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Kirchliches Engagement

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Margrit war sehr aktiv in der Pfarrei St. Nikolaus in Brugg, welcher die Windischer Katholiken bis in den 1960er-Jahre angeschlossen waren (siehe «Kontext: Die katholische Pfarrei St. Nikolaus», S. 84). Sie engagierte sich vor allem in der Jugendarbeit, über die sie später schrieb: «Noch heute habe ich aus dieser Zeit […] schöne Freundschaften.» Durch ihre humorvolle und unkomplizierte Art fand sie leicht Zugang zu Kindern und Jugendlichen.

Grundlage ihrer kirchlichen Jugendarbeit war die Christenlehre, die sie während mehr als zwei Jahrzehnten erteilte, von Anfang der 1940er- bis Mitte der 1960er-Jahre. Sie erteilte diesen Religionsunterricht den jüngeren Primarschülern; ihr Gegenstand waren biblische Geschichten. Er fand für gewöhnlich am Sonntag nach dem Gottesdienst statt. Dass diese Aufgabe an die erst 25-Jährige übertragen wurde, verdeutlicht die besondere Vertrauensstellung, die sie in der Pfarrgemeinde bereits früh genoss. Nachdem 1965 die Pfarrei St. Marien in Windisch von der Brugger Mutterpfarrei St. Nikolaus abgetrennt und Eugen Vogel Pfarrer von Windisch wurde, führte Margrit die Christenlehre trotzdem in Brugg weiter. Ab Ende der 1960er-Jahre nahm die Beteiligung an der Christenlehre zunehmend ab.

Im Sommer 1942 wurde in Brugg eine Blauring-Sektion gegründet. Anfang der 1930er-Jahre schweizweit als Unterorganisation der Marianischen Kongregation für jüngere Mädchen entstanden, erlebte der Blauring wie andere Jugendorganisationen in dieser Zeit rasch einen beträchtlichen Aufschwung. Sein Zweck war die «Erziehung der Mädchen zu bewusstem katholischen Leben (Christusfrömmigkeit) nach dem Grundsatz: Durch Maria zu Jesus. [Die Blauring-Gruppen] sollen ihre Mitglieder anleiten zu lebendiger Frömmigkeit, selbständigem Denken und froher Hilfsbereitschaft (Pietas, Studium, Actio).» Margrit übernahm eine von zwei Gruppen des Brugger «Blaurings», die Gruppe Agnes, benannt nach der heiligen Agnes, einer mythischen Märtyrerin des vierten Jahrhunderts, Schutzpatronin junger Mädchen. Der Gruppe Agnes gehörte etwa ein Dutzend Mädchen aus Brugg und Windisch an.


Margrit als Kleinkind, vor 1920.


Margrit (vordere Reihe, l.) am Brugger Rutenzug, Ende der 1920-Jahre.


Margrit (r.) bei der Erstkommunion, 1920er-Jahre.


Margrit (1. Bank, r.) in der Bezirksschule, Anfang der 1930er-Jahre.


Ida Fuchs-Hinden, undatiert.


Ida an ihrem 80. Geburtstag mit Margrit, 1960.


Ida mit Margrit, Anna, Josef, Ida, Elisabeth (v. l. n. r.), Mitte der 1930er-Jahre.


Margrits Halbschwester Anna Fuchs, undatiert.


Margrits Bruder Josef Fuchs, undatiert.


Margrits Schwester Ida Fuchs, vermutlich 1950er-Jahre.


Margrits Schwester Elisabeth Fuchs, vermutlich 1990er-Jahre.


Maria Theresia Scherer (1825–1888), Gründerin der Ingenbohler Schwesterngemeinschaft, undatiert.


Das Ursulinenpensionat in Vilvoorde, Belgien, undatiert.


Margrit (2. Reihe, 4. v. r.) an einer Klassenzusammenkunft, 1950er-Jahre.


Margrit bei der Arbeit beim SPV, 1950er-Jahre.


Margrit mit ihrem Chef Albin Schwaller, 1950er-Jahre.


Margrit und Vikar Adolf Studer (sitzend) im Jungwachtlager auf der Galmihornhütte, 1951/52.


Bergmesse im Jungwachtlager auf der Galmihornhütte, 1951/52.

Mit grosser Sorgfalt bereitete sich Margrit auf die neue Aufgabe vor. In ihrem Nachlass findet sich eine ausführliche Aufstellung der Argumente für und wider eine Blauring-Gruppe. Unter «Dafür» stehen folgende Punkte: «Bedürfnisse der weiblichen Jugend nach Organisation, Hilfe für die Familie, Verständnislosigkeit der Eltern für viele Fragen (der Kinder), […] Führerinnenschulung in sich wertvoll.» Sie fragte eine Cousine in Basel, die eine Blauring-Gruppe mit 15-jährigen Mädchen betreute, um Rat. Diese beglückwünschte sie zu dieser Aufgabe, warnte sie aber auch vor frustrierenden Momenten. Doch im Grossen und Ganzen gelte: «[…] das Frohe und Schöne übersteigt alles und man nimmt gerne ein Opfer auf sich.» Die Cousine hatte eine Reihe von praktischen Anregungen; so solle sie die religiöse Instruktion nicht überbetonen und diese mit Spiel und Spass auflockern. Dabei verwies sie auf mehrere nützliche Schriften und anerbot sich, diese zu beschaffen. Als Margrit allerdings anfragte, ob sie einmal die Gruppe in Basel zu Anschauungszwecken besuchen dürfe, winkte die Cousine ab. «[…] ich [mache] momentan mit der Gruppe eine Krise durch […], es ist haarig.» Margrit besuchte daraufhin einen Schulungskurs in Ingenbohl, um sich auf ihre Aufgabe vorzubereiten.

Die meist zweistündigen Blauring-Gruppenstunden fanden üblicherweise an einem Samstagnachmittag statt, ausnahmeweise auch an einem Sonntag oder einem anderen Tag. Eröffnet wurden die Sitzungen mit einem Ave-Maria oder einem frommen Lied, danach wurden die zwölf Gebote des Blaurings durchgenommen, in jeder Sitzung in der Regel ein Gebot. Daneben gab es weitere religiöse Instruktion, etwa die Dekoration eines Gabentischs, vor allem aber auch praktische Dinge wie Wundverbände, Haushaltstipps und Kochrezepte. Und dazu regelmässig Spiel und Gesang, gelegentlich Ausflüge. Im Sommer 1943 unternahm die Gruppe eine Wanderung aufs Schloss Wildegg, wo die Mädchen die Vögel im Gehege sowie die Schlossräume bewunderten. Vor Weihnachten bastelte man gemeinsam Geschenke.

Formell aufgenommen waren die Mädchen erst, nachdem sie ein Examen bestanden hatten. Dieses umfasste Blauring-spezifische Punkte, allgemeine religiöse Fragen, Heimatkundliches zu Brugg und Umgebung, aber auch Praktisches wie Erste Hilfe. Der Fragenkatalog war umfangreich und durchaus anspruchsvoll – allein die religiösen Fragen umfassten 87 Punkte. Die Ausbildung war am damaligen Frauenideal der katholischen Kirche orientiert: die Frau als Magd (d. h. Verantwortung für andere und selbstlose Hilfsbereitschaft als Hausfrau), Jungfrau (Bewahrung der eigenen Keuschheit und Beachtung von Sittlichkeit und Bescheidenheit) und Mutter (Lebensspenderin). Margrit war offenbar bestrebt, diese Worte nicht einfach schematisch weiterzugeben, sondern notierte sich gewissenhaft, wie die einzelnen Ideale mit den Mädchen besprochen werden sollten. Sie sollten ihre eigene Meinung und Ansicht dazu äussern können. Und im eigens geführten Büchlein der Gruppe Agnes finden sich denn auch zahlreiche Hinweise, man habe diese oder jene Fragen diskutiert.

Gegründet in den Kriegsjahren, spielten die Kriegsereignisse anfänglich stark in das Gruppenleben hinein. Im Jahresprogramm 1944 figurierte prominent das Motto: «I stoh zur Heimat». Dazu notierte sich Margrit in den Vorbereitungsunterlagen: «Wir dürfen und wollen uns freuen, dass wir noch freie Schweizer sein können. Jedoch nicht in Übermut ausartenlassen und gar denken, dass wir Schweizer durch unsere Verdienste […] bisher vom Krieg verschont geblieben sind. Die erwiesenen Wohltaten gegenüber Internierten, Flüchtlingen etc. waren schliesslich selbstverständliche Christenpflicht. Sie brachten uns aber auch viel Segen. Nennt einige Vorteile die wir noch geniessen dürfen, während andere schon während 5 Jahren grosse Not leiden. Fürbitte des sel. Bruder Klaus.» Das Flüchtlingsthema kommt immer wieder vor. Die Mädchen schlugen etwa vor, man könne eine gute Tat vollbringen, indem man für die Flüchtlinge etwas stricke.

Margrit war bei den Mädchen beliebt. Sie galt als fröhliche Führerin, und dass bei ihr viel gesungen wurde, gefiel den meisten. Auch sei sie nicht so ernst gewesen wie andere Blauring-Führerinnen. Im Gegenteil: Manchmal sei es bei ihr fast ein bisschen zu gewagt zu- und hergegangen, erinnern sich ehemalige Blauringlerinnen. Erst 1953, im Alter von 36 Jahren, gab Margrit ihre Tätigkeit als Scharführerin auf.

Ab und zu engagierte sich Margrit auch beim männlichen Pendant des Blaurings, der Jungwacht. 1951 und 1952 ging sie als Köchin in die jeweils einwöchigen Jungwachtlager auf der Galmihornhütte im Wallis. Im ersten Jahr nahmen etwa 35, im Jahr darauf mehr als 40 Buben und Jugendliche teil. Beide Jahre standen sie unter der Leitung des Vikars Adolf Studer. Alleine bewältigte Margrit die Verpflegung der von der Bergluft und den Lageraktivitäten hungrigen Jugendlichen. Mehr als 2000 Meter über dem Meer gelegen, war die Einrichtung der Hütte nach heutigen Vorstellungen primitiv. Die Verpflegung musste hinaufgebracht werden; jeden Tag begab sich eine Gruppe von Buben unter der Leitung eines «Führers» ins Tal, füllte die leeren Rucksäcke und kletterte wieder nach oben. Hin- und Rückweg nahmen vier Stunden in Anspruch. Entsprechend einfach war das Essen: Das Frühstück bestand aus Brot, Butter, Konfitüre und ohne Milch zubereiteten Kakao. Doch es mundete, und die Buben nannten Margrit – was damals durchaus liebevoll gemeint war – «Hausmütterchen».

Daneben war Margrit auf verschiedenste Weise in der Pfarrei tätig und so eine «tragende Säule des Gemeindelebens», wie es der spätere Windischer Pfarrer Eugen Vogel ausdrückte, der sie Anfang der 1960er-Jahre als Vikar in Brugg kennenlernte. Während Jahren schmückte sie, zusammen mit anderen Frauen, die Kirche für die Sonntagsmesse. Sie war im Kirchenchor Cäcilia aktiv, der zumindest zeitweise unter einem anspruchsvollen und fähigen Dirigenten ein beachtliches Niveau erreichte. Margrits Liebe zur Sakralmusik drückte sich auch in einer grossen Sammlung von Grammofonplatten mit Chor- und Orchesterwerken aus – ein Luxus, den sich die sonst sparsame Margrit leistete. Zu den verschiedenen Pfarrern und Vikaren, die die Pfarrgemeinde St. Nikolaus von den 1940er- bis in die 1960er-Jahre sah, fand sie in der Regel einen guten Draht, so unterschiedlich diese Geistlichen von ihrem jeweiligen Naturell und Temperament her waren. Die Jugendarbeit unterstand den Vikaren, sodass sie als Blauring-Leiterin zu ihnen schon von der Funktion her einen regen Kontakt pflegte. Unter Pfarrer Fischer war sie dann auch als Katechetin tätig und unterrichtete junge Erwachsene, was ein besonderer Vertrauensbeweis war, blieb die Katechese doch normalerweise den Vikaren vorbehalten.

Margrit war rastlos unterwegs in Pfarreiangelegenheiten. Das Pfarrhaus war ihr zweites Zuhause. So half sie bei der Organisation von Anlässen, sprang bei Notfällen ein, besorgte allerlei Nützliches und machte Pfarreiangehörigen kleine Geschenke. Und ihre Freundlichkeit und Einsatzbereitschaft wurden mit Sympathie und Zuneigung erwidert. Als sie sich im Winter 1954 in Unterägeri zur Genesung aufhielt, schrieb ihr der Präsident des Kirchenchors in einem launigen Brief, er höre jeden Tag den Lawinenbericht, um zu wissen, ob sie in Sicherheit sei. Wäre Unterägeri von Schneemassen verschüttet worden, hätte er sofort alle Männer des Kirchenchors aufgeboten, «damit wir ja unsere Margrit noch lebend erwischt hätten».

Ein Leben für Ruanda

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