Читать книгу Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 22
6.
ОглавлениеPhilip Hasard Killigrew und seine vier Begleiter wunderten sich über den Zustand, in dem sich die „Caribian Queen“ befand. Schon die Achterdeckskammern sahen verwahrlost aus. Das war selbst im schwachen Mondlicht, das durch die Butzenglasscheiben hereindrang, zu erkennen.
Hasard wurde das merkwürdige Gefühl nicht los, daß hier etwas nicht stimmte, denn gleich, durch welche Räumlichkeiten und Gänge sie schlichen, es bot sich ihnen fast überall das gleiche Bild der Unordnung. Außerdem stank es penetrant nach Dreck, Schweiß und Rum.
Auch draußen auf den Decks, die sie ungehindert erreichten, sah es nicht anders aus. Taue lagen überall herum, Fallen waren nur nachlässig aufgeschossen, und auf den Planken fand sich überall Dreck und Unrat.
Am schlimmsten stank es in der Kombüse. Smoky, der gleich den anderen Männern eine schußbereite Pistole in der Hand hielt, wandte sich angewidert ab.
„Ein richtiger Schweinestall“, flüsterte er und erntete mit dieser Bemerkung ein reges Kopfnicken.
Hasard war sehr verwundert. Daß die „Caribian Queen“ ein solch stinkender Dreckskahn war, hatte er nicht erwartet, denn das alles paßte nicht zu der schwarzen Piratin, die so ein eisernes Regiment führte. Sollte er sich in dieser Frau so getäuscht haben? Hatte er es die ganze Zeit über mit einer Schlampe zu tun gehabt? Das war für ihn unvorstellbar.
Während sich Gary, Stenmark und Blacky noch auf der Kuhl aufhielten, trennten sich Hasard und Smoky nach der Kombüsenbesichtigung, um zur Back aufzuentern. Hasard nahm den Backbordniedergang, Smoky den Steuerbordniedergang. Nahezu gleichzeitig gelangten sie oben an und blieben wie angewurzelt stehen.
Beide vernahmen ein Geräusch, das sich wie ein lautes Schnarchen anhörte. Das war es in der Tat auch. In unmittelbarer Nähe des Fockmastes lag ein dürrer Kerl auf den Planken, hatte den Kopf gegen eine Taurolle gelehnt und schlief. Neben ihm lag ein leerer Weinkrug. Ein säuerlicher Geruch verriet, daß ein Teil des Weines verschüttet worden war.
Rasch sahen sich die beiden Männer um, doch es war weit und breit kein weiterer Schläfer zu entdecken. Der Kerl schien tatsächlich allein zu sein. Statt Ankerwache zu gehen, hatte er sich offenbar betrunken und war dann eingeschlafen.
Hasard und Smoky verständigten sich mit einem kurzen Blick. Smoky deutete stumm mit dem Zeigefinger auf sich, und der Seewolf nickte grinsend.
Smoky erreichte den Schläfer mit einigen schnellen Schritten, ohne daß dieser etwas bemerkte.
Der bullige Decksmann von der „Isabella IX.“ packte seine Steinschloßpistole am Lauf, bückte sich und klopfte dem Schnarcher freundschaftlich auf die Schulter. Aber das führte zu gar nichts. Smoky rüttelte und schüttelte den Kerl nun, da endlich hörte das Schnarchen auf. Es folgte ein Gurgeln, Schmatzen und Schlucken, dann riß der dürre Kerl die Augen weit auf.
„Guten Abend“, sagte Smoky mit einem freundlichen Grinsen, „bin ich hier richtig auf der ‚Caribian Queen‘?“
Die Antwort bestand zunächst aus einem völlig verständnislosen Blick, doch dann schien dem Schnapphahn irgendwo im Oberstübchen ein Licht aufzugehen. Jedenfalls wollte er jetzt blitzschnell aufspringen.
Aber damit war Smoky nicht einverstanden.
„Am besten, du schläfst weiter, Freundchen“, sagte er und hieb mit dem Griff der Pistole zu.
Der Kerl sank ächzend auf die Planken zurück und schlug mit dem Hinterkopf auf hartes Holz statt auf die weichere Taurolle.
Hasard konnte sich ein lautloses Lachen nicht verkneifen. Smoky zog sein Messer, schnitt ein Stück Tau ab, fesselte den Kerl und stopfte ihm schließlich einen Knebel in den Mund.
„Wahrscheinlich war er der einzige“, sagte Hasard mit gedämpfter Stimme. „Trotzdem finde ich es merkwürdig, daß die Queen plötzlich so unvorsichtig ist und nur einen Kerl als Ankerwache zurückgelassen haben soll.“
„Und der pennt hier noch selig“, ergänzte Smoky und rieb sich die Hände. „Was tun wir jetzt, Sir?“
„Wir gehen auf Nummer Sicher“, erwiderte Hasard und enterte zusammen mit Smoky wieder zur Kuhl ab. Dort winkte er Gary, Blacky und Stenmark herbei und schilderte ihnen in kurzen Worten, was sich auf der Back zugetragen hatte. „Gary und ich machen die Drehbassen schußklar“, fuhr er fort. „Wenn es den Kerlen einfällt, zu ihrem Dreckskahn zurückzukehren, werden wir sie damit zur Hölle schicken. Sten, Smoky und Blacky – ihr setzt die Durchsuchung des Schiffes fort. Seid aber äußerst sorgfältig, denn es ist durchaus möglich, daß irgendwo noch einer der Kerle steckt, der uns verraten kann. Achtet auf jede Kleinigkeit.“
„Aye, Sir“, sagte Stenmark, „falls wirklich noch einer da ist, wird er uns nicht durch die Lappen gehen.“
Die drei Männer verschwanden, während der Seewolf zusammen mit Gary an den schwenkbaren Geschützen hantierte.
Noch während sie mit den Drehbassen des Achterdecks beschäftigt waren, stieß Hasard Gary plötzlich an und deutete wortlos auf ein Beiboot, das, mit zwei Kerlen besetzt, von einem Steg ablegte und auf die „Caribian Queen“ zuhielt.
„Das ist offenbar die Wachablösung“, sagte Gary. „Jedenfalls sind die Kerle dafür in der richtigen Verfassung.“
So war es auch. Die beiden Schnapphähne alberten und grölten in ihrem Boot herum, ohne Zweifel waren sie stockbetrunken.
„Wir werden sie gleich gebührend empfangen“, sagte Hasard. „Am besten, wir verholen uns schon zur Kuhl.“
Die Jolle mit den lachenden und Witze reißenden Schnapphähnen schor nach einer Weile längsseits. Sie wurde an der Jakobsleiter vertäut.
Einer der Kerle turnte nach oben und schwang sich über das Schanzkleid. Damit war das Festgelage für ihn beendet, denn der Seewolf erwartete ihn. Ein Pistolengriff traf ihn wie ein Keulenschlag am Schädel und ließ ihn lautlos zusammensinken.
Gary schnappte sich den Kerl, fesselte und knebelte ihn und zog ihn hinter die Nagelbank des Großmastes.
Zur selben Zeit preite Hasard den im Boot wartenden Burschen an.
„Na los!“ rief er. „Enter auf! Deine Hilfe wird gebraucht. Es gibt hier nämlich ein Gespenst!“
Der Kerl kicherte und war viel zu betrunken, um zu erkennen, daß es sich um eine fremde Stimme handelte.
„Ein Gespenst, hihi!“ stieß er hervor. „Das werfen wir einfach über Bord. Laßt mich das nur besorgen.“
Gleich darauf enterte er hoch und rutschte über das Schanzkleid.
„Wo ist denn das Gespenst?“ lallte er.
„Hier“, sagte Hasard und tauchte wie ein Schatten neben ihm auf. Ein Hieb, und der Kerl fiel ebenfalls in sich zusammen wie ein leerer Mehlsack. Gary „behandelte“ ihn sofort weiter.
„Hoffentlich merken die Beutelschneider an Land nicht, daß ihre Kumpane nicht zurückkehren“, sagte Gary.
Doch der Seewolf winkte ab.
„Wahrscheinlich fällt es gar nicht auf. Bei einem solch wüsten Gelage haben die Besseres zu tun, als sich um Wachablösungen zu kümmern. Nur die Black Queen – zum Teufel –, ich glaube, die ist ebenfalls betrunken, anders kann ich mir ihre Nachlässigkeit nicht erklären.“
Stenmark, Blacky und Smoky kehrten von der Durchsuchung des Zweideckers zurück.
„Wen haben wir denn da?“ Smoky deutete auf die beiden besinnungslosen und gefesselten Gestalten. „Hat sich der Kerl auf der Back plötzlich verdreifacht?“
„Das sind nur zwei nette Besucher“, erwiderte Hasard, „die wollten hier unbedingt ein Gespenst fangen.“
„Verstehe“, sagte Smoky und grinste von einem Ohr zum anderen. „Sie scheinen ihm begegnet zu sein.“
„Habt ihr noch jemanden gefunden?“ fragte Hasard.
Smoky schüttelte den Kopf.
„Es ist wirklich niemand mehr an Bord. Dafür aber gibt es jede Menge Dreck. Sogar die Kammer der Black Queen stinkt vor Schmutz. Außerdem sieht es dort aus, als habe man das Weibsstück ganz plötzlich aus der Koje gezerrt.“
„Was soll das nun wieder heißen?“ Der Seewolf warf ihm einen verwunderten Blick zu.
„Nun“, fuhr Smoky fort, „es liegen dort weggefetzte Decken herum, außerdem Arzneien und Verbände. Ein wertvoller Zinnbecher kullert auf den Planken hin und her, der Inhalt ist dem Geruch nach verschüttet worden.“
Hasard fand dafür auch keine Erklärung.
Jetzt meldete sich Stenmark zu Wort.
„Es wäre ungerecht, Sir, zu sagen, wir hätten nur Dreck gefunden, denn der Schatz, den wir unter der Kapitänskammer in einem Stauraum entdecken haben, war pieksauber und stank auch nicht. Wenn du das Zeug siehst, Sir, haut es dich glatt aus den Stiefeln.“
„So?“ meinte Hasard. „Nun ja, ich werde ihn mir später ansehen.“ Er war zur Zeit gar nicht so sehr an Schätzen interessiert, dafür aber gingen ihm tausend Gedanken durch den Kopf. Irgendwie konnte er sich noch keinen Reim auf das Ganze bilden.