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10. Kapitel
ОглавлениеVatikanstadt
8. Februar 2013
Carlo Goldoni, der Leiter des Gendarmeriekorps der Vatikanstadt, sieht aus, als käme er direkt von einem Polizeieinsatz. Er trägt die schlichte königsblaue Uniform seines Korps, Stiefel und Gamaschen. Bewaffnet ist er mit einer Beretta, einer halbautomatischen Selbstladepistole. Durch Anlegen der rechten Hand an den Rand seiner Schirmmütze erweist er Vice Commissario Giacomo Casanova den militärischen Gruß.
„Ich habe von dem Mord auf dem Forum Romanum gehört“, wird der Generalinspekteur nach dem förmlichen Gruß vertraulich. „Hoffentlich findest du den Mörder schnell, Giacomo.“
„Wir stehen noch ganz am Anfang der Ermittlungen, Carlo“, verrät Casanova und erwidert den Gruß.
Goldoni blickt sich um, als wolle er sich vergewissern, dass keine Zuhörer in der Nähe sind. Die beiden Männer stehen vor dem Palazzo della Cancelleria, dem Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur und der Römischen Rota.
„Wo befinden wir uns hier eigentlich?“, erkundigt sich Giacomo und betrachtet den Platz vor dem Palast.
„Der Palazzo della Cancelleria liegt zwar auf römischem Boden, ist aber exterritoriales Gebiet des Heiligen Stuhls. Lass uns jetzt in die Kirche gehen“, schlägt Goldoni vor und bedeutet Casanova mit einem Wink, ihm durch das kleinere Portal der Hauptfassade zu folgen. „Ich werde dich mit einem Informanten bekannt machen, der allerdings unerkannt bleiben möchte.“
Giacomo ist gespannt. Durch das Portal gelangen die beiden Männer in das Innere der Kirche San Lorenzo in Damaso, die von dem Palazzo della Cancelleria umgeben ist. Die Kirche hat die Form einer dreischiffigen Basilika.
„Hier befindet sich, neben den wichtigen Institutionen der Kurie, ein Teil der Vatikanischen Bibliothek“, klärt Goldoni den Vice Commissario auf, den die kühle Luft der Kirche frösteln lässt.
Goldoni deutet auf das Schiff links des Presbyteriums, wo sich die Kapelle der SS. Concezione befindet.
„Der Informant sitzt im Beichtstuhl, Giacomo“, sagt der Leiter des Gendarmeriekorps und verlässt die Basilika wieder. Unschlüssig steht Casanova in der Kapelle und betrachtet die barocke Form des Beichtstuhls. Der Teil des Priesters enthält einen Sitz, der Teil des Gläubigen eine Kniebank, ausgerichtet zu der vergitterten Öffnung in der Trennwand, durch die das Bekenntnis gesprochen wird.
Eine Hand reckt sich aus dem Innenraum des Priesters und zeigt auf den Innenraum für den Beichtenden. Widerwillig versucht es sich der Vice Commissario auf der Kniebank bequem zu machen.
„Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden“, hört Casanova durch die vergitterte Öffnung in der Trennwand jemanden sprechen.
Ein Seidentuch, das über das Gitter gehängt worden ist, verhindert, dass der Polizeikommissar sein Gegenüber erkennen kann.
„Mein Name ist Giacomo Casanova, ich bin Vice Commissario der Polizia di Stato!“, versucht er den Unbekannten daran zu erinnern, dass er aus einem bestimmten Grund hierhergekommen ist.
„Ich bin Priester der Römischen Kurie. Ich will Ihnen helfen, den Mord auf dem Forum Romanum aufzuklären. Allerdings kann ich Ihnen nicht alle Informationen liefern, da mich das Beichtgeheimnis zur Verschwiegenheit verpflichtet“, antwortet der Unbekannte geheimnistuerisch.
„Sie kennen den Mörder?“ Casanova traut seinen Ohren nicht.
Der Informant legt eine kurze Pause ein, ehe er in leiserem Ton fortfährt: „Ich kann Ihnen heute nur verraten, dass er aus dem Umfeld des Vatikans stammt.“
„Wann können Sie mir mehr Informationen liefern?“, hakt Giacomo bettelnd nach.
„Carlo Goldoni wird mit Ihnen wieder Kontakt aufnehmen“, flüstert der Priester mit noch leiserer Stimme.
Es ertönt ein Rascheln, gefolgt von hastigen Schritten. Als Giacomo sich umständlich von der Kniebank erhoben hat und den Beichtstuhl verlässt, ist der Informant bereits verschwunden.