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8.

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Corbett vertauschte die erste Muskete, die er leergefeuert hatte, mit einer zweiten und gab, ohne lange zu zögern, den nächsten Schuß auf die Jolle ab, die er sich als Ziel ausgewählt hatte. Auch dieses Mal traf er, das Boot zog Wasser und begann zu sinken. Gleichzeitig nahm auch der Tiefgang der anderen Jollen zu. Einige der Seesoldaten und Seeleute warfen die Arme hoch und sanken zusammen, weil sie von den Ladungen der Tromblons getroffen worden waren.

Wieder knallten die Waffen. Corbett selbst hatte noch eine dritte Muskete, die er zum Einsatz brachte. Die Wirkung blieb nicht aus, und sie war besser, als man zu erwarten gehofft hatte: Alle sechs Boote sanken.

„Sie blubbern ab!“ rief Francis Bush und stieß dabei seinen Nebenmann mit dem Ellenbogen an. „Recht so! Aus der Traum!“

„Wer weiß, ob sie alle schwimmen können“, sagte der Nachbar.

„Ist mir egal. Weißt du, wie piepegal mir das ist?“

„Keine Zeit verlieren!“ zischte Corbett ihnen zu. „Los, weg!“

Sie krochen davon, sprangen – tiefer im Dickicht – auf und eilten davon. Der Spuk hatte nur wenige Minuten gedauert, doch jetzt gellten von Bord der Schiffe wieder Flüche und Schreie herüber. Don Gregorio de la Cuesta ging zur nächsten Aktion über, er zog alle Register, die er zur Verfügung hatte. Aber auch das hatten Corbett und Gretton in ihr Kalkül mit einbezogen. Sie nahmen einen fliegenden Stellungswechsel vor.

„Jetzt setzen sie die Drehbassen ein!“ rief Corbett.

Tatsächlich behielt er recht: Die Schwenkgeschütze der beiden spanischen Kriegsgaleonen krachten, und heulend flogen die Kugeln heran. Sie schlugen dort ins Dickicht, wo die Scharfschützen eben noch gelegen hatten.

Corbett und seine Männer warfen sich wieder in Deckung, und Gretton und der Ostseiten-Trupp verfuhren genauso.

„Teufel!“ sagte Gretton schwer atmend. „Sie beharken das Dickicht nicht schlecht. Trotzdem erwischen sie uns nicht.“

Corbett sah Bush an und grinste. „Immerhin, das eine steht fest. Dieses Landeunternehmen ist für die Spanier zu einer dicken Pleite geworden. Die Bootsinsassen dürfen jetzt zu ihren Schiffen zurückschwimmen. Sie wagen sich nicht ans Ufer. Wir könnten sie einen nach dem anderen abknallen, und das wissen sie.“

Sie schüttelten sich die Hände und nickten sich wie Verschwörer zu. Eins ist sicher, dachte Corbett, diese Männer sind mehr als Gold wert.

Wieder ließ de la Cuesta die Schiffskanonen sprechen. Der Donner dröhnte in den Ohren der Männer und wälzte sich davon. Die Kugeln schlugen wieder ohne jede Wirkung in das Ufer der Bucht.

Die Schiffbrüchigen im Wasser hatten Mühe, zu ihren Schiffen zurückzuschwimmen, in erster Linie die Seesoldaten. Die Brustpanzer und Helme behinderten sie schwer. Sie wirkten wie Gewichte, die sie in die Tiefe zogen. Manch einer entledigte sich seines Helmes, aber auch das nutzte nicht viel.

So versuchten einige denn doch – wegen der geringeren Entfernung – das Ufer zu erreichen. Aber hier lauerten wieder die Scharfschützen auf sie, die noch einige Blunderbusses zur Verfügung hatten. Schreiend fielen die Spanier im gezielten Beschuß, und keiner von ihnen richtete sich wieder auf.

„Hölle, Tod und Teufel“, sagte Barba mit seiner tiefen, grollenden Stimme. „Ja, da soll doch nun wirklich der Blitz dreinschlagen. Was in aller Welt hat das wieder zu bedeuten?“

Er stand am Ruder der „Caribian Queen“ und blickte verblüfft voraus. Siri-Tong stand direkt rechts neben ihm und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

„Ich weiß genauso wenig wie du“, sagte sie.

„Aber in dieser verdammten Gegend scheint eine Menge Schiffsverkehr zu herrschen.“ Er lauschte dem Kanonendonner und fügte hinzu: „Das sind nicht nur Schiffsgeschütze, das sind auch Drehbassen.“

„Und Musketen“, sagte sie. „Wir sehen nach, was da los ist.“

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die „Caribian Queen“ der Insel von Südosten her genähert. Normalerweise hätte sie schon am Vormittag dort eintreffen müssen, doch sie war in einem Flautenloch hängengeblieben. So hatten Siri-Tong und ihre Crew wertvolle Zeit verloren, Zeit, in der wieder die Ungewißheit über Hasards Schicksal zunahm.

Jetzt aber wurden die Rote Korsarin und ihre Männer von dem Kanonendonner und den Geschehnissen auf der kleinen Insel der Grand Cays abgelenkt. Was ging dort vor? Noch befanden sie sich an der Grenze der Sichtweite, aber schon stellte Bill the Deadhead, der im Großmars Ausguck ging, fest, was sich dort abspielte.

„Backbord voraus!“ schrie er. „Bei der Nordbucht! Zwei spanische Kriegsgaleonen!“

„Sie sind damit beschäftigt, ihre Breitseiten auf die Bucht zu entladen?“ rief Siri-Tong.

„Ja! Als gelte es, die ganze Insel in Stücke zu schießen!“

Siri-Tong war darüber höchst verwundert. Seit sie auf diesen Verband von englischen Schiffen gestoßen waren, gerieten sie von einer Überraschung in die andere.

„Wer oder was hat die Spanier nur auf den Plan gerufen?“ fragte sie.

„Das weiß der Henker“, erwiderte Barba. „Aber welche Rolle spielt das schon? Sie sind da, und sie heizen den Engländern ein, die da festhocken und nicht wegkönnen.“

„Das geschieht denen recht“, sagte Juan.

„Gleichviel“, sagte die Rote Korsarin. „Wir müssen uns um unsere Freunde kümmern.“

„Welche?“ fragte Barba grinsend. „Die Dons oder die verdammten Engländer?“

„Ja, das ist die Frage“, erwiderte sie. „Eigentlich sind ja weder die einen noch die anderen Freunde, die Spanier aber natürlich noch weniger als die Engländer.“

„Warum halten wir uns nicht raus?“ fragte Barba grinsend. Er wußte aber sehr genau, daß er Siri-Tong dadurch nur provozierte.

„Hör auf“, sagte sie. „Ich bin jetzt zu Späßen nicht aufgelegt. Wägen wir die Dinge einmal ab. Bei den Engländern ist es im Grunde nur diese verdammte Adels-Clique, die wir zum Teufel wünschen, weil sie Hasard zur Strecke bringen wollte.“

„Ja, die hätten es verdient, daß man sie langsam erwürgt“, sagte Juan mit finsterer Miene.

„Aber die anderen, die sind gar nicht so schlecht, was?“ sagte Barba zur Roten Korsarin. „Oh, ich weiß schon, auf was du hinauswillst.“

„Es gehört ja auch kein Scharfsinn dazu.“

„Du willst ihnen helfen?“

„Die Engländer allgemein liegen ja mit den Spaniern in einer Art Dauerfehde“, sagte sie mit nachdenklicher Miene. „Ohne offiziell Krieg gegeneinander zu führen.“

„Und dort, auf der Insel, sind sie sich wieder mal in die Haare geraten“, sagte Juan. „Was haben wir damit zu tun? Sollen die sich doch gegenseitig umbringen.“

„Auf diesem Standpunkt könnte auch ich stehen“, sagte sie. „Aber ich tue es trotzdem nicht. Das ist eine ganz miese Art, die Dinge zu betrachten, Juan, laß dir das gesagt sein.“

„Und was ist die richtige Art?“

„Diese Engländer sind bis auf Sir Johns Lumpenkerle und die Adelsaffen sowie diesen wüsten Kapitän von der ‚Dragon‘ alles in allem recht prächtige Leute.“

„Ich komm da nicht mehr mit“, sagte Juan. „Sind sie nun unsere Feinde oder nicht? Liegt ihretwegen der Seewolf im Sterben oder nicht?“

„Er liegt nicht im Sterben“, sagte Barba.

„Seht den Dingen doch ins Auge!“ stieß Juan wütend hervor. „Warum gaukeln wir uns gegenseitig was vor? Was für Kerle sind wir eigentlich? Irgendwann erwischt es jeden von uns!“

„Ja“, entgegnete Siri-Tong. „Und ich weiß, was du sagen willst, Juan. Wir sollen uns schon mal auf das Schlimmste vorbereiten. Auch das ist richtig, ich widerspreche dir nicht. Aber denke bitte auch sachlich.“

„Das tue ich. Diese Engländer können mir gestohlen bleiben.“

„Sicher, mir auch. Aber die Fairneß?“

„Die gibt’s nicht mehr. Clifford hat Hasard in den Rücken geschossen“, sagte Juan aufgebracht.

„Kaum einer seiner Kameraden war damit einverstanden“, sagte die Rote Korsarin. „Und zwei Kapitäne hatten sich mit ihren beiden Schiffen ja bereits von dem Verband abgesondert und getrennt, weil sie mit der Jagd auf den Seewolf nicht einverstanden waren.“

„Das waren die klügsten Kerle von allen“, sagte Barba.

„Paradox ist das alles schon“, sagte sie. „Wir sind hierher zurückgesegelt, um den Engländern die Leviten wegen des nächtlichen Überfalls mit ihrer einen Jolle zu lesen – und jetzt stellt sich eine Situation dar, ihnen eventuell aus der Klemme zu helfen.“

„Das löse mal“, sagte Juan. „Das ist doch alles Mist.“

Sie lächelte plötzlich ein wenig. „Erst kümmern wir uns um unsere spanischen Freunde und dann um die englischen. Den Spaniern gebührt der Vorrang, die Engländer sind das kleinere Übel. Einverstanden?“

„Voll und ganz“, entgegnete Barba.

„Ich auch“, erklärte Juan. „Aber laß bloß deine Kuh nicht wieder fliegen, sonst platzt mir noch der Kragen.“

Gereizt waren sie alle. Sie hatten den Verband besiegt, aber sie hatten immer noch das Problem mit Hasard, dessen Fieber nicht mehr zu sinken schien. Wie sollte es weitergehen? Von Stunde zu Stunde nahm das, was Juan bereits prophezeit hatte, mehr und mehr Gestalt an. Der Seewolf war am Ende – so sah es jedenfalls aus.

So ließ diese Crew von Teufelskerlen einen Teil ihrer Wut an den „verfluchten Dons“ aus, die ja auch mit Schuld hatten, daß Hasard ein gehetzter Mann war, der von einer Legion von Gegnern verfolgt wurde. Im übrigen waren spanische Kriegsschiffe sowieso stets das „rote Tuch“ für den Bund der Korsaren.

„Na, dann mal los“, sagte Barba grinsend. „Da werden sich unsere lieben englischen Freunde aber gewaltig freuen, schätze ich.“

„Klarschiff zum Gefecht!“ sagte die Rote Korsarin.

„Aye, aye“, sagten die Männer und begaben sich auf ihre Posten. Gefechts- und Manöverstationen wurden besetzt, und bald öffneten sich die Stückpforten des Zweideckers wie gähnende Mäuler. Die schweren Geschütze wurden ausgerannt.

Gefechtsklar pirschte sich die „Caribian Queen“ von Südosten her an die beiden Galeonen des Don Gregorio de la Cuesta heran, die inzwischen hintereinander vor der Bucht der Insel ankerten. Hier, an Bord der Schiffe, war man völlig auf die Ereignisse in der Bucht konzentriert und vernachlässigte daher das Umfeld. Auch wurden eben noch die letzten Schiffbrüchigen des gescheiterten Landeunternehmens aus dem Wasser geborgen. So erfolgte der Angriff der Roten Korsarin wie aus heiterem Himmel.

Sie hatte das Überraschungsmoment voll auf ihrer Seite. Wie ein Raubtier, das in eine Herde von Kühen oder Schafen einfällt, war sie plötzlich heran und schlug zu. Die „Caribian Queen“ war ein Spukwesen, das sich lautlos näherte und dann in ein feuer- und eisenspuckendes Monstrum verwandelte.

Um den vollen Schußwinkel zu haben, lagen die beiden spanischen Galeonen genau in West-Ost-Richtung, den Bug nach Westen gerichtet. Achtern hatten Heckanker ausgebracht werden müssen, denn der Wind wehte nach wie vor aus Südwesten.

So kam nun der Teufel über die beiden Galeonen, deren Mannschaften mit den Backbordbreitseiten beschäftigt waren und die Steuerbordkanonen demzufolge nicht gefechtsbereit hatten. Als de la Cuesta und seine Offiziere bemerkten, was die Stunde geschlagen hatte, war es bereits zu spät. Sie konnten nur noch entsetzte Rufe ausstoßen und sich in Deckung werfen.

In einem Anlauf von achtern aufsegelnd, schob sich die „Caribian Queen“ heran, und ihre Geschützmündungen spien jäh die todbringenden Ladungen aus. Geifernde Dämonenmäuler, flammende Rachen – jede Art von Vergleich bot sich an. Das drohende Unheil gaukelte den schreienden Spaniern die furchtbarsten Bilder vor.

Sie war da, und der Hagel ihrer Kanonenkugeln fegte in einem einzigen Höllengewitter die Decks der östlich ankernden Galeone buchstäblich sauber. Auch die Drehbassen krachten und donnerten, und dann war der Spuk schon vorbei und zog weiter und wandte sich dem nächsten Gegner zu, auf dessen Decks ebenfalls schreiender Zustand herrschte. Die untere Batterie der „Caribian Queen“ dröhnte, und auch die westlich versetzt ankernde Galeone empfing schwere Treffer.

Von dieser Salve wurden die Ankertrossen zerschossen. Die Galeone trieb achteraus und verfing sich in der hinter ihr ankernden Galeone. Wieder gellten die Schreie der Männer.

Irgendwo zwischen den Trümmern erhob sich de la Cuesta mit ruß- und blutverschmiertem Gesicht, schüttelte die Faust gegen den Feind und brüllte: „An die Geschütze! Feuer! Gebt es diesen Hunden! Zahlt es ihnen heim!“

Am Strand der Bucht erschienen ein paar Gestalten – Ross und einige seiner Kameraden. Sie warfen ihre Mützen hoch, lachten und brüllten und forderten den spanischen Gegner gleichsam heraus. Doch dessen Backbordkanonen schwiegen.

„Die Dons haben Besseres zu tun!“ schrie Ross. „Sie müssen sich den Rücken freihalten!“

„Hurra!“ schrie einer seiner Kameraden. „Die Korsarin ist wieder da! Die schickt der Himmel!“

„Hurra!“ schrien auch die anderen.

Das Triumph- und Beifallsgebrüll dröhnte über die Bucht und mischte sich mit dem entsetzten Gebrüll der Spanier.

Corbett blickte dem Zweidecker nach, der jetzt nach Westen ablief.

„Sie läßt nachladen“, sagte er. „Aber es ist bestimmt nicht der Himmel, der sie schickt, mein lieber Bush.“

„Sondern? Der Seewolf?“

„Der auch nicht. Sie hat ihre eigenen Gründe, hier noch einmal aufzukreuzen.“

„Aber mit den Spaniern hat auch sie nicht gerechnet.“

„Sie räumt kurz mit ihnen auf“, sagte Corbett. „Sie hat wirklich den Teufel im Leib. Aber die Frage lautet, was sie anschließend unternimmt. Ich schätze, sie hat noch ein Hühnchen mit uns zu rupfen.“

„Mit uns? Wegen Stewarts eigenmächtigem Handeln?“

„Genau deswegen“, erwiderte Corbett. „Eigentlich haben wir keinen Grund zum Jubeln, finde ich …“

ENDE

Seewölfe Paket 22

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