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Sonntag in Soldin

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Saubere Kleidung, weiße Strümpfe, Lackstiefeletten, weiße Haarschleifen... Hanna kannte das alles zur Genüge, und doch zeigte sie sich freundlicher und mädchenhafter als je zuvor. Jedes Lächeln ihrer Mutter erschien ihr wie ein persönlicher Verdienst, eine Leistung, die sie, und nur sie hervorzuzaubern in der Lage war.

Die kleine Kirche Soldins, einst ein kärgliches Bauernkirchlein, hatte sich zur Zeit Friedrich des Großen um ein weniges prunkhafter gestaltet, denn es hatte seiner Majestät gefallen, aus irgendeinem, historisch nicht mehr zu prüfenden Grunde mehrmals einem Gottesdienst in Soldin beizuwohnen. Ein Ereignis, das zu einigen Verschönerungen, vor allem aber zum Bau einer neuen Orgel Anlaß gegeben hatte. Majestät waren bekanntlich sehr musikalisch gewesen.

So kam es denn, daß diese bescheidene Kirche über eine ganz ausgezeichnete Orgel verfügte – nur, daß sich kaum einer fand, der imstande war, die Orgel so zu spielen, wie es diesem schönen Instrument gebührt hätte.

Melanie von Kronburg hatte oft daran gedacht, das Orgelspiel zu erlernen, doch hätte der geringste Versuch in dieser Richtung die Empörung des Generals herausgefordert.

So klang also Sonntag für Sonntag die schöne Orgel miserabel, der protestantische Pfarrer predigte markig, so ganz nach dem Herzen des Freiherrn von Kronburg, und der Chor sang unter Aufbietung aller Stimmbänder deutsche Gesangbuchverse.

So oft sich Hanna anschickte, auch nur eines der Lieder mitzusingen, sandte ihr der Vater einen höchst amüsierten Blick zu. »Laß es lieber!« pflegte er später zu sagen. »Du taugst zum Singen wie der Igel zum Gesichtsschwamm.«

Also unterließ es Hanna und sang nicht, auch wenn der Pfarrer noch so oft behauptete, daß man vermittels kräftigen Kirchengesanges den lieben Gott so recht von Herzen lobpreisen könne.

Orgelklang und Glockendröhnen verhallten in den sonntäglichen Morgen, man nahm wieder im Wagen Platz, und heim ging’s, dem mittäglichen Braten zu. Puttke schwang die Peitsche, der General grüßte huldvoll nach links und rechts und bemerkte wieder mal mit Wohlgefallen, was für ein angesehener Mann er doch war.

Meist gab es Ochsenbraten. Eitel Friedrich von Kronburg machte sich ein ganz besonderes Vergnügen daraus, den Braten selbst zu schneiden. »Löschblattscheiben!« sagte er genüßlich und deutete damit an, daß die dünnsten Bratenscheiben die köstlichsten seien. Hanna fand, daß dies kompletter Unsinn sei. Sie wußte nicht, daß sie fast zwanzig Jahre würde warten müssen, ehe sie das Fleisch so dick geschnitten essen konnte, wie es ihr behagte.

An diesem Sonntag war es nicht anders als an den anderen Sonntagen auch. Bei Tisch wurde von Alexanders Karriere gesprochen, von der Möglichkeit, ihn in den diplomatischen Dienst aufsteigen zu lassen, und wie nötig es für ihn sei, sich ›den Wind um die Nase wehen zu lassen.

Hanna saß dabei und schwieg. Es wäre ihr nie eingefallen, etwas zur Unterhaltung beizutragen. Zu oft war sie von ihrem Vater berufen worden. »Rede, wenn du gefragt wirst!« pflegte er zu sagen, und wenn er besonders gut gelaunt war, hieß es: »Du kannst in den Dreck, aber nicht mir in die Rede fallen!«

Was ihm übrigens stets ein leichtes Kopf schütteln seiner Gemahlin eintrug. Es fiel ihr manchmal schwer zu verstehen, daß er sein beständiges Bramarbasieren als ausgesprochen lustig empfand.

Während der Vater seine Nachtischzigarre anzündete, wandte er sich an Hanna: »Du bist doch so stolz auf deinen Pferdeverstand. Vielleicht kannst du mir sagen, was du von dem neuen Pferd hältst?«

»Dem Falben?«

»Der Falbe ist nicht neu. Ich meine den Schimmelhengst, der vorgestern gekommen ist.«

Hanna schwieg.

Von Kronburg sah sie erwartungsvoll an. »Mußt du erst nachdenken, bevor du antwortest?« fragte er gereizt.

»Ja«, sagte Hanna ruhig und hob den Kopf. »Ja, das muß ich.«

»Na schön. Nun hast du nachgedacht.«

»Ich mag das Pferd nicht.«

Der General schlug mit der Serviette auf den Tisch. »Was heißt denn hier ›mögen‹? Du bist nicht nach deinem ›Mögen‹ oder ›Nichtmögen‹ gefragt, sondern danach, was du von dem Tier hältst!«

»Ich sagte es schon«, antwortete Hanna, und eine Spur von Angriffslust lag in ihrer Stimme, »Ich mag es nicht.«

Der Vater antwortete nicht. Ruhig rauchte er seine Havanna. »Bergmann behauptet auch, daß der Hengst nichts taugt«, sagte er dann. »Dabei hat er herrliche Gänge, einen sehr edlen Kopf...«

»... und ist vermutlich ein Schläger«, ergänzte Melanie.

»Ja«, nickte Hanna, »das glaube ich auch.«

Der General stand auf. »Ich gehe in den Stall. Sagt Bergmann, er soll rüberkommen!« Mit dieser Anordnung verließ er das Eßzimmer.

»Nun geh’ schon!« sagte Melanie.

»Soll ich zu Bergmann gehen?« fragte Hanna.

»Wer denn sonst? Etwa ich?«

»Nein, oh nein!« sagte Hanna, gab der Mutter einen flüchtigen Kuß und ging.

Im Stall versammelte sich bald die ganze Familie. Selbst Melanie war an dem neuen Pferd interessiert.

»Ich finde es prächtig!« verkündete der General und schüttelte den Kopf. »Ein richtiges Paradepferd!«

Direktor Bergmann sah den General von der Seite an. »Ich möchte nicht voreilig oder stur erscheinen. Aber das Pferd ist nicht in Ordnung!«

»Was heißt »nicht in Ordnung‹? Ist es krank?«

»Nein.«

»Na also! Verstehe nicht, warum man sich so unklar ausdrücken muß!«

Hanna betrachtete das neue Pferd. Es war ein großrahmiger, prächtiger Schimmel, hoch im Blut stehend, mit einem Kopf, der deutlich seine Araberabstammung verriet. Es war durchaus zu verstehen, daß der General das Pferd schön fand. Und doch war etwas an diesem Pferdekopf, das Hanna Furcht einflößte. Unnahbar, von eisiger Ablehnung schien der Blick des Tieres. Die Ohren angelegt, stand es in seiner Boxe, nervös tänzelnd.

Der General versuchte, das Pferd zu tätscheln. Hoch sauste der Kopf, das Tier bleckte die Zähne und stieß einen hechelnden Laut aus. Die Hufe schlugen an die Stallwand, als wollten sie das kräftige Holz zertrümmern.

»Es muß sich eingewöhnen, das ist alles«, meinte der General und wandte sich ab.

Bergmann zuckte die Achseln und schwieg.

Wieder hallte das ungeduldige, böse Schlagen durch den Stall. Hanna sah Bergmann an. Sie wußte, was er dachte: daß dieses Pferd zu wild, zu bösartig war, als daß man es je würde eingewöhnen können. Daß es schlagen würde, sah man jetzt schon. Doch Bergmann schwieg. Der General hatte sich den Schimmel in den Kopf gesetzt, dagegen gab es keinen Einwand und damit basta.

Hanna ging an ihrem Lieblingspferd Minka vorbei. Wie anders war Minka, auf den Menschen eingestellt und doch temperamentvoll. Hanna klapste Minka auf den Rücken. Ein freundliches Senken des Kopfes und zufriedenes Schnauben waren die Antwort.

Bei dieser Gelegenheit bemerkte Hanna, daß Minka einen neuen Leckstein brauchte. Pferde lieben es, mit der Zunge über einen salzhaltigen Stein zu fahren.

Vor dem Stall gingen der Vater und Bergmann auf und ab, heftige Reden über das neue Roß führend. Genauer gesagt: Reden tat der General. Bergmann schwieg. Er kannte seinen Herrn. Was sollte er da lange zu überzeugen versuchen, wo es nur eine Überzeugung gab — die des Generals.

Der Tag verging wie jeder Sonntag auf Gut Herrenhausen. Am Nachmittag gab es Apfeltorte mit Sahne. Bei schönem Wetter draußen im Garten, bei Regen auf der glasgedeckten Veranda.

Bergmanns kamen, die Jungens durften »Guten Tag, Herr General« sagen, wurden feierlich nach der Schule, ihren Heldentaten und Ungezogenheiten befragt und antworteten mit hellen, klaren Kinderstimmen. Sie zeigten ihre Stiefel vor, ihre Fingernägel und wurden gelobt, wenn sie ihren Scheitel selbst gezogen hatten.

Sie hießen Kurt, Immanuel, Rudolf, Günther und Klaus.

Der General hatte es oft genug bemängelt, daß nicht einer der erstaunlich hübschen Knaben den Namen seiner Majestät des Kaisers trug. Doch Bergmann lächelte in diesem Falle. »Immanuel Kant genügt. Die anderen Namen sind aus der Verwandtschaft.«

»Na schön«, antwortete dann der General, »muß auch sein.«

Im übrigen hatte er sich freundlicherweise dafür verwandt, daß der älteste Junge Kurt in die Kadettenanstalt nach Lichterfelde kam. Das war eine große Auszeichnung für Bergmann, denn erstens war er bürgerlich und zweitens unvermögend.

»Heutzutage hat ja jedes Regiment seinen Konzessionsschulzen«, hatte der General zu Bergmann gesagt, »da können die auch ruhig einen nehmen, der Bergmann heißt.«

›Konzessionsschulze‹ nannte man den – meist begüterten – Offizier bürgerlicher Herkunft, der als einziger in nicht allzu feudalen Regimentern aufgenommen wurde.

An diesem Sonntag hatte Kurtchen Bergmann Urlaub. In tadellos gebürsteter Kadettenuniform, mit gewienerten Schuhen und prächtigem Scheitel erschien das acht Jahre alte Kerlchen am Kaffeetisch. Korrekt und in militärischer Haltung beantwortete er jede Frage des Generals.

Hanna sah den Jungen mitleidig an. Sie empfand nicht den selbstgerechten Stolz der Mutter auf den soldatisch strammen Jungen. Sie sah in seinem Blick etwas Leeres, Kaltes. Wer weiß, dachte sie, wie der kleine Kerl in der Anstalt gezwiebelt und gedrillt wird. Sie haßte die Welt der geputzten Stiefel, sauberen Fingernägel und endlosen Aufräumereien.

»Hier, Schnappsack«, sagte der General und gab dem Jungen einen Groschen. »Für die Sparbüchse.«

Das Kind grüßte und machte eine Kehrtwendung.

»Naja«, nickte der General, »wird schon werden. Mach nur weiter so!«

Frau Bergmann lachte den General an. Ein volles, glucksendes Lachen. Langsam hob Hanna den Blick. Es war ein Blick voll Kälte, Haß und Abscheu, der niemand anderem galt als Frau Bergmann. Und sie verstand. Ihr Lachen erstarb. Unruhig begann sie, an ihrer Bluse herumzuzupfen.

Der Nachmittag verging mit Kuchenessen, Haschenspielen der Kinder und Gesprächen über die Landwirtschaft. Melanie handarbeitete. Hanna stickte an einer Decke, die nach Meinung ihrer Mutter nie fertig werden würde.

Es war schwül, und Hanna erhob sich. »Ich gehe in den Stall«, sagte sie.

»Du gehst nicht in den Stall!« befahl der Vater. »Du kannst den Tisch abräumen.«

Also räumte sie den Tisch ab – sehr zum Entsetzen des Küchenmädchens übrigens, das einen Anschnauzer dafür befürchtete, daß es nicht rechtzeitig zur Stelle war.

Hanna langweilte sich. Am liebsten wäre sie auf ihr Zimmer gegangen, doch hätte es keine zwei Minuten gedauert, und der Vater hätte sie wieder an den Gartentisch beordert.

»Sonntags gehört die Familie zusammen«, behauptete er und erstickte damit jede freiheitliche Regung.

Endlich war auch das Abendbrot eingenommen, der Tisch wiederum abgedeckt und die Skatkarten ausgepackt.

Aus der Nachbarschaft kam Besuch: Herr von Platow, ein heiterforscher Gutsbesitzer, der alle vierzehn Tage seine Aufwartung machte.

Natürlich kam er zum Skat und zu nichts anderem, das hatte Hanna längst heraus. Außerdem schätzte er den guten Wein des Vaters. Hanna konnte es nur recht sein, wenn nun alles mit Weintrinken und Kartenspielen beschäftigt war, gab es ihr doch endlich Gelegenheit, allein zu sein.

Sie dachte an den Leckstein für Minka, ging zum Stall, nahm im Vorraum einen Stein aus einem Schrank und betrat Minkas Boxe. Das Tier freute sich, sie zu sehen. Wieder und wieder rieb es seinen Kopf an ihrer Schulter, schnaubte und stampfte leise mit der Vorderhand. Hanna legte den Stein neben die Krippe und setzte sich auf einen Mauervorsprung.

Im Stall brannte nur eine jämmerliche Funzel. Die Schatten waren hoch und fast schwarz. Die Schwalben hatten ihre Nester bezogen und piepsten sich in den Schlaf . Hin und wieder hob eines der Pferde den Kopf und sah zu Hanna und Minka.

Hanna sprach zu ihrem Pferd. Leise, unnütze Worte, nichts, was von Bedeutung gewesen wäre. »Na, meine Kleine...!« und »Was machst du denn?« oder »Morgen geht’s wieder ’raus.« Ihre Stimme klang sehr liebevoll.

Die große, schwarze Stute hob aufmerksam den Kopf. Sie spürte, daß ihr diese Stimme Gutes sagte. Ihre tiefdunklen, feuchten Augen mit den langen, schwarzen Wimpern schimmerten in dem fahlen Licht.

»Du hast gute Augen, Minka«, sagte Hanna leise, »nicht so kalte, gräßliche wie der neue Hengst, den Vater...«

Sie stockte.

Wütendes Schlagen gegen Holz hallte durch den Stall. Irgend etwas krachte. Und wieder diese bösen, harten Schläge. Holz splitterte. Eine Kette rasselte.

Minka hob den Kopf. Spitzte die Ohren.

Hanna war aufgesprungen.

Und dann sah sie es:

Riesige Schatten im Licht der kleinen Laterne werfend, kam der Schimmel die Stallgasse entlang. Er hatte seine Box zerschlagen, das Halfter zerfetzt. Langsam, gereizt und zu Bösem bereit schritt das Tier auf Hanna zu.

Hanna warf ihre Arme um Minkas Hals. »Hilf mir, Minka! Ich habe Angst!«

Minka wieherte hell, und noch ehe Hanna ihre Arme vom Pferdehals nehmen konnte, spürte sie eine starke Bewegung, bekam einen Stoß und fiel in die Streu.

Hufe klapperten, Minka wieherte.

Und noch etwas hörte Hanna: einen entsetzlichen Schrei. Den Schrei eines Menschen.

Hanna raffte sich auf. Zitternd und erregt stand Minka vor ihr. Tänzelte. Hanna wollte an ihr vorbei. Doch das Tier ließ sie nicht aus der Box, drückte sie gegen die Stallwand.

›Um Gottes willen‹ dachte Hanna, ›Minka wird mich erdrücken‹ Doch nichts dergleichen. Das Tier versperrte ihr lediglich den Weg. Die Stalltür wurde auf gerissen, Hanna hörte Vaters Stimme, aufgeregtes Rufen und Schreien. Immer mehr Leute kamen in den Stall. Endlich machte Minka Platz und ließ Hanna vorbei. Als sie aus der Box trat, sah sie, was geschehen war. In der Stallgasse lag, blutend und bewußtlos, Gutsdirektor Bergmann.

»Ist er tot?« fragte Kurtchen, der daraufhin sofort aus dem Stall geschickt wurde.

Während sich Frau Bergmann um ihren Mann kümmerte, ging der General zu dem Schimmel und führte ihn in eine andere Box. Dabei sagte er, zu Hanna gewandt. »Nun sieht man ja, welches Pferd bösartig ist!«

Hanna zitterte. Es war Minka, die den Gutsdirektor niedergeschlagen hatte. Mit beiden Hufen hatte sie ausgekeilt und ihn in den Rücken getroffen. Sie hatte es getan, um Hanna zu beschützen, um den angriffsbereiten Schimmel zu vertreiben.

Hanna wurde kalt. Niemand würde ihr glauben, daß dieses entsetzliche Unglück nur geschehen war, weil Minka ein gutes, anständiges Tier war.

Bergmann hatte das Krachen und Schlagen des Schimmels gehört, war in den Stall gekommen, um das Pferd wieder festzubinden« Minka hatte ihn nicht wahrgenommen, hatte nur daran gedacht, den Schimmel abzuwehren und von Hanna fernzuhalten.

Sie versuchte, es dem Vater zu erklären, doch der wollte davon nichts wissen.

»Das Biest wird erschossen!« rief er. »Und zwar von mir!« Er war aufgeregt, und seine Stimme klang heiser.

Hanna konnte nicht sprechen. Sie wollte zum Vater gehen und noch einmal alles erklären. Aber sie könne nicht. Ihre Hände zitterten so, daß sie sich in ihrem Kleid festkrallte, damit es niemand sah.

Bergmann wurde ins Gutshaus gebracht.

Hanna blieb im Stall. Sie stand immer noch da, als ihr Vater zurückkam.

»Was machst du hier noch?« fragte er. »Geh in dein Zimmer!« Er zog Minka am Halfter aus dem Stall.

Hanna stürzte sich auf ihn, griff nach seinen Händen. Wie wahnsinnig schüttelte sie den Kopf. »Nein! nein!« rief sie, und immer wieder: »Nein!«

»Du bist wohl verrückt!« schimpfte der General und schob sie beiseite. »Hast du nicht gehört, was ich dir gesagt habe?! Du sollst Weggehen!«

Sie ging. Ging über den Hof.

Blieb stehen, blickte sich um. Sah den Vater mit Minka.

Minka! Geliebte Minka!

Sie schlug die Hände vors Gesicht.

Als der Schuß fiel, schrie sie auf und weinte... weinte... weinte.

Von diesem Tag an war alles anders. Hanna, sonst täglich im Stall zu sehen, blieb so viel wie möglich in ihrem Zimmer.

Einmal tätschelte der General ihre Hand. »Verstehe schon, sowas ist schlimm und tut weh. Aber irgendwann verliert jeder mal das erste Pferd.«

Die Verletzungen Bergmanns waren weitaus schlimmer, als man zunächst gedacht hatte. Ein gewaltiger Schlag hatte die Wirbelsäule getroffen und das Rückenmark verletzt. Ein zweiter Schlag hatte ihn an der Schläfe getroffen. Von nun an würde Werner Bergmann blind und gelähmt bleiben.

»Wie gut, daß wenigstens ein Junge in der Kadettenschule ist«, sagten die Leute und lobten den General für seine Güte, daß er die Familie Bergmann mit ihren Kindern trotz der Krankheit des Vaters auf dem Gutshof in Soldin wohnen ließ.

Es gab eben immer noch anständige Menschen.

Vor allem in Preußen.

Antonia

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