Читать книгу Seewölfe Paket 29 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 7

3.

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Burgas – wie die Seewölfe später erfuhren – lag an einer verträumten Bucht zwischen goldgelbem Sandstrand und jäh abstürzenden Felsriffen. Hinter dem Ort erhoben sich ausgedehnte Weinberge, unterbrochen von üppig-grünen Küstenwäldern. Der Hafen war von Kais gesäumt, von denen aus kräftige massive Holzstege ins Hafenbecken ragten. An ihnen waren einige Einmaster sowie Fischerboote wie jene, auf die sie draußen gestoßen waren, vertäut. Am Strand waren Fischernetze zum Trocknen oder Flicken ausgespannt.

Hasard ließ noch vor dem Hafen die Segel einnehmen und ging mit auslaufender Fahrt an einem freien Quersteg längsseits. Da niemand bereit stand, um die Leinen wahrzunehmen, sprangen die Zwillinge auf den Steg und vertäuten die Dubas.

Erst jetzt wurde den Arwenacks bewußt, daß sie offenbar einen Geisterhafen angelaufen hatten. Jedenfalls war kein Mensch zu sehen. Über dem Hafen kreischten Silbermöwen, hinten bei den weißgekalkten Häusern mit den niedrigen Dächern stolzierten ein paar Hühner herum. Irgendwo meckerte eine Ziege.

Plymmie, die Wolfshündin, sprang an Land, schnüffelte auf dem Steg herum, schnürte zum Kai und setzte dort ihre Marke an einen Steinpoller. Dann trollte sie zurück und wedelte mit dem Schwanz.

„Nicht viel los hier“, murmelte der Profos.

Nicht viel los? Das war mächtig übertrieben. Es war überhaupt nichts los.

Nils Larsen, der blonde Däne, packte noch drauf und sagte grinsend: „Wo kommen bloß die vielen Leute her? Ein Massenandrang ist das, so was hast du noch nicht erlebt!“

Paddy Rogers, der Schnelldenker der Crew, hatte wieder Schwierigkeiten, die Tatsachen unter einen Hut zu bringen.

„Massenandrang?“ fragte er verwundert. „Aber ich seh niemanden, Nils.“

„Du mußt genau hinschauen, Paddy“, sagte Nils, „dann siehst du, wie die Leute drängeln.“

Paddy reckte den Hals, was aber auch nichts brachte. Das Bild blieb gleich.

„Laß dich doch nicht verulken, Paddy“, sagte Jack Finnegan und warf Nils Larsen einen scharfen Blick zu. „Hier ist der Arsch der Welt. Jedenfalls sind hier keine Leute zu sehen.“

Das stimmte nicht, wie sich Minuten später herausstellte. Aus einem größeren Gebäude am Hafen trat eine Gruppe von Männern, alle uniformiert gekleidet und mit Musketen über der Schulter. Sie geleiteten einen etwas dicklichen Menschen zum Kai und dann auf den Steg, an dem die Dubas vertäut war. Ihr Tritt dröhnte auf den Holzbohlen.

Der dickliche Mensch war sehr sorgfältig und gut gekleidet und hatte ein freundliches Vollmondgesicht, das ein schwarzer Sichelbart zierte. Da er von den Uniformierten geleitet wurde, mußte er eine Respektsperson sein – was ja auch seine Kleidung andeutete.

Eine Waffe trug er nicht. Um seinen dicken Bauch war eine Schärpe geschlungen. Seinen Kopf bedeckte ein roter Fez mit goldener Quaste.

Hasard beschloß, den Dicken auf dem Steg zu empfangen, zusammen mit seinen beiden Söhnen, die er zum Dolmetschen brauchte.

Als die Prozession vor ihm hielt, lächelte er den Dicken freundlich an, verneigte sich leicht und ließ sich von Jung Hasard als Philip Hasard Killigrew vorstellen.

Der Dicke schaute erstaunt, runzelte die Stirn, betrachtete die Zwillinge, dann den großen, breitschultrigen Mann, zu dem er hochblicken mußte, und fragte: „Sind Sie Russe?“

Hasard verneinte. „Engländer. Wir sind aus England.“

„Inghilterra“, wiederholte der Dicke in der türkischen Sprache, wie Jung Hasard das übersetzt hatte, und schüttelte den Kopf, als begreife er nicht ganz. Vielleicht wußte er nicht, wo „Inghilterra“ lag. Wenn er es aber doch wußte, dann mußten die Engländer auf der Dubas für ihn so etwas Ähnliches wie die Männchen von einem anderen Planeten sein.

Der Dicke starrte zu den Mannen auf der Dubas, die freundlich zurückschauten. Einige grinsten. Dann sah es aus, als sträube sich sein Sichelbart. Da hatte er Arwenack entdeckt, den Schimpansen. Der kratzte sich gerade den Bauch, dann eine Kniekehle – mit der rechten Hand. Die Linke ragte nach oben und ruhte in der rechten Hand von Batuti. Der Riese aus Gambia und der Affe hielten gewissermaßen Händchen.

Ein rührendes Bild, doch es stürzte den Dicken offenbar in tiefste Verwirrung.

Leider wurde sie weiter vertieft. Sir John produzierte sich. Er trippelte mit auf und nieder ruckendem Kopf über das Steuerbordschanzkleid, das dem Steg zugekehrt war, drehte sich ein paarmal um sich selbst, stieß ein Glucksen aus, das man als Kichern bezeichnen konnte, und plärrte dann: „Arsch der Welt – keine Leute!“ Ein schriller Pfeifton folgte.

Carberry sagte wütend zu Jack Finnegan: „Das hat er von dir aufgeschnappt, Mister Finnegan.“

„Kann schon sein“, erwiderte Jack gelassen, „aber ich gehe jede Wette ein, daß der Dicke auf dem Steg nichts verstanden hat.“

Hatte der auch nicht, aber es sah aus, als wollte er lieber wieder den Rückzug antreten. Doch er faßte neuen Mut – vielmehr besann er sich auf die Höflichkeitsformen und stellte sich als Selim Güngör, Hafenkommandant von Burgas vor. Das übersetzte diesmal Philip junior.

„Ist er Türke?“ fragte Hasard rasch.

Ja, er war Türke, genauso wie die Uniformierten, die eine Art Miliz darstellten. Burgas stand offenbar unter türkischer Herrschaft, aber das mochte Hasard nicht fragen. Solche Dinge waren immer heikel und hätten den Hafenkommandanten möglicherweise mißtrauisch werden lassen.

Aber Selim Güngör erkundigte sich jetzt, warum sie Burgas angelaufen hätten.

Hasard war die Frage sehr willkommen.

„Wir möchten Lebensmittel einkaufen, um unseren Proviant zu ergänzen“, ließ er Philip junior antworten.

Der Dicke schien wieder verwirrt zu sein. Warum, das mochte der Teufel wissen. Aber dann wurde er plötzlich sehr lebhaft. Ja, natürlich könnten die „Inglis“ hier einkaufen. Am besten beim Kaufmann Kymet, der habe alles, was das Herz begehre, auch Hartproviant für längere Reisen, gute Räucherware, getrocknetes Obst, Dörrgemüse, erstklassiges Olivenöl und so weiter.

„Na, das ist doch was“, sagte Hasard lächelnd. „Und wo finden wir den Kaufmann Kymet?“

Er werde sich erlauben, den „Inglis“ einen Boten zu schicken, einen Jungen, der sie hinführen würde, bitte sehr, wenn’s recht ist, übersetzte Hasard junior. Und der Junge heiße Achmed, er werde sich beim englischen Kapitän melden.

Hasard bedankte sich sehr herzlich. Zwar interessierte ihn noch eine ganze Menge – zum Beispiel die Frage, wo denn die Leute von Burgas seien, und vor allem das Problem, ob es eine Verbindung zum Mittelmeer gebe –, aber er verschob diese Fragen. Morgen war auch noch ein Tag. Er sagte nur, er würde sich freuen, den Hafenkommandanten zu einem Umtrunk einladen zu dürfen. Vielleicht morgen?

Ja, das sei ihm recht, erwiderte der Dicke. Über die Zeit könne man sich ja noch einigen.

Verbeugung hier, Verbeugung dort, und der Dicke schritt mit seiner Eskorte wieder zurück. Sie verschwanden in dem größeren Gebäude, offenbar der Hafenkommandantur.

Hasard und die Zwillinge flankten übers Schanzkleid an Bord. Sie freuten sich, daß alles so gut geklappt hatte. Auch der Kutscher strahlte. Zwar hatte er zusammen mit Mac den Stör bereits portioniert, und das würde für zwei Tage reichen, aber ihm war als dem Verantwortlichen für den Schiffsproviant doch wohler, wenn er genügend Vorräte hatte und nicht zu geizen brauchte.

Er wußte, wie wichtig eine gute Verpflegung war, und er wußte auch, daß sie ausnahmslos alle seine Kochkünste anerkannten. Er hatte einen besonderen Status an Bord – im Gegensatz zu den Köchen auf den meisten anderen Schiffen, auf denen der Koch entweder der bestgehaßte Mann oder der Prügelknabe der Mannschaft war. Aber das waren dann auch Typen, die man mitnichten als Köche ansprechen konnte. Wildsäue waren das, und vom Kochen hatten sie soviel Ahnung wie ein Kamel vom Kuchenbacken.

Einer teilte die allgemeine gute Stimmung nicht, aber das wunderte niemanden, weil Old Donegal Daniel O’Flynn sowieso der Unker vom Dienst war.

„Dieser Dünger führt was im Schilde!“ verkündete er und hatte den finsteren Blick drauf.

„Der was?“ fragte Carberry.

„Der Dünger, dieser türkische Dickbauch.“

„Der heißt Selim Güngör, Granddad“, sagte Jung Philip feixend.

„Mir egal, wie der heißt, bei mir heißt er Dünger“, erklärte Old Donegal obstinat, „und das Feixen wird dir schon noch vergehen, wenn dir der Dünger die Ohren abschneidet.“

„Warum sollte er?“ fragte Jung Philip. „Wir sind höflich gewesen, haben mit ihm ein freundliches Gespräch geführt, und Dad hat ihn für morgen an Bord eingeladen. Er meint also auch, daß man ihm trauen kann.“

„Papperlapapp, alles dummes Zeug!“ polterte Old Donegal. „Ich weiß genau, daß der Dünger was ausgeheckt hat. Das ist ein ganz windiger Bursche, ein türkisches Schlitzohr, ein durchtriebener Halunke! Weißt du, warum er so dick ist?“

„Vermutlich ißt er zuviel“, meinte Philip junior.

„Ha! Er lebt wie die Made im Speck! Alle müssen für ihn arbeiten. Alle! Darum siehst du hier niemanden.“

„Ach ja? Wo arbeiten die denn alle?“ fragte jetzt Jung Hasard.

„Bestimmt in einem Silberbergwerk“, erklärte Old Donegal. „Dorthin hat sie der Dünger zwangsverschleppt.“

„Aha“, sagte Jung Hasard.

„Du glaubst mir wohl nicht?“ fuhr ihn Old Donegal an.

„Nein“, erwiderte Jung Hasard, ohne mit der Wimper zu zucken. Er wußte, „Granddad“ konnte ziemlich rabiat werden, wenn man so keck war, ihm zu widersprechen. „Nach dem Betrieb eines Silberbergwerks sieht das hier überhaupt nicht aus. Wie mir scheint, wird hier Weinanbau und Fischfang betrieben.“

Old Donegal wollte zu einer geharnischten Antwort ansetzen, aber da sagte Vater Hasard: „Dem pflichte ich bei. Du behauptest zwar etwas, Old Donegal, aber beweisen kannst du es nicht. Oder?“

„So was weiß man eben, oder man weiß es nicht“, sagte Old Donegal unwirsch. „Und ich weiß es, weil mich die schwarze Katze gewarnt hat.“

„Welche schwarze Katze?“

„Als wir anlegten, saß eine schwarze Katze dort hinten auf dem Schuppendach!“ Old Donegal deutete zu dem Schuppen rechts des Kais.

Hasard holte tief Luft, um dem alten Zausel den Marsch zu blasen, einen flotten Marsch mit Pauken und Trompeten.

Doch da sagte Philip junior grinsend: „Stimmt, da saß ’ne schwarze Katze! Die war aber nicht damit beschäftigt, Granddad zu warnen – wie denn auch, nicht wahr? Nein, die war scharf auf einen Piepvogel, der auf dem anderen Ende des Daches herumhüpfte und zwischen den Schindeln nach Insekten pickte. Als sie zum Sprung ansetzte, flog das Vögelchen davon, und die schwarze Katze stand ziemlich bescheuert da!“

Diese letztere Formulierung traf auch für Old Donegal zu.

„Ähem!“ äußerte er sich.

„Jaja“, sagte Vater Hasard mit Spott. „Da haben wir also eine Katze, die zufällig schwarz ist, und sie geht auf die Pirsch, wie das eben bei Katzen üblich ist. Daraus abzulesen, daß sie dich warnte, ist nicht nur absurd, sondern geradezu hirnverbrannt.“

„Schwarze Katzen sind Vorboten von Unheil!“ verkündete Old Donegal wütend.

„Das ist Altweibergewäsch“, sagte Hasard grob. „Hör auf, uns hier Quatsch zu erzählen. Schluß der Debatte!“

Die wäre sowieso beendet gewesen, denn der Junge tauchte auf, etwa zehn Jahre alt, ein pfiffiges Bürschchen mit schwarzen Igelhaaren und einer Stupsnase.

„Ich bin Achmed“, sagte er ohne Scheu, „und soll die Inglis zum Kaufmann Kymet bringen.“ Er sprach türkisch, und Philip junior übersetzte wieder.

„Schon mal einer, der offenbar nicht ins Silberbergwerk verschleppt wurde“, sagte Dan O’Flynn und grinste seinen Alten an.

Philip junior griff das Stichwort auf und fragte Achmed: „Gibt es hier ein Silberbergwerk?“

Achmed blinzelte verdutzt. „Silberbergwerk? Was ist das?“

Philip erklärte es ihm sehr genau und exakt.

Aber da lachte das Bürschchen und schüttelte den Kopf. „So was haben wir hier nicht. Zu was auch? Wir haben alles, was wir brauchen.“

Old Donegal hörte Philips Übersetzung und sagte giftig: „Der Lümmel lügt!“

„Leg dich schlafen, Old Donegal“, sagte Hasard, „und träum von Silber und schwarzen Katzen.“

„Ich will aber nicht schlafen“, sagte Old Donegal störrisch, „und was ich träume, bestimme ich selbst. Das lasse ich mir von niemandem vorschreiben, auch von dir nicht!“

Hasard wurde scharf: „Und ich verbitte mir dein dummes Geschwätz, alter Mann! Allmählich reicht’s mal wieder. Man sollte meinen, du seist nicht mehr ganz richtig im Kopf!“

Natürlich schnappte Old Donegal ein. Seine hellen Augen funkelten vor Zorn, aber er sagte nichts mehr.

Hasard teilte die Mannen ein, die den Kaufmann Kymet aufsuchen sollten: der Kutscher, Mac Pellew, Stenmark und die Zwillinge als Dolmetscher. Philip erkundigte sich, ob es weit bis zu dem Kaufmann sei. Nein, im Ort hinter der Kommandantur, erklärte das Bürschchen. Und der Kaufmann habe auch Karren, um den Proviant zum Steg bringen zu lassen. Der kleine Trupp zog los.

Dieser Mehmed Kymet war kein kleiner Krämer, wie sich herausstellte. Das heißt, er verkaufte nicht nur Lebensmittel, sondern nahezu alles, was es an Bedarfsgütern gab. In dem großen, ummauerten Hof, der einem Basar glich, war alles gestapelt, was das Herz begehrte. Das Angebot reichte von Geschirr und Haushaltswaren über Kleiderstoffe, Werkzeuge, Lederwaren und Möbel bis zu Teppichen, Fischerei- und Schiffsbedarf, darunter Segeltuch und Seilereiwaren. Die Lebensmittel waren allerdings in kühlen Gewölben gelagert.

Offenbar belieferte Kymet die gesamte westliche Schwarzmeerküste samt dem Hinterland mit Waren aller Art.

Der Kutscher schenkte Achmed eine Silbermünze, nachdem er sie zu dem Kaufmann gebracht hatte. Pfeifend verschwand der Kleine.

Wie der Hafenkommandant war auch Kymet ein rundlicher Mensch. Sie schienen beide ein gutes Essen zu lieben. Die Arwenacks störte die Beleibtheit nicht. Dicke Menschen waren meistens gemütlich und genossen die angenehmen Seiten des Lebens.

Kymet war ein bißchen kurzatmig. Er hatte listige Augen, eine Knubbelnase und ein Doppelkinn. Und er strahlte, als der Kutscher durch Philip vortragen ließ, was er alles einzukaufen gedenke.

„Haben wir, haben wir!“ rief er. „Alles erstklassige Ware, frisch und gut erhalten, beste Qualität. Sie werden sehen. Bitte mir zu folgen!“

Sie verließen den Hof, der keineswegs menschenleer war, und folgten dem dicken Handelsmann, der geschäftig voranwatschelte. Es ging eine breite Steintreppe hinunter, die zu den Gewölben führte. Sie schnupperten, denn der unverkennbare Geruch von Gewürzen drang ihnen entgegen, ein sehr angenehmer Duft, der verriet, daß der Kaufmann auch mit den Spezereien des fernen Ostens bestens eingedeckt war.

Sie waren im Schlaraffenland gelandet.

Zur Einstimmung ließ ihnen Mehmed Kymet einen mundigen Rotwein kredenzen, zusammen mit kleinen Käsehappen und Stücken von Fladenbrot. Er trank aus demselben Faß mit, ein Genießer, der die Lippen spitzte und die listigen Augen verdrehte, als er kostete.

Mac Pellew hätte an dem Faß am liebsten Wartestellung bezogen, was allerdings nicht nur mit dem vorzüglichen Wein zusammenhing, sondern auch mit der Lady, die hier ihres Amtes waltete. Sie hatte Glutaugen, rosige Wangen, einen Kirschmund und blitzende Zähne. Die Rundungen unter dem Gewand verrieten gleichfalls, daß die Schöpfung an nichts gespart hatte.

„Reiß dich zusammen!“ knurrte der Kutscher seinen Mac an, denn der stierte auf die Rundungen wie ein Hahn auf einen fetten Käfer – besser auf zwei fette Käfer, denn diese Rundungen waren ja immer zweifach anzutreffen. „Wir sind nicht hier, um uns zu verlustieren, verstanden?“

Philip junior feixte und fragte, ob er das für den Kaufmann übersetzen solle.

„Untersteh dich!“ schnappte der Kutscher.

„Nie darf man was“, maulte Mac Pellew. „Da kann ich auch gleich ins Kloster gehen.“

„Dem steht nichts entgegen“, sagte der Kutscher spitz. „Ich halte dich bestimmt nicht auf. Am besten nimmst du deinen Zechkumpan Carberry dann gleich mit, damit endlich Ruhe ist.“

„Das sage ich ihm“, erklärte Mac giftig, „und dann kriegst du was aufs Maul …“

Mehmed Kymet sagte etwas, und Philip junior übersetzte: „Er fragt, ob Mac der Wein nicht geschmeckt habe, weil er so sauer aussehe!“

Der Kutscher hätte am liebsten laut geflucht. Verdammt peinlich war das mal wieder.

„Nein, nein“, erwiderte er hastig. „Sag dem Mister Kymet, Mac sehe immer so aus. Das habe nichts zu bedeuten. Und der Wein sei hervorragend. Von dem möchte ich sechs Fässer ordern.“

„Sechs Fässer!“ motzte Mac Pellew. „Die sind ja für’n hohlen Zahn!“

„Wer kauft hier ein – du oder ich? Wer ist denn für den Proviant verantwortlich?“ fragte der Kutscher scharf.

„Ich jedenfalls nicht“, erwiderte Mac pampig.

„Dann spar die deine Kommentare über die Mengen, die ich einkaufe. Rechnen kannst du sowieso nicht. Aber Busen begaffen, das kannst du. Und am Zapfhahn hängen. Und bilde dir bloß nicht ein, du hättest Chancen bei dem Mädchen – mit deinem bunten Horn auf der Stirn!“

„Das werden wir ja sehen!“ trumpfte Mac auf.

Stenmark sprang dem Kutscher bei, dem die ganze Geschichte immer peinlicher wurde.

„Mac, halt’s Maul“, sagte er knapp. „Wir sind hier, um einzukaufen. Hör auf, herumzumeckern. Wenn dir das hier nicht paßt, dann troll dich. Wir kommen auch ohne dich zurecht.“

„Ich bleib aber“, sagte Mac und warf der Schönen einen schmelzenden Blick zu – oder das, was er für schmelzend hielt. So sah ein magerer Hund aus, wenn er den Mond anjaulte.

Viel Erfolg hatte er aber nicht. Die Schöne wußte den Schmachtblick nicht zu deuten und schaute verwundert drein.

Philip junior orderte sechs Fässer von dem Wein, wie der Kutscher gewünscht hatte, und der dicke Kymet rieb sich die Patschhändchen. Der Kutscher beglückwünschte sich aber auch, denn der Preis pro Faß – bei Abnahme von sechs Fässern erhielt er sogar noch Rabatt – war überhaupt nicht der Rede wert.

Der Einkauf ließ sich gut an, fand er.

Sie durchschritten einen Gang, nachdem sie sich artig für die Weinprobe und die Appetithappen bei der Maid bedankt hatten, und gelangten in ein Gewölbe mit Leerfässern und Leerkisten. Der Dicke watschelte wieder voran.

Er passierte eine Tür, sprang plötzlich sehr behende zur Seite – und schwupps! Die Tür krachte zu. Riegel wurden rasselnd vorgeschoben.

Die fünf Arwenacks standen wie vom Donner gerührt.

Bevor sie sich umdrehten, wurde auch die Tür hinter ihnen zugeschlagen und verriegelt.

„Das gibt’s doch gar nicht!“ sagte der Kutscher verdattert. „Soll das ein Witz sein?“

Stenmark glitt zu der hinteren Tür und warf sich dagegen. Er hätte auch versuchen können, einen gewachsenen Granitfelsen umzustürzen. Beide Türen bestanden aus massiven Hartholzbohlen. Die waren auch von fünf Männern nicht aufzusprengen.

Das Holz fing auch kein Feuer, wie sie feststellten, als sie mit einer der beiden Öllampen versuchten, die Tür in Brand zu setzen. Die Öllampen hingen an schmiedeeisernen Haken an den beiden Seitenwänden des sonst fensterlosen Gewölbes. Insofern hatten sie wenigstens Licht und hockten nicht im Dunkel.

Sie starrten sich ratlos an.

„Kann mir mal einer sagen, was das soll?“ fragte der Kutscher.

Sie wußten es nicht. Sie wußten nur, daß sie geleimt worden waren. Der dicke Kymet hatte sie so richtig eingelullt. Sie waren nichtsahnend in die Falle getappt.

Nichtsahnend?

„Granddads schwarze Katze“, sagte Hasard junior und grinste schief. „Und er hat dem ‚Dünger‘, wie er ihn nannte, nicht getraut und erklärt, der führe was im Schilde.“

„Und Dad hat ihn zur Schnecke gemacht“, setzte Philip junior hinzu.

„Wollt ihr behaupten, der Stadtkommandant und Kymet stecken unter einer Decke?“ fragte der Kutscher.

„Wer hat uns denn Kymet empfohlen und den Jungen geschickt, daß er uns hinführt?“ fragte Philip zurück.

„Stimmt“, sagte Stenmark.

Mac Pellew sagte gar nichts. Dafür stelzte er in dem Gewölbe herum und beklopfte jedes Faß. Offenbar suchte er nach einem vollen, aber hier befand sich tatsächlich nur Leergut. Mißlaunig setzte er sich auf eine Kiste und starrte vor sich hin.

„Ich kapier das nicht“, fing der Kutscher wieder an. „Was haben die davon, uns hier einzusperren?“

„Der Kymet ist ein Menschenhändler“, sagte Mac Pellew dumpf. „Der verschachert uns an einen reichen Sultan, und der läßt uns als Eunuchen seinen Harem bewachen.“

Der Kutscher tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn und sagte: „Du spinnst ja! Für solche Zwecke nehmen sie athletische Schwarze, aber keine Heringe wie dich.“

„Du bist selbst ein Hering.“

„Deshalb bin ich als Haremswächter auch ungeeignet“, sagte der Kutscher kühl. „Außerdem ist dieser Kymet bestimmt kein Menschenhändler.“

Stenmark und die Zwillinge stimmten ihm zu, aber Mac beharrte auf seiner Meinung. Weiter brachte sie das jedoch nicht. Außerdem stellten sie fest, daß sie unbewaffnet waren. Nur Stenmark hatte sein Bordmesser dabei. Aber viel nutzte das auch nicht.

Sie sahen keine Möglichkeit, sich selbst aus dem Gewölbe zu befreien, jedenfalls vorerst nicht. Vielleicht konnten sie etwas unternehmen, wenn man ihnen Essen brachte.

Außerdem wußten Hasard und die Kameraden, wohin sie gegangen waren. Wenn sie nicht zurückkehrten, würde Hasard reagieren.

Seewölfe Paket 29

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