Читать книгу Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 9
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ОглавлениеDie Kellerkaschemme „Malagena“ begann sich um die Mittagsstunde zu füllen. Caligula verfolgte lachend und grölend das Treiben an der Theke und an den Tischen, er war der Herr der Szene. Bei ihm waren inzwischen nicht nur die dunkelhaarige Hure, sondern auch Joanna und eine dritte, rothaarige Frau. Außerdem war er von Kerlen umringt, die alle auf seine Kosten zechten. Caligula ließ die Dublonen rollen, und der Schankwirt bediente ihn mit untertänigem, beflissenem Gebaren.
Caligula trank, brüllte herum, riß Witze, sang schmutzige Lieder und preßte die Frauen an sich. Ungeniert griff er Joanna in den Ausschnitt, und alle lachten darüber.
Nur einer lachte nicht mit. Er stand an der Theke und genehmigte sich einen Becher Rotwein. Mit wachsendem Ärger verfolgte er, was sich am Tisch des großen Schwarzen abspielte. Er hieß Diego Cámara und war ein spanischer Fischhändler. Er wußte nicht, wer der Schwarze war, und er ahnte auch nicht, daß er an diesem sonnigen Tag in Havanna sterben würde. Er wußte nur eins: daß ihm das Auftreten dieses Kerl nicht paßte.
Der Schankwirt tauchte hinter der Theke auf und füllte den leeren Bierkrug. Cámara beugte sich zu ihm hinüber und sagte: „He, Lopez, komm mal her.“
„Hast du deinen Wein schon ausgesoffen? Warte, ich habe jetzt keine Zeit.“
„Ach. Du mußt den Nigger bedienen, was?“
„Richtig. Es ist schon der zwölfte Krug.“
„Und deine anständige Stammkundschaft kann warten, wie?“
Lopez, der Schankwirt, drehte sich mit dem halbvollen Krug in der Hand langsam zu ihm um. „Suchst du etwa Streit?“
„Ach was. Ich staune nur.“ Cámaras derbes Gesicht war leicht verkniffen. „Bei mir werden solche Affen nur mit der Peitsche bedient.“
„Bei mir werden sie bewirtet, wenn sie bezahlen können und keinen Ärger machen.“
„Wer ist denn der schwarze Hurensohn?“
Lopez warf einen hastigen Blick zu Caligulas Tisch, dann entgegnete er: „Nicht so laut, Mann. Bist du verrückt?“
„Hast du Angst vor ihm?“
„Ich denke nur an mein Geschäft. Er behauptet, der König der Karibik und ein großer Kapitän zu sein, aber mir ist das egal.“
„Ja“, sagte der Fischhändler. „So verkauft sich jeder auf seine Weise. Du bist auch nicht besser als die Huren, die sich hier rumtreiben und dir die Zimmer bezahlen.“
„Wirt!“ brüllte Caligula. „Meine Kehle ist trocken und ausgedörrt! Ich lechze nach Bier! Was ist los? Sind die Fässer schon leer?“
„Ich komme!“ rief Lopez. Er füllte den Krug ganz, blickte dabei aber zu Cámara und zischte: „Mach hier keinen Stunk. Wenn du was auszusetzen hast, haust du am besten gleich wieder ab. Es gibt genug Pinten im Hafen, warum mußt du ausgerechnet bei mir rumstänkern?“
„Weil ich keine Nigger leiden kann“, erwiderte Cámara, aber das hörte Lopez schon nicht mehr. Er war unterwegs zu Caligula, umrundete den Tresen, steuerte zwischen den Tischen hindurch und stieß in eine Lücke zwischen zwei von den Kerlen, die Caligula umringten.
Er knallte den Krug auf den Tisch, daß der Schaum spritzte und sagte: „Salud – Prost.“
„Prost!“ brüllte die Bande.
Gierig füllte ein Kerl die Becher und Humpen und wieder wurde getrunken. Caligula interessierte es nicht, was die Kerle taten, er war mit den Huren beschäftigt. Gerade untersuchte er, ob der Busen der Dunkelhaarigen, Glutäugigen genauso groß war wie der von Joanna. Sie quietschte und kicherte, und er stieß ein begeistertes Grunzen aus.
Lopez war unterdessen hinter die Theke zurückgekehrt. Diego Cámara war nicht mehr da, er hatte seinen Becher stehen lassen. War er gegangen, ohne die Zeche zu zahlen? Lopez war es gleichgültig. Die Hauptsache war, daß es keinen Krach gab.
Aber Cámara befand sich noch in dem Gewölbe. Er hatte sich in die Nähe von Caligulas Tisch begeben und stand gegen eine Säule gelehnt, so daß Lopez ihn von der Theke aus nicht sehen konnte.
„Alle Weiber zu mir!“ brüllte Caligula gerade und griff nach der Rothaarigen. „Du bist richtig für mich! Wie fühlst du dich an? Ha, ihr seid gut gebaut, ihr weißen Weiber! Mit euch gefällt mir das Leben!“
Lachend rutschte die Rothaarige auf seinen Schoß. Joanna kniff sie in den Oberschenkel, und auch der Dunkelhaarigen warf sie hin und wieder einen giftigen Blick zu. Sie wollte sich das Geschäft mit Caligula nicht verderben lassen.
Aber die Rothaarige ließ sich nicht beeindrucken. Kichernd und glucksend ließ sie sich von Caligula abtasten.
„Bei dir möchte ich meinen Anker werfen“, sagte er mit dunkler Stimme. „Wie wär’s?“
„Einverstanden, aber das kostet dich einen Goldtaler.“
„Wir nehmen auch die beiden anderen mit.“
„Zu dritt?“ fragte sie und blickte ihn erstaunt an. „Schaffst du das denn? Bist du ein solcher Riese?“
„Du wirst staunen“, röhrte Caligula und stimmte wieder ein brüllendes Gelächter an.
Cámara hatte sich von der Säule abgestoßen und trat an den Tisch. Er mischte sich unter die Schnorrer und musterte Caligula mit offener Verachtung.
Noch registrierte Caligula es nicht, noch galt seine ganze Aufmerksamkeit den drei Frauen. Aber plötzlich flog der Krug um, und das Bier lief über die Tischplatte. Die Pfütze breitete sich aus, und einige Tropfen fielen auf Caligulas Beine und den Schoß der Frau.
„He!“ brüllte Caligula. „Könnt ihr nicht aufpassen, Ihr Idioten? Jetzt ist das feine Bier beim Teufel! Wirt!“
„Ich frage mich, was so ein schwarzer Hurensohn in einer Kneipe wie dieser zu suchen hat“, sagte Diego Cámara laut und deutlich.
Caligula blickte zu ihm auf. Er glaubte, nicht richtig gehört zu haben. „Wie war das? Sag das noch mal!“
„Du bist ein schwarzer Hurensohn“, sagte Cámara. „Und hier fliegst du jetzt raus. Nigger haben hier nichts verloren. Und sie sollen keine weiße Frau beschmutzen, auch wenn es sich um eine Hure handelt.“
Joanna richtete ihren Zeigefinger auf den Fischhändler. „Moment mal. Du hast sie wohl nicht mehr alle, was? Sieh zu, daß du Land gewinnst, oder du kannst was erleben. Was fällt dir eigentlich ein, meinen Freund zu beleidigen?“
„Für Nigger ist hier kein Platz“, sagte Cámara. Seine Schläfenadern waren angeschwollen.
Lopez nahte, und die Zecher versuchten, Cámara einzukreisen und fortzuzerren. Doch der ließ sich nicht wegziehen. Auch Caligula hatte inzwischen reagiert. Er stieß die Rothaarige fort, war mit einem Ruck auf den Beinen, daß sein Stuhl umkippte, und warf sich über den Tisch hinweg auf Cámara.
„Schwarzer Dreck!“ brüllte Cámara. „Negersau! Raus!“ Er hieb mit den Fäusten auf Caligula ein. Aber der riß ihn um und wälzte sich mit ihm über den Boden. Sie fluchten und kämpften wie Raubtiere.
Cámara hatte Caligula unterschätzt. Er war sich zwar im klaren darüber, daß dieser Kerl sehr stark sein mußte, doch er hatte fest damit gerechnet, daß das viele Bier seine Reaktionsschnelligkeit und sein Kampfvermögen geschwächt hätte.
Das war nicht der Fall. Caligula drosch wild auf den Fischhändler ein, er war wie von Sinnen. Nie war er derart beschimpft worden, selbst von El Tiburon, seinem erklärten Todfeind, nicht.
Lopez wandte sich an Libero, seinen kleinen, schmächtigen Gehilfen. „Dieser verdammte Cámara“, zischte er. „Jetzt haben wir die Bescherung! Los, lauf in die Stadt zum Gendarmerieposten und hol Hilfe. Der Schwarze schlägt hier alles kurz und, klein, das sehe ich schon kommen.“
Libero verschwand. Auf schnellen Füßen eilte er in die Stadt und betrat das Gebäude der Gendarmerie. Der Leiter der Stadtgarde hörte sich an, was er zu melden hatte, und schickte sofort drei Mann los.
Caligula hatte Cámara gepackt und hochgezerrt. Er hob ihn an und schleuderte ihn quer durch den Raum. Cámara prallte gegen eine Säule und glitt daran zu Boden. Schlaff und reglos war seine Gestalt, er gab keinen Laut mehr von sich.
„Wasser!“ brüllte Caligula. „Er soll aufwachen! Ich bin noch nicht mit ihm fertig!“
„Wasser vom Brunnen!“ rief jemand. „Oder einfach Bier!“
„Nein.“ Lopez hatte beschlossen, eine Heldentat zu vollbringen und Cámara das Leben und sich selbst die Einrichtung der Kaschemme zu erhalten. Er trat vor Caligula hin und sagte: „Bitte, laß ihn jetzt in Ruhe. Er hat seine Lektion bezogen. Du schlägst ihn sonst noch tot.“
Caligula versetzte Lopez einen Stoß, daß er rückwärts durch den Raum taumelte und über einen Stuhl stolperte. Drohend rückte Caligula wieder auf den Fischhändler zu, packte ihn und riß ihn zu sich hoch.
„Wach auf, du Drecksack!“ brüllte er ihn an. Dann schüttelte er ihn.
Cámaras Kopf pendelte bedenklich hin und her. Joanna war die erste, die darauf aufmerksam wurde. Sie trat zu Caligula und bedeutete ihm, den Mann wieder zu Boden sinken zu lassen. Keiner glaubte, daß er es wirklich tun würde. Und doch gehorchte er. Sein Gesicht war verzerrt, die Augen weit aufgerissen, so daß das Weiße zu sehen war, aber Joannas Einfluß auf ihn war erstaunlich.
Sie untersuchte Diego Cámara und richtete sich wieder auf.
„Er ist tot“, sagte sie. „Du hast ihm das Genick gebrochen, Caligula.“
Drei Gendarmen stürmten in die Kaschemme, begleitet von Libero, der sogleich hinter der Theke in Deckung ging.
Lopez war auf den Beinen, deutete außer sich vor Zorn auf Caligula und schrie: „Er hat Cámara umgebracht! Legt ihn in Ketten!“ Vergessen war das gute Geschäft, jetzt galt nur noch eins: Der Schwarze war ein Mörder und mußte eingesperrt werden.
Die Gendarmen stürzten zu Caligula, und einer von ihnen rief: „Die Hände hoch! Du bist verhaftet, Kerl!“
Caligula griff ihn als ersten an und fällte ihn durch einen einzigen Hieb. Die beiden anderen versuchten, ihn zu packen, aber seine Arme waren wie Windmühlenflügel. Sie wirbelten durch die Luft, und die Fäuste trafen ihr Ziel. Stöhnend ging der zweite Gendarm in die Knie.
Der dritte richtete die Muskete auf Caligula, doch Caligulas Fuß flog hoch. Er trat ihm die Waffe aus den Händen, sie polterte zu Boden. Der Gendarm wollte seine Pistole zücken. Er schrie: „Im Namen des Gesetzes, ergib dich!“
„Das Gesetz bin ich!“ brüllte Caligula. Wieder schlug er zu.
Lopez kauerte hinter der Theke neben Libero.
„Lauf!“ zischte er. „Hol einen Trupp Soldaten. Direkt aus der Residenz. Alles andere hat keinen Sinn!“
Wieder rannte Libero los. Er war froh, daß er die Kaschemme verlassen durfte. Wie der Blitz sauste er durch die Stadt, verfolgt von den erstaunten Blicken der Passanten. Er stoppte vor einem Posten am Hauptportal des Gouverneurspalastes und brachte hastig seine Alarmmeldung vor.
Caligula hatte den dritten Gendarmen niedergeschlagen und packte jetzt einen Stuhl. Er drosch damit auf die Tische ein. Die Huren kreischten, die Zecher wichen vor ihm zurück.
„Wo ist der Wirt, dieser Hurensohn?“ brüllte er. „Er will mich in Ketten legen lassen! Ich breche auch ihm die Knochen!“
Lopez begann zu zittern. Nie hatte er größere Angst gehabt. Sie war nackt, kalt und grausam, sie lähmte ihn und schnürte ihm die Kehle zu. Er kroch unter die Theke, aber er wußte, daß er auch dort nicht in Sicherheit war. Caligula würde hier nachsehen und ihn finden.
Joanna stellte sich vor Caligula hin und hob beide Hände.
„Sei doch vernünftig!“ rief sie. „Du hast schon genug angestellt! Los, wir gehen zu mir nach Hause!“
Den Kopf leicht gesenkt, das Gesicht immer noch verzerrt, blieb er vor ihr stehen.
„Das hier – das ist meine Angelegenheit“, sagte er. „Bring dich in Sicherheit. Nimm die anderen Weiber mit. Wir sprechen uns später.“
„Laß Lopez in Ruhe. Er hat dir nichts getan.“
Caligula griff nach ihrem Arm und beförderte sie zum Ausgang. Die Dunkelhaarige, die Rothaarige und noch eine vierte Hure, die erst vor kurzem eingetroffen war, folgten ihnen. Caligula stieß alle vier ins Freie, dann rammte er die Tür zu, drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
„Lopez!“ brüllte er. „Zeig dich! Der schwarze Hurensohn hat noch ein Wörtchen mit dir zu reden!“
Lopez gab keinen Laut von sich. Caligula war mit einem Satz zwischen den Tischen, riß einen Stuhl hoch und zertrümmerte ihn. Mit dem einen Bein drosch er auf alles ein, was ihm im Weg war – auf Tische und Menschen, Säulen und Lampen. Alles ging zu Bruch, systematisch arbeitete er sich auf die Theke zu.
„Ich weiß, wo du bist!“ schrie er. „Los, leg mich in Ketten!“
Draußen trappelten Schritte heran, ein zwanzigköpfiger Trupp Soldaten erschien. Der Anführer, ein Sargento, sah die vier Huren, die in einer Seitengasse verschwanden, schenkte ihnen aber weiter keine Beachtung. Er stieß die Tür zur „Malagena“ auf und drang als erster ein. Ein Stuhl flog ihm entgegen, begleitet von einem Fluch. Der Sargento ging in Deckung, aber jetzt stürmten seine Männer das Kellergewölbe.
Caligula schrie und hieb auf sie ein. Ein Warnschuß krachte, der Sargento hatte ihn mit der Pistole in die Luft gefeuert.
„Ergib dich, du Hund!“ schrie er. „Los, fesselt ihn!“
Der Übermacht war Caligula nicht gewachsen. Schon hatten sie ihn eingekreist und wollten ihm Ketten anlegen. Aber mit einem pantherhaften Satz brachte er sich hinter die Theke, entdeckte Lopez, packte ihn und zerrte ihn zu sich hoch.
„Ich dreh’ ihm den Hals um, wenn ihr nicht abhaut!“ brüllte er.
Aber das Schicksal – oder Lopez’ Schutzengel – wollte es, daß der Wirt Glück hatte. Er riß sich mit einem Ruck los und lief weg. Schon waren die Soldaten wieder heran. Diesmal richteten sie Musketen auf Caligula.
Der wollte denn doch nicht sterben. Er räumte noch ein paar Flaschen und Becher von der Theke und aus den Regalen ab, dann ergab er sich.
„Wenn ich wieder frei bin“, sagte er noch, als sie ihm die Hand- und Fußketten anlegten, „rechnen wir miteinander ab, Lopez. Du hast diese Hunde hergeholt. Dafür wirst du büßen.“
„Nein“, sagte der Sargento. Er hatte Cámara und die Gendarmen untersucht. „Du wirst hingerichtet. Öffentlich. Du hast nicht nur den Fischhändler, sondern auch einen der Gendarmen getötet.“
„Mein Gott“, stammelte Lopez und rang die Hände. „Allmächtiger, wie konnte das nur geschehen?“