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Programmierung eines Erdlingsgehirns

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Der Expeditionsleiter nickte der Assistentin zu. Diese setzte sich daraufhin eine Vorführbrille auf. Die anderen – insgesamt nahmen zehn Kadohaner an der Mission teil – taten es ihr gleich. Nun konnten sie alle sowohl die Assistentin sehen als auch das Anschauungsmaterial, das sie für ihren Vortrag einsetzte.

Das Einleitungsbild zeigte Heimenross in dem großen Showroom von StarWind, direkt neben dem Modell eines Windrads, das mitten im Raum dem Himmel entgegenzuwachsen schien. Um diesen Eindruck zu verstärken, hatten sie eigens die Decke zu dem darüber liegenden Raum aufbrechen lassen. Das Windrad schien diese nun zu durchstoßen und versinnbildlichte so sehr anschaulich den von StarWind verheißenen "Griff nach den Sternen". Zugleich spiegelte sich darin das Versprechen wider, dass die mit der neuen Energie zu erzielenden Gewinne "durch die Decke" gehen würden. Die Kuppel, die das Windrad überwölbte, verlieh ihm zudem einen erhabenen, fast schon religiösen Anstrich.

"Sind alle bereit?" vergewisserte sich die Assistentin. Auf ein allgemeines zustimmendes Nicken hin begann sie mit ihren Erläuterungen: "Bei der Programmierung der Versuchsperson haben wir zum einen auf bewährte Bildkopplungsverfahren gesetzt. Zum anderen haben wir aber auch neuronale Verstärkungsmechanismen genutzt. Wann immer wir eine Gehirnregion identifizieren konnten, die positiv auf den Reiz ansprach, haben wir die entsprechende Hirnaktivität durch ein Belohnungsserum verstärkt."

Die Assistentin tippte kurz gegen ihre Brille. Diese zeigte daraufhin eine Aufnahme aus der Anfangszeit der Versuche. "Wie ihr seht, hat die Versuchsperson zu Beginn sehr ungünstig auf die gezeigten Betonpfähle und Rotorblätter reagiert", kommentierte sie.

In der Tat war die ablehnende Reaktion von Heimenross ausgesprochen heftig. Er verzog erkennbar angewidert das Gesicht und wandte sich sogar von dem Bild ab, als er ihm für längere Zeit ausgesetzt war. Umso erstaunlicher war der Wandel, den die Assistentin mit ihrem Team offenbar schon nach kurzer Zeit bewirkt hatte.

Ein erneutes Tippen gegen die Brille, dann erschien eine weitere Aufnahme von Heimenross. Auf dieser war seine ablehnende Haltung schon weit weniger ausgeprägt. "Wir haben zunächst versucht, die Einstellung der Versuchsperson durch eine Kombination aus Beton und Geldhaufen oder Beton und Naturerscheinungen in unserem Sinne zu beeinflussen", erläuterte die Assistentin. "Eine befriedigende Wirkung konnten wir allerdings erst erzielen, als wir beide Kombinationswege miteinander verbunden haben. Besonders gut hat die Versuchsperson dabei auf Bilder von Sonnenblumen angesprochen. Offenbar hat sie zu diesen eine spezielle emotionale Beziehung."

Die nächste Aufnahme zeugte bereits von dem Erfolg des Versuchsaufbaus. Man sah Heimenross vor dem Windrad-Modell, das in der virtuellen Brillenwelt auf der einen Seite von einer blühenden Sonnenblume und auf der anderen Seite von einem großen Geldhaufen flankiert war. Sein Gesicht glühte vor Begeisterung, voller Leidenschaft rief er: "Die Windkraft ist grün, ich will die Windkraft, grün ist die Zukunft, grün ist die Windkraft, wir brauchen mehr Windräder, Windräder sind grün, so grün, sie grünen so grün …"

"Etwas übertrieben, findet ihr nicht?" fragte der Expeditionsleiter in die Runde.

"Ja, und außerdem etwas zu hölzern", stimmte ein anderer ihm zu. "Wir sollten ihm doch ein wenig mehr Seriosität einimpfen. Sonst nimmt ihn am Ende doch keiner ernst!"

"Nur Geduld – das war ja erst der Anfang!" beschwichtigte die Assistentin. "Wir mussten schließlich zunächst eine gewisse Leidenschaft in der Versuchsperson wecken. Nur so war es möglich, sie gegen die negativen Begleiterscheinungen der Reizquelle zu immunisieren."

Ein erneutes Tippen gegen die Brille zauberte einen großen Vogel vor die Augen der Anwesenden. Er flog geradewegs auf das Windrad zu und verfing sich in dessen Rotorblättern. Taumelnd stürzte er zu Boden und schlug hart neben dem Windrad auf. In die letzten Zuckungen des Tieres hinein rief Heimenross: "Nur die Windkraft ist sauber, nichts ist reiner als sie. Wer saubere Energie will, muss bereit sein, Opfer zu bringen. Das Opfer von heute ist das Fundament für das Leben von morgen. Nur die Windkraft kann unseren Kindern die Zukunft sichern."

"Da wirkt er schon staatsmännischer", bestätigte eine aus der Runde.

Die Assistentin nickte zufrieden. "Ja, wir konnten durchaus Fortschritte bei unseren Experimenten erzielen. Aber ich muss gestehen: Es war ein hartes Stück Arbeit. Am schwersten war es für uns, den Widerstand der Versuchsperson gegen das Fällen von Bäumen für unsere Stahlbetontürme zu überwinden."

Es folgte eine weitere Aufnahme, die illustrierte, was die Assistentin meinte. Während eine Motorsäge in einen Baumstamm schnitt, hielt Heimenross sich die Ohren zu und verzog angewidert das Gesicht.

"Am Ende haben wir aber auch hier die gewünschte Reiz-Reaktions-Kopplung erreicht", beruhigte die Assistentin die anderen. "Allerdings mussten wir dafür die Sekundärreize deutlich verstärken – insbesondere auf der monetären Seite."

Sie tippte wieder gegen ihre Brille. Nun zeigte sich Heimenross völlig unbeeindruckt von den Baumfällungen. Während neben ihm eine gigantische Rodungsmaschine eine Schneise zum Transport von Windradteilen in den Wald fraß, erklärte er ungerührt: "Der einzelne Baum bedeutet nichts, der Wald bedeutet alles. Wir müssen den Wald retten, dafür müssen wir Windräder pflanzen, immer neue Windräder, denn die Windkraft ist grün, deshalb kann nur sie allein den Wald retten."

Spontan hoben alle Anwesenden die Zeigefinger neben die Stirn – ein Zeichen höchster Anerkennung auf Kadohan. Nur der Expeditionsleiter korrigierte sich kurz darauf und klatschte stattdessen in die Hände, um sich auch hier an die Erdenbräuche anzupassen. "Wirklich ein sehr beeindruckendes Resultat, Frau Schwarz", lobte er die Assistentin.

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