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Hoffnung, die uns trägt
tum und Islam die drei großen Buchreligionen der Menschheit. Keine von ihnen
wäre ohne ihre „Heilige Schrift“ zur Weltreligion geworden.
Das längste Kapitel der Bibel besteht aus einem scheinbar nicht enden wollenden
Loblied auf die Vorzüge der Thora, der einzigartigen Offenbarung des Willens Got-
tes an Israel. Dabei wird jedem der 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets eine
Strophe gewidmet, deren acht Verse jeweils mit demselben Buchstaben beginnen.
Strophe 13 ist dem Buchstaben „M“ gewidmet und enthält die folgenden bemer-
kenswerten Sätze: „Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Täglich sinne ich ihm nach.
Du machst mich mit deinem Gebot weiser, als meine Feinde sind; denn es ist ewig-
lich mein Schatz. Ich habe mehr Einsicht als alle meine Lehrer; denn über deine
Mahnungen sinne ich nach. Ich bin klüger als die Alten; denn ich halte mich an
deine Befehle.“ (Ps 119,97-100) Wer sowohl seinen Gegnern als auch seinen
Lehrern und Eltern überlegen ist, der ist in der Tat ein weiser Mensch. „Dein Wort
macht mich klug.“ (Vers 104)
Die Bibel – das Kursbuch der Gemeinde
Die Evangelien sind eine eindrucksvolle Bestätigung dieser Wahrheit. So hat
Jesus dem Versucher, der ihn – sogar mit Bibelsprüchen! – vom richtigen Weg abzu-
bringen versuchte, ein dreimaliges „Es steht geschrieben“ entgegengehalten und
ihm damit fest widerstanden (Mt 4,4.7.10). Schon als Zwölfjähriger war er auf-
grund seiner hervorragenden Schriftkenntnis den Rabbis an Einsicht überlegen
und in der Bergpredigt konterte er das Traditionsargument „Ihr habt gehört, dass
zu den Alten gesagt ist“ mit einem sechsfachen „Ich aber sage euch“ (Mt 5,21.
27.31.33.38.43). Damit stellte er sich nicht gegen die Schrift, sondern erwies sich
als ihr vollmächtiger Ausleger. Immer wieder zitierte er die Bibel, um seine Lehre
(Mt 19,3-6) sowie seinen messianischen Anspruch zu untermauern (Mt 21,42-44;
Mk 12,35-37; Lk 24,44-47; Joh 10,33-36). In seinen Augen legte die Schrift ein klares
Zeugnis von ihm ab (Joh 5,39).
Auch die Apostel beriefen sich in ihrer Verkündigung immer wieder auf die Heilige
Schrift (Apg 28,23ff.; Röm 1,1f.; 2 Tim 3,15f.; 2 Ptr 1,19-21) und forderten die
Gläubigen dazu auf, die gehörte Botschaft anhand ihrer Bibel zu überprüfen (Apg
17,11; 1 Ths 5,20f.). Gleichzeitig beanspruchten sie Autorität für das, was sie im
Auftrag Gottes lehrten und verkündigten (1 Kor 14,37; Gal 1,8-12). Bald achteten die
christlichen Gemeinden die Schriften der Apostel und ihrer Schüler ebenso wie den
jüdischen Kanon (2 Ths 2,15; 2 Ptr 3,15f.). Evangelien und Briefe wurden gesammelt
und von späteren, apokryphen Schriften unterschieden, bis sie schließlich als
„Neues Testament“ kanonischen – d. h. verbindlichen – Status erlangten. Um 400
n. Chr. war die Bildung des christlichen Kanons (griech.: Richtschnur) abgeschlossen.