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Kapitel 1, Savaria, 10. April 373

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Die Sonne brannte am Nachmittag wie im Juni. Dabei war es Mitte April. Der Frühling war dieses Jahr zeitig gekommen und fast alle Bäume hatten ihr Laub ausgetrieben. Das helle Grün der Büsche leuchtete und die ersten Blumen zauberten farbige Tupfen auf die Wiesen. Die Vögel schmetterten überall ihr Frühlingslied. Aber keiner auf der geschäftigen Straße beachtete das Erwachen der Natur.

Markus trieb sein Pferdegespann zur Eile an. Er wollte rechtzeitig auf dem Sklavenmarkt von Savaria ankommen, bevor die Sklavenhändler für heute ihre Zelte abbrachen. Schade, dass Tante Clarissa ihm erst beim Essen zu Mittag beiläufig erzählte, dass dort eine Fürstentochter der Quaden feilgeboten wurde. Vielleicht war sie eine Prinzessin von Fürst Vankor? Dieser Name hing mit dem Tod seines Vaters zusammen, der vor drei Jahren von diesem Fürstenhof mit einem Pfeil im Rücken fliehen musste. Sofort hatte Markus Vitus gerufen und die Pferde anspannen lassen.

Savaria war auf der gepflasterten Römerstraße schon von weitem zu sehen. Markus würde am Stadttor dem Wachsoldaten eine Münze in die Hand drücken, damit der auf seinen Pferdewagen aufpasste. Zu Fuß kam er in den engen Gassen der Stadt schneller voran.

Es brauchte doch einige Zeit, um den Sklavenmarkt zu erreichen. Alles, was Beine hatte, war aus den dunklen Wohnhäusern geströmt und hatte das gesamte Leben auf die Gassen verlegt. Jeder Händler oder Handwerker bot ihm etwas zum Verkauf an und stellte sich ihm in den Weg. Markus war hochgewachsen, mit breiten Schultern. Seine kurz geschnittenen schwarzen Haare brauchten keinen Kamm. Obwohl er die Angewohnheit hatte sich mit der Hand durch die Haare zu fahren, lagen sie danach wieder wie frisch gekämmt. Das feine Tuch der Tunika, der silberbeschlagene Gurt mit dem langen Messer und der verzierten Gürteltasche wiesen ihn als reichen Mann aus. Selbst von dem finsteren Gesicht, das Markus zeigte, ließen sich die Händler und Handwerker nicht abhalten, ihre Waren feilzubieten.

Vitus trottete heimlich schmunzelnd hinter Markus her. Er war seit vier Jahren sein Fechtlehrer. Sein Vater hatte ihn damals in den Dienst genommen, weil die Straßen der weströmischen Provinz Pannonien durch Räubergesindel nicht mehr sicher waren. Vitus war nur wenige Jahre älter als Markus. Seit dem Tod seines Vaters Octavius und dem täglichen Umgang miteinander entstand eine vertrauensvolle Freundschaft. Jeder akzeptierte die Stellung des Anderen und tolerierte die konträren Eigenheiten, weil sie sich dadurch ergänzten. Vitus begleitete fast immer Markus auf seinen Reisen und übernahm dabei die Rolle eines Leibwächters. Mit seiner mittleren Körpergröße und der drahtigen Statur war er nicht das übliche Aushängeschild eines furchteinflößenden Muskelprotzes. Aber wenn doch die Waffen gezogen wurden, dann führte er das schnellste Schwert.

Es war im Römischen Reich verboten, dass zivile Personen Waffen trugen. Nur das Militär, die Stadtwachen und die Benefizianer für die Polizeiaufgaben durften offiziell schwere Waffen tragen. Aber Benefizianer gab es immer weniger, weil diese in den römischen Legionen dringender gebraucht wurden. Es gab zu viele Unruhen und Kämpfe an den Grenzen des Reiches. So trieb Raubgesindel in den Provinzen sein Unwesen. Es war schon lange üblich, dass Leibwächter ein Schwert trugen und Händler wie Markus ihre Warentransporte mit eigenen Wachen und Waffen beschützten.

Sie erreichten endlich den Sklavenmarkt. Es wurden nicht viele Sklaven angeboten. In den letzten Jahren gab es keine Kriege gegen die Quaden, Jazygen oder Markomannen auf der anderen Seite des römischen Donaulimes. Die Sklavenhändler waren auf Auseinandersetzungen der Barbaren untereinander angewiesen, um dort neue Sklaven aufkaufen zu können.

Markus war überzeugt, sofort zu erkennen, wer diese Prinzessin war. Prinzessinnen waren ja bildschön und prächtig ausgestattet. Das hatte man ihm, seit er ein kleiner Junge war, immer wieder erzählt. Er entdeckte keine Prinzessin an ihren Kleidern, der Haltung oder an ihrer Schönheit. Markus hegte schon die Befürchtung, dass die Prinzessin verkauft war und er zu spät kam. Aber schöne, junge Frauen und dazu Prinzessinnen, die sicher eine umfangreiche Ausbildung erhalten hatten, waren recht teuer. Es gab in dieser Gegend nicht viele Herrschaften, die sich diesen Luxus leisten konnten. Es war überhaupt erstaunlich, dass in dieser Stadt eine Fürstentochter angeboten wurde. Solche wurden nach Aquileia oder bis Rom gebracht. Er würde ja sehen.

Nachdem er die fünf Sklavenhändler, die heute auf dem Markt waren, umrundet hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als bei jedem einzelnen Händler nachzufragen.

Die Verkaufsstrategie für die Sklaven war recht unterschiedlich. Meist standen die angebotenen Sklaven auf einem erhöhten Podest in der Sonne, damit sie ausgiebig betrachtet werden konnten und ein gewisser Abstand zur Ware gehalten wurde. Ein Aufseher stand immer dahinter zur Bewachung. Selten waren die Sklaven gefesselt oder angebunden. Ungehorsam wurde nicht geduldet. Man brachte den Sklaven zuerst Gehorsam bei, ehe sie zum Verkauf angeboten wurden. Nur wer für einen Sklaven näheres Interesse zeigte, wurde auf das Podest gelassen.

Der dritte Sklavenhändler hatte seine Ware in einem großen Zelt versteckt, sprach lautstark jeden Passanten an und lud ihn ein, ins Zelt zu kommen. Dabei erzählte er in blumigen Worten, welche auserlese Prachtstücke er anbot. Er schaffte es, Markus ins Zelt zu komplimentieren. Eher beantwortete er Markus‘ Frage nicht, ob er eine Prinzessin im Zelt verbarg.

Beim vierten Sklavenstand waren alle angebotenen Sklaven an einen Pfahl angebunden. Das ersparte dem Sklavenhalter viele Aufseher und er bot gleichzeitig alle seine Sklaven feil. So waren in der vordersten Reihe die kräftigsten Männer und Frauen aufgestellt. Man sah ihnen an, dass dieser Sklavenhändler seine Ware mit harter Hand behandeln ließ. In der zweiten und dritten Reihe standen die Jugendlichen, Männer und Frauen mittleren Alters. An den Pfählen der hintersten Reihe waren ältere Personen, kleine Kinder und eine in Lumpen gehüllte junge Frau mit zotteligen Haaren, die mit hängendem Kopf in der Sonne stand. Man hatte ihr sogar die Füße an den Pfahl gebunden.

Markus war schon im Begriff weiterzugehen. Aber wenn er einmal hier war, sollte er alle Sklavenhändler nach der Prinzessin fragen.

„Da haben Sie Glück, Herr. Ich habe die einzige Prinzessin weit und breit. Es ist in diesen Zeiten recht selten, eine wirkliche Prinzessin auf dem Markt anbieten zu dürfen“, strahlte der Sklavenhändler, ein vierschrötiger Kerl von über 40 Jahren. Seine rötliche Tunika und seine weiße Toga darüber wiesen ihn als Römer aus.

„Herr, ich hatte sogar zwei Fürstentöchter. Eine habe ich in Aquileia an einen Sklavenhändler aus Rom verkauft. Die war blond und sprach fließend Latein. Die Prinzessinnen sind vom Fürsten Vankor, einem wichtigen Fürsten bei den Quaden. Für die zweite Prinzessin habe ich in Aquileia nur niedrige Angebote erhalten. Ich will sie wieder über den Donaulimes ins Quadengebiet zurückbringen, um ein Lösegeld auszuhandeln.“ Dabei zog er Markus Stück für Stück in Richtung der hintersten Pfahlreihe.

„Wie seid Ihr denn an die Prinzessinnen herangekommen? Etwa geraubt?“, fragte Markus.

„Nein, nein, Herr. Einer meiner Aufkäufer in diesem Gebiet hat sie von ihrem Bruder gekauft. Sie waren auf einer Jagd, ein paar junge Herren, der Bruder und die beiden Prinzessinnen. Der Bruder hatte mit meinem Mann einen Treffpunkt ausgemacht und die beiden Prinzessinnen an ihn verkauft.“ Der Sklavenhändler schaute Markus fragend an.

Markus überlegte fieberhaft, was da passiert war. Er wusste von seinen Fuhrleuten und Unterhändlern, die er entlang der Römerstraße zwischen Carnuntum und Aquileia auf Handelsfahrt hatte, dass Fürst Vankor seit einem halben Jahr tot war.

„Kennt Ihr den Namen dieses Bruders?“, fragte Markus nach.

„Herr, die Prinzessinnen sagen, dass er Gordian heißt. Aber sie behaupten immer noch, dass Vankor, ihr Vater, sie freikaufen würde.“

Markus merkte dem Sklavenhändler an, dass er einen Freikauf problematischer ansah, als die Prinzessin hier zu verkaufen. Er musste damit rechnen, dass Vankor seine Version, wie er zu den Prinzessinnen kam, nicht glauben und sich für den Raub rächen würde. Zumal dieser Gordian sicher seine eigene Geschichte erzählen würde. Dass Vankor tot war, wusste der Sklavenhändler nicht. Das war für ihn von Vorteil.

„Wo ist denn nun diese zweite Prinzessin?“, fragte Markus.

„Hier, Herr.“ Der Sklavenhändler zeigte auf die in Lumpen gehüllte, junge Frau in der hintersten Reihe. „Wir haben alles versucht, dass sie sich gefällig verhält. Mit der Peitsche wollen wir sie nicht verunstalten. Das senkt den Preis ja deutlich. Wir versuchen es mit Hungern. Als wir in Aquileia die blonde Prinzessin verkauft hatten, da hat die hier getobt wie eine Furie. Dabei hat sie einem meiner Aufseher das Messer entwendet. Den haben wir mit zweiunddreißig Messerstichen aus ihrer Zelle geholt. Seitdem hat sie kein Wort mehr gesprochen. Keine Träne, nichts. Essen will sie nicht nur ein, zwei Happen. Sie hat sicher an der anderen Prinzessin gehangen.“ Der Sklavenhändler merkte, dass er keine vorteilhafte Bewertung von seiner Sklavin berichtete. Deshalb schwieg er erst einmal.

Markus bemerkte trocken. „Die ist ja fast tot. Die hält ja nur noch der Pfahl aufrecht.“

„Von wegen fast tot, Herr. Heute Vormittag hat sie einem älteren Herrn hier aus der Stadt so zwischen die Beine getreten, dass dem die Augen schier herausquollen. Dabei wollte er nur mal unter ihre Tunika gucken, um zu sehen, was er da kauft. Deshalb ist die Tunika so zerrissen. Dann lag er hier und wälzte sich im Staub. Das gab ein Geschrei. Der ganze Markt kam hergelaufen und hat den alten Hurenbock ausgelacht. Der konnte froh sein, dass die Prinzessin angebunden war. Deshalb haben wir jetzt ihre Füße festgebunden. So kann sie Euch nichts mehr antun, Herr.“ Der Sklavenhändler schien nicht zu lügen. Es kam in der Stadt schnell heraus, was passiert war.

„Warum meint Ihr, soll ich mir diese Prinzessin ansehen, nachdem Ihr mir das alles erzählt habt?“, fragte Markus. Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte er sich, dass Vitus hinter ihm stand.

„Herr, ich hatte wenig Zeit, mich mit der Prinzessin abzugeben. Aber gewiss kann sie reden. Sie sprach ja vorher. Sie will unbedingt von Vankor freigekauft werden. Dass Prinzessinnen recht jung an andere Fürstenhäuser aus Bündnisgründen verheiratet werden, ist ja üblich. Sie müssen dort als Fürstin, oder was sie dann sind, einen großen Hausstand und Hof führen. So wie sie hier aussieht, das täuscht. Die hat immer eine Überraschung parat.“

Das ganze Gespräch fand neben der Prinzessin statt. Bisher bemerkte Markus keine Regung bei ihr. Ob sie schlief? Nein, dann wäre sie am Pfahl entlang nach unten gerutscht. Wer weiß, wann sie das letzte Mal zu essen oder zu trinken bekommen hatte.

Markus war sich im Klaren, warum er hier stand. Er hatte endlich Gelegenheit, mehr zu erfahren, wie und wieso sein Vater Octavius an Vankors Hof beschuldigt und gefangen genommen wurde. Ihm war zwar durch Hilfe die Flucht gelungen, aber bei der Verfolgung traf ihn ein Pfeil in den Rücken. Mit der Pfeilwunde hatte er sich bis Carnuntum auf römisches Gebiet gerettet und wurde von seinem Unterhändler dort versorgt. Die Wunde entzündete sich auf dem weiteren Weg nach Savaria zum Weingut seiner Freundin Clarissa. Dort gab es zwar Wisgard, die alte Heilerin, aber die Entzündung war zu weit fortgeschritten, so dass er am dritten Tag nach seiner Ankunft starb. Er, Markus, hatte ihn nicht mehr sprechen können.

Was er über diese Vorgänge wusste, hatte ihm Tante Clarissa erzählt. Jetzt hatte er zudem die Gelegenheit, sich an der Prinzessin zu rächen. Denn diese hätte behauptet, sein Vater plante, sie zu entführen und als Sklavin zu verkaufen. Oh, die sollte leiden!

Markus hatte zwar sein persönliches Interesse an der Prinzessin, das ging aber den Sklavenhändler nichts an. Außerdem wollte er für diese falsche Schlange kein Vermögen ausgeben. Besser war, wenn sich diese Intrigantin nicht mit einmischte.

Markus zeigte auf die Prinzessin. „Die sieht nicht wie eine Prinzessin aus. Ihr könnt mir hier viel erzählen. Ich glaube nicht, dass die mit dieser einfachen Tunika auf Jagd war.“

„Verzeiht, Herr. Ich habe nicht damit gerechnet, dass heute gleich zwei Käufer ein Interesse an ihr haben. Dann hätten wir ihr natürlich ihre eigenen Sachen angezogen. Ich habe ihre Jagdausrüstung hier. Ein Gürtel mit Essmesser, der Bogen und einen verzierten Pfeilköcher. Ihr wisst schon, diese Bögen, die so geschwungen sind und eine große Schussweite erreichen. Ich zeige es Euch, damit Ihr mir glaubt.“ Der Sklavenhändler stapfte zu seinem kleinen Zelt und kramte in einer Truhe.

In der Zwischenzeit trat Markus mit finsterer Miene an die Prinzessin heran, fasste sie am Kinn und hob ihren Kopf hoch. Durch einen Vorhang von wirren, dunkelbraunen Haaren starrten ihn fast schwarze Augen an. Als ihr Blick auf Markus fiel, huschte für einen kurzen Augenblick ein erfreuter, erkennender Ausdruck über ihr Gesicht. Aber sofort erstarb ihr Gesicht wieder und zeigte keine Regung mehr. Sie schien nicht zu wenig gegessen zu haben, denn ihre Wangenknochen traten nur undeutlich hervor.

Nach kurzer Zeit kam der Sklavenhändler mit den Sachen der Prinzessin und der Jagdausrüstung aus dem Zelt zurück. Markus erkannte sofort an der reichen Verzierung des Pfeilköchers eine Arbeit der Quaden. So viel hatte er auf seinen Handelsreisen kennengelernt. Überrascht war er von den Hosen, die zuunterst lagen. Das war eine typische Männerkleidung der Reitervölker der Sarmaten, zu denen die Jazygen gehörten. Die römische Mode kannte keine Hosen. Aber dass eine Frau so etwas trug, war ihm neu.

Markus nickte. „Dann schaue ich mir die Prinzessin mal an.“

Mit beiden Händen ergriff er ihren Kopf. „Zeig mal deine Zähne!“

Prompt spürte er den Widerstand der Prinzessin. Wer wollte sich schon wie ein Pferd begutachten lassen. Es war aber normal, dass es bei Sklaven der erste Blick war, ob alle Zähne vorhanden und in welchem Zustand sie waren.

Die Gegenwehr hatte er erwartet. Er rang förmlich mit der Prinzessin, um ihren Mund aufzudrücken. Keiner sah, wie er seine kleinen Finger, verdeckt durch deren Haare, weit nach unten spreizte und ihr auf die Halsadern drückte.

Das Schauspiel kannte Vitus von seinem Freund. Deshalb wandte er sich an den Sklavenhändler, um ihn abzulenken. „Ist die A-Ausrüstung der anderen P-Prinzessin noch da oder h-hat sie die mitbekommen nach R-Rom? Dort kann ja k-keiner etwas mit diesem Z-zeug anfangen.“

„Ach, je barbarischer das Aussehen, umso höher ist das Interesse bei den Römern. Ich hätte selbst diese Klamotten hier sofort in Aquileia verkaufen können. Aber ich wollte sie für diese Prinzessin hier aufheben.“ Der Sklavenhändler legte inzwischen die Sachen auf den Erdboden und drehte sich zu Markus um.

„Du störrisches Biest. Mach endlich dein Maul auf und wage nicht, mich zu beißen.“ Dabei schüttelte Markus den Kopf der Prinzessin hin und her. Die konnte sich nur durch Drehungen mit dem Kopf wehren. Aber Markus hielt ihn fest umklammert. Doch der Mund blieb zu. Plötzlich sackte die Prinzessin zusammen. Markus ließ den Kopf los. Die Prinzessin rutschte an dem Pfahl nach unten und hing verdreht in ihren Fesseln.

„Was wollt Ihr mir da verkaufen? Wenn die schon beim Zähnezeigen stirbt, da hat sie wohl seit Aquileia nichts mehr zu fressen bekommen!“, brüllte Markus den Sklavenhändler an.

„Herr, was habt Ihr getan. Das ist noch nie passiert.“ Damit stupste der Sklavenhändler die Bewusstlose mit den Füßen an. Sie zeigte keine Reaktion, sosehr er auch weiter stupste. „Die ist bloß etwas entkräftet durch das lange Stehen heute. Ein Eimer kaltes Wasser macht sie sicher wieder munter.“

„Wie lange habt Ihr denn diese Prinzessin schon?“, fragte Markus.

„Ich habe sie seit dem letzten Spätherbst. Ich hoffte, dass jetzt im Frühjahr das Interesse größer ist“. Der Sklavenhändler zuckte mit den Schultern.

„So wie die aussieht und beim ersten Anfassen zusammenklappt, müsst Ihr froh sein, dass ich Euch nicht wegen Betruges anzeige. So etwas darf man doch nicht in Savaria als Sklavin anbieten!“ Markus baute sich drohend vor dem Sklavenhändler auf. Sofort erschien der einzige Aufseher, den der hatte.

„Soll ich Euch mal was sagen. Ich bin Salz- und Waffenhändler und habe eben in Carnuntum im Legionslager meine Waren abgeliefert. Von der Legion weiß ich, dass Vankor seit einem halben Jahr tot ist und die wissen, was auf der anderen Seite des Donaulimes los ist. Sein Sohn Gordian hat jetzt dort das Sagen. Der wird die Prinzessin hier bestimmt nicht zurückkaufen.“

Der Sklavenhändler erschrak. Er kam aus Aquileia und wusste davon nichts.

Markus legte nach. „Ich bin die letzte Möglichkeit, dem Ihr diesen Haufen Dreck verkaufen könnt. Prinzessin hin oder her. Lange macht die es nicht mehr. Keiner kauft einen Sklaven zum Beerdigen. Ich sollte meinen Freund Brutentius, den Praefectus vigilum der Stadt, informieren, dass Ihr hier solchen Betrug anbietet.“ Mit hochrotem Kopf, eine Hand auf dem Messergriff an seiner Seite abgelegt, starrte er den Sklavenhändler an.

Markus wusste, was beim Aufkauf von Sklaven bei den Barbaren gezahlt wurde. „Ich mache Euch einen Vorschlag. Ihr verkauft mir die Sachen und die Jagdausrüstung für den Preis von einem kleinen Sklavenjungen und legt diesen Haufen Elend von Prinzessin obendrauf. Mehr ist das alles nicht wert.“

Der Sklavenhändler wollte sich nach bewährter Händlermanier in den Dreck werfen und heulend die Hände ringen, dass er bald verhungern müsste. Aber Markus drehte sich voll Abscheu um und ging. Vitus blieb einen Moment stehen, um den sicheren Abgang zu gewährleisten, und folgte ihm.

Markus hatte keine fünf Schritte durch die Sklavenpfähle gemacht, da rief der Sklavenhändler hinterher. „Den Preis von zwei Sklavenjungen.“

„Maximal ein Sklavenjunge und hundert Sesterzen dazu oder Ärger mit dem Praefectus.“ Hochaufgerichtet blickte Markus den Sklavenhändler von oben herab herrisch an.

Der Sklavenhändler tat, als überlege er. Er wollte keinen Ärger mit den Beamten. „Also gut. So sei es. Aber nimm diesen Haufen Ärger sofort mit.“

Mit einem Kopfnicken in Richtung Vitus signalisierte Markus, sich um die Prinzessin zu kümmern.

„Ich nehme die Sachen und die Jagdausrüstung,“ sagte er zu ihm.

Dann folgte er dem Sklavenhändler in sein Zelt, um die Bezahlung zu leisten.

Vitus zog sein Messer und schnitt die Prinzessin vom Pfahl los. Haltlos fiel diese auf die Erde. Die Stricke steckte sich Vitus in den Gürtel und hievte die Bewusstlose wie einen nassen Sack auf seine Schulter. Ausgehungert schien sie nicht zu sein. Sie hatte reichlich Gewicht. Mit gemächlichen Schritten marschierte er los in Richtung Pferdewagen. Dabei baumelten die Arme, Kopf und Beine der Prinzessin im Takt seiner Schritte.

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