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Kapitel 9, Poetovio, 13. April 373

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Sie sahen schon die Stadt Poetovio in der Ferne, hinter der Villa Patria lag. Markus war froh, dass er wieder zu Hause war. Das rege Treiben hatte er vermisst. Tagelang die Landstraße anstarren hatte er satt. Obwohl es in den letzten Tagen nicht langweilig war.

Etwas beschäftigte Markus weiterhin. „Warum bist du bei dem Überfall zurückgekommen?“

Fara sinnierte. Es gab vieles, was sie anführen könnte. Sie hatte ihr Zuhause verloren, denn bei Gordian hatte sie keine Zukunft. Allein als Frau ohne Geld im Römerland, war sie ohne Schutz. Sie hätte mit Jago zwar fliehen können, aber das war Pferdediebstahl.

Dann war da noch Markus. Als seine Sklavin hätte er sie ständig prügeln und in Fesseln legen können. Doch er behandelte sie nicht so. Tief in ihrer Seele versteckt, gab es seit einigen Jahren Träume, die ihr ein wenig Hoffnung und Mut gaben, allen Widrigkeiten des Schicksals zu trotzen. Und er war der Grund dafür. Der Überfall mit seinen Ungereimtheiten beunruhigte sie. Das Problem könnte mit einem Schlag alles ändern und diesen kleinen Hoffnungsschimmer auslöschen.

„Finde selbst heraus, warum die Nornen und die Parzen die gleiche Straße entlang gehen“, sagte sie geheimnisvoll.

Markus war wie vor dem Kopf geschlagen. Wenn germanische und römische Schicksalsgöttinnen die Lebensfäden von Fara und ihm verwebten, verhüllte sich dann Fortuna, die Göttin des Glücks?

Markus hatte sich wieder auf Ferox geschwungen und zu Flavius gesellt, um die letzte Strecke nach Villa Patria zurückzulegen. Vitus saß weiter auf seinem Pferd. So blieb Fara auf dem Pferdewagen allein mit ihren Gedanken.

Sie fuhren auf der Bernsteinstraße schon längere Zeit durch eine Ebene mit Feldern, Wiesen und Wäldern, umsäumt von Hügeln in der Ferne. Kleine Ansiedlungen oder Häuschen waren zu sehen. Ab und zu kamen ihnen ein Fuhrwerk, Reiter oder Wanderer auf der Straße entgegen. Weit vor ihnen waren Leute mit Bündeln auf einem Handkarren unterwegs in Richtung der Stadt Poetovio, wie sie bei den Römern bezeichnet wurde. In der diesigen Ferne der Ebene waren schon undeutlich die Umrisse der Burg über der Stadt zu erkennen. Die Römerstraße lief genau auf diese Burg zu. Überall waren Wiesen mit weidendem Vieh und frisch gepflügten Feldern zu sehen. Auf manchen waren Ochsen vor dem Pflug dabei, Furchen in den fruchtbaren Boden zu ziehen.

Selbst die Pferde der Reiter schienen das nahe Ende der Fahrt zu spüren und liefen von sich aus schneller. Fara musste die Pferde des Fuhrwerks jetzt öfter antreiben, damit die Lücke zu den Reitern nicht zu groß wurde.

Die Burg wuchs schnell und die Mauern wurden sichtbar, welche unterhalb des Burgberges die Stadt einschlossen. Die Römerstraße endete an einem großen Tor in der Mauer. Kinder tobten auf den Wiesen nahe der Mauer herum. Manche mussten Gänse hüten oder ein Schwein beaufsichtigen, das mit einem Strick am Bein angepflockt war.

Vor dem Stadttor war eine Traube von Menschen, die in die Stadt wollten. Sie kamen von den Arbeiten auf den Feldern zurück. Die Stadtwachen sorgten für Ordnung und kontrollierten Gepäckstücke und Waren. Als Markus mit seinen Reitern an der Spitze seines Zuges herankam, winkte er nur dem Kommandanten der Wachmannschaft zu und deutete auf das Fuhrwerk hinter ihm. Ohne angehalten zu werden, durften sie passieren und tauchten in die engen Straßen der Stadt ein.

Der Weg durch die Gassen führte sie nicht zum Burgberg. Sie bogen schon bei der nächsten großen Kreuzung in Richtung Westen ab. Durch die vielen Leute und Karren auf der Straße kamen sie mit dem Pferdewagen nicht so schnell voran. Fara hatte zu tun, nicht mit anderen Karren zusammenzustoßen. Manchmal musste sie warten, bis es weiter ging. So hatte sie nebenbei Zeit, die Häuser, die Läden, die Menschen und das Leben auf der Straße zu betrachten.

Nach kurzer Zeit erreichten sie wieder die Stadtmauer. Durch ein Tor mit Türmen links und rechts verließen sie die Stadt und standen direkt am Ufer eines Flusses. Eine Holzbrücke führte darüber. Die Brücke war nur für ein Pferdefuhrwerk breit genug. Markus wartete, bis seine Gruppe an der Reihe war. Hier setzte sich Vitus wieder neben Fara auf die Wagenbank, nachdem er die Zügel seines Pferdes einem Soldaten von Flavius gegeben hatte.

Unter lautem Poltern durch das Hufgetrappel der Pferde, überquerten sie den Fluss. Das erinnerte Fara daran, dass sie im letzten halben Jahr zweimal hier vorbeigekommen war. Der Sklavenhalter hatte sie mit einem Pferdewagen nach Aquileia und zurück transportiert. Die Regenplanen der Wagen waren meist geschlossen. Außerdem hatte es Fara in dieser winterlich kalten Zeit nicht gekümmert, wo sie entlangfuhren.

„Das ist der Fluss Dravus“, sagte Vitus zu Fara. „Wir transportieren auf ihm das Salz in wasserdichten Fässern mit Booten hierher nach Villa Patria.“

„Wo liegt denn Villa Patria? Ist es schon zu sehen?“, fragte Fara.

Vitus wies nach vorn. „Dort hinter dem Wald auf der rechten Seite der Straße kommt eine Taberna. Sie hat den Namen Taberna Salinum. Der Vater von Octavius hatte die Taberna übernommen und nebenbei Salz verkauft. Weil der so dick wie ein Fass war, wurde mit der Zeit die Taberna meist Salinum, Salzfass, genannt.“

Nach der Holzbrücke folgte die Römerstraße weiter nach Westen. Es war später Nachmittag und Fara blinzelte angestrengt gegen die Sonne, damit sie sah, wohin die Reise ging. Voraus, in der Ferne, sah man nach der Ebene waldbedeckte Hügel aufsteigen. Weit dahinter waren Umrisse von höheren Bergen zu sehen.

Vitus erzählte. „Das Geschäft mit dem Salz war so erfolgreich, dass Octavius und vorher sein Vater zu Händlern wurden. Sie kauften ein Salzbergwerk in den Bergen und übernahmen den Transport und die Verteilung von Salz. Wir beliefern heute fast die gesamte Provinz Pannonien mit unserem Salz. Sogar über den Limes hinaus mit den Quaden und den Jazygen treiben wir Handel.“

Sie überquerten einen Bach über eine steinerne Bogenbrücke.

„Auf dem gleichen Weg wie das Salz bringen wir norisches Eisen mit hierher. Nicht das Erz. Das wird in Noricum in den Bergen geschmolzen. Nein, wir bringen es in Stücken hierher und schmieden für das Militär Waffen und andere benötigte Ausrüstungen, wie Sandalennägel. Die vier Legionen am Donaulimes sind unsere größten Kunden. Die Waren, die wir dafür eintauschen und auf dem Rückweg aus Pannonien mitbringen, verkaufen wir in Aquileia am Meer. So ist das Handelshaus Mercatoria Salinum bis heute gewachsen.“

Vitus zeigte hinter sich auf die Ladefläche. „Markus hat in Carnuntum Electrum gekauft und auf dem Rückweg haben wir von Clarissa Wein für die Taberna Salinum mitgebracht.“

„Was habt ihr mit dem Electrum vor? Weiterverkaufen?“, fragt Fara.

„Nein. Markus hat die Idee, Schmuck herstellen zu lassen. Das ist in Mode und verspricht, ein günstiges Geschäft zu werden. Er hat Goldschmiede und Handwerker bei den Barbaren angeworben, um deren Traditionen zu nutzen. Wenn der Schmuck etwas anders aussieht, als es sonst üblich ist, verkauft er sich besser.“ Vitus war da nicht so bewandert. Aber Markus hatte ihm einiges über sein Vorhaben erzählt.

Fara war zwar immer für Schmuck zu begeistern, aber sie hatte jetzt andere Sorgen, als an Ketten, Fibeln und Ringe zu denken.

Da erschien hinter dem Waldstück eine Taberna. Vor den Mauern der Taberna zur Straße hin war ein großer Platz für die Wagen und Pferde der Gäste. Wie auf dem Lande üblich, war die Taberna mit einer hohen Mauer umgeben oder die Mauern der Häuser hatten nach außen keine Öffnungen. Ein offenes großes Holztor lud die Gäste ein, in den Hof zu kommen. An die Mauer zur Straße hin waren rechts ein riesiges Fass gemalt mit der Überschrift Taberna Salinum und links ein ebenso großes Fass mit der Überschrift Mercatoria Salinum. Ein schwarzer Pfeil zeigte nach links.

Fara - Kampf um Villa Patria

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