ihnen hindurch und ließ sich ins Meer fallen. Mit sich nahm sie den jungen Kaiser, der das heilige Schwert Kusanagi38 an sich gepreßt hielt. Bevor die Minamoto begriffen hatten, was geschehen war, waren die beiden schon in den von Blut rotgefärbten Wogen versunken.

Der Selbstmord der Kaiserin löste den größten kollektiven Selbstmord in der Geschichte der Samurai aus. Kenreimon-in, die Mutter des Kaisers Antoku, wollte ihrem Sohn hinterherspringen, aber es gelang, sie an den Haaren festzuhalten. Die Frau des Verräters Shigeyoshi wollte sich ebenfalls in die Fluten stürzen, doch ein Pfeil nagelte einen Ärmel ihres Kimonos an das Holz der Reling. Um sich befreien zu können, legte sie die Schatulle, die sich bei sich trug, zu Boden. Schließlich sprang sie, aber sie vergaß, die Schatulle mitzunehmen, welche den heiligen Spiegel in sich barg, ein anderes Element des kaiserlichen Schatzes, das somit in die Hände der Minamoto fiel. Nun aber gab es kein Halten mehr. Die Taira-Generäle Norimori, Tsunemori, Sukemori, Arimori und viele andere nahmen sich das Leben, indem sie sich an die Anker ihrer Schiffe banden und sich, auf diese Weise beschwert, in die Fluten fallen ließen. Tomomori, der Oberbefehlshaber der Flotte, tötete sich als letzter. Er warf sich zwei schwere Rüstungen über und stürzte sich ins Meer. Auch das Klanoberhaupt Taira Munemori sprang ins Wasser, aber er plante, schwimmend zu entkommen. Jedoch wurde er gemeinsam mit seinem Sohn Kiyomune gefangengenommen und auf dem Weg nach Kyôto, kurz hinter Shinohara, hingerichtet.

Die Minamoto-Krieger hieben mit ihren Schwertern bis in die Nacht hinein mit großem Ungestüm die gegnerischen Truppen nieder. Erst, als die roten Banner der Taira gleich gefallenen Blättern auf dem Wasser schwammen und ihre letzten führerlosen Schiffe an den Klippen der Meeresküste zerschellten, endete das Gemetzel. Man behauptet, daß seit jener Zeit die Panzer der Krabben der Inlandsee menschliche Züge tragen und daß dies die Manifestation der Geister der in jener Schlacht ums Leben gekommenen tapferen Taira-Krieger sei.

Es existieren verschiedenen Versionen über den Ablauf dieses letzten Gefechts zwischen den Taira und den Minamoto. Eine davon betont vor allem Yo­shitsunes taktisches Gespür. Er soll beispielsweise die Gezeitenströmung ausgenutzt haben, die ab drei Uhr nachmittags aus Richtung Westen in die Inlandsee Japans gerichtet ist, und mit ihrer Hilfe die Taira in Strömungsrichtung bis zum Einbruch der Nacht verfolgt haben. Die Schiffe der letzteren waren durch Brandpfeile beschädigt. Zudem hatten die Minamoto die Steuermänner besonders intensiv beschossen, so daß die Schiffe in der schwellenden Flut kaum noch manövrierfähig waren und unaufhaltsam gegen die Riffe getrieben wurden. Sicher ist, daß Yoshitsune eine für den Ausgang der Schlacht erstrangige Rolle spielte. Er ließ Yoritomo unverzüglich Nachricht von dem triumphalen Sieg zukommen und sandte den heiligen Spiegel und das kaiserliche Siegel nach Kyôto. Das heilige Schwert hingegen war für immer verloren.

Yoshitsune folgte den Boten auf dem Fuße. Sein Ansehen und seine Beliebtheit überstiegen jedes Maß. So zog er seinem Bruder entgegen, nicht ahnend, daß die Eifersucht diesen bereits in seinen erbittertsten Feind verwandelt hatte. Der Sieg von Dan-no-Ura, der dem Klan der Taira den jähen Untergang gebracht hatte, sollte den Höhepunkt der strahlenden militärischen Laufbahn Yoshitsunes darstellen.

Die Krieger des alten Japan

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