Читать книгу Das Zwillingsparadoxon - Ron Müller - Страница 16

11

Оглавление

Neben Martin schlug etwas splitternd gegen die Garagenwand, an deren Ende er sich versteckte. Erschrocken duckte er sich noch tiefer hinter den Zaun. Erst jetzt erkannte er, dass es eine Flasche war.

Das war knapp.

Nur einen Moment hatte er nicht achtgegeben und auf das Handy gesehen. Eine Nachricht aus der Redaktion mit der Adresse des Besitzers der KTM, die nun aus der Ausfahrt donnerte. Das ersparte Martin ein ungleiches Rennen mit seinem Passat in einem verwinkelten Viertel.

Seit er Henning verfolgte, schien dieser zu angespannt für ein Interview. Er sollte ihm etwas Zeit lassen.

Zwei Stunden später drückte er auf die Klingel.

Martin war ein gut aussehender Mann Ende zwanzig. Dezent zu große und damit insgesamt lässig wirkende Jeans in Verbindung mit einem Sechzig-Euro-Hemd, plus passendem Pullunder. Früher ganz erfolgreich bei den Frauen.

»Herr Geiger?«

»Herr Geiger war mein Vater. Sagen Sie Henning

»Sie haben mich womöglich bei der Beerdigung gesehen.« Er hielt einen ramponierten Presseausweis in den Fingern.

Henning schüttelte den Kopf.

»Macht nichts. Wir sollten uns trotzdem unterhalten.«

»Kein Interesse.«

»Wir bringen einen längeren Beitrag über Ihren Vater. Wenn Sie uns helfen, könnten Sie auf den Text Einfluss nehmen.«

»Ist mir egal.« Henning war im Begriff, dem ungebetenen Gast die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

»Ich mache Sie aber auch zum Thema«, warf Martin durch den verbleibenden Türspalt ein.

»Sie kennen mich doch gar nicht.«

»Ja, aber irgendetwas muss gedruckt werden. Und sobald mein Chef sagt, schreib was über Geigers Sohn, dann schreibe ich etwas über Geigers Sohn. Halten Sie es da nicht für vernünftiger, wenn wir kurz reden, bevor ich einen x-beliebigen Nachbarn befrage und Unsinn verfasse?«

Könnte es sein, dass der Tod Ihres Vaters kein Unfall war?«

Henning zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht.« In der Hand hielt er einen langen dünnen Stab mit einer in Plastik eingefassten Rasierklinge am unteren Ende. Ruhig schabte er damit die Algen von den Innenseiten seines Aquariums. Grünalgen, ein überschaubares Problem für das Biotop. Nicht zu vergleichen mit den Kieselalgen, die angeblich völlig unproblematisch von allein verschwinden sollten, deren Auswirkung letztendlich aber doch im Juni die halbe Belegschaft des Beckens dahingerafft hatte.

»Vielleicht hab ich mich falsch ausgedrückt. Wir glauben nicht, dass er umgebracht wurde. Es steht eher im Raum, ob es Suizid war. Hatte er sich in der letzten Zeit merkwürdig verhalten? Wie nah standen Sie ihm denn?«

»Sie halten mich wohl für bescheuert. Wenn ich jetzt sagen würde, dass mir der Alte am Arsch vorbei ging, dann finde ich das morgen in der Zeitung wieder. Also behalte ich meine Gedanken besser für mich und mache einen trauernden Gesichtsausdruck. Haben Sie gesehen? Zwei Honigguramis. Vergangenen Monat hat das Männchen ein Schaumnest gebaut, aber irgendwie stellt es sich beim Aufreißen des Weibchens immer zu blöde an. Tja, er bekommt die PS einfach nicht auf die Straße.«

»Wir haben nicht vor, jede Info gleich abzudrucken. Ehrlich gesagt fehlt uns der rote Faden bei dem, was am Abend in der Pflegeeinrichtung passiert ist. Wir wissen kaum etwas über den Unfall und wir kennen Ihren Vater nicht. Und die Sache mit den Patienten, die mit ihm gestorben sind, lässt sich gar nicht einordnen.«

»Dann sind wir ja bereits zwei, für die das keinen Sinn ergibt.« Hennings Hauptinteresse lag noch immer bei den Algen, die wie weiche Haare in der Strömung trieben.

»Ihr Kontakt zu Doktor Geiger war nicht der beste?«

»Können wir es dabei belassen?«

»Henning, wir haben einige Informationen über die laufenden Vernehmungen und wir erhalten Nachrichten Ihres Vaters, die wir regelmäßig drucken. Er hatte das zu Lebzeiten sichergestellt. Die erste Notiz haben Sie ja sicher mitbekommen. Wir beide könnten uns ergänzen.«

»Wie war noch mal Ihr Name?«

»Martin.«

»Gut, Martin. Reden wir Tacheles.« Henning angelte mit einer überdimensionalen Pinzette ein leeres Schneckenhaus aus dem Becken, dessen Außenwände sich aufzulösen begonnen hatten. »Es interessiert mich nicht! Wirklich! Das können Sie so auch gern drucken. Ich habe mit der Sache abgeschlossen und ich finde, eine Beerdigung ist ein guter Abschluss. Dementsprechend wird das Thema von mir nicht mehr aufgemacht. Sehen Sie sich in der Lage, das zu akzeptieren?«

»Aber es sind Menschen gestorben, bei dem, was Ihr Vater in der Einrichtung gemacht hat.«

»Sie sagen es. Es geht um meinen Vater, nicht um mich.«

»Sie müssen doch ein Interesse daran haben, zu wissen, was da gelaufen ist.«

»Lassen Sie mich damit in Ruhe! Schnappen Sie sich am besten einen Nachbarn und befragen den, so wie Sie es vorgehabt hatten.«

»Kommen Sie, Henning.«

»RAUS!«

Das Zwillingsparadoxon

Подняться наверх