Читать книгу Hoffnung, die uns trägt - Rolf Pöhler - Страница 9
ОглавлениеHoffnung, die uns trägt
|9
Präambel
Jan Hus wurde 1415 mitsamt seiner Bücher in Konstanz auf
dem Scheiterhaufen verbrannt – vermutlich an dieser Stelle,
wo heute ein Gedenkstein daran erinnert.
Im Glauben wachsen
Was für Päpste und Konzilien zutrifft, gilt auch für theologische Konferenzen und
kirchliche Synoden: Sie können irren (und sie haben geirrt). Dabei ist das
Eingeständnis eines Fehlers eigentlich kein Makel. Im Gegenteil: Wer seine Fehler
erkennt und eingesteht, hat an Einsicht gewonnen und meist eine neue Erkenntnis
dazu. Deshalb ist dem englischen Dichter und Schriftsteller Alexander Pope zuzustim-
men, der meinte: „Niemand sollte sich jemals schämen zuzugeben, dass er sich geirrt
hat; denn das bedeutet nichts anderes, als dass er heute weiser ist als gestern.“
Der englische Theologe John Henry Newman (1801-1890) – der Aufsehen erregte,
als er von der anglikanischen zur katholischen Kirche übertrat – drückte eine ähnliche
Erkenntnis aus: „Leben heißt sich ändern, und vollkommen sein heißt, sich oft geän-
dert haben.“ Gerade aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Veränderung eine
wichtige Voraussetzung für ein gesundes Wachstum im Glauben. „Wachset in der
Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus!“ schrieb Petrus an
die Gläubigen (2 Ptr 3,18 EÜ*), während sich Paulus über die Christen in Thessalonich
freute, „denn euer Glaube wächst ständig“ (2 Ths 1,3 Hfa). Nur wer sich in seinem
Denken verändern lässt, kann den Willen Gottes erkennen (Röm 12,2).
Bereits Jesus hatte seine Jünger darauf hingewiesen, dass es für sie auch später
noch manches zu lernen geben würde: „Ich hätte euch noch viel mehr zu sagen,
aber ihr könnt es jetzt noch nicht begreifen. Wenn aber der Geist der Wahrheit
kommt, werdet ihr die Wahrheit vollständig erfassen.“ (Joh 16,12f. Hfa) Unter der
Leitung des Heiligen Geistes sollte das Verständnis der Nachfolger Jesu für das
Evangelium auch in Zukunft nachhaltig vertieft werden. Schließlich ist all unser
Wissen – gerade auch unsere Erkenntnis über Gott – nur „Stückwerk“, bis sich
eines Tages die ganze Wahrheit enthüllen wird (1 Kor 13,9f.). Kein Glaubens-
bekenntnis, kein Dogma oder Lehrsatz kann deshalb den Anspruch erheben, das
letzte und verbindliche Wort zu sein. Die Wahrheit der göttlichen Offenbarung –
* Abkürzungsverzeichnis auf Seite 222.