Читать книгу Serviert - Roland Trettl - Страница 9
Mein Freund Gérard Depardieu
ОглавлениеGérard Depardieu war bei den Salzburger Festspielen, um mit Riccardo Muti eine Version der Berlioz-Oper Lélio aufzuführen.
Dietrich Mateschitz war so großzügig, ihn mit einem Privatflugzeug abholen zu lassen. Im „Hangar-7“ erwartete dann eine entsprechend große Meute von Journalisten den Star.
Depardieu hatte aber keine Lust auf Freundlichkeiten. Er haute einfach ab. Er verschwand Richtung Keller, nahm die erstbeste Tür –
und stand plötzlich bei mir in der Küche.
Du konntest sehen, wie sofort der ganze Stress von ihm abgefallen ist. In der Umgebung, wo gekocht und gebastelt wurde, fühlte er sich augenblicklich wohl. Wir haben Italienisch miteinander gesprochen – Depardieu kann sehr gut Italienisch –, und er wollte sofort alles sehen. Wir sind in die Kühlhäuser hinein, er hat alles angefasst, probiert, überprüft.
Schon damals dachte ich mir: Was für ein geiler Typ.
Von da an hat er immer, wenn er in Salzburg war, seine Zeit bei uns am Küchentisch verbracht. Damals wusste ich noch gar nicht, dass er ein eigenes Restaurant hat, das „Fontaine Gaillon“ in Paris. Und ich dachte, dass es eine echte Sensation wäre, wenn wir im August gemeinsam einen Monat im Restaurant miteinander gestalten.
Das haben wir dann irgendwann so ausgemacht. Depardieu hat unser Essen sehr gemocht, und er hat mir persönlich sein eigenes Essen in Paris vorgeführt. Wir sind anschließend zwei Tage lang von Laden zu Laden, von Markt zu Markt gegangen. Gérard hat mir einfach sein Paris gezeigt. Es war höllisch intensiv. Zwei Tage mit Depardieu, und du brauchst zwei Wochen Urlaub.
Gérard saugt die Energie um sich herum auf wie ein Schwamm (manchmal saugt er auch den Rotwein so auf). Du hast keine Ahnung, was er als Nächstes macht. Einmal haben wir einen Dreisterner gesprengt. Dann waren wir in der Nähe der Markthallen und bekamen beide Lust auf Austern. Der Verkäufer am Austernstand gab uns Austernmesser, und wir haben um die Wette geknackt und geschlürft. Plötzlich sehen wir, dass ein Pulk von fünfzig Menschen um uns herumsteht und uns mit den Handys dabei filmt, wie wir unsere Austern essen.
Da hat Depardieu den Kopf zwischen die Schultern gesteckt und ist wie ein Stier auf die Gaffer losgegangen. Er hat die Leute angebrüllt, als wäre er tatsächlich der Obelix, den er im Film gespielt hat. Und die Leute sind in alle Richtungen geflüchtet, als wären sie die römischen Legionäre.
Das Depardieu-Essen, das dann im „Hangar-7“ gekocht wurde, war einfach und fantastisch. Es gab Langostino-Ravioli, ein Lachs-Carpaccio, einen Seehecht im Ganzen und als Hauptgang eine geschmorte Kalbshaxe. Alles sehr fein. Alles genau das, was Gérard selbst gerne isst – und Mann, der kann essen. Dagegen wirke ich wie ein Anfänger, und normalerweise bin immer ich derjenige, der die Menschen damit beeindruckt, wie viel er essen kann.
Depardieu ist eine Macht. Er ist groß. Er ist viel. Er ist so viel, dass er sich nirgendwo verstecken kann, denn was hilft es, wenn einer wie Depardieu sich ein Baseballcap aufsetzt und eine Sonnenbrille?
Er ist einfach vierundzwanzig Stunden am Tag Depardieu. Und er kann nie Urlaub von sich selbst nehmen, nicht einmal eine Stunde.
Big Buddy: Gérard Depardieu, Paris, weiss, wie man isst und trint