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ZÄHNEKNIRSCHEN — STRESSVENTIL MIT FOLGEN

Wenn die Beißkraft abnimmt und die Kaumuskeln allmählich verkürzen, setzt sich die angestaute Kraft in den Muskeln fest und entlädt sich nachts, indem wir die Zähne fest aufeinanderpressen und mit ihnen knirschen.

Die Folgen eines nicht behandelten Zähneknirschens (Bruxismus) können für die Patienten weitreichend sein. Wird dauerhaft mit den Zähnen geknirscht beziehungsweise werden die Zähne mit starkem Druck fest aufeinandergepresst, kann dies die Zahnoberfläche zerstören. Im Extremfall bedarf es eines Zahnersatzes oder neuer Füllungen. Das Knirschen kann zudem für Entzündungen im gesamten Mundraum sorgen und auf ganzheitlich körperlicher Ebene Schäden verursachen.

Auffällig ist außerdem, dass die Ursachen und Auswirkungen in Wechselwirkung treten können: Stress kann den Betroffenen belasten und zu Zähneknirschen verleiten. Genauso kann umgekehrt aber auch Zähneknirschen, vor allem aufgrund der Schmerzen, zu Stress und seelischer Belastung führen.

Häufig haben »Knirscher« eine lange Reise der Ursachenforschung hinter sich. Denn die Symptome sind so umfangreich, dass eine Behandlung häufig an einem völlig falschen Punkt ansetzt. Aus herkömmlicher Sicht erweist sich das Ziel, eine individuelle Behandlungsmethode für sich selbst zu finden, daher oftmals als sehr schwer.

ZÄHNEKNIRSCHEN IM IRRGARTEN DER HERKÖMMLICHEN MEDIZIN

Viel zu oft kommt es erst gar nicht zu einer umfangreichen Begutachtung der einzelnen Krankengeschichten. Stattdessen versuchen herkömmliche Ärzte oft nur, schnelle Abhilfe gegen die Schmerzen zu verschaffen, indem sie starke Medikamente verschreiben. Auf Schmerzmittel zurückzugreifen, ist aber langfristig keine Lösung und bringt viele Risiken und Nebenwirkungen mit sich. Weil das inzwischen auch in der herkömmlichen Medizin zum Thema wird, versucht man mehr und mehr eine andere Lösung zu finden. Das heißt, man richtet den Blick auf die Entstehung von Bruxismus und erforscht anhand eines langen Fragenkatalogs die Gründe, warum mit den Zähnen geknirscht wird.

Dass sich die wenigsten Ärzte die Zeit für eine ausführliche Begutachtung der Schmerzzustände ihrer Patienten nehmen, ist umso schlimmer, weil die Schmerzen und Folgen von Zähneknirschen tatsächlich den ganzen Körper betreffen können. Im Falle einer sogenannten craniomandibulären Dysfunktion (CMD; siehe >), einer Fehlsteuerung des Kiefergelenks, vermutet man herkömmlich, dass die Schmerzen oftmals in den gesamten Oberkörper ausstrahlen können. Zwar muss keinesfalls immer diese Erkrankung des Kiefergelenks hinter den Beschwerden stecken. Empfohlen wird aber, dass Sie Ihre Schmerzen beobachten und mit Ihrem behandelnden Arzt sprechen. Dieser orientiert sich an einem Symptomkatalog, der Ihnen bei der Selbstbeobachtung helfen soll, und wird Sie daher fragen, ob Sie auch unter einem der folgenden Symptome leiden:

 schmerzende Schläfen und allgemeine Kopfschmerzen (unter anderem myofasziale Schmerzen der Kaumuskeln im Bereich des Trigeminusnervs)

 Rückenschmerzen

 Schlafstörungen

 unbewusstes nächtliches Beißen auf die Wangen und die Zunge

 Ohrenschmerzen und Tinnitus

 Schwindelgefühl, Gleichgewichtsstörungen

 Halsentzündung

 Knackgeräusche im Kiefergelenk

 unkontrollierte Kieferbewegung

 Nacken- und Schulterverspannungen

 Brustschmerzen

 Druckgefühl am gesamten Kiefer (bei einer Fehlstellung können Unter- und Oberkiefer unterschiedlich stark betroffen sein)

 allgemeine Müdigkeit

 Zahnabrasion

 Zahnschmerzen, Karies

 schmerzende Kaumuskulatur

 Zahnlockerung, -wanderung oder auch Zahnverlust; allgemeine Zahnschäden

 eingeschränkte Mundöffnung und beidseitige Kapselreizung

Wenn Sie sich diesen Katalog ansehen, fällt Ihnen nach der Lektüre der vorangegangenen Seiten sicherlich auf, dass wir von Liebscher & Bracht die Ursache der meisten dieser Symptome schon entlarvt haben. Die restlichen rühren daher, dass sich Muskel- und Faszienverkürzungen auch in anderen Körperbereichen abspielen. Denn natürlich erhöhen Kieferschmerzen den Stress allgemein und damit die Spannung der Muskeln und Faszien überall im Körper.

DIE HERKÖMMLICHEN BEHANDLUNGSMETHODEN

Wie Sie sehen, ist für die herkömmliche Medizin das Beschwerdebild bei Zähneknirschen komplex – und macht nicht nur die Patienten ratlos. Auch Ärzte sind oft überfragt und behandeln daher nur symptomatisch die einzelnen Schmerzzustände. Zu den häufigsten herkömmlichen Behandlungsmethoden zählen:

 Schiene aus Kunststoff, Aufbissschiene: Beugt einem Abrieb des Zahnschmelzes vor und minimiert das Risiko, weitere Folgeschäden davonzutragen. Verändert die Zahnführung. Wird meist von den Krankenkassen übernommen.

 Medikamente wie Muskelrelaxanzien: Beruhigen die überspannten Muskeln und Faszien. Aber Vorsicht: Die Mittel wirken zwar akut, aber nur für die Dauer der Anwendung und bringen mitunter starke Nebenwirkungen mit sich.

 Botox: Sorgt kurzfristig für Muskelentspannung im Kiefer, schwächt den Muskel aber nur für ca. sechs Monate. Ist mit 400 Euro pro Behandlung ziemlich kostspielig.

 Physiotherapie: Kann helfen, ist aber unheimlich zeitintensiv und Sie sind an feste Termine gebunden.

 Psychotherapie: Stress und psychische Belastung und Anspannung können auf einer anderen Ebene abgebaut werden.

Vielleicht erkennen Sie sich wieder und haben bereits selbst erlebt, wie wenig wirksam diese Versuche waren beziehungsweise dass sie nur vorübergehend geholfen haben.

WAS WIRKLICH DAHINTERSTECKT

Erfolgte die Diagnose Zähneknirschen bei Ihnen wie so oft ganz nebenbei beim Kontrolltermin beim Zahnmediziner? Hat Ihr Zahnarzt den Zustand Ihrer Zähne beziehungsweise Ihres Gebisses gesehen, ganz besonders den starken Verlust der Zahnsubstanz und deutliche Anzeichen von Schädigungen des Zahnfleisches und Abnutzungen des Zahnschmelzes bemerkt? Stellte er vielleicht auch mehr Karies als zuvor oder andere Zahnschäden fest? Dann hat er vermutlich im Anschluss einen Abdruck Ihres Gebisses vorgenommen – und nun tragen Sie nachts eine Schiene aus Kunststoff, die Ihre Zähne vor noch mehr Verlust des Zahnschmelzes schützen soll.

Glücklich sind Sie damit wahrscheinlich nicht, denn Zahnschmerzen, Gesichtsschmerzen und auch andere Beschwerden wie Nackenschmerzen und Schmerzen im Kiefergelenk lassen oftmals auch mit einer Aufbissschiene nicht nach. Ein kleiner Trost: Damit sind Sie nicht allein. Wir wissen aus Erfahrung, dass es vielen Betroffenen genauso geht. Was steckt also wirklich hinter dem Zähneknirschen?

Stress als Auslöser

Wir arbeiten heute oft unter Druck und wollen allen möglichen Anforderungen gerecht werden. Auch private und seelische Belastungen begleiten uns täglich. Doch leider bleibt uns für diese Emotionen häufig nicht viel Zeit.

Nachts verarbeiten wir unbewusst, was uns beschäftigt. Das kann sich auch körperlich auswirken. Nicht selten zucken einzelne Körperteile im Schlaf. Wir drehen und wenden uns und oftmals werden wir von intensiven Träumen aus dem Schlaf gerissen. Den Rest der Nacht verbringen wir schlaflos und der Stress und die Müdigkeit begleiten uns auch am nächsten Tag.

Es hat sich gezeigt, dass emotionaler Stress auch bei der Diagnose von Bruxismus eine große Rolle spielt. Hierfür spricht unter anderem der unmittelbare Zusammenhang zwischen limbischem System und Kauorgan (siehe >). Der Körper versucht, Anspannungen, Verbissenheit und Konflikte durch ein Zusammenspiel von Aufeinanderpressen der Zahnreihen und vermehrter Aktivität der Kaumuskeln zu kompensieren und abzubauen. Das Problem: Das Ganze geschieht unbewusst im Schlaf (Schlafbruxismus) und kann so nur schwer kontrolliert werden.

Im wachen Zustand bemerken Knirscher hingegen schnell, wenn sie ihre Zähne aufeinanderpressen. Sie können diese Angewohnheit dann unterbinden und das Zähneknirschen vermeiden. Diejenigen, die von nächtlichem Knirschen betroffen sind, wachen dagegen am nächsten Morgen meist mit Schmerzen am Kiefergelenk, Kopf- und Nackenschmerzen oder einer verspannten Muskulatur des Kauapparats auf. Das Risiko, Langzeitschäden durch Zähneknirschen davonzutragen, ist beim Schlafbruxismus gegenüber dem Wachbruxismus dementsprechend deutlich erhöht. Dies soll aber die Wichtigkeit der Therapie für »Wachknirscher« in keinster Weise abmildern. Unzählige Betroffene brauchen dringend endlich eine individuell angepasste Behandlung, die an der Ursache ansetzt und nicht nur die Symptome bekämpft.

Kieferschmerzen selbst behandeln

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