Читать книгу Vor dem großen Krieg - Ronald G. Asch - Страница 7
Vorwort
ОглавлениеDie Frühe Neuzeit galt einmal – und dies noch in den 1990er Jahren – als „Musterbuch der Moderne“ (Winfried Schulze). Dieser Blick auf die Frühe Neuzeit ist heute eher unüblich geworden. Die meisten jüngeren Historiker und Historikerinnen sind gegenüber großen Meistererzählungen, die beanspruchen, sinnstiftend auch für die Gegenwart zu sein, skeptisch. Und dass Europa in der globalen Geschichte seit der Renaissance eine besondere Rolle gespielt habe und hier in Europa die Fundamente für den modernen Verfassungsstaat ebenso wie für unsere heutige Wissenskultur gelegt wurden, ist eine schon wegen ihres vermeintlich verwerflichen Eurozentrismus fast ketzerische Ansicht – trotz ihrer in Wirklichkeit schwer zu leugnenden Plausibilität. So verständlich in mancher Hinsicht die Skepsis einer jüngeren Historikergeneration gegenüber älteren Narrativen auch sein mag, so riskiert die Frühneuzeitforschung doch durch den Verzicht auf Deutungen, die auch für die Gegenwart relevant sein können, sich selbst überflüssig zu machen. Diese Tendenz kommt den Bestrebungen der Bildungspolitik entgegen, die Geschichtskenntnisse von Schülern wenn möglich auf das 20. Jahrhundert zu beschränken, wie die Bildungspläne der weiterführenden Schulen in den meisten Bundesländern erkennen lassen.
Dieses Buch will solchen Tendenzen in bescheidenem Maßstab entgegenwirken, indem es unter anderem zeigt, wie Europa an der Wende zum 17. Jahrhundert nach Wegen suchte, mit konfessioneller Pluralität und dem daraus resultierendem Konfliktpotenzial zu leben. Auch wenn am Ende die Suche nach Frieden scheiterte, so wurden intellektuell und politisch doch zwischen den späten 1590er Jahren und dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges Fundamente gelegt, auf denen eine spätere Generation 1648 und in den folgenden Jahren ein solideres Gebäude errichten konnte.
Für die Entstehung dieses Buches war das Gespräch mit meinem Kollegen Mark Greengrass (Sheffield/Paris) von entscheidender Bedeutung. Zwar musste der ursprüngliche Plan, gemeinsam eine Monografie zu schreiben, als allzu ehrgeizig aufgegeben werden – für solche Unternehmungen eignen sich die Geisteswissenschaften dann eben doch nicht wirklich –, aber ich habe vom vielfältigen wissenschaftlichen Austausch mit Mark dennoch außerordentlich profitiert. Zu Dank bin ich auch Horst Carl (Gießen), Martin Wrede (Grenoble) und meinem Mitarbeiter Christian Kühner für die kritische Durchsicht zentraler Kapitel dieser Darstellung verbunden. Wichtige Anregungen gab mir auch Christoph Kampmann (Marburg) während einer Tagung in Bologna, an der wir gemeinsam teilnahmen. Ganz besonders gilt mein Dank aber auch meiner leidgeprüften Sekretärin Sibylle Rupp, die mir durch ihr Organisationstalent den notwendigen Freiraum für meine Arbeit verschaffte, und meinen studentischen Mitarbeitern Luca Scalzini und Olivia Kirsten, die das Manuskript sorgfältig durchgesehen und bereinigt haben.
Ich hätte dieses Buch freilich nicht schreiben können, wenn mir nicht das FRIAS der Universität Freiburg und dessen Direktor Bernd Kortmann im akademischen Jahr 2016–17 großzügig eine Fellowship gewährt hätten. Unter den Fellows des FRIAS, mit denen ich mich damals besonders intensiv ausgetauscht habe, seien hier Marie Seong-Hak Kim (St. Cloud State University) und Martin Loughlin (LSE) genannt. Das Freisemester, das mir auf diese Weise zur Verfügung stand, wurde durch ein von der DFG finanziertes Forschungssemester ergänzt – auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die mich im Lauf meiner Karriere auch sonst vielfältig unterstützt hat, gilt an dieser Stelle mein Dank.
Dieses Buch entstand in einer Zeit, in der die Zukunft Europas ungewisser denn je erscheint, nachdem der trügerische Optimismus der 1990er Jahre, die ein halkyonisches „Ende der Geschichte“ zu versprechen schienen, verschwunden ist. Aber vielleicht ist es gerade in einem Augenblick notwendig, den Blick auf die fernen Ursprünge der Gegenwart zu richten, in dem für Europa als Kontinent und als eigenen Raum spezifischer kultureller Traditionen – wenn auch nicht zum ersten Mal – die Worte zu gelten scheinen: maioresque cadunt altis de montibus umbrae.
Freiburg, im August 2019