Читать книгу Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 43
5.
ОглавлениеSo herrschte denn auf der „Almeria“ nach dem Aufflammen der Meuterei eine fast gleiche Situation wie auf der „San Sebastian“. Auch hier war die Kuhl nun „Niemandsland“. Das Achterdeck verfügte über die Waffen, die Anführer waren jedoch im Besitz des Proviants samt Trinkwasservorräten und Wein.
Natürlich konnten die Kapitäns-Parteien auf beiden Schiffen zum Sturm aufs Vordeck ansetzen. Auch Rascón stellte unablässig Überlegungen in dieser Richtung an, die er aber alle wieder verwarf. Rascón wie Alentejo schreckten vor diesem letzten Schritt zurück, und zwar aus der schlichten Einsicht heraus, daß das Risiko zu groß war. Sollte es wegen dieses Packs, dieses Gesindels von Galgenstricken und Huren weitere Todesopfer geben?
Eine eher defensive und abwartende Haltung erschien beiden Kapitänen als das kleinere Übel. Da sie beide keine Schinder waren, wurden sie von Skrupeln geplagt und wollten Verluste auf der eigenen Seite vermeiden. Sie hatten keine Gelegenheit, sich untereinander durch Zeichen von Schiff zu Schiff zu verständigen. Doch das war auch nicht erforderlich. Lange Zeit befuhren sie nun schon gemeinsam die Weltmeere. Ihre Handlungen waren vollendet aufeinander abgestimmt. Rascón wußte, daß Alentejo keinen Fehler begehen würde, und auch umgekehrt war dies der Fall:
Das Paradoxe an der Situation war nur, daß auf beiden Schiffen gleichzeitig gemeutert worden war. So etwas hatten auch Rascón und Alentejo noch nicht erlebt. Aber sie mußten unter den gegebenen Umständen versuchen, die Situation irgendwie zu meistern. Das hieß: Sie mußten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln das Leben ihrer Leute schützen.
Gomez Rascóns Schiffszimmermann hatte aus diesem Grund im Achterdeck eine Barrikade errichtet, hinter der ständig mehrere Seeleute mit Blunderbüchsen lauerten – für den Fall, daß Fierro und dessen Meute einen Ausfall unternahmen. Oben, hinter den Schotten und der Balustrade des Achterdecks, lagen ebenfalls Musketen- und Tromblonschützen.
Ähnlich ging es an Bord der „Almeria“ zu. Alentejo hatte den Befehl gegeben, die Schotten zum Vordeck zusätzlich abzuriegeln und zu verbarrikadieren. Wachtposten, die bis an die Zähne bewaffnet waren, standen an den kritischen Stellen des Achterdecks und meldeten jede Bewegung des Gegners.
Vorläufig geschah nichts. Aber auch die Meuterer waren nicht untätig gewesen. Marcela Buarcos und ihre Kumpane stellten Brandtöpfe und Brandpfeile her. Sie zeigte ihnen, wie das funktionierte, ganz Flintenweib und Soldatenhure, die jeden Handgriff kannte.
„Großartig, wie du das kannst“, sagte Moreno bewundernd. „Ich bin schon ganz scharf darauf, die Dinger auszuprobieren.“ Er schnitzte an einem Bogen, mit dem man die Pfeile auf das Achterdeck abschießen konnte.
„Bist du ein guter Schütze?“ fragte sie ihn grinsend.
„Bestimmt ein so guter wie du.“
„Das kannst du mir später beweisen.“
„Ich würde den Kapitän auch mit einem Pfeil erwischen“, sagte er, aber das war natürlich übertrieben, zumal er inzwischen reichlich viel Wein getrunken hatte.
„Der Kapitän steckt seine Nase nicht mehr raus“, sagte sie. „Er ist am Verrecken. Aber den Ersten könntest du treffen. Oder einen dieser Idioten, die auf dem Achterdeck Wache halten.“
„Ja.“
Sie rückte näher an ihn heran, ihre Brüste berührten seinen linken Arm. „Wenn du das hinkriegst und das verdammte Achterdeck in Flammen aufgeht, belohne ich dich reichlich.“
„Aber nur mich – ohne die anderen“, murmelte er. Seine Hand glitt über ihr Knie.
„Einverstanden“, sagte sie, schob ihn aber wieder von sich weg. „Wir sind uns einig. Aber erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen.“
Sie lachten, füllten wieder die Becher und tranken mit ihren Kumpanen zusammen.
Auch Fierro arbeitete an einem Plan, der allerdings etwas anders ausfiel. Er wollte das Achterdeck von unten, auf dem Weg durch die Schiffsräume, stürmen und erobern. Vitaliano und Rosaria waren für kurze Zeit in einem der Vordecksräume verschwunden und waren dabei auf eine Ersatzrah gestoßen, die sich hervorragend für die Zwecke der Horde eignete.
Fierro wollte die Spiere als Rammbock benutzen. Er war sicher, damit eins der Schotten zum Achterdeck sprengen zu können. Die Aktion sollte am Abend stattfinden – wenn der Großteil der Gegner, wie er inständig hoffte, eingeschlafen war.
Gomez Rascón beriet erneut mit seinen Männern. Sie hatten sich um das Pult in der Kapitänskammer gruppiert, und Solares entfachte eine Öllampe, die an einem Eisenhaken von einem der Deckenbalken baumelte. Es wurde dunkel.
„Wir können uns zwei Tage halten“, sagte Rascón mit ernster Miene. „Wenn die Kerle vorn mehr Ausdauer und Zähigkeit beweisen als wir, sitzen wir letzten Endes doch am kürzeren Hebel. Ich glaube, auch bei Alentejo, der wie wir im Schlamassel steckt, schleicht sich diese Überlegung allmählich ein. Wir haben ja beobachten können, wie er sich mit seinen Leuten ins Achterdeck zurückgezogen hat.“
„Aber er scheint verletzt zu sein“, sagte Elcevira. „Ich habe ihn zusammenbrechen sehen.“
„Hoffen wir, daß es keine schlimme Blessur ist“, sagte Rascón. „Ich hoffe, wir finden noch die Möglichkeit, uns untereinander zu verständigen. Aber zurück zu unserem direkten Problem. Die Kerle können uns aushungern, wenn sie wollen. Vor allem der Trinkwassermangel ist bei uns schlimm.“
„Sie vergessen, daß wir geringe Vorrats- und Trinkwassermengen, auch etwas Wein, in der Achterdeckspantry haben, Señor“, gab Solares zu bedenken. „Und so ist es auch auf der ‚Almeria‘.“
„Natürlich weiß ich das“, sagte Rascón beinah ärgerlich. „Aber das muß doch sowieso rationiert werden. Und es reicht, wie ich ausgerechnet habe, allenfalls für zwei Tage.“
„Ja“, sagte der Schiffszimmermann. „Im Vordeck hingegen sind die Hunde am Saufen und Prassen und plündern die Vorräte.“ Er schwieg, und sie lauschten den Geräuschen, die aus dem Vorkastell drangen: Lachen und Grölen, Singen und Brüllen.
„Denen geht es besser als uns“, sagte Solares. „Aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Je mehr sie trinken, desto unachtsamer werden sie.“
Damit hatte er recht. Beide Parteien belagerten sich gegenseitig, Vordeck und Achterdeck waren gewissermaßen sich feindlich gegenüberliegende Kastelle – wobei waffenmäßig aber der Vorteil beim Achterdeck lag.
Ein Musketenschuß krachte auf dem Achterdeck, gleichzeitig war von der Back ein Aufschrei zu vernehmen. Rascón und seine Männer fuhren hoch und stürmten nach oben. Rascón war als erster am Schott und öffnete es vorsichtig einen Spaltbreit.
„Señor Capitán!“ rief einer der Wachtposten von der Querbalustrade. „Bleiben Sie lieber, wo Sie sind! Die Kerle sind unberechenbar!“
„Was ist geschehen?“ fragte Rascón.
„Einer von ihnen hat seinen Kopf zu vorwitzig rausgestreckt – aus dem Backbordschott der Back“, entgegnete der Posten. „Da habe ich auf ihn geschossen. Ich habe ihn auch erwischt, weiß aber nicht, ob er tot ist.“
„Ich hoffe es“, sagte Solares hinter Rascóns Rücken. „Denn diese Hunde haben nichts anderes als den Tod verdient.“
„Ja“, pflichtete Rascón ihm bei. „Und wir behalten die hinhaltende Taktik bei. Vielleicht gelingt es uns doch, die Kerle auf diese Weise zu zermürben.“ Er hatte wieder etwas Hoffnung geschöpft. Wer der Stärkere war, hatten sie den Meuterern wieder einmal bewiesen. Und möglich war, daß nach diesem unerwarteten Zwischenfall drüben, im Vordeck, die Moral der Bande etwas nachließ.
In der Tat – Fierro hatte die Ersatzrah vorbereiten lassen und wartete nur noch darauf, daß es vollends dunkel wurde. Doch jetzt dies: Das Krachen des Schusses und der Aufschrei des Mannes fielen zusammen, und dann stolperte der Mann zu ihnen ins Logis. Er hielt beide Hände vors Gesicht gepreßt. Das Blut lief ihm an den Wangen hinunter und quoll zwischen seinen Fingern hervor. Fierro, Vitaliano, Rosaria und die anderen stießen vor Wut und Entsetzen heftige Flüche aus.
„Ich sehe nichts mehr!“ schrie der Kerl. „Helft mir, ich sehe nichts mehr!“
„Wie ist das passiert?“ fragte Fierro ärgerlich. „Hölle, könnt ihr Idioten denn nicht aufpassen?“
Der Kerl, der hinter dem Verwundeten hereinstürzte, stieß aufgeregt hervor: „Pedro hat keine Schuld! Er hat nur nachsehen wollen, was sich auf dem Achterdeck tut, da haben sie ihm das Ding verpaßt!“
„Trotzdem ist er ein Idiot“, sagte Fierro verächtlich.
„Dir wäre das nicht passiert, oder?“ fragte Rosaria.
„Mir bestimmt nicht“, erwiderte Fierro und leerte seinen Becher, ohne sich groß um den Verletzten zu kümmern.
Vitaliano war aufgestanden, zog Pedro in eine Ecke des Logis’ und sah sich die Blessur eingehend an.
„Mein Gott“, stöhnte eine der Huren, die ihm dabei über die Schulter blickte.
„Wasser her“, sagte Vitaliano schroff. „Und Rum. Beeilt euch. Wir können ihn doch nicht so weiterbluten lassen. Wer reißt sein Hemd in Fetzen, damit wir ihn verbinden können?“
„In einem der Räume liegen saubere Tücher“, erwiderte Rosaria. „Die hole ich.“
„Bin ich blind?“ stieß Pedro mit seltsam hoher Stimme hervor. „Ich sehe nichts mehr!“
„Das rechte Auge ist hin“, entgegnete Vitaliano. „Aber das linke ist in Ordnung.“
„Santa Maria, steh mir bei!“
„Du bist nicht blind“, sagte Vitaliano. „Warte mal. Ich beweise dir, daß ich dich nicht anlüge.“ Er tunkte einen Lappen in die Muck voll Rum, die ihm eine der Huren reichte, dann begann er, mit dem scharfen Zeug das Gesicht des Kerls zu säubern, der prompt zu stöhnen und zu fluchen anfing, weil es höllisch brannte.
„Siehst du mich jetzt?“ schrie Vitaliano ihn an. „Versuchs’ doch wenigstens!“
„Ja! Ich kann dich erkennen!“
„Also! Habe ich dich angeschwindelt?“
„Nein, das hast du nicht!“ brüllte Pedro. „Du bist in Ordnung, Compagnero!“
„Dann ist ja wieder alles in Butter“, sagte Fierro höhnisch. „Hölle, was haben wir doch für Helden in unserer Crew. Verdammt, mich haben sie früher, bei Cadiz, mal fast zu Brei geschossen, und ich habe trotzdem keinen Mucks von mir gegeben. Na, vielleicht können wir dich trotzdem gebrauchen, Pedro. Wenn der Kahn uns gehört, stecken wir dich in die Kombüse.“
Vitaliano und Rosaria tauschten Blicke, die Fierro jedoch nicht registrierte. Auch die anderen Kerle und Huren begannen sich im stillen zu fragen, ob Fierro mit dieser Auffassung vom rechten Kameradschaftsgeist eigentlich der richtige Führer für sie war.
Doch die Lage ließ keine weiteren Erwägungen zu. Fierro stürzte noch einen Becher Rum durch seine Kehle, dann sprang er auf.
„Los!“ rief er. „Es ist genug gesoffen und palavert worden! Zeigen wir es den Hurensöhnen! Sturm! Wir erobern jetzt das Achterdeck!“
Er verließ das Logis – leicht wankend, wie seine Kumpane feststellten. Er bückte sich nach der Ersatzspiere und hob sie auf. Stark war er, und Mut hatte er auch, das mußte man ihm lassen. Die Männer, die er für das Unternehmen ausgewählt hatte, schlossen sich ihm an und griffen ebenfalls nach der Rah. Vitaliano war unter ihnen, er stand unmittelbar hinter Fierro.
In diesem Augenblick fragte sich Vitaliano, was geschehen würde, wenn er Fierro sein Messer zwischen die Rippen jagte. Dann war er der Anführer – und kaum einer würde etwas dagegen einzuwenden haben.
Doch das war zu riskant. Ein innerer Streit war im Moment das letzte, was sie brauchen konnten. Vitaliano beschloß, sich auch weiterhin der Führungsrolle dieses Mannes zu beugen. Nur wenn Fierro eine Fehlentscheidung traf, würde er gegen ihn vorgehen.
„Vorwärts“, sagte Fierro – und sie setzten sich in Bewegung.
Sie drangen bis in den Laderaum vor. Hinter ihnen war Rosaria, sie hielt ein Talglicht, in dessen Schein sie das Schott deutlich vor sich erkennen konnten.
Der Trupp verharrte kurz. Fierro senkte den Kopf und fixierte das Schott.
„Drauf“, sagte er.
Sie stürmten vor, die Spiere krachte gegen die Bohlen. Das Schott erzitterte in seinen Angeln, hielt aber stand. Fierro wich zurück, die anderen vollführten die gleiche Bewegung. Dann stießen sie wieder vor, und zum zweitenmal donnerte die schwere Spiere gegen das Schott.
Diesmal bebte das Schott heftiger, fast drohte es, ganz nachzugeben. Fierro trieb seine Begleiter noch einmal mit einer Kopfbewegung an. Sie verhielten, schienen Kraft und Konzentration zu sammeln und rannten auf Fierros Zeichen hin zum drittenmal los – schneller und entschlossener als vorher.
Das vordere Ende der Rah prallte gegen das Schott, das Schott brach aus den Angeln und krachte zu Boden.
„Hurra!“ brüllten die Kerle. „Sieg!“
Sie stürmten über das Schott weg. Rosaria folgte ihnen. Doch dann, im zuckenden Schein des Talglichtes, erkannten sie, welche Art von Überraschung der Kapitän für sie vorbereitet hatte.
Die Barrikade! Der Schiffszimmermann der „San Sebastian“ hatte gute Arbeit geleistet. Kein Mensch war hinter der Barrikade zu entdecken, nur die Läufe der Blunderbüchsen ragten aus den provisorischen Schießscharten hervor.
Fierro stoppte ab, ließ die Rah los und ging zu Boden, bevor das Inferno losbrach. Vitaliano war ähnlich schnell. Schon lagen sie auf den Planken und rollten sich zur Seite ab.
„Deckung!“ brüllte Fierro noch.
Dann war es soweit. Die Blunderbusses spuckten Feuer, Rauch, Eisen, gehacktes Blei und Glas aus. Die Meuterer brüllten und fluchten und trachteten danach, sich ebenfalls hinzuwerfen. Rosaria stieß einen spitzen Schrei aus und schleuderte das Talglicht auf die Barrikade.
Fünf, sechs Schüsse dröhnten, die Mündungsblitze zuckten wie feurige Zungen. Der ganze Schiffsraum schien zu erbeben, das Geschrei der Kerle gellte ohrenbetäubend. Sie brachen zusammen, sie wurden von den Ladungen der Büchsen zurückgeworfen, sie taumelten, prallten gegen die Querwand, stürzten und blieben reglos liegen. Auch Rosaria hatte keine Chance mehr, dem tödlichen Feuer zu entweichen.
Fierro und Vitaliano versuchten noch, die Barrikade zu stürmen, aber ihr Vorhaben war mit Selbstmord gleichzusetzen. Ehe die nächste Salve auf sie abgefeuert wurde, zogen sie sich kriechend zurück und ergriffen die Flucht. Die Wirkung der Ladungen aus den Büchsen mit den trichterförmig erweiterten Mündungen war verheerend gewesen – alle außer ihnen beiden waren tot.
„Ergebt euch!“ schrie Gomez Rascón, der hinter der Barrikade kauerte, ihnen noch nach.
„Niemals!“ brüllte Fierro, dann zog er sich mit seinem Kumpan zurück.
Sie kehrten ins Logis zurück und ließen sich schwer atmend auf die Bänke sinken. Vitaliano berichtete stockend, was sich zugetragen hatte. Die anderen Kerle schwiegen. Nur die Blicke, die sich jetzt auf Fierro richteten, waren anklagend. Was hatte er vor? Wollte er sie alle verheizen?
Rascóns Schiffszimmermann gelang es unterdessen, das aus den Angeln gebrochene Schott neu zu verkeilen. Alle Vorkehrungen wurden in größter Eile und unter Deckung durchgeführt, die die Blunderbuss-Schützen boten. Aber ein zweiter Ausfall der Meuterer blieb aus.
Kapitän Rascón konnte mit dem Ergebnis seiner Verteidigungsaktion zufrieden sein. Keiner seiner Männer war verletzt. Allein das zählte. Gelang es ihm, das Vordeck zurückzuerobern und die Meuterer zu verjagen, ohne daß auf seiner Seite auch nur ein Tropfen Blut floß, hatte er auf der ganzen Linie gewonnen. Aber: Würde es ihm wirklich glücken – oder war es nur eine Utopie?
Auf der „Almeria“ segelte der erste Brandtopf vom Vordeck zum Achterkastell. Krachend landete er auf den Planken. Das Feuer breitete sich sofort aus, die Flammen leckten von den inzwischen wieder trockenen Planken hoch. Marcela Buarcos bediente sich einer anderen, besseren Taktik als Fierro auf der „San Sebastian“. Sie hielt sich wohlweislich auf Distanz.
Mehr Erfolg als Fierro hatte sie aber auch nicht. Juan Alentejos Männer waren auf der Hut. Alentejo war ein umsichtiger und vorausschauender Mann, der klug kalkulierte. Er hatte seinen Leuten die Anweisung gegeben, sich gegen jede Art von Angriff zu rüsten. So waren rechtzeitig genug Pützen und Kübel mit Seewasser bereitgestellt worden.
Das Seewasser war jetzt die Rettung. Kaum waren die Flammen auf dem Achterdeck hochgeschossen, waren auch schon Männer zur Stelle, die die Segeltuchpützen und die Kübel über dem Brandherd entleerten. Zischend erloschen die Flammen.
Ein Brandpfeil surrte heran. Die Männer warfen sich in Deckung. Der Pfeil, von Moreno abgefeuert, blieb mit dumpfem Laut im Besanmast stecken. Wieder sprangen die Verteidiger auf und kippten Wasser über die Brandstelle. Und wieder hatten sie Erfolg. Das Feuer wurde erstickt.
Neue Pützen und Kübel wurden außenbords abgefiert und in die See getaucht. Die Männer schöpften schleunigst Wasser. So begegneten sie auch den nächsten Brandtöpfen und Pfeilen, die auf das Achterdeck einhagelten. Nie gelang es den Meuterern, einen richtigen Brand zu entfachen und das Achterkastell „auszuräuchern“, wie Marcela geplant hatte. Es zischte und schwelte, das ganze Achterdeck war eine Pfütze, und auch das Rigg des Besanmastes war angefeuchtet, so daß keine Gefahr mehr bestand, daß etwa die Takelung in Flammen aufging.
Schließlich wurden die Meuterer unvorsichtig und schoben sich aus ihren Deckungen hervor. Ein Brandtopf leuchtete auf – und Alentejos Schützen feuerten, ehe der Topf nach achtern geschleudert wurde. Das Licht der Flammen reichte aus, die Kugeln fanden ihr Ziel. Schreiend brachen drei Kerle zusammen. Der Topf polterte zu Boden. Um ein Haar fing das Vorkastell Feuer.
Marcela schrie und tobte und trieb ihre Kerle zum Handeln an. Sie trampelten das Feuer aus. Doch jetzt krachten wieder die Musketen auf dem Achterdeck. Noch zwei Meuterer fielen, und damit war die Aktion vorläufig abgeschlossen.
Marcela und ihre Kumpane zogen sich unter Deck zurück. Wortlos blickten sie sich untereinander an. Die Partie war entschieden: diese Runde hatten sie verloren.
Juan Alentejo atmete auf, als er den Erfolgsbericht von seinen Männern vernahm. Er wollte bereits wieder von seiner Koje aufstehen, aber seine Offiziere hielten ihn zurück.
„Señor“, sagte der Erste. „Das dürfen Sie nicht tun. Der Feldscher hat gesagt, Sie brauchen Ruhe – vor allen Dingen Ruhe, sonst ist Ihre Gesundheit in Frage gestellt.“
„Rufen Sie den Feldscher“, befahl Alentejo.
Der Mann erschien, und Alentejos erste Frage an ihn lautete: „Wie geht es unserem Patienten?“
„Ramón? Er hat Fieber. Aber er wird es überstehen, dessen bin ich jetzt sicher.“
„Gut. Ich habe allerdings kein Fieber. Das ist doch ein ausgesprochen gutes Zeichen, nicht wahr?“
„Ja. Aber auch Sie sind geschwächt, Señor Capitán.“
„Das ändert sich auch wieder“, sagte Alentejo zuversichtlich. „In den nächsten Stunden stehe ich doch wieder auf, Señores.“
Der Feldscher hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Daran kann ich Sie nicht hindern, Señor. Sie sind der Kapitän.“
„Ich will es auch noch eine Weile bleiben“, sagte Alentejo. Er lächelte schwach – zum erstenmal seit Stunden.